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Benutzername: 
Irene
Wohnort: 
Hennef

Bewertungen

Insgesamt 4 Bewertungen
Bewertung vom 02.11.2021
Die Magnolienfrauen
Jaeggi, Christine

Die Magnolienfrauen


ausgezeichnet

Dramatischer Roman um die Beziehungen, Verflechtungen und Geheimnisse einer Familie

Während in Zürich die Hochzeit der Schmuckdesignerin Felicia (*1986) mit dem Politiker Christian (*1979) in Planung ist, erbt Fee von ihrer unerwartet verstorbenen Großmama Violetta (*1941) deren Anteil der sogenannten „Magnolien-Villa“ in Brisaggo / Tessin. Vor Ort kommen immer mehr geheimnisvolle Kuriosa der letzten Jahre ans Tageslicht. Fee kann durch ihre hartnäckige Ermittlung mit Hilfe von Nando (*1981) das Dunkel der Familiengeschichte defragmentieren.

Christine Jaeggi hat mit ihrem Roman „Die Magnolienfrauen“ (erschienen 18.10.2021) ein spannendes – zu keiner Zeit voraussehbares – erstklassiges Werk geschrieben. Die Erzählung spitzt sich von Seite zu Seite weiter zu. Man wird emotional in die Geschichte und in das Leid der Familienmitglieder hineingezogen. Der Leser wird hinter die Fassade der Familie mitgenommen und entdeckt dort Liebe, Schuld, Reue, Verrat und Einsamkeit. Am Anfang des Buches findet man eine Figurenübersicht der Gegenwart und der Vergangenheit. Der Schreibstil, bzw. die Sprache ist klar und schnörkellos, insgesamt wunderbar! Die Autorin vermittelt dem Leser nicht nur die Figuren epochal, sie kann auch Stimmungen eindrucksvoll übermitteln. Ohne sich in Details zu verfangen, beschreibt sie die Protagonisten so gekonnt, dass man sie sich bildlich gut vorstellen kann. Ich war von Anfang bis Ende „in“ der Geschichte drin. Trotz der Zeiten-Sprünge ist die Erzählung nie verwirrend. Man kommt immer wieder - sowohl in die Gegenwart, bzw. Vergangenheit, als auch in die Orte - schwebend rein. Man gleitet sozusagen reibungslos durch die Entwicklung der Ereignisse. Spektakulär finde ich auch, dass unser Schubladendenken beim Lesen durchgeschüttelt wird. Unser Gehirn sortiert die Figuren anhand der Umschreibung in ein Gut- und Böse-Fach, und im nächsten Kapitel entwickeln wir überraschenderweise Sympathie für eines der bösen Charaktere. Die Autorin thematisiert außerdem die jüdischen Flüchtlinge zur Zeit des Nationalsozialismus. Sie fädelt das humanitäre Engagement der Einen versus politische Haltung gegen die „Verjudung der Schweiz“ der Anderen gekonnt in die Familiengeschichte ein.

Bewertung vom 03.09.2021
Das Haus der Libellen
Behrens, Emma

Das Haus der Libellen


ausgezeichnet

Wunderbar! Ich empfehle den Liebes-Roman Wort-für-Wort zu lesen um den Zauber des Schreibstils wahrzunehmen!

Zauber einer bedeutsamen Freundschaft, Mysterium einer Liebe

Die Protagonistin Sophie macht sich, nachdem sie einen Brief ihrer Jugendfreundin Emilia erhält, auf den Weg zur magischen Von-Gutenbach-Villa, in der sie als Kind sehr viel Zeit verbrachte. Mit Noah, dem Bruder von Emilia, verbindet sie später eine Romanze und eine gemeinsame Wohnung während ihrer Studienzeit. Dann verschwindet Noah ohne Abschied oder Erklärung einen Tag nachdem er Sophie um ihre Hand bat. 5 Jahre vergehen, bis der Brief von Emilia, die Sophie um Hilfe bittet. Sie soll Noah finden. das Rätsel um ihn sorgt für Spannung. Sophie (er-)lebt wiederholt sehr emotional den Schmerz der Vergangenheit. Die Rückblenden erklären es.

Ich bin sehr begeistert von Emmas "sanften" sinnlichen Schreibstil. Ohne, dass es langatmig wird, detailliert sie Situationen und Wahrnehmungen der Figuren ausführlich. Man kann sich als Leser alles sehr gut bildlich vorstellen: die Personen (Aussehen und Charaktere), die Villa, Ambiente und Flair, die vesrtorbenen Eltern von Emilia & Noah, etc. Selten habe ich ein Buch gelesen, bei dem ich nichtmal ahnen konnte, wie es ausgeht. Ich empfehle den Roman bewusst zu lesen! Es ist ein Liebesroman, der - aus Sophie‘s Sicht - eine tiefe Freundschaft in Frage stellt.

Das Cover ist so wunderschön, dass das Buch bei mir vorerst einige Wochen auf dem Tisch liegen bleibt.

Bewertung vom 03.09.2021
Gedichte, Gedanken, ein Plädoyer für die Freiheit
Zwilling, Jürgen

Gedichte, Gedanken, ein Plädoyer für die Freiheit


gut

Freiheit (Unabhängigkeit) versus Ideologie (Weltanschauung)

"Freiheit wird i.d.R. als die Möglichkeit verstanden, ohne Zwang zwischen verschiedenen Möglickeiten auswählen und entscheiden zu können. Ein weite Definition, die viele Interpretationsvarianten zulässt, in Freiheit zu leben. Ein Grund darüber nachzudenken!" - Dieses Zitat der Tochter Jacqueline wertet das Buch enorm auf.

Das Buch ist allemal lesenswert (daher 3 Sterne), hat mich aber nicht umgeworfen. Es sind gute Gedanken, bzw. Zitate zu finden, wobei ich "Freiheit" und "Ideologie" sowieso niemals als Synonyme betrachtet hätte.

Bewertung vom 19.08.2021
Lucy und das Wesen der Dinge
Kaldek, Anya

Lucy und das Wesen der Dinge


ausgezeichnet

„Du bist, was du denkst…“ Großartiger inspirierender Roman!

Die Handlung spielt in Moraira, an der Costa Blanca in Spanien. Ein Ort, wo der Leser sich mit der Hauptprotagonistin Lucy hinträumen darf. Sie trifft auf den grauhaarigen Aramis, der ihr Herz zur „Freiheit aus dem System“ führt, indem er zwischen Tapas und Wein mit Weisheiten streut, wie: „Frei werden wir, sobald wir die volle Verantwortung für uns übernehmen und unseren Geist selbst unter Kontrolle haben“. Dieses Buch beinhaltet viele Sätze, die zum Denken antreiben. Sätze, wie: „Schau wie du lebst, und du erkennst, wie du denkst“. Während Lucy vorerst bewusst diverse Erinnerungen von sich fernhält, bringt ihr Aramis das Zulassen von Krisen und die daraus resultierenden möglichen Chancen bei, durch Gedanken wie: „Vergeben heißt verstehen: Verständnis aufbringen für das Verhalten anderer und dir selbst gegenüber“. Der Gitarrenspieler Eloy sorgt als weitere Hauptfigur für eine Portion Prickeln. Mein Lieblingssatz in diesem Buch steht auf Seite 57: „Du bist, was du denkst…“ (usw. / mehr möchte ich nicht verraten). Lucy ist mir während ihrer Verwandlung (ihrer Öffnung und dem „Zulassen“) ans Herz gewachsen. Jedes der 36 kurzweiligen Kapitel beginnt mit einem tiefen Gedanken. Und in jedem Kapitel verbergen sich weitere wundervolle Inspirationen, wie: „Die Art, wie wir handeln, ist oft ein Spiegel unserer Wunden“. Insgesamt steckt in Anyas Buch eine großartige Absicht: unsere verunreinigten Gedanken zu entsorgen. Und der Freude zu folgen! Von der ersten bis zur letzten Seite ist „Lucy“ eine großartige Lektüre.