Autor: bücher.de
Datum: 01.07.2024
Tags: Empfehlung, Krimi des Monats


»Dieser Thriller ist eine schöne, kunstvolle Sache. Winslow hat sich das Beste für den Schluss aufgehoben.« - James Patterson
Das fulminante Finale der Thriller-Trilogie und das letzte Buch des Ausnahme-Autors Don Winslow
Danny Ryan ist reich. Reicher, als er es sich je erträumt hätte. Früher war er ein Hafenarbeiter, Mafia-Gang-Mitglied und Gesetzesflüchtling, nun ist Danny ein …
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Krimi des Monats

Don Winslow, „City in Ruins“

Diese Trilogie ist so etwas wie Don Winslows Lebenswerk. Seit Jahrzehnten schreibt er daran, und nun ist mit „City in Ruins“ der letzte Teil erschienen. Danach, so verkündet Winslow, kommt nichts mehr. Nicht, weil ihm nichts mehr einfiele. Nein, Don Winslow will sich vollkommen dem Kampf gegen Trump widmen. Und das würde so nebenbei eben nicht funktionieren. Entweder ganz oder gar nicht. Winslow zählt zu den Autoren, die das Krimigenre auf eine neue Ebene gehoben haben. Er erzählt Epen und keine Serienkiller-Storys. Seine Dramen drehen sich um Schuld, Verrat, Liebe, Loyalität sowie Kriege um Drogen und Macht. Wie funktioniert eine Gesellschaft, was hält sie zusammen und welchen Preis zahlen Menschen dafür? Darüber schreibt Winslow. Natürlich auch im Abschluss seiner Trilogie.

Hauptfigur ist, na klar, Danny Ryan, den Winslow-Leser bereits aus „City on Fire“ und „City of Dreams“ kennen. Doch man kann „City in Ruins“ auch unabhängig davon lesen! Denn Winslow schafft es mühelos, auch Einsteiger mitzunehmen in diesen Kosmos aus Mafiaclans, die sich die Städte aufteilen, sich helfen oder bekriegen und auf alles ein Auge haben. Winslow hat all das erlebt in Providence, Rhode Island, New England. Damit wuchs er auf. Danny verliebte sich im ersten Band in Terri, Tochter von John Murphy und in Providence so etwas wie ein irischer König. Mafiakönig. Eigentlich will Danny, Fischer und Hafenarbeiter, nur seine Ruhe. Doch die Loyalität zu seiner neuen Familie lässt ihn immer tiefer einsteigen in das „Geschäft“. „Loyalität ist Dannys tragische Schwäche“, so Don Winslow in einem Interview.

In „City in Ruins“ ist Danny reich, Multimillionär, was er „ebenso lustig findet wie surreal“. Denn eigentlich ist ihm ein Cheeseburger lieber als ein Essen im Sternerestaurant. Doch Danny ist jetzt ein Mogul in Las Vegas, ein Power Player im Spiel um Macht. Und schon im Prolog zu „City in Ruins“ stimmt Winslow uns darauf ein, was uns erwartet. Danny blickt zurück auf all seine Kämpfe und auf das, was sie ihn gekostet haben. Was bleibt? Nicht viel. Seine Stadt liegt für ihn in Trümmern, und die Frauen, die er geliebt hatte, sind tot. Terri starb an Krebs, und die Schauspielerin, die irgendwann nach Terri kam, nahm sich das Leben. Depressionen. Ja, Danny hatte sie beide geliebt.

Die aktuelle Frau an seiner Seite heißt Eden. Sie ist Psychotherapeutin, unterrichtet Psychologie an der Uni und hält ihre Beziehung zu Danny geheim. Sie will „das alles nicht“. Und wenn Danny fragt, was „das alles“ sei, antwortet Eden: „Das, was es mit sich bringt, die Freundin von Dan Ryan zu sein. Das Scheinwerferlicht, die Presse … Solche Prominenz würde meiner Arbeit schaden. Meine Studenten würden mich nicht mehr ernst nehmen, und meine Patienten ...“ Damit kann Danny leben, irgendwie. Auch seinen Frieden damit machen. Fürs Erste jedenfalls.

Doch natürlich bleibt nichts friedlich in „City in Ruins“. Danny wird weiter spielen in dem großen Spiel um Glück, Geld und noch mehr Macht. Und natürlich hat er Gegenspieler. Einmal im Monat trifft Danny sich mit seinen beiden größten Konkurrenten zum Lunch: Vern Winegard und Barry Levine. Das Trio hat die Macht über das Eldorado des Glücksspiels, Las Vegas. Zu dumm, dass der Kongress nun Untersuchungen ankündigt – denn „ein paar Sozialreformer vergleichen Glücksspiel mit Crack“. Noch brisanter für Danny: Durch die Untersuchungen könnte die Tara-Group auffliegen, Dannys Unternehmen. Überall wird getrickst, betrogen, Geld gewaschen. Die Drogenmillionen müssen schließlich irgendwo untergebracht werden. Nun, da genug Geld gescheffelt wurde, scheint die Mafia auch mal ein wenig „ehrbar“ werden zu wollen. Man betreibt Hotels und Casinos, spendet an die richtigen Parteien und besticht, na klar, Politiker.

Danny hat Erfolg im Hotelgeschäft. Sein Traum: ein weiteres Luxushotel, das auch genauso heißt: „Il Sogno“ – das amerikanische „The Dream“ hätte zu gewöhnlich geklungen. Für „Il Sogno“ muss Danny allerdings das „Lavinia“-Hotel kaufen. Wer das bekommt, bekommt das „prestigereichste Objekt auf dem Strip“. Und in Vegas geht es immer und vor allem ums Prestige. Klar, dass die Sache nicht nur einen Haken hat. Eine gewaltige Intrige läuft an, und Danny muss wieder das tun, was er eigentlich gar nicht mehr tun will. Sich die Hände schmutzig machen, sehr schmutzig. Es heißt wieder: Er oder die anderen …

Wie Don Winslow es schafft, diese unterschiedlichen Schauplätze lebendig werden zu lassen, die inneren Kämpfe seiner Figuren erfahrbar zu machen, ist fantastisch. Den ganzen Wahnsinn, um den wir Menschen glauben, kreisen und kämpfen zu müssen, seziert er virtuos und gnadenlos. Sein Anspruch: Große Klassiker wie die „Ilias“ in die moderne Poesie des Krimigenres zu transferieren. Ja, das sitzt, und Winslows filmische „Denke“ beim Schreiben macht wirklich großen Spaß. Sollte das wirklich sein letztes Buch sein? Ein Jammer wäre das ...

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Danny Ryan
Dannys Vater Marty hatte mal das Sagen in der Stadt, dann verfiel er dem Alkohol, und die Murphys übernahmen die Geschäfte von den Ryans. Mafiageschäfte. Danny ist eigentlich froh, dass diese Zeiten vorbei sind. Doch sie holen ihn ein, als er sich in Terri Murphy verliebt und sie heiratet. Der ehemalige Fischer, für den es Luxus war, einmal die Woche chinesisch essen zu gehen, ist heute steinreich. Was er sozusagen mit geheiratet hat, ist die Mafia. Darüber erzählt Winslow auch in den ersten beiden Bänden seiner Trilogie. Nun, in „City in Ruins“, kann sich Danny zwar noch an die Zeit erinnern, in der er 20 Dollar in der Tasche hatte und sich für reich hielt. Aber das ist auch leicht mit heute über 1000 Dollar als „Taschengeld“ im Geldclip, der natürlich in einem Maßanzug steckt. Danny hat seine Frau Terri an den Krebs verloren und auch sonst eine Menge Mist erlebt. Mist, den er, loyal wie er ist, für seine Familie ertragen hat. Er musste aus Rhode Island fliehen und eine Menge einstecken. Aber er hat auch mächtig ausgeteilt. Nun, in Las Vegas, ist er Teilhaber von Hotels auf dem Strip – und das, obwohl er sich niemals hätte träumen lassen, mal mehr als einen Wochenlohn auf dem Konto zu haben. Für einen alten Kumpel ist Dan ein „unverbesserlicher „chowder head“, mit seinen irischen Wurzeln, praktisch veranlagt und etwas knauserig. Er hasst Partys und Smalltalk, und es kann gut sein, dass er zu einer Party einlädt und selbst dort nie gesehen wird. Dennoch hat er den Ruf, charmant zu sein, nett und freundlich. Danny hat viele Fehler, aber eines weiß er von sich: Er ist nicht gierig. Dennoch will er mehr Geld. Denn Geld steht bei Danny einfach für Macht und die wiederum für Sicherheit. Und Danny kann nie sicher genug sein.

Eden, Psychologin, Therapeutin und Dannys Geliebte
Dannys Geliebte Eden, Psychologin und Therapeutin, will nicht mit ihm gesehen werden. Schließlich ist er „jemand“. Jemand, der im Zwielicht steht und dem ein Ruf vorauseilt. Gangster, Mafioso, Drogenhändler, Mörder. Eden beschreibt sich selbst als „wandelndes Klischee“, ein jüdisches Mädchen von der Upper West Side, die Psychologin geworden ist. Dass Eden sich nichts aus Ruhm und dem ganzen Promiquatsch macht, findet Danny wunderbar. Was sie will, hat sie so auf den Punkt gebracht: „Ich will freundlich behandelt werden. Guter Sex und gute Gespräche, dann ist alles gut.“ Sie kommt außerdem bestens mit sich allein klar, ist Vielleserin, und Danny ist für sie wie der „große Gatsby“, auch wenn Dan nichts für Literatur übrighat. Dannys Ruf als Krimineller passt nicht zu dem Mann, mit dem sie zusammen ist. „Der Dan Ryan, den sie kennt, ist freundlich, sanft und fürsorglich.“ Aber da gibt es auch noch etwas: Eden weiß, dass sie durchaus auf Nervenkitzel steht. Der Ruf, der Dan vorauseilt, ist eben nicht nur problematisch, er reizt sie auch …

Madeleine McKay, Dannys Mutter
Obwohl Madeleine in einem Trailerpark aufgewachsen ist, gehört sie schon lange zum „alten Las Vegas“. Und sie versteht etwas von Imperien und davon, wie man sie aufbaut. Ihr Einfluss und ihre Beziehungen zu den Mächtigen an der Wall Street und auf dem Capitol Hill sind legendär. Danny weiß das, und so hört er durchaus immer wieder auf die Ratschläge seiner Mutter. Ratschläge wie: „Du musst dich im Club sehen lassen.“ „Der Club“ ist der „Las Vegas Country Club“, und Madeleine weiß, dass so eine Clubmitgliedschaft fürs Geschäft unerlässlich ist. Ihr Vermögen hat sie zum Großteil aus eigener Kraft gemacht. Sie fing, gutaussehend wie sie war und immer noch ist, als Showgirl an, und später hatte sie großen Erfolg als Investorin. Wenn eine weiß, wie es ist, mehr zu wollen, dann Madeleine ...

Chris Palumbo
Das war knapp, als Chris Palumbo damals abgehauen ist. Er war total verschuldet und heizte mit ziemlich viel Heroin im Auto ab durch die Mitte. Seine Frau Cathy und die beiden Kinder ließ er einfach im Stich. Er sah keine andere Lösung und hoffte irgendwie, dass die Mafia seine Familie in Ruhe lassen würde. Ernsthaft? Nicht wirklich. Eigentlich muss ihm klar gewesen sein, dass Cathy, Jake und Jill nun in der Hölle leben würden. Aber er hatte Stoff vertickt und fuhr nun mit einem Haufen Geld einfach weiter. Eine Reifenpanne, eine Frau, die ihm helfen wollte. Laura. Nebraska. Acht Jahre ist das nun schon her. Ein verdammt langer One-Night-Stand. Klar, immer mal wieder dachte er daran zurückzugehen. Doch bisher tat er es nicht. Zu feige, zu bequem, zu gleichgültig? Und Laura, Yogalehrerin, Künstlerin, lässt ihn gern bei sich leben. Der Sex ist gut, Chris hat noch eine Menge dazugelernt im Bett. Laura weiß auch nichts von dem Geld. Doch irgendwann holt jeden die Vergangenheit ein. Auch Chris: Er hat Besuch von Toten bekommen, im Traum, und als jemand aus seiner Vergangenheit in einer Bar in Nebraska auftaucht, wird ihm klar, so geht es nicht weiter ...

Marie Bouchard
Marie Bouchard war Nonne. Bei den „Sisters of Mercy“ wollte sie etwas verändern, wurde Lehrerin, und ihre Schüler liebten sie. Sie konnte etwas bewegen. Doch das war ihr nicht genug, und sie studierte Jura in Providence. Nach dem Examen verließ sie den Orden, ist aber nach wie vor gläubige Katholikin. Und eine Kämpferin. Eine, die hart im Nehmen ist, eine, die sich verbeißt. Wie in den Fall um Peter Moretti Junior. Nun scheint Peter gefasst. Ein dummer Zufall. Für ihn. Für Marie Bouchard ein Freudentag. Ihre Kreuzverhöre sind effizient, und die Geschworenen lieben sie. Sie ist die „Sister of no Mercy“, fast schon eine Legende und leitende Staatsanwältin. Und sie will Peter Moretti Jr. Im Knast sehen. Der sitzt nun in Untersuchungshaft, und es scheint, als wäre er „total im Arsch“. Doch dann taucht dieser verdammte Bruce Bascombe auf, der beste Strafverteidiger in Rhode Island. Wer hat ihn angeheuert? Und wird Marie Bouchard diesen Kampf gewinnen?

Autorenporträt


Don Winslow wurde 1953 in der Nacht zu Halloween in New York geboren. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in South Kingstown, Rhode Island, einer Kleinstadt am Atlantik. Sein Vater, der ihm Geschichten von seiner Zeit bei der Marine erzählte, beflügelte seine Fantasie und erweckte in ihm den Wunsch, eines Tages Schriftsteller zu werden.



Schon früh kam Winslow mit den Themen und Figuren in Berührung, die später eine so prominente Rolle in seinen Büchern spielen sollten. Einige Mafiagrößen des Patriarca-Syndikats lebten in seiner Nachbarschaft, und seine eigene Großmutter arbeitete Ende der 60er für den berüchtigten Mafiaboss Carlos Marcello, den mutmaßlichen Drahtzieher des Kennedy-Attentats, der den späteren Autor mehrere Male zu sich einlud.



Nach seinem Schulabschluss kehrte Don Winslow in seine Geburtsstadt New York zurück. Bevor er mit dem Schreiben begann, verdiente er sein Geld unter anderem als Kinobetreiber, als Fremdenführer auf afrikanischen Safaris und chinesischen Teerouten, als Unternehmensberater und immer wieder als Privatdetektiv.



Auch als Schriftsteller ist Don Winslow unermüdlich. Jeden Morgen um fünf setzt er sich an den Schreibtisch. Mittags läuft er sieben Meilen, in Gedanken immer noch bei seinen Figuren, um dann am Nachmittag weiterzuarbeiten. Dabei schreibt er mindestens an zwei Büchern gleichzeitig. Schreibblockaden kennt er nicht, im Gegenteil: Winslow sagt von sich, dass er bislang nur fünf Tage durchgehalten habe, ohne zu schreiben. Es ist eine Sucht, die bis heute ein Werk hervorgebracht hat, dessen Qualität, Vielseitigkeit und Spannung Don Winslow zu einem der ganz Großen des zeitgenössischen Krimis machen.



Don Winslow wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Deutschen Krimi Preis (International) 2011 für Tage der Toten. Für die New York Times zählt Don Winslow zu einem der ganz Großen amerikanischen Krimi-Autoren.


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