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flacon
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Bewertung vom 02.05.2018
Die Assistentin des Sisyphus
Stoner, Marbie

Die Assistentin des Sisyphus


sehr gut

4,0 von 5 Sternen
Mutige Menschen wie M. Stoner braucht unsere Gesellschaft!
VonE. La-Helfam 1. Mai 2018

Die Rebellion der Worte gegen ein unmenschliches Gesundheitssystem, bei dem es vordergründig um den hypokratischen Eid, jedoch in Wirklichkeit um Geld geht, ist kaum deutlicher herzustellen.

Der Wechsel zwischen Gossenjargon und gehobener literarischer Sprache, Sprachwitz ( S. 79) und wunderbaren Beschreibungen wie der einer Form von Stille (S. 145) irritierte mich immer wieder. Gleichwohl erzeugte gerade dieser Kontrast meine Lust am Weiterlesen. Man wird mit einer gespaltenen Persönlichkeit konfrontiert, die in ihren Ängsten einem selbst erschreckend nahe kommt.
Der philosophische Kontext, auf den sich die Autorin bezieht- die Camus`schen Interpretation des Sisyphusmythos, ist das Leitmotiv dieses Romans. Sisyphus bewältigt seine Strafe dank seiner Erkenntnis, dass sein Bemühen hoffnungslos ist. „Es gibt kein Schicksal, das nicht durch die Verachtung überwunden werden könnte.“
„Gleichzeitig –so Camus- bleibt unser durch die Kunst erhelltes und gesteigertes Bewusstsein ständig wach und legt Zeugnis ab von den strahlenden und unvernünftigen Bildern der Welt. „
In diesem Sinn begreife ich die Autorin, die mir als sensible und expressionistische Malerin ( s. Abbildungen) bekannt ist. Dafür steht auch dieses raffiniert und intelligent konstruierte warmherzige Buch.
Das Ziel, den Leser zu bewegen, über schwierige ethische Fragen nachzudenken, hat bei mir den Impuls geweckt, mich mit Camus` Abhandlungen über den absurden Menschen zu befassen.
Allein schon für diese Anregung bin ich sehr dankbar!

Abschließende kritische Bemerkung:
Die Beschreibung der Lebensumstände des Vaters ist sehr drastisch und bis an die Schmerzgrenze reichend. Zugleich zwingt sie einen, sich umso stärker mit den offenen Fragen, die diesen Menschen umgeben, zu befassen. Das erzeugt den Sog.
Dass eine Richterin allerdings zusieht, wie ihr Vater verkommt, fand ich hingegen suspekt.
Die Beziehung zwischen Katharina und ihrer Familie bleibt unscharf.
Die Tatsache, dass die Protagonistin psychische Probleme hat, schwächt die Kernbotschaft unnötig ab.