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meggie3

Bewertungen

Insgesamt 127 Bewertungen
Bewertung vom 14.10.2024
Der lange Schatten
Fremlin, Celia

Der lange Schatten


ausgezeichnet

Unterschwelliger Grusel

Imogen hat vor einigen Monaten ihren Ehemann bei einem Autounfall verloren. Nach dem ersten Schock beginnt sie mit den Überlegungen, was sie mit dem großen Haus anstellen möchte. Doch schnell quartieren sich über die Weihnachtsferien die Exfrau ihres Mannes, ihr Stiefsohn, ihre Stieftochter mit Kindern und Ehemann sowie eine weitere junge Frau bei ihr ein. Außerdem wird ihr von einem Bekannten unterstellt, ihren Ehemann ermordet zu haben. Und dann passieren im Haus unerklärliche Dinge…

Celia Fremlin beschreibt die Wochen um Weihnachten sehr ruhig, aber auch sehr intensiv. Sie lässt mit ihrem Schreibstil Bilder entstehen und die Atmosphäre greifbar werden. Das macht für mich den Roman aus: der unterschwellige Grusel und die Frage, was in dem Haus vor sich geht.

Da ich hauptsächlich zeitgenössische Romane lese, war es für mich spannend, ein im Original 1975 erschienenes Buch dieses Genres zu lesen. Die ruhige, unterschwellige Spannung finde ich außergewöhnlich und sehr abwechslungsreich im Vergleich zu aktuelleren Romanen dieses Genres.

Ich kann mir den Roman wirklich sehr gut als Theaterstück vorstellen, das ich gerne besuchen würde.

Ich würde den Roman allen empfehlen, die sich auf einen ruhigen, aber sehr atmosphärischen Roman einlassen mögen. Mir hat er gut gefallen.

Bewertung vom 28.09.2024
Ich komme nicht zurück
Khayat, Rasha

Ich komme nicht zurück


ausgezeichnet

Vom Aufwachsen und Entfremden

Hanna wächst in den 80er/90er-Jahren bei ihren Großeltern in einer Arbeitersiedlung im Ruhgebiet auf. Gemeinsam mit ihrem Freund Cem hat sie die Tage und Ferien verbracht. Als Zeyna mit ihrem Vater nach Deutschland kommt, nehmen Hanna und Cem und auch die Großeltern die beiden herzlich auf.
Sie werden erwachsen und Jahre später haben Hanna und Zeyna keinen Kontakt mehr. Als nach Hannas Großvater auch die Großmutter stirbt, kehrt Hanna zurück in die Stadt und das Viertel ihrer Kindheit und Jugend. Sie muss sich dem stellen, was zur Entfremdung zwischen den Freunden, aber insbesondere ihr und Zeyna, geführt hat...

Ich mochte den Roman sehr gerne lesen. Der Schreibstil ist zum Teil etwas ungewöhnlich und poetisch, hat mir aber gut gefallen. Insbesondere die erste Hälfte des Romans hat mich sehr gefesselt. Auch wenn mich die zweite Hälfte nicht mehr ganz so gepackt hat, habe ich gerne und gespannt weitergelesen.
Der Autorin gelingt es sehr eindrücklich, die Atmosphäre und das gemeinsame Aufwachsen zu beschreiben, sodass ich das Gefühl hatte, die beschriebenen Szenen vor Augen zu haben. Aber auch die Unterschiede in der Wahrnehmung von Hanna und Zeyna werden sehr deutlich. Die Entwicklung von Hanna, aber auch von Cem und Zeyna, habe ich als sehr realistisch empfunden.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen und ich würde ihn auf jeden Fall weiterempfehlen.

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Bewertung vom 28.09.2024
Die Unmöglichkeit des Lebens
Haig, Matt

Die Unmöglichkeit des Lebens


gut

Leider etwas zu fantastisch für mich

Grace hat sich schon viel zu lange in ihrem Leben eingerichtet. Sie trauert um den viel zu früh bei einem Unfall ums Leben gekommenen Sohn und den vor kürzerer Zeit verstorbenen langjährigen Ehemann. Seit ihrer Pensionierung hat die ehemalige Mathematiklehrerin neben ihren Friedhofsbesuchen nicht viel zu tun. Doch dann erbt sie ein Haus auf Ibiza, von einer Frau, deren Name ihr zunächst nicht einmal etwas sagt. Als ihr einfällt, wer die Frau ist, begibt sie sich nach Ibiza und auf die Suche nach sich selbst, der Wahrheit und dem Grund für den Tod der ehemaligen Kollegin.

Matt Haig hat einen sehr schönen Roman geschrieben. Es sind viele Messages enthalten, die aufmuntern und einen innehalten und über das eigene Leben nachdenken lassen. Der Schreibstil lässt sich schön lesen und auch die fantasievollen Kapitelnamen sind schön. Als Leser*in begibt man sich praktisch mit Grace auf große Reise. Das gebundene Buch ist auffallend schön und ansprechend, insbesondere die Buchdeckel sind von innen mit einer Karte und den vorkommenden Orten auf Ibiza gestaltet.

Allerdings ist der Roman sehr fantastisch und begibt sich ins Übernatürliche. Das war mir vor dem Lesen leider nicht klar. Da Fantasy nicht mein bevorzugtes Genre ist, war für mich der Umgang mit den übernatürlichen Elementen des Buches nicht durchgängig gut möglich. Es kommt durchaus mal vor, dass ich einen Roman mit Mystery-Touch o.ä. lese, dann muss ich mir dessen aber bewusst sein und mich darauf einstellen. Zwischendurch konnte ich das bei „Die Unmöglichkeit des Lebens“ und habe einige Seiten sehr gerne gelesen. Dann kamen aber auch wieder Passagen, mit denen ich mich schwerer getan habe.

Ich würde allen, die sich mit übernatürlichen Inhalten anfreunden können, diesen Roman wärmstens empfehlen. Er ist toll geschrieben und enthält einige schöne Botschaften und Lebensweisheiten. Für mich war es leider zu viel Fantastisches und Übernatürliches.

Bewertung vom 28.09.2024
Tode, die wir sterben / Svea Karhuu & Jon Nordh Bd.1
Voosen, Roman;Danielsson, Kerstin Signe

Tode, die wir sterben / Svea Karhuu & Jon Nordh Bd.1


ausgezeichnet

Vielsprechender Reihenauftakt

Im Malmöer Stadtteil Hermodsdal wird ein dreizehnjähriger Junge auf offener Straße erschossen. Da es zunächst nach einem verunglückten Anschlag im Gangmilieu aussieht, werden der frisch verwitwete Jon Nordh und Svea Karhuu, die nach einem verunglückten Undercovereinsatz aus Stockholm abgezogen wurde, mit dem Fall betraut. Dies stößt bei der eigentlich zuständigen Soko gegen Gangkriminalität nicht wirklich auf Zustimmung. Doch bald fallen Ungereimtheiten auf und es kommen die ersten Zweifel auf, ob es sich tatsächlich um eine Tat im Gangmilieu handelt.

Sowohl Svea Karhuu als auch Jon Nordh haben sich von traumatischen Erlebnissen zu erholen und kämpfen mit ihrer Geschichte. Die beiden Ermittler*innen sind sehr unterschiedlich, was das Duo so interessant macht. Insbesondere Jon scheint im Laufe des Krimis eine Entwicklung durchzumachen, die ich durchaus realistisch finde.

Besonders gelungen finde ich aber die Beschreibung der Atmosphäre in dem sogenannten Brennpunktstadtteil Hermodsdal, in dem die Kriminalitätsrate hoch ist. Die zum Teil bedrückenden Situationen waren sehr eindrücklich und es wurde meiner Meinung nach sehr deutlich, wie leicht man in Gangaktivitäten „rutschen“ kann.

Der Plot hat sich langsam entwickelt, da den beiden Protagonist*innen viel Raum gegeben wurde. Mit der Zeit hat sich das Tempo verschärft und ich fand den Krimi richtig spannend. Es werden viele sehr aktuelle Themen eingebunden, die nachdenklich machen.

Ich werde sicherlich weitere Bände um Nordh und Karhuu lesen und bin gespannt, wie das Autor*innenduo die beiden Charaktere weiterentwickelt.

Ich würde „Tode, die wir sterben“ Krimi-Fans empfehlen, die aktuelle gesellschaftliche Themen interessieren und die die Entwicklung der Protagonist*innen spannend finden.

Bewertung vom 09.09.2024
All das Böse, das wir tun
Dazieri, Sandrone

All das Böse, das wir tun


sehr gut

Lohnender, aber fordender Thriller

Der Thriller bewegt sich auf zwei Zeitebenen: in der Gegenwart und vor 30 Jahren.
In der Gegenwart wird Amala, Teenager und Nichte der Anwältin Francesca Cavalcante, kurz vor Betreten des eigenen Hauses entführt. Die örtliche Polizei ermittelt und auch Francesca beginnt, Nachforschungen anzustellen. Schon bald vermutet sie einen Zusammenhang zu einem Fall vor dreißig Jahren. Damals wurden Mädchen entführt und ermordet, sie hat den vermeintlichen Täter verteidigt. Allerdings erfolglos. Francesca bekommt bei ihren Ermittlungen unverhofft Unterstützung von Gerry, der allerdings sehr fragwürdige Methoden einsetzt.
Der zweite Zeitstrang vor dreißig Jahren begleitet die Polizistin Itala Corruso, wie sie den verdächtigen Giuseppe verhaftet. Es stellt sich heraus, dass dieser unschuldig ist. Als Itala das bewusst wird, beginnt sie Nachforschungen anzustellen.

Neben den beiden Zeitebenen werden in der Gegenwart auch die Perspektiven gewechselt. So werden Amalas Entführung aus ihrer, aber auch der Sicht des Entführers, beschrieben sowie die Handlungen und Gedanken von Francesca und von Gerry. Dies führt zu einem Spannungsaufbau, macht es aber zum Teil schwierig, durchzusteigen. Es sind viele verschiedene Namen im Spiel, die in den unterschiedlichen Zeitebenen auftauchen, dort dann aber jeweils andere Positionen bzw. Posten bekleiden. Ich würde genau deshalb empfehlen, so wenig Lesepausen wie möglich einzubauen.

Sandrone Dazieri spricht gesellschaftlich relevante Themen an, wie zum Beispiel Rassismus und vor allem Korruption. Das Ausmaß der Korruption in diesem Thriller hat mich erschüttert und teils fassungslos zurückgelassen. Besonders gut gelungen sind die Beschreibungen der Charaktere und der zwischenmenschlichen Beziehungen. Die Protagonist*innen haben ihre Ecken und Kanten, insbesondere Gerry und Itala, und sind nicht unbedingt alle sympathisch. Trotzdem haben sie mich in den Bann gezogen.

Insgesamt hat mir der Thriller gut gefallen, auch wenn ich ihn zwischenzeitlich, insbesondere nach Lesepausen, etwas anstrengend und fordernd fand. Ich würde ihn allen empfehlen, die Thriller mögen und beim Lesen dranbleiben können und wollen.

Bewertung vom 18.08.2024
Das größte Rätsel aller Zeiten
Burr, Samuel

Das größte Rätsel aller Zeiten


sehr gut

Unterhaltsame Geschichte

Clayton ist Mitte 20 und muss Pippa beerdigen. Sie hat die Rolle seiner Mutter übernommen, nachdem er als Baby vor ihrer Tür in einer Hutschachtel abgelegt wurde. Außerdem hat sie die Gemeinschaft der Rätselmacher gegründet. Nach dem Tod von Pippa möchte Clayton erst recht mehr zu seiner Herkunft erfahren. Unterstützt von seinen Freunden aus den Reihen der Rätselmacher begibt er sich auf die Suche nach Antworten, die Pippa vor ihrem Tod mit angefertigten Rätseln für ihn vorbereitet hat. Auf seiner Suche wächst Clayton über sich hinaus und entwickelt sich persönlich weiter. Neben Claytons Suche in der Gegenwart wird auch die Gründung und Entwicklung der Gemeinschaft der Rätselmacher aus Pippas Perspektive beschrieben.

„Das größte Rätsel aller Zeiten“ ist ein schön gestaltetes Buch, insbesondere das Cover hat mich beeindruckt. Die Rätsel, die Clayton auf seiner Suche nach seiner Herkunft lösen muss, sind abgedruckt, sodass mitgerätselt werden kann.
Zum einen geht es in dem Roman natürlich um Claytons Suche nach seiner Herkunft und den Rätseln, die er bei der Suche lösen muss. Es geht aber auch um zwischenmenschliche Beziehungen, um Zuneigung, um Lebensgeschichten und um die Offenheit für Neues, die Clayton entwickelt. Er muss immer wieder seine Komfortzone verlassen, um weiterzukommen.
Die Charaktere sind sehr liebevoll beschrieben und vor allem bei Clayton ist eine deutliche Weiterentwicklung zu beobachten. Aber auch die anderen Charaktere, die Clayton auf seiner Suche begegnen, und die Geschichten der anderen Rätselmacher sowie Pippa bekommen genug Raum. Die Abschnitte aus Pippas Perspektive haben mir ebenfalls gefallen, die unter anderem thematisieren, wie schwierig es für Frauen war (und ist?), sich zu behaupten und in einer Männerwelt zu etablieren. Es geht aber auch um das Gefühl von Zugehörigkeit und die Suche nach Familie.

Das Buch ist für mich eine Hommage an das Rätseln und die Kreativität, mit der Rätsel geschaffen werden. Es ist eine schöne und gut geschriebene Geschichte, die ich gerne gelesen habe.

Bewertung vom 06.08.2024
Die Sache mit Rachel
O'Donoghue, Caroline

Die Sache mit Rachel


gut

Lässt sich super lesen, hat mich dennoch nicht vollkommen überzeugt

Rachel ist Anfang 20, studiert in Cork und arbeitet in einem Buchladen. Dort lernt sie James kennen, der zu ihrem besten Freund wird. Sie ziehen zusammen in ein etwas heruntergekommenes Haus, werden (langsam) erwachsen, verlieben sich und müssen mit der Rezession, den begrenzten Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt in Cork und sich selbst umgehen lernen.

Spannend wurde der Roman für mich immer dann, wenn er sich etwas tiefergehender mit gesellschaftlichen Themen in Irland befasst hat. Die Teile des Romans, die mich in den Bann gezogen haben, waren insbesondere die Auseinandersetzung mit dem Abtreibungsverbot, den Auswirkungen der Rezession und den begrenzten beruflichen Perspektiven.

Aufgrund des flüssigen Schreibstils habe ich keinerlei Anlaufzeit gebraucht, um in das Buch hineinzufinden. Auch wenn ich die Naivität, die Rachel an den Tag legt, zum Teil mit ihrem zu Beginn jungen Alter erklären kann, nutzte sich diese Erklärung für mich mit der Zeit ab. Ich muss in Romanen nicht jeden Handlungsschritt der Protagonist:innen verstehen können, aber in „Die Sache mit Rachel“ ist es mir doch zu häufig nicht gelungen, nachvollziehen zu können, weshalb Rachel agiert wie sie agiert. Gleichzeitig hat mir immer wieder die Tiefe der Charaktere gefehlt und vielleicht auch eine Weiterentwicklung von Rachel.

Einen Kritikpunkt habe ich aber auch noch am (ansonsten guten) Schreibstil: die zum Teil vulgäre Sprache, die ich in Romanen eigentlich nicht lesen mag. Zumal ich sie gegen Ende des Buches auch inhaltlich unpassend fand.

Mein Fazit: „Die Sache mit Rachel“ ist ein gut geschriebener Roman, der mich inhaltlich leider nicht völlig überzeugen konnte. Unterhaltsam, aber viel mehr für mich leider nicht, obwohl das Potenzial sicher da ist.

Bewertung vom 06.08.2024
In den Farben des Dunkels
Whitaker, Chris

In den Farben des Dunkels


ausgezeichnet

Ein berührendes Leseerlebnis

Patch und Saint wachsen in den 70-ern gemeinsam im US-amerikanischen Monta Clare auf. Beide sind eher Außenseiter*innen, Patch hat nur ein Auge und Saint begeistert sich für ihre Bienen und die Herstellung von Honig. Als Patch beobachtet, wie die stadtbekannte Misty Meyer in Gefahr ist, greift er ein. Sie kann fliehen, während er entführt wird. Saint setzt alle Hebel in Bewegung, um ihren Freund zu finden. Doch auch nach der erfolgreichen Befreiung wirkt die fast ein Jahr dauernde Gefangenschaft nach. Patch macht sich auf die Suche nach Grace, dem Mädchen, das mit ihm im dunklen Keller war. Saint versucht ihre Freundschaft aufrechtzuerhalten und unterstützt ihn so gut sie kann. Beide Leben drehen sich über Jahrzehnte um die Suche nach Grace und der Wahrheit…

Für mich ist in „In den Farben des Dunkels“ ein ganz besonderer Roman. Chris Whitaker hat es über die fast 600 Seiten geschafft, die Spannung jederzeit hochzuhalten. Sein Schreibstil ist sehr ruhig und es hat mir viel Freude gemacht, mitzuleiden und mitzufiebern. Die Charaktere sind authentisch und sehr liebevoll beschrieben. Nicht nur Saint und Patch haben viel Tiefe, auch alle anderen Charaktere sind mehrdimensional. Die Entwicklung der Charaktere ist sehr gelungen und ich habe mit den beiden Protagonist*innen sehr mitgefiebert. Die Beziehung zwischen Saint und Patch ist wirklich besonders und interessant.

Ich fand sehr spannend, wie Chris Whitaker die Auswirkungen eines so traumatischen Erlebnisses beschreibt und wie es das gesamte Leben vieler verschiedener Personen bestimmt.

„In den Farben des Dunkels“ ist toll geschrieben und absolut empfehlenswert, für alle, die sich auf berührende Literatur einlassen möchten. Es geht um Freundschaft, Liebe, Hingabe und Verzweiflung. Insgesamt ist es ein sehr emotionaler, umfangreicher Roman und sicherlich nicht das letzte Buch, das ich von Chris Whitaker gelesen habe.

Bewertung vom 06.08.2024
Signum / Stormland Bd.2
Lindqvist, John Ajvide

Signum / Stormland Bd.2


ausgezeichnet

Starke Fortsetzung

Kim Ribbing hat beschlossen, einige Antworten auf seine Fragen bekommen zu wollen. Dazu entführt er seinen früheren Peiniger, den Psychiater Martin Rudbeck. Als alles anders läuft als geplant, muss Kim reagieren. Und auch die Schriftstellerin Julia Malmros, seine Freundin, muss die Entscheidung treffen, auf welcher Seite des Gesetzes sie in diesem Fall stehen möchte bzw. kann. Sie selbst recherchiert zu der rechtsextremen Bewegung der „wahren Schweden“. Außerdem beschäftigt sie der Umgang mit dem Sterben, da ihr Vater alt und krank ist und ihre Vertraute und Freundin Irmi das Thema immer wieder thematisiert.

In dem Thriller ist thematisch sehr viel drin, auch unabhängig von der „reinen“ Thrillerhandlung. Mir hat die Mischung aber gut gefallen. Die Charaktere werden im Vergleich zum ersten Teil nochmal weiterentwickelt und haben viel Tiefe. Mich hat der Thriller wie schon Band 1 sehr gefesselt. Auch wenn es nicht klassisch um das Aufklären eines Verbrechens geht, wie ich es sonst gerne mag, fand ich das Buch sehr spannend. John Ajvide Lindqvist gelingt ein guter Spannungsaufbau und er spielt mit Charakteren, die Ecken und Kanten haben. Gerade die zwischenmenschlichen Beziehungen sind sehr gut herausgearbeitet.

Ich würde empfehlen, den ersten Teil (Refugium) zuerst zu lesen, da einige Zusammenhänge dadurch besser verständlich sind und im zweiten Teil Aspekte vorweggenommen werden, sodass aus meiner Sicht das Lesen des ersten nach dem zweiten Teil nicht mehr viel Sinn macht.

Ich freue mich schon sehr auf den dritten Band, den ich mit Sicherheit auch lesen werde.

Bewertung vom 03.06.2024
Windstärke 17
Wahl, Caroline

Windstärke 17


ausgezeichnet

Ein wirklich schöner Roman

Ida flieht nach dem Tod ihrer Mutter aus der gemeinsamen Wohnung, weil sie es nicht mehr aushält und alles hinter sich lassen möchte. Spontan entscheidet sie sich, nicht zu ihrer Schwester Tilda und ihrer Familie nach Hamburg zu fahren, sondern einfach weiter ans Meer. Sie landet auf Rügen und lernt durch Zufall Knut und Marianne kennen, die sie bei sich aufnehmen und als Familienmitglied akzeptieren. Dort erlebt Ida ein Familienleben, wie sie es aus ihrer Kindheit nicht kannte. Sie darf in Knuts Kneipe „Die Robbe“ helfen und verbringt die verbleibende Zeit mit Marianne und Schwimmen. Sie versucht, zur Ruhe zu kommen und mit den Bildern, die sie verfolgen, klarzukommen. Und sie lernt zu vertrauen und Bindung zuzulassen, lernt Leif kennen und lässt sich langsam auf ihn ein. Doch als alles besser zu werden scheint, wird Ida mit Mariannes schwerer Krankheit konfrontiert und muss für sich herausfinden, wie sie damit umgehen kann.

Der Roman hat mich sehr berührt, an einigen Stellen musste ich ihn zur Seite legen, weil ich sehr mit Ida mitgelitten habe. Dennoch habe ich ihn gerne gelesen, mir dabei aber die Zeit genommen, die ich brauchte.

Caroline Wahl kann das Fühlen und Handeln von Charakteren sehr authentisch beschreiben, sodass ich es als Leserin nachvollziehen kann, auch wenn es nicht unbedingt rational ist. Der Roman befasst sich mit Schuldgefühlen, Wut, Trauer, Ohnmacht und Unsicherheit, bietet aber auch Auszeiten davon und schöne, ausgelassene Momente, die das Lesen leichter machen und Hoffnung und Mut transportieren. Ein wirklich schöner Roman.

Wer den ersten Roman von Caroline Wahl, der sich in erster Linie um Idas Schwester Tilda dreht, noch nicht gelesen hat, dies aber noch tun möchte, sollte „22 Bahnen“ zuerst lesen. Trotzdem kann „Windstärke 17“ unabhängig von „22 Bahnen“ gelesen werden, er baut einfach auf den Geschehnissen aus dem ersten Roman auf und nimmt entsprechend einige zentrale Punkte vorweg.

Mir hat „Windstärke 17“ außerordentlich gut gefallen. Es gelingt wenigen Autor*innen und Romanen, mich auf diese Weise nachhaltig zu berühren.