Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
ann-marie

Bewertungen

Insgesamt 48 Bewertungen
Bewertung vom 03.11.2024
Am Fluss der Zeiten
Renk, Ulrike

Am Fluss der Zeiten


ausgezeichnet

Elze – mutig und tapfer

Zum ersten mal lese ich einen Roman von Ulrike Renk und ich bin restlos begeistert. Auf mehr als 500 Seiten entfaltet sich eine hervorragende und auch spannende Zeitreise in die Jahre 1551 bis 1553. Geschildert wird das Leben, Arbeiten und der Alltag auf einem Bauernhof in der Nähe von Münster. Im Mittelpunkt des Romangeschehens steht Elze, die älteste Tochter, die gemeinsam mit ihren Eltern, den drei älteren Brüdern, ihrer jüngeren Schwester, einer Schwester ihres Vaters sowie der Ehefrau einer ihrer Brüder nicht nur die Arbeit im Haushalt verrichtet, sondern auch zu landwirtschaftlichen Arbeiten ihren Beitrag leistet. Ein warmherziges und harmonisches Familienleben zeichnet die Bewohner des Kalmule-Hofes auf, wobei der Tante gegenüber, die während der Zeit der Wiedertäufer in Münster arbeiten musste und noch immer unter den damaligen Erlebnissen leidet, sehr viel Verständnis auf Grund ihres teilweise merkwürdigen Verhaltens entgegengebracht wird.
Mit sehr großem Verständnis für den damaligen Alltag versteht es die Autorin bis in Kleinigkeiten ein stimmiges und auch intensives Bild der damaligen Zeit, der Arbeits- und Lebensbedingungen, vor allem aber auch das tiefe Abhängigkeitsverhältnis als s.g. Eigenbehörigen gegenüber den jeweiligen Grundherren. So war z.B. eine Heirat nur bei Zugehörigkeit zum gleichen Grundherrn möglich oder man konnte jederzeit zu einem mindestens einjährigen Gesindedienst herangezogen werden. Und genau dieses Schicksal ereilt Elze, die zu einem solchen Dienst in Münster verpflichtet wird. Dass dies gerade im Hinblick auf den gleichen Dienst ihrer Tante vor vielen Jahren ebenfalls in Münster bei allen Familienmitgliedern große Sorgen hervorruft, ist offensichtlich. Doch es besteht keine Möglichkeit, sich diesem Dienst zu entziehen. Dass diese Dienstpflicht ungeahnte Entwicklungen nach sich ziehen würden, wird im weiteren Verlauf teilweise sehr drastisch und doch auch sehr einfühlsam beschrieben.
Die Romanhandlung beginnt zwar einige Jahre nach Beendigung des s.g. Täuferreichs, doch findet diese Zeit mit all ihren Strömungen und Entwicklungen eine gut integrierte Berücksichtigung. Verschiedene Charaktere klären letztendlich Elze über das auf, was sich ereignet hat, was sie erlebt haben, sodass sich ein sehr gut recherchiertes, vor allem aber hervorragend dargestelltes Gesamtbild ergibt, wozu auch ein sehr verständlicher Schreibstil einen nicht unwesentlichen Beitrag leistet.
Für mich ein wunderbarer Roman, der in eine Welt entführt, in dem gerade die Thematik der Eigenbehörigkeit mit all ihren Konsequenzen im alltäglichen Leben lebensnah geschildert wird. Und was mir auch sehr gut gefallen hat, waren die leichten kritischen Anmerkungen vor allem von Elze und ihrem Bruder Claes, die in einigen Gesprächen die persönliche Lebenssituation bzw. die mangelnden Freiheiten sehr anschaulich darstellten.
Abschließend sei noch erwähnt, dass es sich um ein sehr wertiges Buch handelt. Mit Schutzumschlag in einer ansprechenden Haptik und zudem mit einem Lesebändchen versehen. Zudem ist ein Personenregister vorhanden und einige persönliche Anmerkungen zum Entstehen des Romans, vor allem aber auch sehr interessanten weiteren Hinweisen zum Täuferreich.
Ein gelungener Auftakt einer Trilogie, auf deren Fortsetzung ich schon sehr gespannt bin und die ich mir auf keinen Fall entgehen lassen werde.

Bewertung vom 29.04.2024
Au-pair in Paris
Haaften, Noor van

Au-pair in Paris


ausgezeichnet

Mit offenen Augen und dankbar durch die Welt
Dieser kleine Erzählband enthält insgesamt 40 Kurzgeschichten, die dem Grunde nach zwar schnell gelesen wären, aber die ich persönlich einfach nicht schnell hintereinander lesen konnte. Denn in jeder Kurzgeschichte sind Impulse enthalten, die geradezu einladen, über das zuvor gelesene nachzudenken, auf eigene Erfahrungen anzuwenden, eine neue Sicht auf das eigene Verhalten oder auch das von anderen Menschen einzunehmen.
Abgeschlossen wird zudem jede Kurzgeschichte mit einem kurzen und sehr treffenden Bibelzitat, bei dem man sehr oft nur zustimmend oder auch dankend mit dem Kopf nicken kann.
Unterschiedliche Themen werden angesprochen, unterschiedliche Situationen werden beschrieben. Teilweise auch verknüpft mit biblisch überlieferten Ereignissen, und daraus resultierend einem treffenden Bezug zu dem aktuell geschilderten Ereignis.
Dabei handelt es sich teilweise um Ereignisse und Erlebnisse aus vergangenen Zeiten, aus vielen unterschiedlichen Ländern. Aber auch Alltagserlebnisse, an denen man vielleicht achtlos vorübergeht oder an die man keinen weiteren Gedanken verschwendet, erhalten auf einmal eine ganz andere Bedeutung.
Eine wirklich schöne und gelungene Zusammenstellung, wobei sich die einzelnen Beschreibungen über sehr wenige Seiten erstrecken aber in einem so empathischen und leichten Stil geschrieben, dass jede einzelne Geschichte eine Bereicherung für das eigene Leben darstellt.

Bewertung vom 29.04.2024
Die ehrenhafte Mrs Hale
Miller, Carolyn

Die ehrenhafte Mrs Hale


ausgezeichnet

Vergebung und Liebe – kostenlose Geschenke

Und wieder heißt es, eine Zeitreise nach England, Anfang des 19. Jahrhunderts anzutreten. Wieder eine Zeitlang bereits bekannte Charaktere wiederzutreffen oder ein wenig durch eine schwierige und lebensverändernde Zeit zu begleiten.
Die bisher vorhergehenden 5 Romane zur Familie Winthrop konnte ich tief eintauchen in das Familienleben, wobei in jedem Roman einem anderen Familienmitglied eine tragende Rolle zufiel.

So auch in dem aktuellen Roman, der nahtlos an die vorhergehende Geschichte um Miss Serena anschließt und nun Julia, behütete und gehobenen Gesellschaftskreisen aufgewachsen, gab für die Liebe ihres Lebens alles auf, heiratete in Gretna Green ihre große Liebe, und kämpft nur wenig später als verlassene Ehefrau, Mutter eines Säuglings, mittellos ums nackte Überleben. Nur aus grenzenloser Liebe zu ihrem Sohn kehrt sie zurück nach London, mit großem Unbehagen darauf hoffend, dass ihr geholfen wird. Über allem schwebt aber auch die große Ungewissheit um den Verbleib, vor allem aber den Grund, für das Verschwinden ihres Ehemannes Thomas.

Die Autorin nutzt geschickt zwei Erzählstränge, in dem sie auf der einen Seite an Julias Geschichte teilhaben lässt und man mit Hilfe des zweiten Erzählstrangs genaueres über den Aufenthaltsort von John, vor allem aber auch von seinen Gedanken erfährt.

Auch dieser Roman lässt sich dank des flüssigen Schreibstile, aber auch der überzeugenden Beschreibung der damaligen Zeit, insbesondere im Hinblick auf die Erwartungshaltung an das Verhalten von Frauen der oberen Gesellschaftsschicht, wieder sehr gut lesen. Und endlich lüftet sich auch das Geheimnis um Julia, die man bereits in vorhergehenden Romanen nur sehr flüchtig kennenlernen konnte. In diesem Zusammenhang auch eine realistische Einbindung von weiteren Charaktere aus vorhergehenden Bänden, sodass sich ein wirklich rundum gelungenes Familienportrait ergibt.

Erschienen in einem christlichen Verlag, sind natürlich auch christliche Werte mit eingebunden worden. Dies auf eine sehr empathische und auch nachvollziehbare Weise, verknüpft und eingebettet in die jeweilige persönliche Situation von Julia und Thomas. Beide mit der Suche und dem Bedürfnis nach Vergebung ausgestattet, liegt ein schwieriger aber durch Gottes Hilfe erfolgreicher Weg vor Ihnen.

Bewertung vom 29.04.2024
Ich verspreche, dich zu finden
Dobson, Melanie

Ich verspreche, dich zu finden


ausgezeichnet

Ein Versprechen, das Raum und Zeit überdauert

Aufgebaut ist der Roman in zwei Erzählstränge: Flucht, Aufenthalt und Heranwachsen von Dietmar und Brigitte. Und in einem weiteren Erzählstrang wird die Investigativjournalistin Quenby im Jahr 2017 von einem ihr unbekannten Amerikaner beauftragt, sich nach rund 70 Jahren auf die Suche nach Brigitte zu begeben:

Die heile Kinderwelt von Brigitte und Dietmar endet jäh an einem Sommertag im Kriegsjahr 1940: Dietmar erlebt eher zufällig ein Verhör seiner Eltern durch Gestapo-Mitarbeiter im Elternhaus mit und setzt gehorsam die Aufforderung seiner Mutter, die Flucht zu ergreifen in die Tat um. Sich der drohenden Gefahr bewusst und sich an das Versprechen dem Vater seiner um einige Jahre jüngeren Freundin Brigitte erinnernd, machen sich die beiden auf die gefahrvolle Reise nach England. Dort leben Verwandte von Dietmar und er hofft, dort in Sicherheit zu sein. Eine ungemein spannende Zeitreise beginnt, in der die Autorin den Alltag und die Auswirkungen der Kriegsjahre in England hervorragend, vor allem aber mit zunehmender Spannung, in Szene setzt. Dabei spielen Verrat und Spionage eine zunehmend wichtigere Rolle und gerade die Einbindung von Brigitte, als Kind in dieses bis in höchste Kreise der englischen Gesellschaft reichende Netzwerk eröffnet völlig neue Perspektiven und Eindrücke.

Und Quenby, erfahren, ehrgeizig und kreativ in ihrer journalistischen Tätigkeit gelingt es nach anfänglich zögerlicher Haltung zur Übernahme des lukrativen aber auch sehr interessanten Auftrags mehr und mehr, Spuren von Brigitte seit Beginn ihres Aufenthaltes in England, ausfindig zu machen. Abgelenkt von ihren Recherchen hofft sie noch immer auf Klärung des spurlosen Verschwindens ihrer Mutter, als sie selbst noch ein Kind war.

Beide Erzählstränge enthalten unter Einbindung von verschiedenen Charaktere eine Fülle von Informationen, die ein stimmiges und gelungenes Gesamtbild ergeben. Sie nähern sich auf leichte Weise immer mehr an und hinterlassen mehr als einmal eine faszinierende, aber auch überzeugende Lösung offener Fragen. Auf leichte, aber sehr spannende Weise nähert man sich beim Lesen der Aufdeckung nicht nur so mancher Geheimnisse, sondern es kommt auch vieles zum Vorschein, was zur Heilung und Vergebung beiträgt. Und immer wieder gibt es Überraschungsmomente oder auch Charaktere, die mit hilfreichen, aber unerwarteten Informationen und sehr viel Herzenswärme Quenby bei ihren Recherchen unterstützen.

Doch dieses Buch enthält nicht nur eine spannende und sehr empathisch gestaltete Romanhandlung, die Autorin ermöglicht auf den beiden letzten Seiten des Buches mit Hilfe von Fragestellungen und unter Bezugnahme auf einzelne Textpassagen über sich selbst und den eigenen Lebensinhalt nachzudenken.

Einmal begonnen, habe ich diesen Roman tatsächlich nicht mehr aus der Hand gelegt, bis ich ihn beendet hatte. Die Seiten fliegen im wahrsten Sinne des Wortes nur so dahin und man versinkt regelrecht in dem Romangeschehen. Für mich ein großer Buchschatz, den ich liebend gerne weiterempfehlen möchte. Abschließend noch der Hinweis, dass der Roman mit einigen christlichen Aspekten aufwartet. Diese in leisen Tönen aber dann doch so überzeugend, dass man innehält und bewusst auf sich wirken lässt.

Bewertung vom 29.04.2024
Sag's wie Jesus
Preiss, Alexander

Sag's wie Jesus


ausgezeichnet

So leicht und so wirksam - auch heute noch

Dieses Buch hat mich sehr neugierig gemacht: auf welche Weise kann man Worte Jesu, vor mehr als 2000 Jahren gesprochen, in der heutigen Kommunikation verwenden bzw. anwenden. Und ich muss sagen, dass ich fasziniert den Ausführungen und Erläuterungen des Autors gefolgt bin!

Zwanzig kurze, aber sehr interessante und prägnante Aussagen Jesu, liegen den Ausführungen zu Grunde. Die biblische Fundstelle zu jeder Aussage ist angegeben, sodass sich zudem die Möglichkeit eröffnet, gerade diesen einen Satz im Gesamtzusammenhang nachzulesen bzw. zu betrachten.

Jedem Zitat folgt eine kurze Alltagssituation, in der man sich durchaus durch eigene Erfahrungen wiederfinden kann oder in die man sich sehr leicht hineinversetzen kann. Es folgen sehr kurze inhaltliche Informationen bzw. Ausführungen zu diesem Satz verbunden mit einem Auszug des anschließenden Gesprächs auf dieser Grundlage. Abgerundet wird dann dieses Zitat mit einer erneut kurzen Auslegung, die weder belehrend noch missionierend gestaltet ist. Vielmehr basierend auf der Bibel wichtige Lebensweisheiten enthält. Ausführungen zum Zeitpunkt und dem damaligen Geschehen bzw. Ereignis eröffnen weitere sehr gute Verständnismöglichkeiten. Zum Schluss finden sich noch zwei weitere sehr kurze Abschnitte mit der Möglichkeit einer ehrlichen Selbstreflektion: zum einen kann man sich mit Hilfe von einigen Stichpunkten der Frage stellen, welche Chancen einem sich selbst durch diesen Satz eröffnen. Und zum anderen finden sich einige Ausführungen zum „Weiterdenken“.

Für mich ein sehr ansprechendes und inhaltsreiches Buch. In einem klaren, leichten und verständigen Schreibstil. Mit Alltagssituationen, in denen man sich mühelos wiederfinden bzw. nachvollziehen kann. Mit kurzen Bibelzitaten, die mir durchaus bekannt aber auf eine ganz neue, einprägsame und alltagstaugliche Weise vermittelt werden. Und darüber hinaus mit ergänzenden Informationen, Hilfe- und Fragestellungen, die eine Bereicherung für das eigene Leben darstellen und zu Veränderungen in der Kommunikation mit anderen Menschen führen werden – davon bin ich nach Lektüre dieses Buches überzeugt, auch für mich als Laien ohne qualifizierte Ausbildung in Gesprächsführung.

Bewertung vom 29.04.2024
Gottes Traum für dich
Warren, Rick

Gottes Traum für dich


ausgezeichnet

Gottes Traum Wirklichkeit werden lassen

Auch wenn ich bereits viele Jahre erlebt habe, hat mich trotzdem (oder gerade deswegen) die mit dem Titel verbunden Frage, welchen Traum Gott gerade für mich hat … hatte … vielleicht sogar noch hat, weil noch nicht fertig?

Dieser Frage kann ich mich mit Hilfe der in diesem Buch sehr eingänglichen und verständigen Ausführungen leicht und nachvollziehbar nähern.
Wer kennt das nicht: mit großem Eifer und Elan beginnt man mit der Umsetzung von Plänen oder Träumen. Und stößt dabei dann doch auf Probleme, die sich nicht so leicht lösen lassen.
Nicht anders verhält es sich in der Verwirklichung des Traumes Gottes für mein Leben.

Da heißt es zunächst einmal, ihn zu entdecken und mit der Umsetzung zu beginnen. Durststrecken müssen überstanden werden, Schwierigkeiten bewältigt werden. Und man landet auch schon mal in einer Sackgasse, von der man nicht weiß, wie wieder herauskommen. Doch da steht man nicht alleine ... in der Sackgasse … Hilfe und Rettung ist versprochen und trifft auch ein.

Und genau diese sechs Phasen werden in diesem Buch an- und besprochen. Hilfreich dazu einige einleitende und allgemeine Ausführungen zu der Bedeutung einer ganz persönlichen Beziehung zwischen mir und dem Schöpfer dieser Welt und der sich daraus ergebenden Fürsorge Gottes für mich trotz oder gerade wegen der Schwierigkeiten, Nöte, Sorgen und Probleme des Alltags.

Sowohl der Einleitung, die der Vorbereitung auf die folgenden Ausführungen dient, wie auch jeder einzelnen der v.g. Phasen ist ein sehr treffendes Bibelzitat vorangestellt, das als Vorbereitung auf die dann folgenden Ausführungen innehalten und nachdenken lässt. Die nachfolgenden Ausführungen, Gedanken, Impulse sind in leicht verständlicher Form verfasst, lassen Vergleiche zu eigenen Erlebnissen oder dem Alltag zu und weisen auch ganz praktische Formen der Umsetzung auf. Dabei tröstlich zu wissen, dass auch trotz Gottes Traum für mich nicht alles „wie am Schnürchen“ läuft und man sich auch schon mal verrannt haben kann oder keinen Ausweg sieht. Diese Aspekte werden auf sehr einfühlsame Weise aufbereitet und auch mit Beispielen aus dem Leben des Autors oder biblisch überlieferten Situationen untermalt. Als allgemein bekanntes Ereignis sei einmal Noahs Bau einer Arche auf trockenem Land verwiesen, das von dem Autor erwähnt wird.

Dieses Buch enthält viele interessante und wichtige Lebens- vor allem aber Glaubensinhalte. Und bietet auch die Möglichkeit, das bisherige Leben unter den geschilderten Aspekten und mit etwas zeitlicher Distanz noch einmal zu überblicken. Da können sich mit Sicherheit ganz neue Blickrichtungen ergeben und man sieht und versteht manches auf einmal ganz neu oder auch ganz anders.

Eine überschaubare Anzahl von Seiten und trotzdem mit sehr wichtigen Aussagen und Ausführungen. Vergleichbar einem fundierten Ratgeber für das ganze Leben. Wobei man durch die jeweiligen Überschriften der einzelnen Phasen frei ist in der Einteilung des Lesens. Je nachdem, in welcher Situation man vielleicht momentan steckt.

Bewertung vom 21.02.2024
Mein Gott, warum?
Bauder, Heiko

Mein Gott, warum?


ausgezeichnet

Ein offener, mutiger und hoffnungsvoller Lebensbericht
Der Autor, Heiko Bauder, schildert auf gut 220 Seiten auf ehrliche, offene und authentische Weise seine jahrelange Suche nach einer Antwort zu einem von ihm als Jugendlicher verursachten tödlichen Unfall. Kein leichtes Unterfangen, mit dem Wissen, den Tod eines anderen Menschen verursacht zu haben, leben zu müssen.
Durch eine Verkettung ungünstiger Sachverhalte wird ein Kamerad von Heiko erschossen. Auch wenn ihm in der Folgezeit ein für die Kaserne zuständiger lebenserfahrener und kompetenter Pfarrer zur Seite steht, wird Heiko von diesem schicksalsträchtigen Ereignis jahrelang begleitet.
Dank liebevoller und intakter Familienverhältnisse und treuen Freunden gelingt es Heiko, sich ein Familien- und auch erfolgreiches Berufsleben aufzubauen. Zudem engagiert er sich in einer christlich geprägten Kinderbetreuung – nach außen der Eindruck, dass alles in Ordnung ist. Dass ihn gerade auch in der eigenen Familie einige weitere Schicksalsschläge erwarten, damit hatte ich zugegebenermaßen nicht gerechnet. Doch auch diese Ereignisse meistert er dank seines christlichen Glaubens.
Und doch bereitet sich in seinem Innern eine Leere aus, die er letztendlich aus eigener Kraft nicht mehr bekämpfen kann. Erst der Aufenthalt in einer christlich geprägten Therapieeinrichtung trägt zu einer tiefen Auseinandersetzung mit seinem ganzen bisherigen Leben und zur inneren Heilung bei.
In einem sehr sachlichen und doch auch persönlichen Bericht lässt der Autor sehr offen teilhaben an dem, was er erlebt hat und auch an den Erkenntnissen und Gewissheiten, die sich ihm eröffnet, bestätigt und bewahrheitet haben. Ein ruhiger und leichter Schreibstil sorgt zudem dafür, dass man beim Lesen mühelos in die Schilderungen, vor allem aber auch in die Gedankengänge eintauchen kann. Wobei ich feststellen konnte, dass ich teilweise ähnliche Überlegungen hatte und gleichlautende Ergebnisse erzielen konnte. Und von daher vieles von dem, was er vermittelt, nachvollziehen und bestätigen kann.
Für mich persönlich ganz besonders bereichernd seine Auflösung der Frage nach dem "Warum". Wirklich fesselnd zu lesen, den Ausführungen, die ich als folgerichtig empfinde, kann mühelos gefolgt werden. Teilweise belegt und angereichert mit Bibelzitaten und auch mit der Beschreibung von konkreten Auswirkungen. Als kleines Bespiel soll das erneute – in den Augen Außenstehender sicher "rein zufällige" Aufeinandertreffen von Heiko und der Mutter des von ihm Getöteten erwähnt werden. Beide, die Mutter und Heiko, bekamen die Chance, sich nach vielen Jahren in vertrauensvoller Offenheit auszutauschen. Da spürt man beiden regelrecht die Erleichterung und auch die Freude über dieses erneute Aufeinandertreffen ab.
Für mich ein sehr mutiges Buch, geschrieben in dem festen Vertrauen und der Gewissheit, ein Königskind, ein Kind Gottes zu sein. Neben den Ausführungen zur Beantwortung der Frage nach einem "Warum" sind es gerade diese Seiten über die Bedeutung und die Auswirkung, ein "Königskind" zu sein, die mich sehr tief berührt haben.

Bewertung vom 26.08.2023
Die Davenports - Liebe und andere Vorfälle
Marquis, Krystal

Die Davenports - Liebe und andere Vorfälle


ausgezeichnet

Liebesgeschichten mit besonderem Hintergrund

Eine temporeiche, ereignis- und auch abwechslungsreiche Lesereise in das Leben von vier jungen Frauen Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts in Chicago. Sie müssen sich nicht nur mit den alltäglichen Fragen und Problemen Heranwachsender der oberen Gesellschaftsschicht oder auch des Hauspersonals herumschlagen – nein, ein weiterer zur damaligen Zeitpunkt erschwerender Umstand kommt hinzu: alle vier Frauen verfügen über eine dunklere Hautfarbe, was durchaus zu weiteren Problemen führen kann.
Ein wunderschönes stimmiges Gesamtbild von unterschiedlichen Charakteren, aktuellen Lebensumständen, Hoffnungen und konkreten Plänen werden durch die beiden Schwestern Olivia und Helen, Ruby, beste und engste Freundin von Olivia und Amy-Rose, Dienstmädchen auf Freeport Manor, dem hochherrschaftlichen Anwesen von Olivias und Helens Familie, ins Leben gerufen. Dabei sollte noch erwähnt werden, dass dem Vater von Olivia und Helen als ehemaliger Sklave nicht nur die Flucht bis nach Chicago gelungen war, sondern dass er ein sehr erfolgreiches Unternehmen aufbauen konnte, das ihm und seiner Familie ein luxuriöses Leben ermöglicht.
Olivia lernt man kurz vor ihrer Einführung in die Gesellschaft kennen und fiebert geradezu ihrem ersten Auftritt entgegen. Auch wenn sie meint, bereits vor diesem großen Tag einen geeigneten Kandidaten für Heirat und Familie in der gleichen Gesellschaftsschicht gefunden zu haben, gerät sie durch die Bekanntschaft mit dem Bürgerrechtler Washington DeWight ins Grübeln …
Helen, ihre um einige Jahre jüngere Schwester, entspricht in Gedanken und Lebensführungen so gar nicht, was sich für eine wohlhabende junge Frau schickt: neugierig und wissbegierig gilt ihr einziges Interesse der Autowerkstatt ihres Bruders, da sie sich zunehmend technisches Wissen aneignet und anwenden kann – sehr zum Leidwesen der Eltern, die auch für sie eine Heirat in gesicherten gehobenen Kreisen vorsehen. Turbulent und für sie zunächst unerklärlich die Anziehungskraft von Lawrence auf sie, sollte sich sein Interesse doch laut Plan der Eltern auf Olivia richten …
Ruby muss ihrer Freundin Olivia gegenüber ein Familiengeheimnis wahren, was ihr zunehmend schwerer fällt. Werden doch die finanziellen Mittel durch die Kandidatur ihres Vaters sehr in Mitleidenschaft gezogen, was durch ihre Heirat mit einem finanzkräftigen Ehemann wieder ins Lot kommen soll. Wäre da nicht der liebenswerte Harrison, der dem Schwiegersohn-Ideal der Eltern in keinster Weise entspricht …
Amy-Rose, aufgewachsen und später als Dienstmädchen auf Freeport Manor tätig, spart jeden Cent, den sie erübrigen kann, um sich ihren größten Traum eines eigenen "Haarsalons' zu erfüllen. Ein Laden ist bereits gefunden, wären da nicht die mit dem sich nahenden Abschied verbundenen Erinnerungen an die gemeinsame Kinder- und Jugendzeit mit den drei Davenportskindern, allen voran John, der eine Autowerkstatt betreibt, sehr zum Missfallen seines Vaters, der in diesem Geschäftszweig keine großen Erfolgsaussichten sieht.
Wie unschwer zu erkennen ist, finden sich verschiedene Geschichten zur ersten Liebe, bei denen man sich so manches mal ein Lachen nicht verkneifen kann. Aber auch Abschnitte, die zu Tränen rühren, wobei gerade diese Episoden auf eine wunderschöne und empathische Weise beschrieben werden. Ohne "zu dick" aufzutragen und mit sehr viel Raum für die Vorstellungskraft.
Den ganzen Roman umschwebt dank des flüssigen Schreibstils eine gewisse Leichtigkeit. Allerdings werden auch ernste Themen wie Rassismus, das Rollenverständnis von Mann und Frau, Klassenunterschiede mitberücksichtigt und vermitteln ein eindrucksvolles Bild in Lebensverhältnisse und Probleme einer wohlhabenden dunkelhäutigen Familie eigene weiterführende

Bewertung vom 25.02.2023
Die Wiege der Hoffnung
Haigh, Tara

Die Wiege der Hoffnung


ausgezeichnet

Blindes Vertrauen einer jüdischen Familie in der NS-Zeit

Die Autorin thematisiert in ihrem Roman den Beginn und die dann folgenden Jahre der Naziherrschaft in Deutschland. Dabei erzählt sie eine Geschichte aus der Sicht einer deutschen jüdischen Familie, die durch den Betrieb der eigenen Apotheke keine finanziellen Nöte haben und den Eltern eine gute berufliche Qualifikation sowohl Hannes, des Sohnes als auch Luise, der Tochter. wichtig ist.
Luise, deren Herz für die Naturwissenschaften schlägt und die liebend gerne nach erfolgreichem Studium die familieneigene Apotheke weiterführen möchte, muss sich sehr schnell beruflich umorientieren, da ihr als Jüdin ein Studium verwehrt bleibt. Glücklicherweise wird ihr jedoch ein anderer Herzenswunsch erfüllt und sie beginnt ein Kunststudium, das letztendlich dazu führt, dass sie mit den Nazis kollaboriert. Ein gewagtes Spiel, bleibt sie sich doch ihrer jüdischen Herkunft treu und kann durch ihre Einblicke in die Nazibürokratie so manche geplante Deportation jüdischer Mitmenschen verhindern. Dass ihr gewagtes Spiel nicht unentdeckt bleiben kann, ist keine Frage. Die gemeinsame Flucht mit einem Freund aus der gemeinsamen Schulzeit, der Italiener Emilio, führt die beiden sicher nach Apulien, seinem Heimatort.
Der Autorin gelingt eine hervorragende Charakterisierung einer deutschen jüdischen Familie, wobei sie gekonnt die unterschiedliche Einschätzung der aktuellen Situation und deren weitere Entwicklung unter der Herrschaft der Nazis und die damit verbundene Verfolgung von jüdischen Mitbürgern mit Hilfe der einzelnen Familienmitglieder darstellt. Wähnt sich das Familienoberhaupt als Deutscher, auch wenn er Jude ist, nach wie vor sicher und weist die vorsichtigen Hinweise und Beobachtungen seiner Frau als unglaubwürdig zurück. Seine Frau, durch ihre Verkaufs- und Beratungstätigkeit in der Apotheke und einer guten Auffassungsgabe und auch Weitsicht erkennt mehr und mehr die drohende Gefahr für ihre Familie und die Juden generell. Hannes und Luise, zunächst noch Schulkinder, spüren bereits erste Anfeindungen und werden mit Lehrinhalten vertraut gemacht, die man als judenverachtend bezeichnen kann. Gerade diese kleinen alltäglichen Dinge verleihen dem Roman eine Authentizität und Eindringlichkeit, der man sich nicht entziehen kann. Und wenn man dann Luise und Hannes als Erwachsene auf ihrem gefährlichen Weg durch den zunehmenden Judenhass und die Judenverfolgung begleitet, so entsteht eine ungemeine Spannung auf den weiteren Verlauf.
Romane aus dieser Zeit, vor allem auch mit der gleichen Thematik, sind mir bekannt. Doch noch nie konnte ich einen so direkten Blick in eine jüdische Familie, bei der sich der Vater lange sträubt bzw. sich wehrt, die drohende Gefahr für sich und seine Familie wahrzunehmen bzw. zu akzeptieren und rechtzeitig die Flucht zu ergreifen, werfen. Der Roman hat mich von der ersten bis zur letzten Zeile in seinen Bann gezogen und er hat die höchste Sternezahl mehr als verdient.

Bewertung vom 16.01.2023
Cäcilias Erbe / Gut Erlensee Bd.2
Weinberg, Juliana

Cäcilias Erbe / Gut Erlensee Bd.2


sehr gut

Beruf oder Familie
Im zweiten Band der dreiteiligen Familiensaga um Gut Erlensee steht die mittlere der drei Töchter, Cäcilia, im Mittelpunkt. Ist es ihr doch tatsächlich gelungen, ihren Traum, als Lehrerin zu arbeiten, zu verwirklichen. Examen erfolgreich bestanden und dass sich ihr erster Einsatzort an einer Schule auch noch in der unmittelbaren Nähe ihrer Familie bzw. ihres Elternhauses befindet, macht ihr Glück perfekt. Leider muss sie jedoch schon sehr bald feststellen, dass die von ihr praktizierten Lehrmethoden keine Akzeptanz durch die Eltern ihrer Schüler erfahren und sie feststellen muss, dass sich ihr Start in den heißgeliebten Beruf als Lehrerin als äußerst problematisch herausstellt.
Ihre berufliche Tätigkeit führt jedoch nicht nur im Verhältnis zu den Eltern zu Problemen, vielmehr muss sie sich mit einer existentiellen Frage auseinandersetzen, nachdem sie erkennt, dass Jakob Kaltenbrunner zunehmend ihre Gedanken und Gefühlen durcheinanderwirbelt. Denn Anfang der 20er Jahre war neben der Tätigkeit als Lehrerin eine Ehe bzw. Familie nicht zulässig. Mit anderen Worten: Lehrerinnen mussten (von Gesetzes wegen) ihre berufliche Tätigkeit aufgeben, wenn sie sich zu einer Heirat entschlossen. Geschickt, aber auch sehr emphatisch wird dieses Dilemma Cäcilias im Roman dargestellt. Darüber hinaus hinterlässt in dieser Zeit vor allem auch der Tod ihres Vaters seine Spuren in Cäcilias Leben. Der Autorin gelingt es hervorragend, diese ganz persönlichen Ereignisse und Entwicklungen realitätsnah, authentisch aber auch ergreifend und berührend darzustellen. Man kann sich sehr gut mit Cäcilia identifizieren und ihren Gedanken und Entscheidungen folgen.
Ergänzt wird Cäcilias Heranwachsen zu einer selbstbewussten und starken Persönlichkeit durch so weitere familiären Entwicklungen. Und hier insbesondere verbunden mit dem einzigen Sohn der Familie und der gerne gegen althergebrachte Konventionen und Verhaltensmaßregeln verstoßende jüngste Tochter, Marilla. Dieser wird im Übrigen der dritte und letzte Band der Saga um das Gut Erlensee gewidmet sein, dem ich bereits mit großer Vorfreude entgegensehe.
Zu meiner großen Erleichterung und Freud gibt es im vorliegenden Band auch ein Wiedersehen mit der bodenständigen und pragmatischen Patriarchin der Famile: Großmutter Ilsegard, die auf Grund ihrer Persönlichkeit und auch Lebenserfahrung immer wieder dafür sorgt, dass das Familienleben intakt bleibt und Probleme gemeistert werden.