Die Privilegierten
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An Tag 2 stellen wir Ihnen Die Privilegierten von Thomas von Steinaecker vor. Außerdem hatten wir die Chance, Thomas von Steinaecker zu seinem neuen Buch zu befragen. Seine Antworten lesen Sie weiter unten auf dieser Seite!
Wollen wir nicht alle „das Gute“ sein?
Eine tragikomische Geschichte darüber, wie unsere Gegenwart zu der werden konnte, die sie heute ist
„Warum ich hier bin. Wie ich lernte, die Menschen zu hassen.“ Das will Bastian Klecka, die Hauptfigur in „Die Privilegierten“, herausfinden. In einer Hütte in Norwegen im Jahr 2039 muss er seine Vergangenheit sortieren, um nicht verrückt zu werden. Wie ist es da-zu gekommen, dass ein Mensch, der immer zu „den Guten“ gehören wollte, zum Menschenfeind wurde? Wie ist alles so aus dem Ruder gelaufen, dass die nahe Zukunft, in die uns Thomas von Steinaecker auch mitnimmt, so dystopisch und unerbittlich wurde?
Rückblende: Eine Kindheit in Oberviechtach. Der frühe Unfalltod der Eltern. Am Todestag bemerkt Bastian eine Zecke am Ohr, und dieses Tier wird für ihn zur „Monsterzecke“, Bastians imaginärem dunklen Begleiter. Bastians Großvater, Professor für Neuere Deutsche Literatur in Regensburg, zieht in den Bayerischen Wald, und sein Enkel wächst mit dessen bildungsbürgerlichem Kanon auf. Früh kommt Bastian sich „fiktiv“ vor. Seine wahren Verwandten waren zum einen große Waisen wie Momo oder Copperfield. Zum anderen schaut Bastian heimlich – für den Großvater verpönt – fern: Alf, Die Simpsons, Star Trek, alles, was läuft ... Bastian lebt in Filmszenarien, spricht wie Filmfiguren. Mit dem Wechsel aufs Gymnasium schließt der hochdeutsch sprechende Waisenjunge, natürlich Außenseiter, Freundschaft mit der „Öko“ aus Norddeutschland und dem Rumänen aus dem Hochhaus: Madita und Ilie. Sie nennen sich „Klub der Katze“ und versprechen sich ewige Freundschaft.
Das Leben scheint vorbestimmt. „Wir würden Führungspositionen übernehmen. Wir waren die Zukunft.“ Und doch spendet dieses Wissen kein Glücksgefühl. Irgendwo, weit hinten im Kopf, ein Zustand permanenter Angst. Und immer dieses Gefühl eines Lebens an der Wirklichkeit vorbei. Nur Ereignisse wie der Terroranschlag 9/11 scheinen dieses Gefühl beiseitezuschieben. Für Bastian sind das „Live-Augenblicke der Liebe und des Gutseins“. Endlich handelte man so, wie man sein wollte: Man telefonierte mit Freunden, kümmerte sich genau um das, was wichtig war.
Sonst frisst der Job einen auf. Die Familie kommt zu kurz: seine Frau Brigitte und sein Sohn Samy. Die Freunde, der „Klub der Katze“, ebenso. Bastian weiß, dass das falsch ist, aber er schafft es nicht, etwas zu verändern. Und die Weltlage? Krisen überall: „Doch je mehr Bilder der Katastrophen wir sahen, desto unglaublicher wurde es, dass in unserem Alltag kaum etwas davon zu bemerken war.“ Aber die Einschläge kommen näher. Das Klima kollabiert mehr und mehr, bald gibt es Bezirke in Städten, aus denen sich die Poli-zei verabschiedet hat, und Bastian, der „Gute“, besucht Prepper- und Survival-Kurse und lernt, sich zu verteidigen. Wie ist es dazu gekommen? Wann hätte er etwas anders machen sollen, können, müssen? Sohn Samy rebelliert und schreit seinen Eltern entgegen: Seid ihr Menschen, oder tut ihr nur so? Die Zeiten, als alle im Westen noch glaubten, ihnen stünde „kraft eines uralten Rechtes ein Leben in Sicherheit und Wohlstand zu“, sind definitiv vorbei. Wie nun leben, weiterleben, überleben? Ob Bastian den Weg zu-rückfindet von seiner Hütte in Norwegen hin zu den Menschen, hin zum Mensch-Sein?
Thomas von Steinaecker nimmt uns in „Die Privilegierten“ mit in ein Leben, das für viele einen hohen Wiedererkennungswert besitzen dürfte. Wollen wir nicht alle eigentlich „das Gute“ sein? Oder, wie es in dem Roman vorangestellten Zitat aus dem Kinderbuch „Pu baut ein Haus“ heißt: „Alle meinen es eigentlich nicht böse; das finde ich wenigstens“, bemerkte Pu. Ob das reicht und wie es weitergehen könnte – davon erzählt von Steinaecker tragikomisch, hochaktuell und packend bis zur letzten der über 600 Seiten.