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Dreieich

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Insgesamt 155 Bewertungen
Bewertung vom 12.12.2024
Als wir im Schnee Blumen pflückten
Harnesk, Tina

Als wir im Schnee Blumen pflückten


ausgezeichnet

Berührende Familiengeschichte
Tina Harnesk entführt uns mit ihrem einfühlsamen Debütroman „Als wir im Schnee Blumen pflückten“ in die raue Landschaft Nordschwedens. Im Mittelpunkt steht die alte Samin Mariddja, die dort mit ihrem dementen Mann Biera in einem alten Häuschen lebt. Mariddja weiß, dass sie bald sterben wird und sorgt sich, was dann aus ihrem Mann wird. Ihr letzter Wunsch ist es ihren verschollenen Neffen wiederzufinden, der einst wie ein Sohn für sie war. In dieser Zeit wird die Telefonistin „Siré“ aus Bieras neumodischem Handy zu ihrer einzigen Vertrauten, mit der sie offen reden kann. Mit ihrer Hilfe begibt sie sich auf die Suche nach ihrem verlorenen Sohn. Mit Wärme, Melancholie und einer Prise Humor erzählt Harnesk eine berührende Geschichte über Verlust, Liebe und den Wunsch nach Versöhnung.

Den Schreibstil fand ich sehr einfühlsam und lebendig. Ich konnte mir die Landschaft und die handelnden Personen sehr gut vorstellen, und mich in sie hineinversetzen. Gleichzeitig habe ich einiges über die samische Kultur und ihre Geschichte (die Zwangsumsiedelung, die viele Familien entwurzelte) erfahren. Harnesk wechselt gekonnt zwischen leisen, nachdenklichen Tönen und lebendigen, humorvollen Momenten, die Mariddjas Persönlichkeit zum Leuchten bringen. Besonders die Dialoge mit „Siré“ sind originell und verleihen der Geschichte eine moderne, besondere Note. Die Figuren sind tiefgründig und authentisch gezeichnet, allen voran Mariddja, deren innere Stärke und Verletzlichkeit mich gleichermaßen berührt hat.

Das Cover des Romans, ebenso gelungen wie der Inhalt, rundet für mich dieses besondere Lesevergnügen ab. Der Umschlag gleicht einem Gemälde, das ein einsames Paar inmitten einer nordisch-winterlichen Landschaft zeigt. Nimmt man diesen ab, setzt sich die Landschaft noch auf den Buchdeckeln fort. Die Stimmung des Buchs wird so perfekt eingefangen.

„Als wir im Schnee Blumen pflückten“ ist ein leises, aber kraftvolles Buch, das mich auf besondere Weise berührt hat und Themen wie Liebe, Verlust, Heimat aber auch Herkunft anspricht. Tina Harnesk ist selbst Sami, weshalb die Erzählung sehr authentisch wirkt und die Kultur und Geschichte der Samen näher bringt. Es war im letzten Jahr das Lieblingsbuch der Schweden, was ich nun sehr gut verstehen kann.
Ich kann es nur allen ans Herz legen, die besondere Erzählungen lieben.

Bewertung vom 22.11.2024
Die Lungenschwimmprobe
Renberg, Tore

Die Lungenschwimmprobe


ausgezeichnet

Packender historischer Roman nach einer wahren Begebenheit
Tore Renbergs historischer Roman Die Lungenschwimmprobe entführt uns ins barocke Leipzig des Jahres 1681 und erzählt die bewegende Geschichte der 15-jährigen Anna Voigt, die des Kindsmordes angeklagt ist. Während die Obrigkeit ihren Tod fordert, beteuert Anna ihre Unschuld. Ihr wohlhabender Vater beauftragt den jungen Rechtsgelehrten Christian Thomasius mit ihrer Verteidigung. Außerdem finden sie die Unterstützung eines fortschrittlichen Arztes, der erstmals ein neuartiges, wissenschaftliches Verfahren - die Lungenschwimmprobe - durchführt und damit eine Totgeburt nachweisen kann. Die Familie schöpft neue Hoffnung, doch gelingt es ihnen Anna zu retten?

Renberg entfaltet ein dichtes, spannungsgeladenes Drama, das von wahren Begebenheiten inspiriert ist. Sein Schreibstil ist mitreißend und seine Sprache fängt die Atmosphäre des Barocks eindringlich ein, bleibt dabei aber sehr gut lesbar. Mit lebhaften Beschreibungen und präziser Detailtreue zieht er den Leser in eine Welt, in der Wissenschaft und Aberglaube aufeinandertreffen. Er erzählt aus verschiedenen Perspektiven und wendet sich auch selbst an die Leser. Zusätzlich reichert er den Roman mit Gesetzestexten, Urteilen, Balladen und sogar einem Märchen an, was mir sehr gut gefiel. Seine Figuren sind meisterhaft ausgearbeitet. Anna berührte mich mit ihrer Entschlossenheit und Verzweiflung und ich habe mit ihr gelitten. Ebenso gut gefiel mir der belesene Arzt Johannes Schreyer, der sich vollkommen der Wissenschaft verschrieben hat. Die von ihm erstmals durchgeführte Lungenschwimmprobe war damals umstritten, ging später jedoch in die Medizingeschichte ein. Christian Thomasius überzeugte als leidenschaftlicher und mutiger Anwalt, der das althergebrachte Rechtswesen und die Folter kritisiert und sich mit der Obrigkeit anlegt. Interessant fand ich auch den Einblick in das Amt des Scharfrichters, wenngleich die Schilderung der Folter schwer zu ertragen war.

Trotz der rund 700 Seiten, die der Roman umfasst, habe ich mich zu keiner Zeit gelangweilt. Ich finde es bemerkenswert, dass sich ein norwegischer Autor der Lungenschwimmprobe angenommen hat und so tief in die deutsche Geschichte eingetaucht ist. Immerhin hat er fast 6 Jahre in deutschen Archiven recherchiert und geschrieben. Dadurch ist es ihm gelungen, ein sehr genaues und authentisches Bild der barocken Gesellschaft in Sachsen zu zeichnen. Der Roman war für mich ein Highlight und ich habe viel über die damalige Zeit gelernt.

Ein Manko gibt es allerdings für mich. Den Anhang mit einem Personenverzeichnis und historischen Karten hätte ich mir im Buch selbst gewünscht (zum schnellen Nachschlagen) und nicht über einen Link/Code auf der Verlagsseite.

Die Lungenschwimmprobe ist ein fesselnder Roman, der nicht nur historische Ereignisse beleuchtet, sondern auch universelle Fragen nach Wahrheit und Gerechtigkeit stellt und zum Nachdenken anregt. Leser historischer Romane, die sich für wissenschaftliche und gesellschaftliche Umbrüche interessieren, werden dieses Buch lieben.

Bewertung vom 17.11.2024
Wintersonnenwende / Wolf und Berg ermitteln Bd.2
Engman, Pascal;Selåker, Johannes

Wintersonnenwende / Wolf und Berg ermitteln Bd.2


ausgezeichnet

Zweiter Fall für Vera und Tomas

Mit „Wintersonnenwende“ setzt das schwedische Autorenduo Engman und Selåker seine Stockholmer Krimireihe um die Journalistin Vera Berg und den Kommissar Tomas Wolf fort und knüpft direkt an den Auftaktband an.

Die eisige Silvesternacht in Stockholm 1994 wird von Schüssen jäh durchbrochen. Eine junge Frau flieht nackt durch den Schnee, während ein Mann mit einem Kopfschuss hingerichtet zurückbleibt. Kommissar Tomas Wolf, der selbst von seinem schweren Kriegstrauma gezeichnet ist, wird mit seinem Partner Zingo auf den Fall angesetzt. Beide müssen tief ins Rotlichtmilieu eintauchen, um den Fall zu lösen. Gleichzeitig ermittelt die Journalistin Vera Berg in einem Vermisstenfall, der Tomas selbst in Verdacht bringt. Was verheimlicht der Kommissar? Als ein weiterer brutaler Mord geschieht, bleibt den beiden nichts anderes übrig, als zusammenzuarbeiten, um den gefährlichen Mörder zu stellen.

„Wintersonnenwende“ ist ein packender und vielschichtiger Kriminalroman, der mich von der ersten Seite an fesselte. Einige Schilderungen sind jedoch nichts für Zartbesaitete, besonders die Ermittlungen im Rotlichtmilieu verlangen einem einiges ab. Der Schreibstil von Engman und Selåker ist präzise, atmosphärisch und bildhaft, so dass ich mich direkt ins klirrend kalte Stockholm der 90er Jahre versetzt fühlte. Die Spannung wird von Anfang an auf hohem Niveau gehalten und steigert sich im Verlauf der Handlung stetig. Besonders gelungen fand ich die facettenreiche Ausarbeitung der Charaktere. Kommissar Tomas Wolf und Journalistin Vera Berg sind keine klischeehaften Ermittler, sondern tragen ihre eigenen seelischen Narben, die ihre Handlungen und Entscheidungen glaubhaft beeinflussen. Gerade die Darstellung der inneren Konflikte gibt dem Buch eine besondere Tiefe. Zudem gibt es ein Wiedersehen mit Zingo, dem Kollegen von Tomas und Veras Ziehsohn Sigge.

Die schöne Covergestaltung, die sich an den ersten Band anlehnt rundet alles ab. Die eisige, schneebedeckte Silhouette von Stockholm, die sich auf dem Buchschnitt fortsetzt, spiegelt die düstere Atmosphäre perfekt wieder.

Für Fans von skandinavischen Krimis und Nordic Noir, die einen düster-atmosphärischen und mitreißenden Krimi suchen, ist „Wintersonnenwende“ eine absolute Empfehlung. Den beiden Autoren ist es erneut gelungen, den Zeitgeist der 90er Jahre perfekt einzufangen.

Bewertung vom 14.10.2024
Lupus
Rode, Tibor

Lupus


ausgezeichnet

Unglaublich spannender Wissenschaftsthriller

„Lupus“ von Tibor Rode ist ein packender Wissenschaftsthriller, der den Konflikt zwischen Mensch und Natur, neuester Technik (KI), geschichtliches sowie menschliche Abgründe auf äußerst spannende Weise miteinander verwebt. Der Schauplatz in den dunklen Wäldern Vorpommerns ist gut gewählt. Im Mittelpunkt steht die Tierärztin und Wolfsbeauftragte Jenny Rausch, deren Vater bei einer nächtlichen Jagd spurlos verschwindet. Zeitgleich häufen sich mysteriöse Angriffe von Wölfen in den deutschen Wäldern. Staatsanwalt Frederik Bach wird hinzugezogen, als es Hinweise gibt, dass die verschwundenen Jäger möglicherweise Opfer eines Verbrechens wurden. Zusammen mit Jenny deckt er ein Netz aus düsteren Machenschaften auf, dass sie bis in die Zeit des Dritten Reichs und der DDR-Diktatur zurückführt und in der Jennys eigene Vergangenheit eine entscheidende Rolle spielt.

Tibor Rode ist ein unglaublich packender Pageturner gelungen, der mich bereits mit den ersten Zeilen des Prologs fesselte, so dass ich das Buch kaum zur Seite legen konnte. Sein Erzählstil ist lebendig und bildlich und lies mich leicht in die Geschichte eintauchen. Detaillierte Schilderungen der Natur und der unheimlichen Wolfsangriffe sorgen für eine düstere, bedrohliche Atmosphäre, die mich in den Bann zog. Besonders gelungen fand ich die Verknüpfung von wissenschaftlichen Fakten mit historischen Ereignissen, einem Familiendrama und Thriller-Elementen, die der Autor geschickt in der Handlung verwebt. Das hochaktuelle Thema Human-Wildlife Conflict wird sehr eindrücklich und packend geschildert. Die Spannung baut sich konstant auf, und es gelingt Rode, den Leser immer wieder mit unerwarteten Wendungen und einem actionreichen Showdown zu überraschen.

Die beiden Hauptcharaktere Jenny Rausch und Frederik Bach sind gut ausgearbeitet und sympathisch und ich habe sie gerne bei ihren eigenmächtigen Ermittlungen begleitet. Beide haben mit ihrer Vergangenheit zu kämpfen, und sind tiefer in die Ereignisse verstrickt, als es zunächst den Anschein hat. Rode gelingt es, ihre persönlichen Konflikte glaubhaft darzustellen, ohne dass die Geschichte an Tempo verliert.

Insgesamt ist „Lupus“ ein fesselnder und mitreißender Wissenschaftsthriller, den ich verschlungen habe. Die Handlung beruht auf zahlreichen wahren Begebenheiten (s. Nachwort), was das ganze umso erschreckender macht. Ich freue mich jetzt schon auf weitere Bücher des Autors.

Bewertung vom 24.09.2024
Das Dickicht
Kuhl, Nikolas;Sandrock, Stefan

Das Dickicht


sehr gut

Ein Debüt, das überzeugt!
„Das Dickicht“ ist der erste, Einsatz des neuen, sympathischen Ermittlerteams Juha Korhonen und Lucas „Lux“ Adisa vom LKA Hamburg.
Dem Autorenduo Kuhl und Sandrock ist ein packendes Debüt gelungen, das mich von der ersten bis zur letzten Seite fesseln konnte.

Juha und Lux werden zu einem Entführungsfall hinzugezogen, der erschreckende Parallelen zu einem Jahre zurückliegenden Fall aufweist. Der damalige Fall um einen Jungen, der in einer Kiste im Wald vergraben wurde und starb, gilt als gelöst. Doch neue Hinweise schüren Zweifel an der damaligen Aufklärung. Juha und Lux dringen immer tiefer in die Abgründe der Vergangenheit vor und decken eine Tragödie auf, die weitreichende Konsequenzen bis in die Gegenwart hat.

Den Autoren ist es sehr gut gelungen, von Anfang an Spannung aufzubauen und diese konstant aufrechtzuerhalten. Der Schreibstil der beiden ist sehr angenehm und flüssig zu lesen und ließ mich schnell in die Geschichte eintauchen. Dazu trägt auch maßgeblich das sympathische Ermittlerduo Juha und Lux bei, die beide mit ihrer Vielschichtigkeit überzeugen. Obwohl beide sehr unterschiedlich sind (hinsichtlich ihres Charakters und Alters), ergänzen sie sich wunderbar und geben ein geniales Team ab.

Der Plot basiert auf einem wahren Fall aus den Achtzigerjahren, den die Autoren aber abgewandelt haben. Die Geschichte versteht es von der ersten Zeile an zu fesseln. Das Schicksal des entführten Jungen, der in einer im Wald vergrabenen Kiste qualvoll starb, geht nicht nur den Ermittlern unter die Haut. Ich bin den beiden gerne bei ihren Ermittlungen gefolgt, die einige überraschende Wendungen nahmen und menschliche Abgründe aufdeckten, die wirklich erschütternd waren.

Das Cover des Buches zeigt einen unheimlichen, undurchdringlichen Wald und spiegelt die düstere Atmosphäre der Geschichte wider. Es passt hervorragend zur Thematik des Romans und ergänzt die düstere Grundstimmung.

Insgesamt ist „Das Dickicht“ ein überzeugendes Debüt, das mit einem düsteren Fall und einem sympathischen und vielversprechenden Ermittlerteam aufwartet. Ich freue mich schon auf den nächsten Einsatz von Juha und Lux. Ein absoluter Lesetipp für alle Krimiliebhaber!

Bewertung vom 29.08.2024
Anna O.
Blake, Matthew

Anna O.


gut

Potenzial verschenkt
Ich ging mit hohen Erwartungen an diesen Thriller, der von namhaften Autoren empfohlen wird und der damit beworben wurde, dass er süchtig macht und den Leser um den Schlaf bringt. Leider wurden meine Erwartungen nicht ganz erfüllt.

Es geht um die junge Anna Ogilvy, die seit 4 Jahren im Tiefschlaf liegt. Seit jener Nacht, als man sie schlafend mit einem Messer in der Hand und blutverschmiert neben den Leichen ihrer beiden Freunde gefunden hat. Der Fall beschäftigt das ganze Land. Ist Anna eine kaltblütige Mörderin und ihr Zustand nur gespielt? Oder hat sie die Morde schlafwandelnd begangen, doch ist sie damit schuldfähig?
Dr. Benedict Prince ist Experte für Verbrechen, die im Schlaf begangen werden und soll versuchen, Anna aufzuwecken. Doch viele Augen sind auf ihn gerichtet und die Zeit wird knapp. Ben ahnt nicht in welcher Gefahr er selbst schwebt.

Durch wechselnde Perspektiven erhält man einen guten Überblick über das Geschehen. Das meiste wird aus Bens Blickwinkel erzählt, es gibt aber auch Auszüge aus Annas Tagebuch, in dem sie selbst zu Wort kommt. Ich fand die Thematik sehr spannend, ob es möglich ist Verbrechen im Schlaf zu begehen und die Schuldfrage, die sich daraus ergibt. Ich hatte noch nie vom Resignationssyndrom gehört und fand es interessant und gleichzeitig erschreckend darüber zu lesen.
Der Einstieg war auch sehr spannend gelungen aber im weiteren Verlauf gab es leider einige Längen und manche Ausführungen zum Thema Schlaf und Psyche waren mir zu ausführlich. Ein wenig Straffung hätte hier gut getan. Der Autor konnte allerdings mit einigen überraschenden Wendungen bei mir punkten. Ich fieberte dem Ende entgegen, um endlich zu erfahren was damals auf der Farm passierte und wer sich hinter Patient X verbirgt. Die etwas langatmige Auflösung konnte mich leider nicht vollständig überzeugen. Da wirkte einiges konstruiert, unrealistisch und unlogisch. Es war eher verwirrend und ich musste nochmals zurück blättern. Zu den einzelnen Figuren konnte ich leider auch keine richtige Verbindung aufbauen. Sie blieben alle wenig sympathisch.

Mein Fazit: Ein solider Thriller trotz einiger Schwächen, wobei das Thema Verbrechen und Schlaf viel mehr Potenzial gehabt hätte.

Bewertung vom 17.08.2024
Dunkler Abgrund
Lillegraven, Ruth

Dunkler Abgrund


sehr gut

Jemand weiß genau, was du getan hast…
„Dunkler Abgrund“ ist der zweite Teil der Clara-Trilogie, auf den ich mit Spannung gewartet habe, denn der erste Band „Tiefer Fjord“ hatte mich bereits gefesselt und begeistert. Die Handlung schließt nahtlos an den ersten Band an und es ist ratsam diesen zu kennen, um Verständnisproblemen vorzubeugen.

Clara Lofthus ist inzwischen Justizministerin von Norwegen, als sie plötzlich Drohbriefe erhält, in denen jemand behauptet, er wüsste, was sie getan hat. Clara nimmt es zunächst nicht ernst, denn sie wähnt ihre dunklen Geheimnisse gut verborgen. Doch dann werden ihre Zwillingssöhne Andreas und Nikolai entführt. Clara ist völlig verzweifelt und bittet ihren Leibwächter Stian um Hilfe. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach ihren Söhnen und Clara muss erkennen, dass sie ihre düstere Vergangenheit gnadenlos einholt.

Lillegraven ist es erneut sehr gut gelungen Spannung aufzubauen und mich von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln. Wechselnde Perspektiven von Clara, Andreas, Leif (ihrem Vater) und einigen mehr, sorgen auch hier wieder für Dynamik und Spannung. Ihr gelingt es sehr gut die inneren Abgründe der Figuren zum Leben zu erwecken, ebenso wie die beeindruckende norwegische Landschaft. Clara ist eine vielschichtige Protagonistin, deren Stärke und Verletzlichkeit gleichermaßen überzeugend dargestellt werden. Auch die Nebenfiguren sind sorgfältig ausgearbeitet, was die Geschichte lebendig und glaubwürdig macht. Das Ende hat mich tatsächlich überrascht und schockiert, denn nichts ist so wie es zunächst den Anschein hatte. Ich bin schon jetzt gespannt auf den finalen letzten Band der Trilogie.

Das Cover des Buches, das einen dunklen Fjord mit einer Schwimmerin in düsteren Farben zeigt, passt perfekt zur Atmosphäre und Handlung des Thrillers.
„Dunkler Abgrund“ ist ein Muss für alle Thriller-Fans, die psychologisch tiefgehende und atmosphärische Romane schätzen. Ruth Lillegraven hat einen fesselnden Pageturner geschaffen, der lange nachhallt.

Mein Fazit: Eine gelungene Fortsetzung, aber nicht ganz so gut wie der erste Band.

Bewertung vom 15.07.2024
Partikel
Harlander, Wolf

Partikel


ausgezeichnet

Erschreckend real!

Wolf Harlander ist bekannt für seine packenden Thriller zu ökologischen und gesellschaftlichen Themen und mich hatten bereits seine letzten beiden Bücher begeistert. In seinem neuesten Buch „Partikel“ beschäftigt sich der Wirtschaftsjournalist mit der ständig steigenden Plastikflut insbesondere mit den kleinsten Partikeln davon, dem Mikroplastik. Die Meere sind voll davon und über die Nahrungskette gelangen sie in unseren Körper.

In gewohnt spannender Weise erzählt Harlander aus verschiedenen Perspektiven und versteht es von der ersten Seite an zu fesseln. Sein flüssiger und klarer Schreibstil machte es mir leicht der Geschichte zu folgen, die gleichermaßen unterhaltsam wie informativ war. Die 600 Seiten ließen sich gut bewältigen, ohne dass Langeweile aufkam.
Im Mittelmeer sinkt ein Frachtschiff mit brisanter Ladung, die die Strände verschmutzt. Das ruft die beiden BND-Agenten Nelson Carius und Diana Winkels auf den Plan, die man bereits aus „Schmelzpunkt“ und „Systemfehler“ kennt. Sie kommen einer internationalen Müllmafia auf die Spur. Eine Hochzeitsfeier auf Sylt endet tragisch und die Journalistin Melissa beginnt zu recherchieren. Gleichzeitig kämpft ihre kleine Nichte Zoe in der Uniklinik ums Überleben. Sie hat Leberkrebs, ausgelöst durch kleinste Partikel Mikroplastik. Und schließlich gibt es noch das vielversprechende Start Up Cyaclean, das eine bahnbrechende Methode zur Lösung des globalen Plastikmüllproblems entwickelt hat.
Mit wachsender Spannung habe ich die verschiedenen Handlungsstränge verfolgt, die im Verlauf der Handlung immer mehr miteinander verschmelzen. Aufgelockert wird das Ganze durch eingefügte Nachrichtenmeldungen, Briefe, Berichte etc., die für zusätzliche Informationen sorgen. Besonders berührt hat mich der Kampf der kleinen Zoe gegen den Leberkrebs, der sehr dramatisch und emotional geschildert wurde.
Mich hat das Thema auch nach Abschluss des Buches weiter beschäftigt und ich habe selbst recherchiert. Es ist schockierend, wieviel von dem im Buch geschilderten heute schon Realität ist.

Insgesamt ist „Partikel“ ein fesselnder Öko-Thriller, der ein brandaktuelles Umweltproblem in den Fokus rückt und gleichzeitig eine mitreißende Geschichte erzählt. Harlander gelingt es, den Leser zum Nachdenken anzuregen und gleichzeitig bestens zu unterhalten. Für mich war es sein bisher bestes Buch. Ich kann es nur jedem ans Herz legen.

Bewertung vom 17.06.2024
Krähentage / Gruppe 4 ermittelt Bd.1
Cors, Benjamin

Krähentage / Gruppe 4 ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Ungemein packender Reihenauftakt mit Sogwirkung

Der Autor Benjamin Cors war mir bisher nicht bekannt, umso überraschter war ich von seinem durchweg spannenden und abgründigen Thriller-Debüt. Es ist eines der besten, die ich in diesem Jahr gelesen habe.

Jakob Krogh und Mila Weiss haben gerade die Leitung der neu gegründeten Sondereinheit für komplexe Serienstraftaten übernommen, als sie bereits mit einem rätselhaften und abgründigen Fall konfrontiert werden. Ein Serienkiller treibt sein Unwesen, der auf der Suche nach einem anderen Leben ist. Als grausiges Detail lässt er ausgehungerte Krähen zusammen mit einer kryptischen Botschaft an den Tatorten zurück. Um die grausame Mordserie zu beenden müssen sie tief in die Abgründe des Täters eintauchen und eigene Grenzen überschreiten.

Benjamin Cors beweist mit „Krähentage“ sein Talent als Thriller-Autor. Sein Schreibstil ist fesselnd und prägnant und hat mich von der ersten Seite an in den Bann gezogen. Cors überzeugt mit einer düsteren Atmosphäre, die an skandinavische Thriller erinnert. Besonders die Einblicke in die Abgründe des Täters fesseln und verstärken die Spannung, so dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann.
Die Charaktere fand ich gut ausgearbeitet und authentisch. Jakob und Mila bilden ein interessantes Ermittlerduo, dessen Dynamik und persönliche Hintergründe geschickt in die Handlung integriert sind. Beide hüten Geheimnisse, die mit ihrer Vergangenheit zu tun haben. Im Zuge der Auflösung des Falls wird Jakobs Geheimnis gelüftet, was mich sprachlos zurückließ. Auch die anderen Mitglieder der Sondereinheit sind außergewöhnliche Charaktere die ebenfalls die Handlung bereichern. Ich bin sehr gespannt auf weitere Bände, um die sympathischen Mitglieder der Sondereinheit noch besser kennenzulernen.

Das Cover ist düster und geheimnisvoll gestaltet, was hervorragend zur Stimmung des Buches passt. Es fängt die unheimliche Atmosphäre des Thrillers perfekt ein und macht neugierig auf den Inhalt.

„Krähentage“ ist ein absoluter Lesegenuss für alle Thriller-Fans. Benjamin Cors ist ein düsterer und spannender Thriller mit einem außergewöhnlichen Ermittlerteam gelungen, der bis zur letzten Seite fesselt. Besonders gelungen fand ich die Einblicke in die dunklen Abgründe des Täters. Von mir eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 23.05.2024
Yellowface
Kuang, R. F.

Yellowface


sehr gut

Tiefgründige Einblicke in die Literaturbranche

Rebecca F. Kuangs Roman „Yellowface“ erzählt die Geschichte von June Hayward und Athena Liu, zwei Autorinnen mit ungleichem Erfolg. Während Athena, eine chinesisch-amerikanische Schriftstellerin, für ihre Werke gefeiert wird, bleibt das Debüt von June weitgehend unbeachtet. Doch dann stirbt Athena bei einem Unfall und June, die dabei ist, handelt impulsiv. Sie stiehlt Athenas jüngstes, gerade vollendetes Manuskript, einen Roman über die Heldentaten chinesischer Arbeiter im Ersten Weltkrieg. Unter dem Pseudonym Juniper Song veröffentlicht June das von ihr überarbeitete Manuskript und sieht sich bald mit den moralischen und ethischen Konsequenzen ihrer Tat konfrontiert.

Kuang schafft es meisterhaft, den Leser in die Abgründe der Literaturbranche zu entführen. Ihr Schreibstil ist sowohl flüssig als auch fesselnd und ermöglicht es, tief in die Gedankenwelt der Protagonistin June einzutauchen, aus deren Perspektive erzählt wird. Die Umsetzung der Geschichte überzeugt durch ihre Vielschichtigkeit und die spannungsgeladenen Konflikte, die sie aufwirft. Besonders beeindruckend ist, wie Kuang die Themen kulturelle Aneignung , Rassismus, Cancel Culture und die Macht der Sozialen Medien in einem packenden Thriller verwebt, ohne dabei an Tiefe zu verlieren. Sie lässt uns einen Blick hinter die Kulissen des Literaturbetriebs werfen und zeigt den Weg eines Manuskripts durchs Lektorat bis zum fertigen Bestseller. Interessant fand ich auch die Marketing Strategien, die entscheidend zum Erfolg und Hype um ein Buch beitragen.
Die Charaktere sind vielschichtig und gut entwickelt. June ist eine komplexe Figur, deren Handlungen zwar moralisch fragwürdig sind, die aber dennoch menschlich und nachvollziehbar wirkt. Dennoch war sie mir zutiefst unsympathisch. Athena bleibt trotz ihres frühen Todes eine prägende Gestalt, deren Schatten über der gesamte Handlung liegt.

Ein kleiner Kritikpunkt waren für mich ein paar kleine Längen im Mittelteil und das Ende, das mich zuerst enttäuschte, da es sehr offen gehalten ist. Aber inzwischen habe ich mit damit angefreundet, da es doch ganz gut zum Rest der Handlung passt.

Insgesamt ist „Yellowface“ ein beeindruckender und spannender Roman, der wichtige Fragen zur kulturellen Identität und Urheberschaft aufwirft und gleichzeitig einen kritischen Blick hinter die Kulissen der Buchbranche erlaubt. Ein empfehlenswertes Buch, das sowohl unterhält als auch zum Nachdenken anregt.