Autor: bücher.de
Datum: 01.01.2025
Tags: Empfehlung, Krimi des Monats


Ein packender Destinationsthriller vor der atemberaubenden Küste Cornwalls - atmosphärisch, abgründig, fesselnd.
Zur Einweihung ihres luxuriösen Campingplatzes in Cornwall haben Max und Annie ihre alten Studienfreunde samt Kindern eingeladen: TV-Star Dominic, die Ärztin Kira sowie die Freigeister Jim und Suze. Doch schon am ersten Abend kommt es am Lagerfeuer zu einem handfesten Streit. Am …
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Krimi des Monats

Krimitipp Januar: Hannah Richell, „Das Wochenende“

Alles hört sich wunderbar an: ein Mai-Wochenende auf dem Land. Ein Wiedersehen mit alten Freunden. Alle kommen, natürlich mit Familie. Die Jugendlichen maulen, weil es kein Netz gibt. Unvorstellbar zum Beispiel für Scarlet, 16, Tochter von Fernsehstar Dominic Davies. Er ist der Promi im Freundeskreis. Dominic ist ein berüchtigter Juror der Sendung „Star Search“. Berüchtigt, weil er die Teilnehmer oft unbarmherzig und brutal auseinandernimmt. Er behauptet: Das ist die Show, das muss ich machen. Doch die Freunde kennen Dominic und wissen: Er war schon immer das Alphamännchen, jeder ist für Dominic ein Konkurrent. Bei ihm konnte sogar Würstchengrillen zum Wettbewerb ausarten!

Darüber machen sich Jim und Suze Miller gerne mal lustig. Die Millers reisen mit ihren drei Kindern an. Jim und Dominic könnten nicht gegensätzlicher sein. Denn Jim hat zwar reizende Kinder, doch sonst, na ja ... Sein Standardoutfit sind schlabberige Shorts und abgerockte Turnschuhe. Und von den vielen Ideen, mit denen Jim Geld machen wollte, hat er keine einzige umgesetzt. Dominic kann so etwas nicht verstehen. Er, der Strahlemann, gutaussehend, teure Klamotten, immer erfolgreich. Für Dominic ist klar: Alle sind jetzt so Mitte 40 und sollten ihr Leben doch auf die Reihe gekriegt haben. Doch was das sein soll, dieses „auf die Reihe kriegen“, darüber gehen die Meinungen deutlich auseinander.

Der Treffpunkt: ein Glampingplatz in Cornwall. „Wildernest“ haben Max und Annie Kingsley ihn getauft. Sie sind vor etwa einem Jahr weg aus London, haben ihr gutes und bequemes Leben eingetauscht gegen dieses Projekt. Nachhaltiger Ökotourismus, aber natürlich luxuriös. Glamping eben. Man will schließlich eine zahlungskräftige Kundschaft anlocken. Vor sechs Jahren haben Max und Annie ein Kind adoptiert, Kip. Heute ist der zwölf Jahre alt und ein schwieriger Junge. Seine Kindheit in einem verwahrlosten Elternhaus und diversen Pflegefamilien hat tiefe Spuren hinterlassen. Er tut sich schwer mit anderen Menschen, hortet immer noch heimlich Essen, weil er früher tagelang hungern musste. Für Kip, so denken Max und Annie, ist das ein Neuanfang, und sie hoffen darauf, dass er sich in seinem neuen Zuhause auf dem Land irgendwann wohlfühlt.

Aber „Das Wochenende“ ist natürlich, neben der faszinierenden zwischenmenschlichen Geschichte um alte Freunde: ein Thriller. Und genau diese alte Freundschaftsgeschichte von Menschen, die sich nun nach längerer Zeit wiederbegegnen, baut Hannah Richell zu einem intelligenten und überzeugenden Plot aus. Wir Lesenden erleben das Wochenende aus unterschiedlichen Erzählperspektiven der Freunde. Und von Anfang an wird klar: Es ist etwas Schlimmes passiert. Eine Leiche wurde gefunden. Und wir sind mit dabei, wenn Detective Inspector Lawson und Detective Constable Barnett die Freunde einzeln befragen. Nach und nach setzt sich das Puzzle zusammen, das Autorin Richell entwickelt hat.

Schon am ersten Abend, am Lagerfeuer, geht es los. Die Kinder bekommen Marshmallows zum Grillen. Leider gibt es nur eine Tüte, und für jedes Kind nur zwei Stück. Auch Kip, der Adoptivsohn der Gastgeber Max und Annie, sitzt mit am Feuer. Er hat die Holzspieße zum Grillen geschnitzt, extra spitz. Kip, das wird im Laufe der Geschichte immer klarer, ist der große Unbekannte. Denn er ist verschlossen und weiß sich manchmal nicht anders zu wehren als mit Gewalt. Das wissen Max und Annie – als die sechsjährige Phoebe Davies, Dominics Tochter, Kip einen Marshmallow klaut, verletzt Kip die Kleine leicht. Nicht schön, aber Kinder hauen sich eben mal. Doch Dominic rastet aus und krallt sich Kip. Er agiert so rabiat, dass Max und Annie ihren Sohn retten müssen. Von da ab ist Kip völlig verstört, und Dominic Davies, der Alpharüde, hat Schaum vor dem Mund, wenn er Kip auch nur sieht. Für ihn ist der Zwölfjährige gefährlich, gestört und sollte definitiv nicht mit Samthandschuhen angefasst werden.

Der Vorfall am Lagerfeuer: ein Stimmungskiller. Klar. Alle gehen erst mal schlafen. Der nächste Tag wird hoffentlich besser. Aber schnell wird klar: Die Gruppe hat sich in zwei Lager gespalten – gegen oder für Dominic. Immerhin versuchen alle, sich zusammenzureißen. Alle außer Dominic. Noch ist das Wetter gut, die Frauen haben Pläne, und die Männer sollen auf die Kinder aufpassen. Klar, sagen die. Als auch noch eine Wetterwarnung einen massiven Sturm ankündigt und der Himmel einen seltsamen Orangeton annimmt, bricht Panik aus. Denn zwei der Kinder sind verschwunden ...

Sind 20 Jahre Freundschaft noch irgendetwas wert, wenn das alles vorbei ist? Diese Frage verhandelt Hannah Richell in „Das Wochenende“ in einer sprachlich wie psychologisch überzeugenden, hochspannenden Geschichte. Ihre Zeichnung der Figuren und ihrer Beziehungen zueinander ziehen einen genauso in den Bann wie die Frage, was hier eigentlich passiert ist. Wer ist hier gestorben, und warum? Der Showdown punktet dann auch noch mit einer echten Überraschung ...

GLOSSAR


DIE DAVIES
Promi Dominic Davies, den Vater von Scarlet (16), Felix (14) und Phoebe (6), haben wir schon ausführlich vorgestellt. Er ist impulsiv und eitel, und einige der Freunde sagen klar: Er hat überreagiert bei der Sache am Lagerfeuer. Welcher Erwachsene geht so mit einem Kind um? Doch die Freunde kennen diese Seite an Dominic: „Wenn er erst mal jemanden zwischen den Zähnen hat, macht er ihn fertig. Richtig brutal.“ Das gilt für seine Sendung, aber anscheinend auch im Privatleben.

Tanya Davies ist die „Neue“ an Dominics Seite. So neu ist ihre Beziehung aber auch nicht mehr, die gemeinsame Tochter Phoebe ist schon sechs Jahre alt. Aber in einem Freundeskreis, in dem sich alle von Studienzeiten an kennen, fühlt sich Tanya als fünftes Rad am Wagen. Sie hat definitiv keine Lust auf Glamping, sondern eher auf Shopping und Luxushotels. Etwas, das an diesem Wochenende im Mai gar nicht auf dem Plan steht. Und als der Vorfall am Lagerfeuer passiert, ist für Tanya klar: Eigentlich sollte sie gar nicht hier sein ...

DIE KINGSLEYS – die Gastgeber
Max und Annie Kingsley hatten in London ein Haus in bester Lage, eine tolle Schule für ihren Adoptivsohn Kip (12), und das alles haben sie einfach hinter sich gelassen und sind in die Pampa gezogen. Für Max und Annie war irgendwann klar: So wollen wir nicht mehr leben. Sie fühlten sich eingeengt und festgezurrt in ihrem Stadtleben. Und dann ist ja auch noch Kip da. Für viele ein „Problemfall“ – so auch für die Schule, auf die Kip ging. Mobbing und kein Feingefühl im Umgang mit dem Jungen: So sahen es Max und Annie.

Und dann haben sie das alles hinter sich gelassen. Auf nach Cornwall! Ihr Glampingplatz liegt hinter dem Kap, ein altes Bauernhaus, umgeben von dreieinhalb Hektar Wildnis, die Küste ist nah. Die alten Freunde sollen zum Praxistest des Glampingprojekts kommen. Leider gibt es da einen Haken: Die Idylle wird von dem streitlustigen Nachbarn Kellow gestört. Der will auf keinen Fall, dass der Platz eröffnet wird. Und schon beim Kauf erfahren die Kingsleys von Sagen über Sirenen, die Menschen in den Tod locken, von zahlreichen Unfällen, ungeklärten Todesfällen ... Selbst die Blumen scheinen Todesboten zu sein: Obwohl das weiße Strandleimkraut so unschuldig aussieht, heißt es, die Blume zu pflücken, bringe den Tod.

DIE MILLERS
Das sind Jim und Suze sowie ihre Kinder Willow (14), River (13) und Juniper (9). Jim und Suze machen sich seit Jahren über „Dom“, so nennen sie Dominic, und sein Konkurrenzdenken lustig.
Suze nimmt die Dinge gern in die Hand – selbst bei ihrem Kennenlernen hatte sie die Initiative ergriffen. Jim hatte sich lange nicht getraut. Er war Sozialarbeiter im Jugendzentrum in Brighton, als er Suze zum ersten Mal sah. So kitschig sich das anhört: Es war Liebe auf den ersten Blick für Jim. Und das, obwohl er nie und nimmer an Liebe auf den ersten Blick geglaubt hatte. Irgendwann hatte Suze beiläufig gesagt: „Morgen Abend um sieben im Tempest Inn. Kommst du?“ Jim hatte damals nur sprachlos genickt. Aber natürlich kam er. Suze war eben immer schon die Frau, die initiativ und geradeheraus war.
Jim ist eher der Typ, der Sachen aufschiebt und nichts wirklich fertigbringt, nicht das Indie-Plattenlabel und nicht den Foodtruck. Er spielt gern den Clown, doch mittlerweile bröckelt die Fassade, und Jim fühlt sich immer mehr so, als wäre er am Ende. Beim Lesen fragt man sich: Wozu könnte ein Mensch, der nichts mehr zu erwarten hat, fähig sein?

KIRA UND FRED
Kira ist Teil des alten Freundeskreises, und alle fanden sie immer schon umwerfend. Eine Schönheit, halb sri-lankisch, halb Yorkshire-Tochter, Ärztin. An ihrem 40. Geburtstag hatte Kira alle Freunde eingeladen, und die Sache entgleiste ziemlich. Sie war betrunken, sehr betrunken, und beschimpfte ihre alten Weggefährten als „beschissene Spießer“ und fragte, wann sie alle eigentlich so langweilig und öde geworden seien.
Nun trifft Kira all die „Spießer“ wieder. Doch einiges hat sich verändert: Sie ist Mutter geworden, ihre Tochter Asha ist fünf Monate alt. Und sie hat einen neuen Freund: Fred. Der ist natürlich auch mit dabei beim Glampingwochenende und wird von allen beäugt und beurteilt. Fred scheint eine irische Frohnatur zu sein, unkompliziert und immer der Erste, der sich in ein Schwimmbecken oder einen Whirlpool stürzt, Party macht. Das kam die letzten Monate zu kurz, denn Schlaf zu kriegen mit einem Baby ist gar nicht so leicht. Fred scheint ein wunderbarer Vater zu sein, aber wenn er getrunken hat, brennt ihm schon auch manchmal eine Sicherung durch ...

Autorenporträt

Hannah Richell wuchs in England und Kanada auf, verbrachte viele Jahre in
Australien und lebt heute mit ihrer Familie im Südwesten von England. Sie
arbeitete im Marketing der Film- und Verlagsbranche und für verschiedene
Zeitungen und Magazine, bevor sie begann, Geschichten zu schreiben. Ihre
Romane begeistern Leser und Presse weltweit und werden in 17 Sprachen
übersetzt.

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