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Benutzername: 
Sophia
Wohnort: 
Quakenbrück

Bewertungen

Insgesamt 4 Bewertungen
Bewertung vom 07.07.2024
An dir führt kein Weg vorbei
Forsythe, Lauren

An dir führt kein Weg vorbei


gut

Marina ist Anfang dreißig und verfolgt einen Fünf-Jahres-Plan: sie möchte die langersehnte Beförderung, einen Mann und Kinder. Davon erreicht hat sie zu Beginn des Buches noch nichts und entwickelt daher eine App, in der Frauen ihre Dates mit Männern bewerten können. Verbissen arbeitet sie sich im Date-Dschungel voran mit ernüchternden Ergebnissen und sortiert daher akribisch potenzielle Nieten aus.
Dann taucht in ihrem Büro Lucas auf, der bislang remote gearbeitet hat. Zusammen sollen sie Freizeitaktivitäten testen, die die Firma online anbietet. Lucas ist Marina höchst unsympathisch, denn auch er strebt dieselbe Beförderung im Unternehmen an. Trotz aller Antipathie Lucas gegenüber kommen sich die beiden "Erzfeinde" näher, obwohl er ihr größter Konkurrent ist und so gar nicht in ihren Plan passt.

Von Lauren Forsythe habe ich den Vorgängerroman nicht gelesen. Vor allem das Cover hat mich angesprochen mit seinen guten Farben und die Leseprobe versprach eine lustige und interessante Story.
Leider wurde ich enttäuscht, denn die Autorin "rast" durch das Buch mit seinen knapp 300 Seiten. Am Anfang begleitet man Marina durch Dates und erfährt mehr über ihren Fünf-Jahres-Plan - etwas, mit dem ich mich zumindest teilweise auch identifizieren kann, da ich im gleichen Alter bin und die Dinge (wie wahrscheinlich bei den meisten von uns) meistens nicht nach Plan verlaufen. Auch als sie Lucas zum ersten Mal im Büro kennenlernt, war ich noch gut in der Geschichte drin. Ab dann ist es für mich allerdings zunehmend abgeflacht und die Geschichte wurde immer vorhersehbarer ohne Wendungen und wenig Tiefgang. Das ist wahrscheinlich auch der Erzählperspektive aus der Sicht Marinas geschuldet. Wir erfahren alles aus ihrer Sicht und hier hat mir die Tiefe und haben mir Beschreibungen gefehlt. Einige Kapitel aus der Sicht von Lucas oder Marinas Freundinnen hätten mich hier sicherlich mehr abgeholt.
Allgemein ist die Geschichte vorhersehbar, was ich nicht schlimm finde, für mich hätten nur Details mehr herausgearbeitet werden können. Grob betrachtet spielt sich die Geschichte innerhalb weniger Tage ab und ein langsames Kennenlernen und Annähern der beiden findet hier kaum statt. Mir wurden zu viele Klischees bedient und ohne Leserunde hätte ich das Buch wahrscheinlich nicht beendet. Ab der Hälfte war ich regelrecht genervt von Marinas Hin und Her ihrer Gefühle und auch der Epilog konnte mich nicht mehr versöhnlich stimmen.
Der Erzählstil hat mir ganz gut gefallen, auch wenn es zu viel aus der subjektiven Sicht Marinas beschrieben wird.

Ich empfehle die Lektüre allen, die ein Buch lesen möchten, dass sich schnell weglesen lässt und das man gut z.B. im Urlaub lesen kann ohne groß nachzudenken. Zu viel erwarten sollte man von der Geschichte allerdings nicht, aber es ist ein ganz gutes Buch für zwischendurch.

Bewertung vom 13.06.2024
Das letzte Bild / Cold Case Bd.4
Frennstedt, Tina

Das letzte Bild / Cold Case Bd.4


ausgezeichnet

Der Kriminalroman "Das letzte Bild" ist der vierte Band einer Cold Case-Reihe um die Ermittlerin Tess Hjalmarsson. Ich hatte zuvor noch nichts von Tina Frennstedt gelesen, konnte der Handlung und den Charakteren jedoch gut folgen.

Tess Hjalmarsson ist Ermittlerin im Cold Case-Team der schwedischen Polizei. Sie ist zu Beginn des Buches vom polizeilichen Dienst suspendiert. Auf der dubiosen Website Murderpix tauchen Fotos der vor siebzehn Jahren verschwundenen Jenny Ramsvik aus Schweden auf. Tess hatte damals in dem Fall ermittelt, der Täter konnte jedoch nie gefunden und von Jenny fehlte ebenso jede Spur. Gemeinsam mit dem dänischen Profiler Carsten Morris und weiteren Kollegen beginnt sie nun, dieser Spur nachzugehen als auf der Website weitere Bilder eines ebenfalls verschwundenen Mädchens auftauchen. Das Team arbeitet nun unter Hochdruck daran, den oder die Täter zu finden.
In einem zweiten Handlungsstrang folgen wir der Schauspielerin Kate Sands, die mit ihrem Mann und ihrer Tochter nach Südschweden gezogen ist. Sie ist das Opfer eines Stalkers, der immer wieder Briefe und seltsame Dinge in ihrem Garten hinterlässt.

Direkt der Einstieg in das Buch lässt einen mit Gänsehaut zurück. Der Leser ist direkt im Geschehen der Vergangenheit drin und wird mit vielen Fragezeichen zurück gelassen. Die Kapitel wechseln sich ab mit den Handlungen um Tess und ihren Ermittlungen und Kate. Einige Kapitel werfen uns aber auch zurück in die Vergangenheit der verschwundenen Mädchen kurz vor ihrem Verschwinden. Der Leser erfährt so immer die richtige Portion an Wissen und Hinweisen, damit es immer spannend bleibt und es wird nie zu viel verraten oder etwas vorweg genommen. Generell ist der Schreibstil sehr angenehm und gut zu lesen.

Tess ist mir direkt sympathisch gewesen. Sie ist eine Vollblutermittlerin, die den Angehörigen von Jenny Ramsvik unbedingt die Gewissheit geben möchte, was mit ihrer Tochter passiert ist. Sie gibt nicht auf und nimmt sich auch immer wieder der alten Fällen an. Ich fand es zuerst bedenklich, dass sie trotz ihrer Suspendierung das Angebot aus Dänemark annimmt, gemeinsam mit dem Team dort zu ermitteln. Man merkt jedoch schnell, dass ihr die Aufklärung der Vemisstenfälle zu wichtig sind, als dass sie noch mehr Zeit und Hinweise verstreichen lassen kann.
Kate Sands ist Schauspielerin und mit ihrem Mann und ihrer Tochter im Teenageralter nach Schweden gezogen. Eigentlich hatte sie dort auf Ruhe und Privatsphäre gehofft, das Stalking geht jedoch weiter. Direkt zu Beginn war mir ihr Mann Jeff sehr unsympathisch: er spielt die Briefe, die Kate vom Stalker bekommt und die Zeichen in ihrem Garten herunter und meint, das wäre nichts und man müsse das ignorieren.
Ich kann Kates Angst und Sorgen gut nachvollziehen, dass sie sich in die Sache hineinsteigert. Aber würde man dann in ein einsames Haus auf dem Land ziehen ohne große Sicherheitsvorkehrungen? Da sie eine erfolgreiche Schauspielerin ist, die oft im Rampenlicht steht, hätte ich gedacht, dass man da gerade vorsichtiger ist. Nichtsdestotrotz ist dieser Handlungsstrang ebenso spannend und man fragt sich immerzu, ob und wie die beiden Geschichten um die verschwundenen Mädchen und Kate zusammenhängen.

Die Autorin baut gekonnt einen Spannungsbogen auf und es wird eine geladene und fesselnde Stimmung erzeugt. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und habe immer neue Theorien aufgestellt, was mit den verschwundenen Mädchen passiert sein könnte.
Handwerklich und technisch ist das Buch sehr gut ausgearbeitet, da Tina Frennstedt selbst Kriminalreporterin beim schwedischen Fernsehen ist und Expertin für ungeklärte Mordfälle. Man erfährt einiges über die Arbeit der Polizei in einem Cold Case-Team, wie oft kleinste Details den entscheidenen Hinweis geben können. Mich hat auch beeindruckt, was heute technisch alles möglich ist und zur Aufklärung eines Vermisstenfalls beitragen kann.

Von mir gibt es eine Lesempfehlung für alle, die einen guten (Cold Case-)Krimi suchen, der in Schweden spielt und sich kurzweilige Unterhaltung wünschen.

Bewertung vom 18.05.2024
Das Ende von gestern ist der Anfang von morgen
Engel, Kathinka

Das Ende von gestern ist der Anfang von morgen


ausgezeichnet

Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen in verschiedenen Zeitebenen erzählt.

Im gegenwärtigen London sucht die 30-jährige Gilly nach der Trennung von ihrem Partner eine Wohnung. Mit ihrer quirligen und symphatischen Art findet sie ein Apartment in einem viktorianischen Mietshaus im Stadtteil Camden. Nach ihrem Umzug erfährt sie jedoch von einem Verkauf und einer anstehenden Luxussanierung des Hauses. Gemeinsam mit ihren Nachbarn, allen voran Owen, setzt sie alles daran, dies zu verhindern. Dabei stoßen sie auf ein Geheimnis aus der Vergangenheit, das alles verändern wird.

London, 1974. Die fast achtzehnjährige Pippa St. George, wohlhabend und aus gutem Haus mit einem einflussreichen Vater in der Politik, langweilt sich in ihrem vorgezeichneten Leben mit seinen Konventionen und Erwartungen. Bei einem Discobesuch mit einer Freundin, der für sie erstmal ein Schock ist und alles verändern wird, lernt sie den Punk-Sänger Oz kennen. Oz gehört zur unteren Schicht der Gesellschaft und schreit seinen Unmut über die Gesellschaft und Politik auf der Bühne in seinen Songs heraus. Er repräsentiert alles, was in Pippas Familie verachtet wird, bringt jedoch Pippa zum Nachdenken über ihren vorgezeichneten Weg und ihre Rolle als Frau. Trotz aller Unterschiede lernen sich Pippa und Oz kennen und kommen sich näher. Doch kann eine Beziehung unter diesen Umständen funktionieren und werden die beiden irgendwann von der harten Realität eingeholt?

Kathinka Engel hat bereits mit großem Erfolg mehrere New Adult-Romane verfasst. „Das Ende von gestern ist der Anfang von morgen“ ist ihr erster Roman für Erwachsene und der erste Roman, den ich von ihr lesen durfte. Sie hat eine große Affinität zu London, was sich auch in diesem Roman widerspiegelt.

Gilly ist mir mit ihrer herzlichen und quirligen Art sofort symphatisch. Sie muss sich nach ihrer Trennung neu finden und weiter entwickeln. Mit ihr können sich wahrscheinlich viele junge Frauen gut identifizieren: mit 30 ist sie nochmal Single, von Heiraten, Kinder bekommen und einem Eigenheim noch weit entfernt. Oft stellt sie sich selbst und ihren Lebensweg infrage, man begleitet sie auf diesem Weg der Selbstfindung, den sie großartig meistert. Selbst die schrullige Nachbarin fasst langsam Vertrauen zu Gilly, nachdem diese nicht aufgehört hat, nett zu sein und sich zu kümmern.
Auch Pippa ist mir direkt symphatisch, auch wenn sie zuerst anders wirkt. Sie folgt brav den Erwartungen ihrer einflussreichen Familie, stellt diese, ihre Rolle als Frau und ihre Fremdbestimmung zunehmend infrage. Dies wird verstärkt durch Oz, der ihr stets auf Augenhöhe und mit Respekt begegnet und ihr das erste Mal zeigt, dass es auch andere Wege im Leben gibt, die nicht fremdbestimmt sind. Wie Gilly entwickelt sich auch Pippa immer weiter und findet zu sich selbst.

Kathinka Engel baut in die Geschichte immer wieder geschickt Metaphern und Vergleiche ein, die man ebenso in sein eigenes Leben übertragen kann. Generell ist der Schreibstil nie überladen oder kitschig und flüssig zu lesen. Die beiden Handlungsstränge wechseln sich ab mit einer guten Länge, sodass man sich stets in beide Geschichten hinein findet. Kathinka Engel schafft es, so mitfühlend, herzlich und aufrichtig voller Emotionen zu schreiben, dass man nicht anders kann, als weiterzulesen.

Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung, das Buch gehört nun zu meinen Lieblingsbüchern und ist mein Lesehighlight in diesem Jahr! Ich denke noch oft daran zurück, auch, weil es Kathinka Engel gelungen ist, eine so gefühlvolle Geschichte zu erzählen, aus der man selbst so viel mitnehmen kann. Der Roman ist ein Paradebeispiel für die Selbstbestimmung vor allem als Frau und dass es nie zu spät ist, sich weiterzuentwickeln.
Auch als Geschenk kann ich mir das Buch super vorstellen.
Unbedingt Taschentücher bereit halten ;)

Bewertung vom 15.04.2024
Alles gut
Rabess, Cecilia

Alles gut


sehr gut

Die Protagonistin Jess ist hochintelligent, ein Mathegenie und schwarz. Sie lebt in den New York und tritt nach ihrem Collegeabschluss einen Analystenjob bei der angesehenen Firma Goldman Sachs an. Als schwarze Frau kämpft sie um Anerkennung zwischen den jungen, reichen, weißen Männern, die aus gutem Hause sind. Bei Goldman Sachs trifft sie auf Josh, mit dem sie sich schon zu Collegezeiten oft in den Haaren hatte. Er repräsentiert alles, was Jess zuwider ist. Nach und nach freunden die beiden sich an und kommen sich näher, bis sie sich die Frage stellen müssen: ist eine Beziehung mit diesen immensen Unterschieden möglich?

"Alles gut" ist Cecilia Rabess erster Roman. Er beschäftigt sich mit aktuellen Themen unserer Zeit: "arm und reich" und vor allem der in den USA herrschenden Diskriminierung zwischen weißen und schwarzen Menschen, Mann und Frau.
Bei Jess war ich oft hin- und hergerissen bezüglich der Sympathie. Einerseits möchte sie Anerkennung und gesehen werden als schwarze Frau, andererseits erkennt sie nicht, dass Josh, der selbst sagt, er habe sich verändert in seinen Ansichten, ihre Meinungen akzeptiert und sie respekt- und vertrauensvoll behandelt.
Oft wirkt sie unsicher und steht oft im Konflikt mit sich. Man erfährt von einigen früheren Diskriminierungen in der Schule und am College.
Josh selbst war mit im ersten Drittel höchst unsympathisch, kommt er doch arrogant und engstirnig rüber. Er wandelt sich jedoch und begegnet Jess mit Respekt und setzt sich für sie ein.

Der Schreibstil hat mir an sich gut gefallen, jedoch wird oft zwischen Gegenwart und Vergangenheit gewechselt, woran man sich am Anfang gewöhnen muss. Ein großes Manko sind für mich die Übersetzung, die an vielen Stellen nicht rund war und die vielen Fachbegriffe aus der Finanzbranche im ersten Drittel des Buches. Als Laie musste ich viele Stellen zwei Mal lesen und Begriffe nachschlagen.

Die Autorin baut gekonnt einen Spannungsbogen auf: am Anfang wirken Jess und Josh noch wie Feinde, aber im Verlauf kommen die beiden sich näher. Mir war es an manchen Stellen zu oberflächlich und ich hätte mir gewünscht, mehr über die Gefühle und Beweggründe von Jess und Josh zu erfahren. Cecilia Rabess verwebt gekonnt die Alltagsdiskriminierung, die Jess Tag für Tag erfährt, in die Geschichte ein, sodass man sich manchmal bewusst machen muss, dass das Alltag für Jess ist. Zudem beschreibt die Autorin sehr gut die Annäherung der beiden aber auch die Unterschiede, die immer wieder für Streitpunkte sorgen.
Oft habe ich selbst versucht, mich beim Lesen in Jess reinzufühlen und mich auch gefragt: was ist in einer Beziehung wichtig und mit wie viel Toleranz und Unterschieden kann eine Beziehung von Dauer sein?

Ich empfehle den Roman trotz ein paar Schwachstellen jedem, der ein Buch zu aktuellen Themen sucht wie gesellschaftlichen Strukturen mit Diskriminierung und Identitätsfindung, vor allem in Bezug auf eine schwarze Frau in den USA.