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Frankfurt

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Insgesamt 137 Bewertungen
Bewertung vom 12.09.2025
Hülsbömer, André

Winterling


ausgezeichnet

André Hülsbömer hat mit seinem Werk „Winterling“ einen Heimatroman der besonderen Art geschaffen, der weit über die typischen Klischees des Genres hinausgeht. Als Besitzer und Betreiber des Auenlandhofs in Dauernheim, einem historischen Bauernhof, der heute Biergarten, Hofcafé, Seminarhof sowie Hotel ist, begibt sich Hülsbömer auf eine historische Spurensuche und eröffnet dem / der Leser*in ein eindrucksvolles Bild des Bauernlebens „aus finsteren Zeiten“ – genauer gesagt des 17. Jahrhunderts - einer Zeit, die von Hunger, Not, Krieg, Seuchen und sozialen Konflikten geprägt war.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Bauer Johannis Edler. Die Geschichte setzt ein, als der Ortsvorsteher Dieffenbach ihm eröffnet, dass der Landgraf Wilhelm-Christoph von Bingenheim die Abgaben für die Bauern drastisch erhöht. Edler ist verzweifelt, denn er weiß nicht, wie er und das Dorf das Geforderte aufbringen soll.
Hülsbömer schildert Edler als redlichen, grundsympathischen Menschen, der gleichwohl nicht glattgebügelt ist, sondern Ecken und Kanten besitzt. Er ist klug und weitsichtig und hat stets das Wohl der Dorfgemeinschaft vor Augen. Sein Kampf gegen korrupte Ortsvorsteher, geldgierige Landgrafen, die Unvernunft seiner Mitmenschen und last not least auch gegen missliche Wetterbedingungen machen ihn zu einem Charakter, den der / die Leser*in so schnell nicht vergisst. Auch die Nebenfiguren sind hervorragend ausgearbeitet: Das betrifft vor allem den Ortsvorsteher Dieffenbach sowie den Landgrafen Wilhelm-Christoph von Bingenheim, denen Hülsbömer sogar einige urkomische Seiten abzugewinnen weiß.
Ein herausragendes Merkmal von „Winterling“ ist die umfassende historische Recherche, die Hülsbömer betrieben hat. Er vermittelt nicht nur wichtige Informationen über die politischen Verhältnisse des Landkreises im 17. Jahrhundert, sondern auch über viele alltägliche Aspekte des Bauernlebens. So erfährt der Leser / die Leser*in eine Menge Interessantes über die Bedeutung des Brunnenbaus, die Techniken des Färberwesens und die Kunst der Obstbaumveredelung. Diese Details machen das Buch zu einer fesselnden Lektüre und die damalige Welt für den heutigen Leser erlebbar. Hülsbömer gelingt es, die Lebensbedingungen klar und eindrücklich darzustellen, sodass der Leser / die Leserin in die raue Realität des Bauernlebens hineingezogen wird, einschließlich der Herausforderungen durch Wind und Wetter, der harten Arbeit und den Abhängigkeiten von den Launen der Herrschenden.
Diese wird besonders deutlich in der Schilderung einer Jagdgesellschaft – einem der Highlights innerhalb des Buchs. Hülsbömer gelingt es eindrucksvoll, die damit verbundenen Absurditäten und Zumutungen für die Bevölkerung zu schildern – ich habe noch nie etwas Derartiges gelesen.
Ergänzt wird das Werk durch eine historische Karte Dauernheims sowie einen Anhang mit historischen Hintergrundinformationen und einem Register vergessener oder ungebräuchlicher Wörter, das auch eine ganze Reihe witziger Schimpfworte umfasst. Ich vermute, dass es Hülsbömer viel Spaß gemacht hat, Wörter wie Dappschoof, Nieselpriem oder aal Rumplmuck zusammenzutragen und diese dann innerhalb des Buchs in witzige Szenen einzubinden.
„Winterling“ ist ein herausragendes Werk, das historische Fakten mit einer packenden Erzählung und eindrucksvollen Charakteren verbindet. Das Besondere daran ist, das sich Hülsbömer auf Spurensuche vor der eigenen Haustür begeben hat. Wenn ich heute durch Dauernheim oder Ortschaften wie Echzell, Bingenheim oder Ortenberg fahre – ich habe aus privaten Gründen öfter dort zu tun – sehe ich diese Orte mit ganz anderen Augen. „Winterling“ und seine Charaktere verleihen den vertrauten Bildern neue Tiefe, jede Straße und jedes Gebäude erinnert an die Erzählungen, die Hülsbömer mit viel Liebe zum Detail und historischer Kenntnis ausgearbeitet hat. Diese Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart lässt mich die lokale Geschichte – im Kleinen wie im Großen – auf eine ganz neue Art erleben.

Bewertung vom 27.06.2025

National Geographic Kids - Jenseits der Unendlichkeit


sehr gut

Das Buch "Jenseits der Unendlichkeit" aus der Reihe National Geographic Kids aus dem Verlag Ravensburger ist ein wunderschön gestaltetes Werk, das durch atemberaubende Bilder Einblicke in das Universum bietet, die durch das James-Webb-Teleskop möglich gemacht wurden. Die spektakulären Fotos sind für mich der Höhepunkt des Buchs und zeigen die Schönheit des Universums in nie gesehener Detailtreue und Schärfe.
Die informativen Texte ergänzen die Bilder und bieten viele Hintergrundinformationen zu dem Teleskop und seiner Technik sowie zu Chemie, Physik und verschiedenen Aspekten des Universums und seiner Entstehung. Interviews mit Top-Forscherinnen lockern das Buch auf und bringen eine persönliche Note mit ins Spiel.
Trotz der Faszination, die diese wissenschaftlichen Erklärungen bieten, hätte ich mir persönlich etwas weniger Technik und mehr Raum für die wundervollen Fotos gewünscht. Aber das ist Geschmackssache und es gibt bestimmt kleine Menschen, deren Fokus vor allem auf der Technik liegt.
Fazit: Das Buch wird kleine und große Kosmos-Fans begeistern - sowohl die an Technik interessierten als auch die, die sich einfach nur in fremde, faszinierende Welten hineinträumen möchten.

Bewertung vom 06.04.2025
Ohmann, Oliver

Menschen am Kaiserdamm


ausgezeichnet

Als Berlinerin mag ich die Bücher aus dem BeBra Verlag sehr und auch diesmal wurde ich nicht enttäuscht. Kenntnisreich, unterhaltsam und spannend erzählt der Autor von den Menschen, die hier leben und gelebt haben. Darunter viele Prominente und nicht so prominente... Fast auf jeder Seite hatte ich irgendein Aha-Erlebnis: Besonders eindrücklich war mir die Erwähnung von David Bowies Zahnarzt, der am Kaiserdamm 27 seine Praxis hatte. Aber auch von ganz normalen Leuten weiß der Autor Spannendes zu berichten. Weit über das Anekdotische hinaus ist das Buch auch ein Spiegel der Zeitgeschichte und der Geschichte Berlins. Zahlreiche Fotos ergänzen das Buch, darunter auch viele historische Aufnahmen. Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 05.03.2025
Edel, Rabea

Portrait meiner Mutter mit Geistern


ausgezeichnet

Das Buch „Portrait meiner Mutter mit Geistern“ ist ein Roman, der auf mehreren Ebenen spielt. Das ist sein Reiz, aber gerade auch die Herausforderung. An der Oberfläche erzählt er eine Familiengeschichte über mehrere Generationen hinweg, wobei die Frauen ganz klar im Fokus stehen. Die Männer bleiben eher im Hintergrund und sind oft problematische Figuren.

Die Autorin springt durch Raum und Zeit, im Fokus stehen immer andere Personen, was mir die Orientierung oder das Mitschwingen etwas erschwert hat. Zum Glück gibt es am einen Stammbaum, an dem man sich orientieren kann. Allerdings hat mich der ständige Wechsel der Erzählperspektive und des Schauplatzes schon ab der Mitte des Romans sehr gestört, weil mein Lesefluss so immer unterbrochen wurde.

Die Geschichte ist relativ komplex – keine der Figuren wirkt glücklich, alle scheinen irgendwie versehrt und leiden an ihrem Schicksal, das von Krieg, Missbrauch und Gewalt geprägt ist. Keine kann wirklich darüber reden, die Verletzungen scheinen zu tief zu sitzen – was es uns als Leser*innen aber auch nicht einfacher macht, sich in die Figuren einzufühlen. Nach und nach lösen sich einige Knoten, aber viele Fragen bleiben trotzdem…

Bewertung vom 26.02.2025

ICONS Glaubensheld*innen aus der Bibel und heute


ausgezeichnet

Das Buch "Icons" ist wirklich ein Buch der ganz besonderen Art. Es liegt schwer in der Hand und macht einen sehr hochwertigen Eindruck. Das gesamte Layout wirkt modern, ansprechend, künstlerisch und luftig. Das Buch stellt in zwölf Kapiteln eine Person aus der Bibel vor, darunter so vertraute wie Noah, Jakob und Josef, aber auch (mir) weniger bekannte wie Kohelet, Tamar oder die Witwe von Sarepta. Jeder Vorstellung folgt eine theologische Einordnung sowie kurze Aufsätze von drei verschiedenen Personen, die ihre Gedanken zu verschiedenen, mit der vorgestellten biblischen Figur verbundenen Themen äußern. Es geht um Kunst, Emotionen, Politik, Beziehungen, Zweifel - was sich hier etwas willkürlich anhört, ist in Wirklichkeit der Versuch, verschiedene Aspekte der Wirklichkeit und des Lebens abzudecken. Die Texte sind alles andere als Predigten, sie sind Reflexionen und Erfahrungsberichte, die ich mit größtem Gewinn gelesen habe und die mich zum Nachdenken angeregt haben. Auch wenn ich nicht zur Zielgruppe des Buchs, das sich vornehmlich an Teenager richtet, gehöre, habe ich es mit größtem Gewinn gelesen - es hat mir eine ganz neue Perspektive auf die Bibel eröffnet. Eine absolute Leseempfehlung - auch für Erwachsene!

Bewertung vom 04.12.2024
Fox, Brad

Leuchten am Meeresgrund


ausgezeichnet

Das Buch „Leuchten am Meeresgrund“ von Brad Fox ist ein außergewöhnliches Leseerlebnis, das mir viele spannende Stunden beschert hat. Der Autor erzählt darin von der ersten Tiefseeexpedition, die im Sommer 1934 stattfand. Dabei stützt er sich auf die originalen Logbücher und lässt seine Leser*innen dadurch hautnah teilhaben an diesem spannenden Abenteuer. Der Stil ist eine faszinierende Mischung aus Sachbuch, Biographie und Roman und der Autor schafft es sehr gut, uns die faszinierende Unterwasserwelt mit ihren so fremdartigen Lebewesen nahezubringen. Aber das ist noch lange nicht alles! Es geht natürlich auch um die an der Expedition beteiligten Menschen, ihre Geschichte(n), um Goethes Farbenlehre, um die Geschichte des Tauchens und und und. Dabei geht der Autor eher impressionistisch vor, sodass er der Gefahr entgeht, ein trockenes Sachbuch zu schreiben. Im Gegenteil: Ich fühlte mich sehr beflügelt, inspiriert und angeregt von seinen Ausführungen.
Mit zum Reiz tragen natürlich auch die wunderschönen Illustrationen bei. Sie verleihen dem Buch eine künstlerische Anmutung und laden zum Blättern und Staunen ein.

Bewertung vom 30.10.2024
Ward, Jesmyn

So gehn wir denn hinab


sehr gut

„So geh’n wir denn hinab“ ist der Titel von Jesmyn Wards neuem Buch. Er verweist auf das „Inferno“ in Dantes Göttlicher Komödie und wahrhaft höllisch ist Annis‘ Schicksal. Sie lebt als Sklavin zusammen mit ihrer Mutter, mit der sie eine tiefe Liebe verbindet, auf dem Besitz ihres Sire und ist dessen Willkür und sexuellen Übergriffen ausgesetzt. Als sie sich in eine andere Frau verliebt, verkauft ihr „Besitzer“ sie nach New Orleans. Wenn schon ihr Schicksal im Haus des Sire unerträglich war – der mehrere hundert Kilometer dauernde Höllenmarsch „hinunter“ nach New Orleans ist erst der Beginn eines wirklich unglaublichen Leidenswegs. Eine Art von Trost schöpft Annis allein aus der Verbindung zu diversen Naturgeistern, die sich ihr offenbaren und die eine Verbindung zu ihren afrikanischen Wurzeln darstellen. Diese verleihen ihr auch die Kraft, alles auf eine Karte zu setzen…

Das Buch zerfällt für mich in zwei Teile. Da ist zum einen der Teil, der detailreich und bildhaft das Leben und Schicksal von Annis erzählt, die grausame Realität der Sklavenhaltergesellschaft, die Gewalt, die Willkür, der die Schwarzen ausgesetzt sind, die Sklavenmärkte, die Trauer um den Verlust der Mutter, die vom Sire ebenfalls verkauft wurde, und vieles mehr. Die bildhaften Schilderungen waren für mich oft schwer zu ertragen – keine leichte Kost. Auf der anderen Seite waren da die Schilderungen der Geisterwelt und Annis‘ Interaktion mit ihr. Dieser Teil nimmt im Laufe des Romans einen immer größeren Raum ein und war für mich etwas mühsam zu lesen, denn mir fehlten die Hintergründe dazu und so richtig hat sich mir nicht erschlossen, was es mit Der, die sich erinnert, Denen, die Nehmen und Geben, den Windgeistern, dem WASSER und all den anderen Naturgeistern auf sich hat. Es wäre schön, wenn die Autorin in einem Nachwort etwas Klarheit geschaffen hätte.

Das ist aber auch mein einziger Kritikpunkt. Die Sprache der Autorin manchmal drastisch, manchmal zart, oft poetisch und immer eindrucksvoll und bildhaft. Das Ende ist hoffnungsvoll und bewegend. „So geh’n wir denn hinab“ ist ein Buch, das für mich noch lange nachhallen wird.

Bewertung vom 29.10.2024
Parry, Rosanne

Lauf wie der Wind, Sky!


ausgezeichnet

„Lauf wie der Wind, Sky“ erzählt die bewegende Geschichte von Sky, einem Wildpferd, das inmitten seiner Herde in der amerikanischen Prairie ein freies und glückliches Leben führt. Doch die Idylle dauert nicht ewig, denn die heranwachsenden Hengste müssen die Herde verlassen. Nach der Trennung von seiner Herde gerät Sky in die Hände von Menschen und in Gefangenschaft. Ein mitreißendes und berührendes Abenteuer beginnt. Wird es Sky gelingen, sich zu befreien?
Das Buch ist aus der Sicht von Sky geschrieben, was dem Leser / der Leserin ermöglicht, tief in die Welt der Pferde einzutauchen. Rosanne Parry schreibt kindgerecht, plastisch und bildhaft, aber trotzdem poetisch, sodass ich mich sehr gut in die Geschichte und Skys Charakter einfühlen konnte. Schöne und poetische Naturschilderungen tragen mit zum Reiz der Geschichte bei und erheben das Buch weit über eine reine Abenteuergeschichte hinaus.
Die Autorin behandelt in ihrem Buch Themen wie Familie, Freunde, Freiheit, Verlust und die Überwindung von Schwierigkeiten – alles Themen, die junge Leser*innen beschäftigen. Ganz nebenbei werden viele lehrreiche Informationen über Wildpferde vermittelt, was das Buch auch zu einer interessanten Lektüre für Erwachsene werden lässt.
Die schönen, stimmungsvollen Illustrationen runden die mitreißende Geschichte ab und bereichern sie. Sie regen die Fantasie an und tragen mit zur Atmosphäre der Geschichte bei.
Weiterhin ist hervorzuheben, dass das Buch für junge Leser*innen sehr lesefreundlich gestaltet ist. Die Länge der Kapitel, die angenehme Schriftgröße, das Verhältnis zwischen Text und Illustration sind genau richtig für Leser*innen ab neun Jahren, wobei sich die Geschichte auch ausgezeichnet zum Vorlesen eignet. Auch Erwachsene oder ältere Kinder werden ihre Freude an ihr haben.

Bewertung vom 10.10.2024
Eulberg, Dominik;Hörren, Thomas;Danke, Thorben

Von Angesicht zu Angesicht


ausgezeichnet

Wow, was für ein tolles Buch! Schon der erste Eindruck ist begeisternd: Ich halte einen sehr großen, schweren Prachtband in Händen, der einen sehr hochwertigen Eindruck macht. Das Buch gibt, ganz übersichtlich in Käfer, Schmetterlinge und andere "Ordnungen" (ich hätte "Arten" gesagt") einen Einblick in die spannende Welt der Insekten. Das geschieht in Form von eindrucksvollen Makrofotos, die gestochenen scharf und ästhetisch sehr ansprechend die kleinsten Details eines Insektenkörpers zeigen - unglaublich faszinierend, einen Schmetterlingsflügel oder ein Insektenbein in Großaufnahme zu sehen. Nicht minder begeisternd sind die Texte. Sie vermitteln viel Interessantes, Kurioses, Spannendes über die Insekten und schaffen es, Informationen unterhaltsam darzubieten, ohne zu sehr ins Detail zu gehen. So fühlen sich Fachleute und Laien gleichermaßen von diesem wunderschönen Buch angesprochen. Eine ganz klare Kaufempfehlung!

Bewertung vom 10.10.2024
Lenze, Ulla

Das Wohlbefinden


ausgezeichnet

Ulla Lenzes Buch „Das Wohlbefinden“ spielt auf drei verschiedenen Zeitebenen und erzählt von drei Frauen, die auf verschiedene Art und Weise mit- und untereinander verbunden sind. Der erste Handlungsstrang spielt um die Jahrhundertwende, wo wir Johanna Schellmann, Arztfrau und Schriftstellerin kennenlernen. In den Beelitzer Lungenheilstätten trifft sie auf Anna, eine Fabrikarbeiterin, die als Medium und Hellseherin berühmt wurde. Eine zweite Ebene spielt in den 1960er Jahren, wo wir Johanna wiedertreffen, die nun allein und von der Welt vergessen, nur betreut von ihrem Pfleger, in Berlin lebt. Eine dritte Ebene spielt in den 2020er Jahren, mitten in der Coronazeit, wo Vanessa, Johannas Urenkelin, in Berlin auf Wohnungssuche ist.

„Das Wohlbefinden“ hat mich von der ersten Seite an in den Bann gezogen. Besonders gut gefallen haben mir die eindrucksvollen Beschreibungen von Beelitz. Ein Besuch der Location steht auf jeden Fall auf meiner Bucket-List, wenn ich das nächste Mal wieder in Berlin bin. Die Autorin versteht es sehr gut, durch ihre Sprache die einzelnen Personen zu charakterisieren und ein Gefühl für die Zeit, in der die einzelnen Geschichten spielen, zu vermitteln.

So konnte ich sehr gut in das Buch eintauchen und war auch gespannt, wie sich die einzelnen Handlungsstränge entwickeln und am Ende zueinander finden. Leider konnte für mich das Buch die Spannung, die es in den ersten Kapiteln aufzubauen wusste, nicht so recht durchhalten. Ab der Mitte zerfasert die Handlung etwas und dümpelt so dahin, das Ende kommt dann recht abrupt und konnte mich nicht überzeugen.

Trotzdem habe ich die Lektüre sehr genossen und ich habe eine Menge mitgenommen – nicht zuletzt auch historisches Wissen. Das Buch hat mich dazu angeregt, darüber nachzudenken, wie sich bestimmte Konstanten durch die Zeiten hindurchziehen und sich nur in anderem Gewand darstellen: Von der Tuberkulose zu Corona, von der in prekären Verhältnissen lebenden Fabrikarbeiterin bis hin zur schlecht bezahlten Contentmanagerin, die sich keine Wohnung in Berlin leisten kann, vom Okkultismus bis hin zur spirituellen Sinnsuche – es hat mich beeindruckt zu erkennen, wie die Themen und Herausforderungen eigentlich ähnlich sind. Die Zeiten und die sozialen Umstände mögen sich ändern, aber die fundamentalen menschlichen Fragen bleiben doch die gleichen.