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givemeabook

Bewertungen

Insgesamt 30 Bewertungen
Bewertung vom 21.11.2024
Mordscoach
Pabst, Lilli

Mordscoach


gut

Sophie braucht dringend eine Therapie
Sophie Stach, Coachin und Psychoanalytische Supervisorin, wird während einer Therapiestunde völlig aus der Bahn geworfen. Ihre neue Klientin Amelie ist eine attraktive junge Frau, und wie sich am Ende der Sitzung fast zufällig herausstellt, auch die Geliebte ihres Mannes Jakob. Wie konnte Amelie auch in den safe space ihrer Praxis geschweige denn in den ihrer Ehe eindringen? Sophie wird jäh bewusst, dass Amelie eine ernstzunehmende Bedrohung ist. Verständlich, dass es zu einer kleinen Rangelei kommt und ein kräftiger Schubs allem Anschein nach zur Lösung von Sophies Problem führt. Doch leider zieht diese spontane Reaktion weitere Probleme nach sich, die Sophie gekonnt nach dem Motto handeln ist wichtiger als reden löst.

Nach den Achtsamkeitskursen bei Karsten Dusse hatte ich einen ähnlichen schwarzhumorigen Roman erwartet, der Wortwitz, Sarkasmus, Spannung und Überraschung gekonnt mischt. Leider wurde ich in dieser Hinsicht enttäuscht. ABER dennoch fiel es mir schwer, das Buch aus der Hand zu legen. Die Handlung ist unterhaltsam und hat mich dann doch noch gefesselt. Aus Sophies Therapeutinnnensicht gesehen, kann man die Beweggründe für ihre aberwitzigen Handlungen zwar nachvollziehen aber keinesfalls gutheißen. Nicht so ganz nach dem Lehrbuch löst sie ihre sich ausweitenden Probleme durch weniger reden und mehr machen, was die Probleme jedoch nicht löst, sondern ganz im Gegenteil zu neuen führt. Kurz keimt in ihr der Gedanke auf: Ich bin als Therapeutin eine Versagerin, der gleich weit weggeschoben wird, denn sie ist ja nicht verantwortlich für all das Böse in der Welt. Im Gegenteil, das Böse in der Welt - in Form einer durch ihre Mutter gewaltvoll geprägten Kindheit - ist es.

Ein Satz, der mir gefallen hat, steht auf Seite 117: ...der Sinn an Zigaretten ist, wie ich jetzt feststelle, dass man sich an diesen kleinen, dünnen Dingern festhalten kann, als wären sie der Segelmast, an dem man sich festkrallt, während eine riesige Flutwelle alles von Bord reißt.

Das Ende hat mich nicht überzeugen können, zuviel bleibt offen. Doch eines ist klar, Sophies Arbeit als Therapeutin ist noch lange nicht am Ende...

Bewertung vom 26.09.2024
Mrs Potts' Mordclub und der tote Bürgermeister / Mord ist Potts' Hobby Bd.3
Thorogood, Robert

Mrs Potts' Mordclub und der tote Bürgermeister / Mord ist Potts' Hobby Bd.3


ausgezeichnet

Britisch, warmherzig und oh so very funny - mit "Mrs Potts' Mordclub und der tote Bürgermeister" geht es mit dem Marlow Mordclub endlich weiter!

Die Aufklärung der Todesumstände des dahingeschiedenen Bürgermeisters ist der dritte Fall für Mrs Potts Mordclub und kann ohne Kenntnis der Vorgänger mit viel Spaß gelesen werden. Das schöne Cover passt gut zu den Vorgängern und zu einem britischen cozy Crime.

Die achtundsiebzigjährige Judith Potts lebt allein in einem in die Jahre gekommenen Herrenhaus am Ufer der Themse. Sie genießt ihr tägliches hüllenloses Bad in den belebenden Fluten der Themse und sie trinkt auch gerne zum Ausklang des Tages ein Gläschen Whisky - oder auch zwei. Sie entwirft altmodische Kreuzworträtsel für Tageszeitungen auf einem modernen Tablet. Doch nicht nur Judith Potts ist herrlich skurril, die beiden anderen Mitglieder des Mordclubs sind es auch. Suzie ist eine mit beiden Beinen auf dem Boden stehende Hundesitterin, die durch eine Radiosendung und einer Reality TV Sendung über die Renovierung ihres Hauses zu einer kleinen örtlichen Berühmtheit geworden ist. Becks ist die Frau des örtlichen Pfarrers, prüde, anständig und bürgerlich, was ihr bei Ermittlungsfragen rund um den Haushalt eine erstaunliche Klarsicht verschafft.

Geoffrey Lushington, der beliebte Bürgermeister von Marlow wird während einer Stadtratssitzung ermordet. Das Tässchen Kaffee, das er bei der Bauausschusssitzung getrunken hat, ist ihm nicht bekommen, war es doch mit Eisenhuth versetzt. Wie das Leben so spielt hat Mrs Potts Mordclub die ideale Augenzeugin seines tragischen Todes: Suzie.
DS Tanika Malik muss erfreulicherweise nicht allein ermitteln, Judith, Suzie und Becks werden zu zivilen Beraterinnen ernannt. Diese Befugnis erleichtert Tanika ihre eigenen Ermittlungen, da sich der Mordclub von eigenen Recherchen sowieso nicht abhalten lässt. Das führt jedoch auch zu skurrilen und schrägen Situationen, die den
Charme von Mrs Pott's Mordclub ausmachen. Es war ein Genuss, die scharfsinnigen Damen bei ihren Ermittlungen zu begleiten und dabei zuzusehen, wie sie sich in das Leben und in die Geheimnisse jedes einzelnen der vier Tatverdächtigen vertiefen - und dabei immer neue Verdächtige finden.

Robert Thorogood hat wieder einen amüsanten und außerdem ziemlich spannenden Whodunit geschrieben. Beginnend als Locked Room Mystery mit spannendem Plot, gab es zunehmend trickreiche Wendungen und überraschende Twists, was mich bis zur endgültigen Aufklärung miträtseln ließ.

Meine Erwartung auf einen meisterhaften, klugen und spannungsgeladenen Mystery Roman wurden erfüllt und es war wieder ein Riesenspaß dieses Buch zu lesen. Ich empfehle diesen Kriminalroman gerne weiter und freue mich auf viele weitere Fälle für Mrs Potts Mordclub!

Bewertung vom 24.09.2024
Am Ende des Lichts
Hartung, Alexander

Am Ende des Lichts


ausgezeichnet

Schlaflose Suche nach dem Täter
"Am Ende des Lichts" ist bereits der elfte Band der Jan Tommen Reihe. Er kann problemlos auch ohne Vorkenntnis der anderen Bände gelesen werden. Um jedoch richtig Anschluss zu bekommen empfehle ich früher einzusteigen. Jan und sein Team besser zu kennen steigert das Lesevergnügen.

Es ist ein entsetzliches Video, das Jan Tommen und sein Ermittlerteam in höchstem Maße unter Zeitdruck setzt. Das bereits auf zahlreichen Plattformen im Internet kursierende Video zeigt einen Mann in Ketten. Eine Stimme im Hintergrund fordert den Tod eines gewissen Paul Wank, sonst wird das Entführungsopfer binnen vierundzwanzig Stunden einen tödlichen Stromstoß erhalten. Die Polizei macht Paul Wank ausfindig, doch er behauptet, weder das Opfer noch ein mögliches Motiv für die Todesdrohung zu kennen. Trotz aller Bemühungen gelingt es dem Ermittlerteam nicht, das Entführungsopfer zu finden und zu befreien. Die Zeit verrinnt und der Mann wird vor laufender Kamera ermordet. Der Grund der schrecklichen Tat bleibt im Dunkeln. Kurz darauf kündigt der Entführer das nächste Video an.

Jan und seine Freunde versuchen unter großem Zeitdruck hinter das Motiv des Täters zu kommen. Wie immer arbeiten sie fachübergreifend zusammen. Zoe, die Rechtsmedizinerin, Max, der Hacker und Chandu, der Verbindungen in die Berliner Unterwelt hat und der bei den Zusammenkünften für kulinarische Gaumenfreuden sorgt.

Der Fall entpuppt sich als äusserst schwierig, da Paul Wank mit den Opfern in keine Verbindung gebracht werden kann. Der Entführer ist der Polizei immer einen Schritt voraus. Endlich gibt es neue Spuren und der Fall nimmt eine ungeahnte Wendung.

Die Ermittlungen werden vom Autor packend beschrieben. Jan und sein Team bewegen sich bei ihren Ermittlungen auch mal an der Grenze der Legalität. Dieses unangepasst sein gefällt mir sehr gut. Die Hintergründe der Tat waren nachvollziehbar und ich war mit dem nicht ganz üblichen Ende einverstanden.

Ich rätsle gerne mit und es war spannend, wie sich die einzelnen Teile zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen gefügt haben.

"Am Ende des Lichts" hat mich gut unterhalten und ich vergebe gerne fünf Sterne.

Bewertung vom 08.09.2024
Mit kaltem Kalkül / Die Sabine Yao-Reihe Bd.2
Tsokos, Michael

Mit kaltem Kalkül / Die Sabine Yao-Reihe Bd.2


ausgezeichnet

Authentischer True Crime Thriller und zweiter Fall für Sabine Yao

Michael Tsokos schreibt True Crime Thriller, die nervenzerreißend und voller Spannung sind. Auch bei "Mit kaltem Kalkül" handelt es sich um einen echten Kriminalfall und tatsächlich geschehene Tötungsdelikte.

Ich habe mich auf das Wiedersehen mit Dr. Sabine Yao gefreut. Die Rechtsmedizinerin und stellvertretende Leiterin der rechtsmedizinischen Spezialeinheit "Extremdelikte" des BKA, untersucht den ungewöhnlichen Fund von zwei Leichen. Die in schwarze Samtkleider gehüllten und bizarr entstellten Toten hängen im Wald an einem Gestell.

Doch ein weiterer Todesfall gibt noch größere Rätsel auf und führt zu äußerst dringlichen Ermittlungen der resoluten EKHK Monica Monti. In einer Bauwagensiedlung wird ein Toter gefunden, er liegt zwischen Kinderspielzeug, fetischartigen Utensilien und Perücken. Kurz nach dem Fund des Toten wird die Leiche eines Kindes entdeckt.
Zeitgleich wird in der Neuköllner High-Deck-Siedlung der kleine Yasser vermisst. Die Bewohner der Brennpunkt Siedlung misstrauen jedoch der Polizei und setzen ihre Hoffnung auf den jordanischen Ex-Geheimdienstler Khalaf, der unter Hochdruck nach dem verschwundenen achtjährigen Yasser sucht. Khalaf findet heraus, dass Yasser nicht das erste verschwundene Kind aus der Siedlung ist. Hängen der Tote im Bauwagen und der Fund des toten Kindes mit Yassers Fall zusammen?
Es wird ein Wettlauf gegen die Zeit, in der Yao, Monti und Khalaf jeder auf seine Art alles tun, um Yasser zu finden.

Die zielstrebige und wissbegierige Medizinerin Sabine Yao ist mir äußerst sympathisch. Als Leser bin ich im Sektionssaal neben ihr und erhalte Einblicke in die forensische Medizin aus erster Hand. Zudem ist schön zu lesen, wie sich Sabine Yao trotz ihrer zeitintensiven und anstrengenden Arbeit um ihre Schwester Mailin kümmert. Mailin musste schwere Schicksalsschläge ertragen und braucht Sabines tatkräftige Hilfe und auch den seelischen Beistand dringend.
Auch Monica Monti, die Leiterin der vierten Mordkommission des Berliner LKA, besitzt meine Sympathie. Sie ermittelt mit ihrer impulsiven Art ihrem Instinkt folgend ohne sich darum zu kümmern, was die anderen über sie denken.
Mein "Star" in diesem Thriller ist aber der Ex-Geheimdienstler Khalaf. Für mich trägt er den größten Anteil an dem hochinteressanten Geschehen bei. Die unkonventionelle Vorgehensweise seiner Nachforschungen waren mitreissend und für mich ein Highlight der Story.

Nach "Mit kalter Präzision" vergebe ich auch für "Mit kaltem Kalkül" fünf Sterne. Wieder ein spannender, faszinierender und fesselnder Rechtsmedizin Thriller, den ich gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 05.08.2024
Der Raum dazwischen
Seib, Catherin

Der Raum dazwischen


gut

Trotz "Wegweiser zur Tierkommunikation" verirrt

Ich glaube, dass die Kommunikation zwischen Mensch und Tier funktioniert und dadurch das Vertrauen gestärkt werden kann. Ich wollte gerne mehr über die bewußte Verbindung mit Tieren lernen und versprach mir durch das Buch Hintergrundwissen und auch Fakten.

Die Tierkommunikation beschreibt den telepathischen Austausch mit Pferden und allen anderen Tieren. Leider wurden von Catherin Seib, die ausgebildete Tierkommunikatorin ist, keinerlei Kenntnisse über die Kontaktaufnahme und Kommunikation mit Tieren vermittelt. Da laut der Autorin die Anwendung für "jedermann" erlernbar ist, war ich gespannt, ob dies auch auf mich zutrifft. Umsetzbare Ratschläge habe ich keine bekommen, ich hätte wohl zu "Gespräche mit deinem Pferd - Erste Schritte in die Tierkommunikation" greifen sollen, - mein Fehler.
Dafür gewährt die Autorin Einblicke in die Gespräche und Erfahrungen mit ihren eigenen Tieren.
So faszinierend diese Einblicke auch waren, so fraglich sind sie für praktisch denkende Menschen, da die Fähigkeit zur Telepathie Voraussetzung zur Tierkommunikation ist. Da hätte ich mir Informationen gewünscht, wie der Zugang zur Telepathie machbar ist.

Das Cover hatte mich angesprochen und ein mehr anwendungsbezogenes Sachbuch in Aussicht gestellt. Für Pferdeliebhaber bestimmt ein interessantes Buch, aber nicht das, was ich mir gewünscht habe. Ich konnte die Tür in den Raum dazwischen nicht finden.

Bewertung vom 24.06.2024
Das Dorf der acht Gräber / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.3
Yokomizo, Seishi

Das Dorf der acht Gräber / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.3


ausgezeichnet

Ein zinnoberroter Tropfen im Grau des Lebens

Das Dorf der acht Gräber verdankt seinen Namen einer blutigen Legende. Im sechzehnten Jahrhundert wurden acht Samurai, die dort mit einem geheimen Schatz Zuflucht gesucht hatten, von den Bewohnern ermordet, was einen schrecklichen Fluch über ihr Dorf brachte. Dann, fast vierhundert Jahre später, wird Yozo Tajimi, das Oberhaupt der Tajimi-Familie, wahnsinnig und beginnt, fast alle im Dorf zu töten.

Sechsundzwanzig Jahre später erfährt Tatsuya Terada, dass er Erbe des großen Tajimi Anwesens im Dorf Acht Gräber ist. Doch in dem Moment, in dem er mit seinem Erbe in Berührung kommt, beginnen die Dorfbewohner unter qualvollen Umständen zu sterben. Da der Vater des jungen Erben selbst ein Massenmörder war, sind die Dorfbewohner sicher, dass der in seiner Kindheit verwaiste Mann für die neue Mordserie verantwortlich sein muss. Alle im Dorf glauben, dass der Fluch der Samurai wieder auf ihnen lastet.

Das Buch wurde bereits 1971 als dritter Band einer Reihe um den Privatdetektiv Kosuke Kindaichi veröffentlicht. Seishi Yokomizos Schreibstil unterscheidet sich von dem heutigen in erfrischender Weise, wie auf Seite 76: ...und ihre Gesichter und Körper waren so winzig, dass sie zusammengerollt in eine Handfläche gepasst hätten.
Diese klassische Kriminalgeschichte wird aus der Sicht der Hauptperson Tatsuya erzählt. Er berichtet aus der Vergangenheit und richtet sich dabei direkt an den Leser, was den Zugang zu seinen Gefühlen und zu der Geschichte sehr einfach macht.
Die Kapitel erzeugen durch ihre Kürze Spannung und den Wunsch, immer weiter zu lesen.
Der Kriminalroman ist aber auch eine Detektivgeschichte, die mich von Anfang an in die Aufklärung der Todesfälle mit einbezogen hat. Der verschrobene Detektiv Kosuke Kindaichi steht nicht im Mittelpunkt, er ließ mich anfänglich mit meinen "Ermittlungen" allein und trat erst später in den Verlauf der Handlung ein. Seine abgetragene Kleidung und das dauernde nachdenkliche Kopfkratzen des Detektivs wirken nicht sehr vertrauenserweckend. Doch gerade diese Nachlässigkeit, seine Intuition und Ermittlungsgabe ließen ihn den Fall lösen (wobei ich dem Täter nicht auf die Spur kommen konnte).

Das perfekt passende Cover erinnert durch den mittig angeordneten Kreis an die japanische Flagge. Am Anfang des Buches findet man ein Personenregister, in dem alle handelnden Personen und ihre Zugehörigkeit aufgeführt ist. Auch das hinten angehängte Glossar ist sehr hilfreich.

"Das Dorf der acht Gräber" ist eine wirklich lesenswerte Geschichte, die von mir fünf Sterne erhält. Unbedingte Leseempfehlung für Leser, die nicht nur in die gängigen Krimiländer reisen möchten, sondern in die alten Traditionen des Landes der aufgehenden Sonne eintauchen möchten.

Bewertung vom 09.05.2024
Die Stimme der Kraken
Nayler, Ray

Die Stimme der Kraken


ausgezeichnet

Bewusstsein, Empfindungsvermögen und Leben

Nicht allzuweit in der Zukunft wird Evrim erschaffen, der erste und einzigste empfindungsfähige Android der Welt. Die Erschaffung solcher weiteren Wesen wurde sofort verboten. Die Welt wurde durch Kriege umgestaltet, ist aber weiterhin durch internationale Behörden und ein mächtiges Cyberimperium mit Sitz in Tibet funktionsfähig. Der Verkehr wird größtenteils von KI gesteuert, fortschrittliche Drohnen und andere Geräte sind allgegenwärtig.
Auf erschreckende Weise wird das Leben auf einem KI-gesteuerten Fischereifahrzeug geschildert, auf dem die Besatzung aus Sklaven besteht, die nie einen Fuß an Land setzen und nicht kommunizieren können. Auf einem dieser Schiffe erfährt der Fischer Eiko von seinem vietnamesischen Freund Son die Legende eines formwandelnden Seeungeheuers im Con Dao-Archipel.
Auf dem Con Dao-Archipel wurde Dr. Ha Nyguen gerade angeheuert, um eine möglicherweise empfindungsfähige Tintenfischart zu untersuchen. Einige der Gründe, die Tintenfische von einer Zivilisation abgehalten haben sind ein kurzes Leben, keine Eltern-Kind-Bindung und fehlende symbolische Kommunikation. Mit Ha auf dem abgelegenen Atoll sind nur Evrim und Altantsetseg, der rätselhafte Wächter, der eine Reihe automatisierter Verteidigungsanlagen befehligt. Der Leser lernt auch Has Fernfreund Kamran kennen, sowie das Cybergenie Rustem, die Wissenschaftlerin der DIANIMA Corporation, Arnkatia Minervudottir-Chan, und eine mysteriöse Frau, die durch eine KI-Gesichtsmaske verborgen ist und die Menschen rücksichtslos zum Vorteil von DIANIMA manipuliert. Mit „Punkt fünf“ wird ein KI-Begleiter vorgestellt, der so ausgefeilt ist, dass er Diskussionen und Argumente führen kann. Er besteht fast jeden Turing Test, und ich bin mir nicht immer sicher, wer wirklich menschlich ist.
Die Tintenfische sind nicht das, was man erwarten würde. Sie versuchen, uns zu verstehen, so wie Ha und Evrim versuchen, sie zu verstehen. Die verschiedenen Kapitel treffen buchstäblich an einem Punkt aufeinander, an dem wir herausfinden, was wirklich auf der Insel passiert, wer das Sagen hat und was die wahren Beweggründe der Hauptfiguren sind.
Gut gefallen haben mir die Auszüge aus den Büchern von Dr. Nyguen und Minervudottir-Chan, die wichtige Einblicke in das Denken und die Welt der Charaktere geben. Ray Nayler hat einen hervorragend und tiefgründigen Roman geschrieben. Mit umfangreichen Recherchen und einer furchtlosen Herangehensweise an das größte aller Themen - Bewusstsein, Empfindungsvermögen und Leben - ist ihm ein Roman gelungen, der von mir fünf Sterne erhält.

Bewertung vom 12.04.2024
The Hike
Clarke, Lucy

The Hike


ausgezeichnet

Ein Wildnisthriller, adrenalingeladen, fesselnd und unterhaltsam

"Die Berge sind brutal und gleichgültig. Ihnen ist es egal wer sich an ihren Flanken die Knochen zerschmettert. Sie kennen weder Trauer noch Freude. Deswegen zieht es so viele Menschen hierher. Die Wildnis fällt kein Urteil über sie. Hier können sie alles sein, was sie wollen."

Eine weibliche Leiche liegt am Fuße des Blafjell-Bergs in Norwegen, eine stumme Zeugin dessen, was geschehen ist.



Maggie, Liz, Helena und Joni sind vier Freundinnen, die sich jedes Jahr zu einem gemeinsamen Urlaub treffen. Dieses Jahr entscheidet Liz, wohin die Reise geht. Liz kämpft mit Eheproblemen und beschließt, dass es an der Zeit ist, eine Reise anzutreten, von der sie schon seit ihrer Kindheit träumt: eine Wanderung in Norwegen. Nicht nur Liz braucht eine Auszeit, auch Maggie, Helena und Joni fliehen vor etwas aus ihren Leben. Wanderschuhe, schwere Rucksäcke, wildes Zelten, atemberaubende Landschaften, das scheint für Liz das richtige zu sein, um den Kopf wieder freizukriegen.

Das Tempo des Romans ist anfangs langsam, nimmt aber sobald die Wanderung begonnen hat, deutlich zu. Die Atmosphäre ist sehr gut, die norwegische Kulisse sorgt für viel Stimmung und fügt dem sich entwickelnden Drama viel hinzu. Momente der Freude und Begeisterung wechseln sich mit stetig wachsender Furcht und Anspannung ab.

Der Hintergrund dieser Geschichte hat viel mit weiblicher Freundschaft zu tun. Die relativ kurzen Kapitel geben einen Einblick in die Sichtweise von Maggie, Liz, Helena und Joni. Es gibt aber auch Kapitel mit der Überschrift "Die Suche" und diese Kombination sorgt für viel Spannung. Irgendwo da draußen weiß jemand genau, warum eine Frau gestorben ist. Und in dieser tiefen, dunklen Wildnis ist der Mörder auch den Freundinnen auf der Spur.

Welche der vier ist mir am sympathischsten? Ich kann es nicht sagen. Sie sind so unterschiedlich und das trägt gut zur Handlung bei, anstatt sie zu beeinträchtigen. Dafür gibt es einige norwegische Charaktere, die unbedingt Anlass zur Sorge geben. Manchmal scheint die Zeit stillzustehen und gerade dadurch nimmt das Gefühl, dass gleich etwas Schlimmes passiert, enorm zu.

"The Hike" von Lucy Clarke ist ein Wildnisthriller, der in der wunderschönen, aber auch gefährlichen Natur Norwegens spielt. Ich fand die adrenalingeladene Geschichte so fesselnd und unterhaltsam, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte. Ich kann diesen Thriller, der mich von der ersten Zeile bis zum letzten Wort in seinen Bann gezogen hat, nur empfehlen. Fünf Sterne!

Bewertung vom 10.04.2024
Todschwarze Nacht
Gray, Jules

Todschwarze Nacht


ausgezeichnet

Wenn ein Buch das Prädikat Pageturner verdient, dann dieses

Das Obdachlosenmilieu, in dem dieser Thriller angesiedelt ist, hat mich neugierig gemacht. So ein Setting hat man nicht alle Tage.
Lou, seit kurzem wohnungslos, ist der eisigen Winterkälte schutzlos ausgeliefert. Als sie aus Verzweiflung eine Jacke mitgehen lässt, setzt sie eine gefährliche Jagd in Gang und gerät in das Fadenkreuz eines Killers. Doch Lou setzt sich zur Wehr und kommt nach und nach auf die Spur des Mörders.

Schon die ersten Zeilen haben es in sich. Alles ist so gut beschrieben, dass man beim Lesen die Verzweiflung und die Angst, die vor allem bei weiblichen Obdachlosen besonders groß ist, fast körperlich spüren kann. Erschreckend, und doch nicht neu, ist die bittere Erkenntnis, dass dieses Leben mit dem Missbrauch von Alkohol und Drogen Hand in Hand geht. Kaum vorstellbar, in solch einer Abwärtsspirale gefangen zu sein.

Ich rätsle gerne mit und es war spannend, wie sich die einzelnen Teile zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen gefügt haben.

"Todschwarze Nacht" hat mich gepackt und gut unterhalten. Dafür vergebe ich gerne fünf Sterne.

Bewertung vom 25.03.2024
Ein Echo aus stählerner Zeit
Lano, Ralf

Ein Echo aus stählerner Zeit


sehr gut

Zeitgeschichte trifft Krimi
Kommt mit nach Disselbach. Da haben sogar die Misthaufen Augen.

"Ein Echo aus stählener Zeit" ist ein informativer Krimi, der den Leser mit Leichtigkeit in die Eifel und ins Jahr 1946 mitnimmt. Vorstellbare Begebenheiten dieser Zeit wurden von Ralf Lano geschickt mit fiktiven Personen verknüpft. Durch den bildlichen Schreibstil und die anschaulichen Beschreibungen- nicht nur von Disselbach, sondern auch von den Menschen - bin ich schnell in der Geschichte angekommen.
Karl Bermes, der Schmied des Örtchens ist mir sehr sympathisch. Das gleiche gilt für das "Fräulein", der Lehrerin von Disselbach. Ich habe eine richtiggehende Bindung zu den Protagonisten aufbauen können.

Mit dem Tod von Karls bestem Freund Werner, der bei der Detonation einer Mine getötet wird, wird eine unheilvolle Spirale der Gewalt in Gang gesetzt. Nicht nur Kriegsheimkehrer und Flüchtlinge aus den ehemaligen Ostgebieten, sondern auch undurchsichtige Fremde, die nichts Gutes im Sinn haben, kommen nach Disselbach.
In Bezug auf Erzählung, Stil und Spannungsniveau kann ich "Ein Echo aus stählerner Zeit" gerne empfehlen und vergebe vier Sterne.