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Miro76
Wohnort: 
Österreich

Bewertungen

Insgesamt 125 Bewertungen
Bewertung vom 20.07.2024
Die Farbe der Sterne
Briggs, Curtis;Lukschy, Stefan

Die Farbe der Sterne


sehr gut

Nachdem Julia vor ihrer eigenen Hochzeit geflüchtet ist, versteckt sie sich in einem heruntergekommenen Hotel, um den Nachlass vor dem Verkauf zu organisieren. Doch der neue Besitzer denkt gar nicht dran, das Hotel, das schon seit Generationen in Familienbesitz war, zu veräußern.

Doch wie soll man den maroden alten Kasten retten?

Zur rechten Zeit entdeckt Max nach einer Verkettung unglücklicher Umständen ein geheimes Fach hinter der Rezeption und darin ein Frühwerk von Kandinsky, welches das Hotel am Kochelsee zu seinen besten Tagen zeigt. Eine Kopie davon hing immer schon über dem Tresen, doch niemand wusste, dass wo das Original abgeblieben war.

Bis hier ist das Buch schon recht witzig, denn die Figuren sind allesamt sehr überspitzt dargestellt. Die Autoren bedienen sich frech aller Klischees und schmücken diese in bodenlose aus. Man muss dieses Buch mit lachenden Augen und einem Zwinkern lesen, sonst erschließt sich der Humor nicht. Ich durfte mehrmals schallend lachen und genau das habe ich mir erwartet bei einer Krimikomödie.

Mit diesen zwei Bilder geht das Verwirrspiel direkt los, einmal ist der Bellagio verschwunden, dann wieder der Kandinsky, denn es gibt mehrer Leute, die hinter dem Bild her sind und so ihre Haut retten wollen. Julia und Max kommen sich während dieser Bilder-Rettungsaktion langsam näher und beide wachsen über sich hinaus.

Ernsthaft an diesem Buch sind immer nur die Rückblenden, die erklären, warum beispielsweise das Wissen um das Original verloren ging oder warum sie jemand verhält, wie er es eben tut. Diese kleinen Reisen in die Vergangenheit waren wichtig für die Geschichte und interessant zu lesen. Der Rest ist Slapstick und Klamauk und ich habe mich königlich amüsiert!

Somit empfehle ich dieses Buch allen, die mal wieder so richtig lachen wollen. Bitte erwartet euch keinen gut ausgearbeitet Krimi mit komischen Elementen. Das hier ist eine Verwechslungskomödie mit Krimielementen!

Bewertung vom 15.06.2024
Meeresfriedhof / Die Falck Saga Bd.1
Nore, Aslak

Meeresfriedhof / Die Falck Saga Bd.1


sehr gut

Meeresfriedhof ist der Auftakt einer Trilogie über eine der mächtigsten Reederfamilien Norwegens. Die Falck Familie hat altes Geld, Macht und politischen Einfluss und Olav Falck ist mit seinen 70 Jahren noch immer nicht bereit, seinen Sitz an eines seiner Kinder weiterzugeben.

Ein tragisches Unglück hat die Falks während des 2. Weltkriegs heimgesucht. Store Thor kam beim Untergang eines Hurtigrutenschiffs ums Leben. Seine Frau Vera und ihr kleiner Sohn Olav überlebten durch einen beherzten Sprung ins eiskalte Wasser. Kurz bevor sich das Unglück zum 75. Mal jährt, nimmt sich Vera Falck das Leben und hinterlässt ihrer Enkelin Sasha einen Brief mit der Bitte, endlich die Wahrheit ans Licht zu bringen. Nicht alles hat sich damals so ereignet, wie es kolportiert wurde und so manche Helden werden ihr Ansehen dadurch verlieren.

Wer sich hier einen spannenden Thriller erwartet, könnte eventuell enttäuscht sein. Der Autor erzählt sehr ausufernd und streckenweise fühlt sich das auch etwas langatmig an. Dennoch bleibt die Geschichte spannend und vor allem der Schluss macht dann doch Lust auf mehr.

Man muss das Buch als Familiensaga lesen, die ihre Leichen im Keller hüten möchte. Es geht um Macht und Geld und deren Erhalt, frei nach dem Familienmotto "familia ante omnia". Leicht mafiöse Züge lassen sich da erkennen.

Ein bisschen erinnert dieses Buch an die Millennium -Trilogie. Auch hier gibt es einen Journalisten, der die Hintergründe beleuchtet und den Falck-Geheimnissen auf die Spur kommen möchte. Allerdings ist es nicht so spannend und die Charaktere sind auch nicht ganz so eckig und kantig. Trotzdem freue ich mich auf den nächsten Band der Saga!

Bewertung vom 11.06.2024
Man sieht sich
Karnick, Julia

Man sieht sich


sehr gut

Robert ist neu an der Schule, als er auf Friederika trifft, die ihn sofort bezaubert mit ihrem strahlenden Lächeln. Sie kommen sich näher und werden beste Freunde, obwohl Robert eigentlich schwerst verliebt ist. Doch Frie ist auf einem Freiheitstrip und verschwindet nach dem Abi erst mal für ein Jahr nach Australien.

Mit gebrochenem Herzen vertrödelt Robert seine Sommerferien, die die besten seines Lebens hätten sein sollen und fängt sich wieder beim Zivildienst in Hamburg, wo Frie wieder in sein Leben kommt. Die beiden verstehen sich sofort wieder blendend und Roberts Gefühle sind wie auf Knopfdruck wieder da.

Aber irgendwie scheint es nie so richtig zu passen. Sie lieben sich, aber ihre Leben scheinen nicht richtig kompatibel. Immer wieder vergehen Jahre, in denen beide ihre Leben leben, die nicht immer ganz geradlinig verlaufen. Frie wird sehr jung Mutter und verzichtet auf ihre Karriere, Robert startet als Musiker richtig durch, bleibt aber irgendwie ewiger Single.

Die Autorin beleuchtet alle Phasen ihrer Leben mit ihren Höhen und Tiefen, die sich wandelnden Beziehungen zu den Eltern, wie sich Freundschaften über die Jahre verändern und immer wieder lässt sie diese diffizile Freundschaft plus wach werden. Gut gefallen haben mir auch manche Nebenschauplätze, wie zum Beispiel die Freundschaft Roberts zu einem seiner Pfleglinge aus der Zivi-Zeit.

Mit der Lektüre begleiten wir Robert und Frie ins Erwachsenenleben und darüber hinaus. Ob sie sich als gesetzte 50er finden werden, wird hier natürlich nicht verraten. Aber kennen wir das nicht alle, dass wir einem Jugendfreund dieses Versprechen gaben, es noch mal zu versuchen, sollten wir mit 50 immer noch oder wieder single sein?

Ich mochte die Geschichte der beiden sehr. Das Buch liest sich flott, ist sehr unterhaltsam und trotz der Missverständnisse zwischen den beiden liebenswert und warmherzig.

Bewertung vom 08.06.2024
Seltsame Sally Diamond
Nugent, Liz

Seltsame Sally Diamond


ausgezeichnet

Sally Diamond lebt mit ihrem Vater extrem abgeschieden, quasi am Ende der Welt oder ein bisschen darüber hinaus. Wenn sie ins Dorf muss zum Einkaufen oder auf die Post, stellt sie sich taubstumm, damit sie mit niemandem reden muss.

Doch dann stirbt ihr Vater und Sally, die immer alles wörtlich nimmt, versucht ihn in der Feuertonne zu kremieren.

Es kommt, wie es kommen musste und die ganze Sache fliegt auf und landet sogar in den Medien. Dies wird für Sally zum Anstoß wieder Teil zu haben am Leben und wir erfahren ein gut gehütetes Geheimnis über Sallys Vergangenheit. Dieses Geheimnis darf hier natürlich nicht preisgegeben werden, denn es sollten auch alle anderen Leser*innen so überrascht werden wie ich. Nur noch so viel: Mit so einer Geschichte hatte ich hier definitiv nicht gerechnet!

Liz Nugent versteht es Verwirrung zu stiften und Spannung aufzubauen. Sie geht behutsam mit ihrer seltsamen Protagonistin um und lässt uns teilhaben an ihrem schwierigen Weg ins gesellschaftliche Leben. Es hat mir sehr gut gefallen, Sally zu beobachten, wie sie beginnt sich zu öffnen. Sie zeigt uns auch andere Menschen am Rand der Gesellschaft und stößt uns mit der Nase drauf, seltsames Verhalten nicht immer gleich abzuurteilen. Schließlich wissen wir meist nicht, was dahinter steckt. Sie zeigt aber auch auf, wie wichtig es ist, genau hinzuschauen und falls nötig auch mal einzuschreiten, aber immer mit Toleranz!

Diese Buch war für mich ein echtes Highlight! Leider ist es mir nicht möglich, das in meiner Bewertung ausreichend zum Ausdruck zu bringen, ohne zu viel über den Inhalt zu verraten. Jedes Wort kann hier schnell zu viel sein.

Für mich war das Buch ein echter Pageturner und ich freue nun mich auf die anderen Werke von Liz Nugent.

Bewertung vom 24.05.2024
Windstärke 17
Wahl, Caroline

Windstärke 17


ausgezeichnet

17 Beaufort ist die maximale Windstärke und so fühlt sich der Orkan an, der immer wieder in Idas Brust tobt und sie laufen und brüllen lässt. Irgendwie muss vieles raus, aber irgendwie scheint nichts zu wirken.

Ida ist mittlerweile erwachsen, hat das Abitur hinter sich gebracht und ein Studium begonnen. Sie ist ebenfalls eine gute Schwimmerin und sie schreibt. Doch nichts kann die Bilder auslöschen, die immer wieder ihr Gedächtnis stürmen. Als sie ihre tote Mutter fand, oder als sie ihr im Zorn riet, es endlich hinter sich zu bringen. Sie kämpft mit Schuldgefühlen, weil sie der Mutter nicht ausreichend geholfen hat. Sie ist destruktiv, kümmert sich nicht gut um sich selbst und weiß nicht wohin. Sie möchte nicht zu ihrer Schwester Tilda, die mit Viktor und zwei Kindern in Hamburg lebt. Also fährt sie mit ihrem Flex-Ticket so weit weg wie möglich und landet auf Rügen, wo der Sturm auch außen manchmal ziemlich tobt.

Und endlich hat Ida mal Glück. Sie findet einen Job in einer Bar und die Besitzer, ein älteres Ehepaar nehmen sie auf und päppeln sie auf. Außerdem lernt sie einen Jungen kennen, den ebenfalls eine dunkle Aura umgibt.

Als das Buch erschienen ist, war ich sehr überrascht, dass sich Caroline Wahl zu einer Fortsetzung entschlossen hat. Als ich dann merkte, dass wir nun Ida besser kennenlernen und erfahren, wie es ihr dann alleine mit der Mutter ergangen ist, habe ich mich sehr darüber gefreut. Ida hat noch mehr von dieser ganzen Tragödie abbekommen als Tilda, denn man kann sich vorstellen, dass es mit der Mutter weiter bergab ging und dementsprechend größer ist hier auch das Leid. Doch das Mädchen versinkt nicht darin. Sie kämpft mit allem was sie hat und versucht, den Mut nicht zu verlieren. Es ist schön zu lesen, dass ihr auch mal was Gutes passiert, auch wenn sie das selbst kaum glauben kann. Ihr Weg aus dem Auge des Sturm ist nicht einfach und verläuft auch nicht linear und das macht die Geschichte auch glaubwürdig.

Ich habe diesen Folgeband als noch stärker empfunden als 22 Bahnen, vergebe begeisterte 5 Sterne und freue mich sehr auf das nächste Buch von Caroline Wahl!

Bewertung vom 23.05.2024
In den Augen meiner Mutter
Leevers, Jo

In den Augen meiner Mutter


gut

Georgie ist hochschwanger und allein zuhause, als sie zufällig ein Bild ihrer Mutter auf Social Media entdeckt. Sie hat sie seit 20 Jahren nicht gesehen und macht sich sofort auf den Weg. Gemeinsam mit ihrem Bruder Dan, den sie auch seit einigen Jahren nicht mehr gesprochen hat, reist sie nach Schottland, um endlich ein paar Antworten auf ihre Fragen zu bekommen.

Warum hat Nancy ihre Kinder verlassen und nur ein einziges Mal eine Postkarte geschickt?

Warum haben sich Dan und Georgie zerstritten, obwohl sie als Kinder so fest zusammenhalten haben?

Und welches Trauma steckt hinter Georgie's Angst vor Brücken?

Jo Leevers erzählt uns Nancys Geschichte nicht linear. Immer wieder lesen wir in Rückblenden, wie Nancy aufgewachsen ist, wie sie ihren Mann Frank kennenlernte und was in ihrem Leben alles schief gelaufen ist, sodass sie als Einsiedlerin in einer Hütte im Wald gestrandet ist und sich verfolgt fühlt.

Als ich die Lektüre begonnen habe, hatte ich einen ganz anderen Roman erwartet. Ich hatte erwartet, dass die Familiengeheimnisse etwas subtiler an den Grundfesten des Familienkonstruktes nagen. Dass wir es mit einer komplett zerrütteten Familie zu tun haben, hat mich doch überrascht.

Als die Reise beginnt, ist schnell klar, dass Georgie und Dan eine Weg finden werden, ihre Differenzen zu überbrücken. Sie haben sich immerhin gemeinsam auf den Weg gemacht. Was allerdings zu diesen Zerwürfnissen geführt hat, bleibt lange im Unklaren. Die Auflösungen sind auch nicht immer befriedigend. Gar zu viele Zufälle spielen den beiden in die Hände und lassen die Geschichte dann doch sehr konstruiert wirken. Die Autorin verliert im Verlauf immer mehr ihre Glaubwürdigkeit. Die Bedeutung der Themen verliert dadurch an Gewichtigkeit und der Roman wird zu einer unterhaltsamen Sommerlektüre, ohne großen Mehrwert.

Das Buch liest sich einfach, ist spannend und wen es nicht stört, dass nicht alles ganz glaubwürdig ist, dem ist es tatsächlich zu empfehlen. Mich hat es gut unterhalten, es wird mir allerdings auch nicht all zu lange in Erinnerung blieben. Daher vergebe ich 3 Sterne für diesen Roman mit Geheimnissen und einem versöhnlichen Ende.

Bewertung vom 20.04.2024
Das andere Tal
Howard, Scott Alexander

Das andere Tal


ausgezeichnet

Odile lebt in einem Tal, umgeben von Bergen und von einem Zaun. Denn hinter den Bergen befindet sich auf der einen Seite das selbe Tal nur 20 Jahre früher und auf der anderen Seite 20 Jahre später. Die Grenze ist streng bewacht. Zu groß ist das Risiko, dass jemand in den Lauf der Zeit eingreift und so die Geschichte ändert.

Die Gesellschaftsstrukturen im Tal wirken repressiv und totalitär. Die Menschen folgen ihrer Bestimmung, scheinen nichts zu hinterfragen und fügen sich in ihre gesellschaftliche Stellung. Das Conseil ist die höchste Behörde und diese regelt die Grenzgänge. Denn manchmal wird einem Gesuch stattgegeben und jemand darf einen verstorbenen Angehörigen noch einmal beobachten oder ein zukünftiges Kind einmal sehen.

Diese Besuch werden anonymisiert durchgeführt, unter Bewachung und Einhaltung strengster Regeln. Eine kleine Abweichung veranlasst den sofortigen Abbruch, denn das Risiko, dass dadurch die Geschichte verändert wird ist zu hoch. Es droht die Auslöschung.

Odile ist eine schüchterne Außenseiterin in ihrer Schule. Sie wird kaum wahrgenommen und wenn doch, dann meistens gehänselt. Sie ist ein dankbares Opfer, denn sie wehrt sich nie. Doch eines Tages setzen sich zwei Jungs für sie ein, verteidigen sie und ändern dadurch alles. Odile beginnt zaghaft Freundschaft zu knüpfen, traut sich plötzlich etwas zu und strebt sogar einem hohen Posten entgegen, nur um dann doch wieder abzustürzen.

Doch der ganz große Absturz steht ihr erst noch bevor und Odile, die nie eine aktive Person war, versucht mit ihren Mitteln dieses Schicksal abzuwenden. Sie versucht kleine Entscheidungen anders zu treffen, fühlt sich bereits in Sicherheit und landet schlussendlich doch wieder dort, wo sie sich im Zukunftstal gesehen hatte.

Es scheint fast so, als würde die Zeit kleine Aufmüpfigkeiten einfach ausbügeln, als wären die Menschen ihrem Schicksal hoffnungslos ergeben, egal was sie machen oder zu entscheiden glauben. Vielleicht war das Eingreifen der Jungs auf dem Schulhof bereits ein Versuch, eine Zukunft abzuwenden, vielleicht war das Eingreifen aber auch erst der Auslöser für die große Tragödie? An diesen Fragen kann man sich tatsächlich das Hirn verrenken. Die Zeit wird zu einer Schleife, oder Spirale oder sonstwas. Man darf hier wirklich nicht alles logisch hinterfragen und sollte versuchen sich einfach dem sog der Geschichte hinzugeben. Denn einen Sog hat sie allemal. Ich habe mitgelitten mit Odile, die strampelnd versucht ihrer Abwärtsspirale zu entkommen. Sie muss wirklich ziemlich viel erleiden, bis sie endlich den Mut für den ganz großen Coup findet und ob der gelingt und was dann aus allem wird, wird hier natürlich nicht verraten.

Ich fand die Entwicklung Odiles sehr interessant und ich mochte dieses stille Mädchen auch, obwohl ich ihr manchmal am liebsten in den Hintern getreten hätte, damit sie in die Gänge kommt. Es braucht schon einen mächtigen Schubser, damit diese treibende Person für sich selbst einsteht.

Manche sehen in diesem Buch einen dystopischen Coming-of-Age Roman, aber das kann ich nicht unterschreiben. Das Buch thematisiert nicht das Erwachsenwerden von Odile, sondern zeichnet ein Konstrukt von Möglichkeiten und Folgen. Es ist ein Gedankenexperiment das einen stundenlang beschäftigen kann. Definitiv ein Buch das nachhallt!

Bewertung vom 18.04.2024
Die Auszeit
Rudolf, Emily

Die Auszeit


sehr gut

Mit diesem versteckten Luxus-Retreat in den Bergen hat sich Pierre Karthee einen Traum erfüllt. Oder besser gesagt, den Traum seines Vaters, denn auch dieser wollte immer erfolgreich ein Hotel führen. Jetzt hängt er einsam an der Flasche und schafft nicht einmal mehr seine Einkäufe selbst.

Doch Pierre ist nicht sein Vater und hat alle Eventualitäten im Griff. Nichts wird schief gehen, wenn die große Victoria Kaplan mit ihren Freunden für ein Wochenende kommt, um die 1 Million Follower zu feiern. Dieser Besuch wird die Feuerprobe des Retreats. Gefällt es ihr, gibt das großartige Publicity, wenn nicht, ist alles aus, bevor es richtig begonnen hat.

Und obwohl Pierre und sein Team sich mächtig ins Zeug legen, dass alles so läuft wie es soll, scheint doch irgendwie alles schief zu gehen. Erst verspätet sich die Gruppe, wegen eines verpassten Flugs und bringt dann eine eigenartig unangenehme Stimmung mit. Die Dynamik in der Gruppe ist nicht von freundschaftlicher Liebe geprägt. Vielleicht war sie das früher mal, aber jetzt scheint etwas anderes vorzuherrschen, dem mit Yoga und Meditation nicht beizukommen ist. Es beginnt eine Abwärtsspirale, die während des Unwetters in der zweiten Nacht mit dem Mord ihren Peak erreicht.

Daher sind die Kapitel auch als Countdown übertitelt und wir starten 37 Stunden vor der Tat und die Autorin lässt die einzelnen Mitglieder der Gruppe, sowie den Hotelchef zu Wort kommen. Außerdem sind zwischendrin Jetzt-Kapitel eingeschoben, die nach dem Mord spielen und uns ganz schön lange rätseln lassen, wer denn nun tot ist. Das hat die Autorin sehr spannend hinbekommen.

Auch das Spiel mit den wechselnden Tatverdächtigen klappt gut. Irgendwie scheinen auf einmal alle ein Motiv zu haben und jede Person sich der Tat verdächtig zu machen. Der Aufbau des Buches ist wirklich gut gelungen. Die wechselnden Perspektiven, die zwei Zeitebenen und die Einschübe der Instagram-Beiträge lockern auf und sorgen für wachsende Spannung.

Das Setting ist ebenfalls toll. Ein Retreat in den Bergen, umgeben von Wald, völlig in der Einöde, weit und breit keine Nachbarn die etwas mitkriegen könnten - geruhsam und gleichzeitig gruselig. Je nach dem, wie es gerade beschrieben wird. Die Grenze ist da wackelig, was am Tage heimelig wirkt, kann bei Nacht leicht verstören.

Was mir nicht gefallen hat, war die Dynamik unter den Pseudofreunden, die Oberflächlichkeit ihrer Gespräche und die Unfähigkeit sich mal fallen zu lassen und zu genießen. Ich weiß ja, warum diese Sein & Schein Welt nichts für mich ist!

So schwanke ich in meiner Bewertung zwischen 3 und 4 Sternen und runde deshalb einfach auf, denn gut unterhalten hat mich das Buch allemal.

Bewertung vom 07.04.2024
Die Zeit im Sommerlicht
Laestadius, Ann-Helén

Die Zeit im Sommerlicht


ausgezeichnet

Jon-Ante, Else-Maj, Anne-Risten, Marge und viele andere samische Kinder mussten schon mit sieben Jahren ihr Elternhaus verlassen. Sie wurden ins Internat der Nomadenschule gezwungen, wo sie nicht mehr samisch reden durften und schwedische Namen verpasst bekamen. Und wo Hausmutter ein überstrenges Regiment geführt hat. Schläge gehörten zur Tagesordnung genauso wie seelische Gewalt. Einziger Lichtblick für die Kinder war bei Betreuerin Anna, die tröstende Worte und Umarmungen in aller Heimlichkeit für sie hatte.

Ann-Helén Laestadius hat eine traurige Beziehung zu diesem Roman, denn auch ihre Mutter musste diese Schule besuchen. Nach ihren Erlebnissen ist dieser Roman entstanden.

Die Autorin erzählt diese Geschichte aus der Sicht der verschiedenen Kinder und lässt uns gleichzeitig teilhaben, an ihrem Erwachsenenleben. Wir lesen parallel von ihren Traumata in der Schule und wie diese ihren Alltag später beeinflussten. Wir lesen vom Versuch, das Erlebte zu Verdrängen, im Alkohol zu ertränken oder mit Schmerztabletten zu betäuben. Nur reden wollen sie alle nicht darüber, dann das würde die Dinge zu sehr aufrühren.

Manche der Kinder tragen ein lebenslanges Zeichen mit sich. Die Narben am Körper verschwinden nicht und erinnern für immer an die Gewalt. Dennoch schaffen es die meisten ein gutes Leben zu führen, ihren Kindern gute Eltern zu sein und zu lieben, auch wenn manche von ihnen länger dafür brauchen.

Beim Begräbnis von Anna kommen sie alle wieder zusammen und erste Mauern beginnen zu bröckeln. Die erwachsenen Schüler und Schülerinnen der Nomadenschule beginnen in Worte zu fassen, was ihre Leben so lange beschwert hat. Somit ist das Buch auch eine Ode an die Resilienz!

Ich fand dieses Buch hervorragend erzählt. Die wechselnden Perspektiven halten die Geschichte abwechslungsreich und spannend und es hat mich beeindruckt, wie viel manche Menschen tragen können. Über das traurige Schicksal der samischen Bevölkerung habe ich schon öfter gelesen und immer wieder macht es mich traurig, wie viel dieses beeindruckende Volk zu erleiden hatte. Leider begegnen sie wohl noch immer Rassismus und Ablehnung, dabei sollten wir von den Traditionen dieses naturverbundenen Volkes lernen.

Von mir gibt es eine uneingeschränkte Leseempfehlung für dieses Buch, dass auch irgendwie die Geschichte der Mutter der Autorin erzählt und die bestimmt viel Mut brauchte, um ihre Tochter in ihre Erlebnisse einzuweihen!

Bewertung vom 02.04.2024
Leute von früher
Höller, Kristin

Leute von früher


gut

Marlene hat endlich ihr Studium beendet und weiß nicht wirklich wohin mit sich. Um sich abzulenken und Geld zu verdienen bewirbt sie sich für einen Job auf der Insel Strand. Fast die ganze Insel ist ein einziger Freizeitpark mit geschichtsträchtigem Handwerk und Läden aus längst vergangenen Zeiten. Für die Mitarbeiter*innen gilt die Kostümgrenze. Auch an freien Tagen dürfen sie das Dorf nicht in Jeans durchqueren, denn die Rolle muss für die Tourist*innen aufrecht gehalten werden.

Die Ankunft Marlenes auf der Insel und ihre Begegnungen mit lauter neuen Leuten fand ich interessant zu lesen. Es war auch schön, die aufkeimende Liebe zu Janne zu begleiten und tiefer in die Geschichte der Insel einzutauchen. Nur das angekündigte Geheimnis lässt ziemlich lange auf sich warten. Erst wenn man es kennt, erkennt man auch die Andeutungen, die sich wohl durch die Geschichte ziehen. Leider bauen diese kleinen Hinweise nicht wirklich Spannung auf und man muss sich fast bis zuletzt gedulden, um dem Ganzen auf die Spur zu kommen. Dann weiß man auch, was mit den "Leuten von früher" wirklich gemeint ist.

Mich hat das Buch ganz gut unterhalten. Die Geschichte plätschert unaufgeregt dahin, ist mal mehr und mal weniger interessant, aber immer nett zu lesen. Stilistisch ist es recht einfach gehalten und es bietet insgesamt keinen großen Mehrwert. Es ist ein Buch, dass man lesen kann, aber definitiv nicht muss. Als Sommer- oder Strandlektüre unterhält es auf jeden Fall!