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Möhker-Schmöker
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Rheinbach

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Bewertung vom 14.11.2016
Sonnenblumen zum Selberschneiden
Thiesmeyer, Alexa

Sonnenblumen zum Selberschneiden


sehr gut

Für die gute Tante zu lügen kann eigentlich gar nicht so schlimm sein. Der Onkel, der so früh verstarb, war schließlich Richter. Doch Björns Lüge dient nicht dem Schutz von Tante Marie sondern ihres seltsamen Freundes Alfred. Die beiden passen so gar nicht zusammen. Aber dem Liebesglück der Tante mag Björn auch nicht im Weg stehen… und beinahe hat er das Gefühl, Alfred wirklich dort beim Ärztekongress im Hotel Königshof nahe dem Rhein gesehen zu haben. Als dann noch seine für Gerichtsreportagen zuständige Zeitungskollegin im Verhandlungssaal sitzt, will er schon gar nicht als zweifelhafter Zeuge dastehen und schwört – einen Meineid. Seinen ersten.
Immer tiefer gerät Björn in ein Netz aus Lügen und Erpressung, dass selbst die schöne Bonner Kulisse um das Poppelsdorfer Schloss und die umliegenden kleinen Ortschaften mit ihren Sonnenblumenfeldern den Leser nicht von dem dunklen Sog der Verzweiflung ablenken können.
Mit jedem Meineid verliert Björn mehr den sozialen Halt. Seine Frau verlässt ihn, die Tante verschwindet, in der Redaktion wird er mehr und mehr zum Außenseiter… auf skurrile Weise lotst Alexa Thiesmeyer ihren Protagonisten mit Hilfe eines Seniorenquartetts durch die Untiefen des selbstverschuldeten Grauens. Zumindest ich war mir sicher, dass es hier nur einen Untergang geben kann, wären da nicht die Sonnenblumen, die doch eigentlich Licht ins Dunkle bringen sollten.
Ein amüsanter Bonn-Krimi für die kommenden Herbstage.
Besondere Empfehlung (und was ich bei den meisten Autoren schätze): Besuch einer Lesung der Autorin, mit ihrer Stimme im Ohr liest sich der Krimi in seiner ganzen humorigen Breite.