Von hier bis zum Anfang
Von hier bis zum Anfang - darum geht's
Vor 30 Jahren hat sich im amerikanischen Küstenort Cape Haven ein schreckliches Unglück ereignet: Die siebenjährige Sissy Radley verschwand und wurde kurz darauf tot aufgefunden. Der Tod des kleinen Mädchens veränderte das Leben einer kleinen Gruppe von Teenagern: Sissys Schwester Star, ihr Freund Vincent und dessen bester Freund Walk.
Drei Jahrzehnte später hat sich Cape Haven nicht von dem erholt, was damals geschehen ist. Das Trauma hat tiefe Spuren hinterlassen. Walk ist Polizist geworden und setzt alles daran, die Ordnung in seinem Heimatstädtchen vor Störungen zu bewahren. Vincent wurde als Sissys Mörder verurteilt und kehrt nach seiner Haftentlassung nach Cape Haven zurück, schwer gezeichnet von langen Jahren im Gefängnis. Star ist Alkoholikerin, psychisch labil und hat es nahezu aufgegeben, ihren Kindern Duchess und Robin eine gute Mutter sein zu wollen. Doch die dreizehnjährige Duchess stemmt sich mit bitterer Entschlossenheit gegen ihr Schicksal und versucht, dem fünfjährigen Robin so viel Stabilität und Halt zu geben wie möglich. Vincents Rückkehr bringt jedoch erneut Unruhe in die kleine Stadt. Seine Anwesenheit setzt eine Reihe von Ereignissen in Gang, die in einer Tragödie enden.
Ein gelungener Genre-Mix mit überzeugenden Hauptfiguren
Chris Whitakers „Von hier bis zum Anfang“ lässt sich nicht in eine Genre-Schublade packen. Der Autor hat sich die Freiheit genommen, sein Buch nicht zu kategorisieren. Krimi, Bildungsroman, herzzerreißende Tragödie: Fans aller dieser Genres werden in Whitakers Buch das finden, was sie mögen – und noch mehr entdecken. Dem Autor gelingt es, die enthaltenen Genres nicht zu verwaschen, sondern kraftvoll miteinander zu kombinieren.
Whitakers Roman wird getragen von zwei starken Perspektiven, die sich ähneln und doch nicht unterschiedlicher sein könnten: Duchess und Walk. Beide sind geprägt von dem, was vor 30 Jahren geschehen ist. Beide haben es sich zum Ziel gesetzt, das Richtige zu tun – Walk für seine Stadt, Duchess für ihren kleinen Bruder. Doch in Walk steckt immer noch der Fünfzehnjährige, von dem er sich nicht lösen kann. Und Duchess hatte niemals die Chance, zu einer durchschnittlichen Dreizehnjährigen zu werden. Sie musste erwachsen werden, bevor sie richtig Kind war. Whitaker stellt diese beiden Charaktere nebeneinander und schafft eine Verbindung zwischen ihnen. Walk als selbsternannter Beschützer von Duchess findet in dem Mädchen den Grund dafür, niemals aufzugeben, obwohl er in seinem Streben nach Gerechtigkeit von Rückschlägen gebeutelt ist. Für Duchess ist Walk so etwas wie ein moralischer Wegweiser. Nichts in ihrem Leben entspricht einem klassischen Rollenmodell oder einer traditionellen Ordnung. Trotzdem will sie ihrem kleinen Bruder Halt und Struktur geben. Walk ist es, der ihr dabei Orientierung bietet.
Chris Whitaker
Wer mehr über Chris Whitaker erfahren will, stellt fest, dass es noch keinen Wikipedia-Eintrag zu seinem Namen gibt. Viel weiß man nicht über den britischen Autor, der zunächst in der Finanzbranche tätig war, bevor er mit dem Schreiben begann. Whitaker ist Brite, lebt mit seiner Frau und drei Kindern in England und wählt als Setting für seine Bücher gern amerikanische Kleinstädte. Seit 2016 hat er drei Romane veröffentlicht: Für sein Debut Tall Oaks wurde Whitaker mit dem Nachwuchspreis der British Crime Writer’s Association ausgezeichnet. Auch mit All the Wicked Girls, das 2017 erschien, traf er den Nerv seiner Leserinnen und Leser. 2020 überzeugte er auf Anhieb ein großes Publikum: „We Begin at the End“ landete gleich nach Erscheinen auf der Bestsellerliste der New York Times. Ein kleiner Wermutstropfen für deutschsprachige Fans: Bei Whitakers ersten beiden Büchern mussten wir zum englischen Original greifen, um uns von seinem großem Erzähltalent zu überzeugen. Sein neues Buch ist nun endlich in deutscher Übersetzung erhältlich!