Autor: bücher.de
Datum: 01.12.2024
Tags: Empfehlung, Krimi des Monats

Eisiges Glas / Leo Asker Bd.2

Skandinavisches Noir vom Feinsten - raffiniert, atmosphärisch und hochspannend ab der ersten Seite: Anders de la Mottes Schweden-Krimi »Eisiges Glas«
Kaum hat Kriminalinspektorin Leonore Asker ihren ersten Fall als Leiterin der Abteilung für hoffnungslose Fälle gelöst, nimmt ihr Vater nach jahrelangem Schweigen Kontakt zu ihr auf. Der Prepper steht unter Verdacht, mit dem Tod eines Urban …
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16,99 €


Krimi des Monats

Anders de la Motte, „Eisiges Glas“

„Leonore Askers besondere Fälle“ – lautet der Untertitel von „Eisiges Glas“. Und wie besonders diese Fälle sind, in die Anders de la Motte seine Ermittlerin Leo nun zum zweiten Mal schickt! Schon im ersten Asker-Krimi, „Stille Falle“, wurde das klar. Nun also Fall Nummer zwei.

Leonore Asker, kurz: Leo, hat eine besondere Geschichte. Ihr Vater ist ein sogenannter Prepper, wird „Prepper-Per“ genannt. Er hortet Lebensmittel, misstraut jedem und hat seinen Besitz in eine Festung verwandelt. So wuchs Leo auf. Mit Drill, Härte und Psychotraining. Ihre Sinne sind scharf und immer auf Empfang, das hat ihr Per von Kindheit an eingetrichtert. Einzig ihr Jugendfreund Martin Hill bildete damals ein Gegengewicht zum Wahnsystem ihres Vaters.

Heute ist Martin Hill Lektor an der Uni in Lund, Experte für Lost Places und hat einen Bestseller geschrieben über „Urban Exploration“, also die Erforschung verlassener Orte. Womit wir schon beim ersten der Erzählstränge sind, die uns in „Eisiges Glas“ in ihren Bann ziehen. In ihm geht es um „Ufo-Spinner“ und die mögliche Existenz von Außerirdischen, die auserwählten Menschen auf der Erde ihre Geheimnisse verraten.

Denn das behauptet Gunnar Irving: Ihm sei ein Ufo begegnet, und er habe von Wesen, die vom Sternbild Alpha Centauri herkommen, eine Idee für die Neuausrichtung des Unternehmens bekommen. In den Medien heißt er deshalb nur noch „Ufo-Gunnar“. Das Unternehmen, „Alfacent“ genannt, floriert, und die Familie Irving wird mächtig, sehr mächtig, unter anderem mit Medizintechnik. Schon sein Vater Bernhard war besessen vom Thema Außerirdische.

Die Irvings sind exzentrisch, reich, und Legenden ranken sich um die Ufo-Geschichte. Legenden, die andere „Gläubige“ anziehen. Nun steht ein Firmenjubiläum an, und Martin Hill soll über die Geschichte des Unternehmens schreiben. Er zögert, aber die Faszination, all dem nahezukommen, ist zu groß. Also sagt er zu und darf am Familiensitz in Stjärneholm ein Haus beziehen. Die Sicherheitsvorkehrungen sind dort so streng, als müsse man ein Geheimnis hüten. Wie gut, dass Martin Hill nach wie vor mit Leo Asker befreundet ist. Denn eine taffe Kriminalkommissarin kann nicht schaden, falls man in Not geraten sollte.

In Not ist derweil aber Leo Asker selbst. Denn ihr Vater macht Probleme, massive Probleme. Er, der sie einmal fast getötet und zu dem sie den Kontakt abgebrochen hatte, meldet sich nach 15 Jahren wieder bei ihr. Leo weiß: Misstrauen ist hier berechtigt. Denn ihr Vater ist eiskalt und berechnend. Ein Toter wird gefunden, nahe Prepper-Pers Grundstück. Die Leiche liegt dort schon seit gut 15 Jahren. Leo kennt den Toten, und ihr Vater ahnt, dass die Polizei ihn verdächtigen wird. Ihn, den verrückten Bunkerbauer; den Sprengstoffsammler; den, der bestens vorbereitet ist, wenn der Tag des Jüngsten Gerichts kommt.

Was tun? Auflegen, zuhören, in den Fall einsteigen? Leo kann nicht anders. Sie muss recherchieren. Obwohl das nicht mehr in ihre Zuständigkeit fällt, denn sie leitet nicht, wie eigentlich vorgesehen, die Abteilung Schwerverbrechen in Malmö, sondern eine schräge Truppe, die Abteilung für hoffnungslose Fälle, verlorene Seelen und alles andere. Das Team: Außenseiter, Nerds. Aber immerhin landet bei Leo das, was sonst als unlösbar gilt. Auch wenn der Rest der Polizei über diese Arbeit Witze reißt.

Im Lauf der Ermittlungen entsteht der Verdacht, dass der Tote auch auf Stjärneholm gewesen sein könnte. Dem Familiensitz der Irvings, dem Sitz von Ufo-Gunnar. Und die Legenden um Monster mit roten Augen, unterirdische Grabkammern und Gänge, ein mysteriöses Bergwerk und das Observatorium, in dem Bernhard Irving außerirdischem Leben nachforschte, werden immer wirklicher. Und gefährlicher. Wie hängt all das zusammen, ja hängt es überhaupt zusammen? In der Zwischenzeit eskaliert die Situation mit Leos Vater – und der, das weiß sie, würde Leichenberge hinterlassen, wenn die Polizei sein Anwesen stürmen sollte. Leo muss das verhindern. Um jeden Preis. Und Martin Hill kommt einem Geheimnis immer näher, das niemand ungestraft aufdeckt.

Großes Kino! Das fährt Anders de la Motte hier auf. Auch wer sonst wenig mit Mythen um Ufos und Außerirdische anfangen kann, wird hier mitgerissen. Versprochen. Und die explosive Familiengeschichte von Leo tut ihr Übriges. Warum das Buch „Eisiges Glas“ heißt – im schwedischen Original „Glasmannen“ (also „Der Glasmann“ oder „Der gläserne Mann“), das erfahren wir immer mal wieder. Denn der gläserne Mann spricht zu uns …

Ermittlerportrait

ERMITTLERINNENPORTRÄT

Leonore Asker, genannt Leo, Kriminalkommissarin und neue Leiterin der „Abteilung für hoffnungslose Fälle“ ist eine Ausnahmeerscheinung. Ihre Augen sind zweifarbig, auf ihrem Arm prangt ein Tattoo – noch frisch vernarbt –, „Resilienz“ ist das Wort, das sich Leo in die Haut stechen ließ. Vermutlich, um sich immer daran zu erinnern, wie stark sie ist. Und das ist sie. Auch wenn sie sich manchmal so fühlt, als würde sie in die Dunkelheit abgleiten. Bei solchen Eltern kein Wunder. Ihre Mutter, erfolgreiche Anwältin mit der Aura „britische Monarchin gepaart mit Weißem Hai“, ihr Vater ein Prepper, ein Verrückter, der Bunker baut und seine Farm in ein Hochsicherheitsareal umgebaut hat. Wer hier aus Versehen hineinstolpert, hat ein Problem ...

Ihr Vater, bei dem sie aufwuchs. Ihr Vater, der sie abgerichtet hat wie einen Wachhund, scharfgemacht hat. Körperlich wie mental. Nichts entgeht Leo Asker. Sie prägt sich Menschen, Orte, Gerüche, Töne etc. ein wie wohl wenige Menschen sonst. Das musste sie von Kindheit an. Das war eines ihrer Trainingsziele. Ihr Vater testete sie, wieder und wieder. Und Leo war gut, wurde immer besser. Doch da gab es irgendwann einen neuen Jungen in der Gegend. Einen schwarzen Jungen. Martin hieß er. Und Leo und Martin wurden so etwas wie Freunde. Ihr Vater sah das gar nicht gern. Leo war sein Eigentum. Unterstand seinem Befehl. Martin war für Leo das Gegengewicht zu ihrem Vater. Und irgendwann kam die Zeit, als Leo gehen wollte. Prepper-Per tat das, was in seinen Augen unumgänglich war: Er wollte sich und seine Tochter in die Luft jagen.

Leo kam davon. Per verlor ein Auge und eine Hand. Heute ist Leo bei der Polizei, für ihren Vater ist sie „ein loyaler Lakai der Macht“, eine Enttäuschung. Ihre Fähigkeiten aber, trainiert von klein auf, helfen Leo natürlich bei ihrer Arbeit. Auch wenn sie nach und nach lernen muss, mehr auf ihr Gefühl und weniger auf ihren messerscharfen Verstand zu hören. Das sagt ihr jedenfalls Martin Hill immer mal wieder. Martin, der immer noch mit Leo befreundet ist. Martin, der auch schon im ersten Fall, „Stille Falle“, an Leos Seite war, als sie zusammen einen Serienmörder gefasst haben: den Troll.


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