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Benutzername: 
Jo
Wohnort: 
Hagen

Bewertungen

Insgesamt 67 Bewertungen
Bewertung vom 19.03.2025
Die Kurve
Schmidt, Dirk

Die Kurve


gut

Vollgepackt

Die Grundidee ist super, aber an der Ausführung habe ich viel zu kritisieren.
Carl hat eine kleine, diskrete Firma für Dienstleistungen aller (kriminellen) Art. Seine Mitarbeiter sind junge Leute, die er aus seiner Zeit als Sozialarbeiter in der "Kurve" in Herne kennt und die alle spezielle Fähigkeiten mitbringen. Ridley ist höchstbegabt, liebt aber Sex mit Escortgirls, Betty heißt nicht umsonst "FastBetty", weil sie Aufträge so schnell erledigt. Dann gibt es noch Schneider, einen präzisen Killer, und einige Randfiguren.
Nun soll Ridley einen alten Mafioso in Deutschland beschützen und Betty muss herausfinden, wer eine junge Amerikanerin in Berlin umgebracht hat. Carl zieht im Hintergrund die Fäden, gibt Anweisungen und Geld.
Das alles könnte ein wunderbarer Krimi sein, wenn die 270 Seiten nicht so vollgepackt wären. Immer wieder Erinnerungen, Lebensgeschichten, Rückblicke und dazu eine Vielzahl von Figuren, da bleibt eine Menge auf der Strecke, insbesondere der Tiefgang.
Ich fühlte mich beim Lesen immer gehetzt, fragte mich, wer denn diese oder jene Figur schon wieder sei, es ist ein einziges Durcheinander. Viele Abschnitte sind kryptisch, ich wurde daraus nicht richtig schlau. Man fühlt sich wie in einem hektischen, dunklen Film.
Das war kein Buch für mich, vielleicht bin ich für diese Art des Erzählens einfach zu alt.

Bewertung vom 12.03.2025
Heimweh im Paradies
Mittelmeier, Martin

Heimweh im Paradies


gut

Anspruchsvoll

Nachdem Thomas Mann mit seiner Frau Katia aus Deutschland weggegangen war, lebten sie zuerst in Frankreich, dann in der Schweiz, doch als die deutschen Pässe abliefen, fühlte sich das Paar auch dort nicht mehr sicher und siedelte 1938 in die USA über. Dabei war Thomas Mann in einer sehr komfortablen Situation, denn weder litt er finanzielle Nöte noch wurde er in den USA ausgegrenzt. Im Gegenteil, er war eine überall beliebter Redner und wurde mit Ehrungen überhäuft. Sogar einen großen Teil seiner geliebten Möbel konnte er aus der Schweiz nachkommen lassen.
1941 übersiedelte das Paar nach Pacific Palisades, wo auch heute noch die Villa der Manns zu besichtigen ist. Und an diesem Punkt setzt auch das Buch ein, das von den vielen Exilanten an der Westküste berichtet, die sich um Thomas Mann scharen. Lauter bekannte Namen wie Döblin, Max Reinhardt, Hans Eisler, Arnold Schönberg, Theodor W. Adorno und viele andere findet man in diesem Buch.
Man trifft sich und diskutiert, streitet über das Deutschland nach Hitler, eifersüchtelt...
Das alles wird in diesem Buch etwas langatmig und wenig lebendig erzählt. Dabei wird auch klar, dass Thomas Mann ein strenger, selbstbezogener, anspruchsvoller und eitler Mensch war, der es seinen Mitmenschen nicht leicht machte. Das schmälert keineswegs seine Verdienste, aber macht ihn nicht sympathisch.
Das Buch sollte noch einmal auf Fehler hin durchgesehen werden, denn z.B. auf Seite 121 steht ",,, der Bluthund ist Tod", es müsste aber "der Bluthund ist tot" heißen.

Bewertung vom 18.02.2025
Der große Riss
Henríquez, Cristina

Der große Riss


ausgezeichnet

Die Menschen hinter dem Kanal

Der Bau des Panama-Kanals war eine technische Meisterleistung und erspart den Schiffen bis heute den langen Weg rund um Südamerika. Unter welch miserablen Umständen er von Menschen gebaut wurde, das ist längst in Vergessenheit geraten.
Dieses Buch widmet sich aber gerade den Menschen, die in keiner Sonntagsrede aufgetaucht sind und bei der Einweihung am Rande standen.
Viele hatten Hoffnung durch ihre Arbeit am Kanal Geld zu verdienen und ein besseres Leben führen zu können. Manchen gelang das, aber viele Mitarbeiter starben an der schweren Arbeit oder trugen bleibende Schäden davon.
Im Mittelpunkt des Buches stehen Ada, die Geld für die Operation ihrer Schwester auftreiben muss, und Omar, der nicht wie sein Vater Fischer werden will und sich deshalb im Graben verdingt.
Der Graben, der tiefe Riss, geht nicht nur durch das Land Panama, sondern auch durch die Gesellschaft. Da sind die wohlhabenden Amerikaner, die das Sagen bei dem Projekt haben und die Regierung des Landes quasi gekauft haben. Da werden ganze Kleinstädte rücksichtslos umgesiedelt und Menschen wie Sklaven behandelt. Im Gegensatz dazu muss die Landbevölkerung ums Überleben kämpfen und nicht immer geht das gut aus. Besonders schwer haben es die Frauen in dieser patriarchalischen Gesellschaft.
Cristina Henriquez hat allen diesen Menschen in ihrem Buch ein Denkmal gesetzt und das ist gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Situation ihr großer Verdienst.
Das Buch lässt sich gut und flüssig lesen und ist manchmal sehr bewegend. Mir hat es sehr gut gefallen.

Bewertung vom 03.02.2025
Sing mir vom Tod
Pochoda, Ivy

Sing mir vom Tod


weniger gut

Brutal und verwirrend

Ich war sehr gespannt auf diesen hochgelobten Thriller aus den USA und auch die Leseprobe fand ich nicht schlecht, sie hat mich neugierig gemacht.
Es geht um die beiden jungen Frauen Florida und Dios, die beide wegen Gewalttaten im Gefängnis sitzen und wegen der Coronaepidemie vorzeitig auf Bewährung entlassen werden. Im Gefängnis war besonders Dios sehr gewalttätig, hat mindestens eine andere Frau umgebracht und kam ohne Strafe davon, weil die die Mithäftlinge unter Druck setzte. Florida dagegen scheint wenig Schuld auf sich geladen zu haben, doch nach und nach merkt man, dass sie nicht so brav ist wie sie tut. Die Frauen ziehen nach Los Angeles und kommen nicht voneinander los. Als neue Morde geschehen, wird Detective Lobos auf sie angesetzt, die ebenfalls Gewalt erfahren hat.
Das Buch ist kein Thriller im üblichen Sinne, sondern viel mehr die hasserfüllte Geschichte der beiden Frauen. Pochoda erzählt sie aus unterschiedlichen Perspektiven, aber immer in einer harten, brutalen und oft schmutzigen Sprache. Auch bei der Beschreibung der Taten ist sie nicht zimperlich, Schlägereien und andere Gewalt wird ziemlich drastisch dargestellt. Das alles war mit zu viel an Brutalität und mir kamen bei diesen Gewaltorgien die Menschen zu kurz.
Das war eindeutig kein Buch für mich, ich war eher angewidert als begeistert.

Bewertung vom 28.01.2025
In einem Zug
Glattauer, Daniel

In einem Zug


sehr gut

Zugfahrt

Eduard Brünhofer hat einmal sehr erfolgreich Liebesromane geschrieben, doch seit Jahren hat er eine Schreibflaute. Nun muss er zu seinem Verlag nach München fahren, steigt in Wien in den Zug und begegnet dort der Psychotherapeutin Catrin Meyr. Eigentlich will er nur seine Ruhe, doch dann entwickelt sich ein Gespräch zwischen den beiden, bei dem er immer mehr Privates preisgibt.
Brünhofer ist ein interessanter Typ, sehr eitel und von sich überzeugt, aber im Grunde doch unsicher, er giert nach Bestätigung. Die bekommt er aber von Catrin nicht, sie stellt seinen Lebensentwurf massiv in Frage und verwirrt ihn damit.
Das Buch ist gut geschrieben, wie man es von Glattauer nicht anders kennt, aber im Mittelteil hat es Längen, die das Lesen mühsam und zäh werden lassen. Der Schluss dagegen ist sehr überraschend und wirklich gut.
Die intime Situation der beiden im Zugabteil, das sie geschickt gegen Eindringlinge verteidigen, führt zu einer ungewollten Nähe, die die Grenzen des Sagbaren bröckeln lassen und fast aufheben. So kommen sich zwei Fremde näher, als es Brünhofer je für vorstellbar hielt.
ich finde das Buch auf jeden Fall empfehlenswert, das Durchhalten bis zum Schluss lohnt sich.

Bewertung vom 27.01.2025
Wackelkontakt
Haas, Wolf

Wackelkontakt


ausgezeichnet

Wechselstrom
Von diesem Buch hatte ich schon viel gehört und gelesen, konnte mir aber nicht vorstellen, wie Wolf Haas die Geschichte aufgebaut hatte. Nun weiß ich es endlich!
Der Trauerredner Franz Escher liest ein Buch über den Elektriker Elio Russo, der eigentlich ein Mafioso ist, der im Zeugenschutz ist. Und eine im Zeugenschutz befindlicher Mafioso liest ein Buch über einen Trauerredner... Klingt interessant!
Wie beim Wechselstrom springen die beiden Geschichten hin und her und sind dabei so voller Energie, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Hört sich anstrengend an, ist es aber nicht, sondern ein viel zu kurzes Lesevergnügen. Und das ist der literarischen Qualität von Wolf Haas zu verdanken, der das Buch immer auf einem hohen Niveau hält. Dabei ist das Buch so lustig und so traurig wie das Leben, mal locker, mal philosophisch. Seine Spielerei mit Worten besonders zu Beginn, als Elio Deutsch lernt, ist einfach herrlich.
Das Buch hat mir viel Spaß gemacht, obwohl es auch einen ernsten Hintergrund hat. Unbedingt lesenswert!

Bewertung vom 10.01.2025
Die blaue Stunde
Hawkins, Paula

Die blaue Stunde


ausgezeichnet

Großartig

Nach ihrem Tod hat die berühmte Künstlerin Vanessa Chapman alle Werke ihrem ehemaligen Liebhaber hinterlassen, der sie auf seinem großen Anwesen öffentlich ausstellt. James Becker arbeitet dort als Kurator und als eines Tages bei einem der Werke Chapmans ein menschlicher Knochen entdeckt wird, muss er nachforschen, was dahintersteckt und ob es sich um einen Knochen von Chapmans Ehemann handelt, der plötzlich verschwand.
Dafür reist er nach Eris Island, eine einsame Insel, auf der Chapman ihre letzten Lebensjahre verbrachte. Dort trifft er auf die Ärztin Grace, die Chapman bis zu ihrem Tod gepflegt hat und sich als die Bewahrerin ihres Erbes sieht. Konflikte sind vorprogrammiert...
Das Buch beginnt recht idyllisch, doch schnell brechen Konfliktlinien auf, zwischen James und seinem Freund Sebastian, zwischen James und Sebastians Mutter, zwischen Vanessa und Grace. Fast unmerklich wird die Szenerie immer unheimlicher und man lässt sich in den Strudel von Ereignissen ziehen. Welche Rolle spielte Grace wirklich in Vanessas Leben? Hat sie etwas anders gesehen als Vanessa?
Dabei liest sich das Buch leicht und es wird sehr spannend bis zum bitteren Ende.
Einfach großartig!

Bewertung vom 02.12.2024
Flavorama
Johnson, Arielle

Flavorama


gut

Für Fachleute

Leider hatte ich an das Buch die falschen Erwartungen, aber das Vorwort von René Redzepi hätte mich stutzen lassen sollen.
Ich hatte ein gut lesbares Buch mit anschaulichen Rezepten erwartet und wurde im wahrsten Sinne des Wortes ent-täuscht.
Man bekommt ein dickes und unhandliches Fachbuch mit Erklärungen von Molekülstrukturen und Gehirnvernetzung, das sich nur schwer lesen lässt, wenn man keine fachliche Vorbildung hat. Zumindest sollte man im Chemie-Unterricht - sofern man ihn denn hatte - gut aufgepasst haben.
Auch mit den Rezepten ist das so eine Sache. Wer hat schon Seetang, Korarimisamen oder Bucatini in Vorratsschrank? Auch sind die Rezepte den einzelnen Kapiteln zugeordnet und deshalb unübersichtlich und ohne Fotos.
Das Buch ist nur für Fachleute geeignet, als Kochlaie fühlte ich mich massiv überfordert. Schade, ich hätte gern noch etwas dazugelernt.

Bewertung vom 02.12.2024
Wir finden Mörder Bd.1
Osman, Richard

Wir finden Mörder Bd.1


ausgezeichnet

Witzig und spannend

Bisher hatte ich noch kein Buch von Richard Osman gelesen, der Donnerstagsmordclub ist an mir vollkommen vorbei gegangen. Das werde ich aber nach diesem Buch auf jeden Fall nachholen.
In diesem Buch beginnt Osman eine neue Reihe, deren Hauptpersonen die Personenschützerin Amy, ihr Schwiegervater, der ehemalige Polizist Steve und die erfolgreiche Buchautorin Rosie sind. In diesem Buch müssen sie einen Geldschmuggler enttarnen, der sie über die halbe Erde schickt. Dabei ist es hilfreich, dass Rosie viel Geld hat und auch ein Privatflugzeug besitzt.
Das Buch ist zwar spannend, aber auch witzig. Es lebt von den skurrilen Eigenschaften der Protagonisten, die alle ihre Macken haben und die sind teilweise typisch englisch. Pub-Quiz und gutes Benehmen sind wichtig, auch die richtige Kleiderordnung muss man beachten...
Ich habe dieses Buch sehr gern gelesen, es macht einfach viel Spaß und ist ein echtes Lesevergnügen.

Bewertung vom 01.11.2024
Still ist die Nacht / Maya Topelius Bd.2
Åslund, Sandra

Still ist die Nacht / Maya Topelius Bd.2


gut

Konventionell

Endlich Urlaub! Nach einer anstrengenden Zeit hat Kriminalinspektorin Maya Topelius einen Yoga-Urlaub auf einer kleinen Insel in den Stockholmer Schären gebucht. Aber die Probleme lassen nicht lange auf sich warten. Ihr Ex-Freund nimmt auch teil und zwischen einem jungen Paar gibt es massive Konflikte. Keine guten Voraussetzungen für Entspannung! Als am Morgen nach Mitsommer auch noch der Besitzer des Yogahauses tot am Strand gefunden wird, muss Maya ihrem Kollegen Pär verdeckt bei den Ermittlungen helfen. Ist der Mörder noch auf der Insel?
Das Buch ist eher konventionell geschrieben. Zwar kommt in den Beschreibungen der Insel das typische Schweden-Flair auf, aber insgesamt fand ich das Buch bis auf den Schluss nicht sehr spannend. Auch die ständigen esoterischen Einschübe mit Ahnungen, Inspirationen und Geistersichtungen haben mich sehr gestört, das ist gar nichts für mich.
Insgesamt fand ich das Buch eher oberflächlich und enttäuschend. Zum Teil wurden mit den viel zu zahlrechen Erzählsträngen typische Anfängerfehler gemacht, dabei hat Sandra Aslund schon ein sehr erfolgreiches Buch geschrieben. Schade, ich hatte mehr erwartet!