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carola1475

Bewertungen

Insgesamt 186 Bewertungen
Bewertung vom 28.02.2025
Stralsund ermittelt - Falsche Koffer lügen nicht (eBook, ePUB)
Raven, Annabel

Stralsund ermittelt - Falsche Koffer lügen nicht (eBook, ePUB)


sehr gut

Lieber Stralsund als New York?

Mir haben die Voraussetzungen gefallen, von denen die Geschichte ausgeht. Nele Silber kehrt New York nach 15 Jahren der Liebe wegen den Rücken und zieht nach Stralsund. Doch schon am Flughafen bei der Ankunft gesteht Peter ihr, dass er sich unsterblich in Friedhelm verliebt hat und Nele findet sich einsam und allein in der online gekauften Jugendstilvilla am Knieperteich wieder. Nele ist Psychologin und kann zwar ihre Gefühle der Trauer, Enttäuschung und Wut analysieren, aber was hilft das, die Gefühle sind da.

Für Ablenkung sorgen Hektor, der Gärtner, den Nele mit dem Haus übernommen hat, und Fanny, die die ahnungslose Nele darüber aufklärt, warum oft Fremde vor der Villa stehen, wurden hier doch sechs Staffeln der erfolgreichen TV-Serie 'Stralsund ermittelt' um Detektiv Weingold gedreht. Als die Theaterschauspielerin Laura, die natürlich vergeblich versucht hat, die Detektei Weingold zu beauftragen, einige Tage später ermordet aufgefunden wird, fühlt Nele sich verpflichtet, dem Fall nachzugehen.

Fanny, Nele und Hektor werden zum Team Weingold und Hektors unauffällige Achtsamkeit, Fannys IT-Können und Neles analytische Fähigkeiten helfen, aus kleinen Anhaltspunkten erste Schlüsse zu ziehen. Dabei entstehen immer wieder Szenen voller Situationskomik und unterhaltsame Gespräche. Durch Rückblicke in die Vergangenheit der drei liebenswerten Protagonisten bekommen die Charaktere Tiefe und Glaubwürdigkeit. Dazu trägt auch Annabel Ravens einfühlsamer Schreibstil bei. Die Autorin schreibt lebendig und bildhaft, ich trinke mit Nele zusammen eine Limonade am Strand und erlebe sie beim Beachvolleyball. Wenn Nele New York und Stralsund vergleicht, hat die Kleinstadt am Strelasund immer die Nase vorn, trotzdem kann Nele sich nicht entscheiden, wo sie in Zukunft leben will. Das Setting und die vielen interessanten Figuren haben mir gefallen, vermisst habe ich etwas mehr Stralsunder Lokalkolorit.

Die Perspektivwechsel haben meinen Lesefluss häufig eher unterbrochen als die Spannung gesteigert und es wurden einige Fragen nicht beantwortet, dazu kommt es hoffentlich in einem Folgeband. Insgesamt hat mich 'Stralsund ermittelt – Falsche Koffer lügen nicht' mit seinem schönen, passenden Cover gut unterhalten und ich freue mich auf ein Wiedersehen mit Nele, Hektor und Fanny.

Bewertung vom 26.02.2025
Für Polina (eBook, ePUB)
Würger, Takis

Für Polina (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Eine bewegende Lebens- und Liebesgeschichte

Hannes hat eine wunderbare Kindheit in der Villa im Moor, oft kommt Polina mit ihrer Mutter zu Besuch. Die Kinder wurden am gleichen Tag geboren und seitdem sind auch die beiden unkonventionellen Mütter befreundet. Polina ist quirlig und an allem interessiert, während Hannes vorsichtig in die Welt hinein lauscht und vom Hören fasziniert ist, nach außen hin erscheint er ruhig und schwerfällig. Hannes kann nicht anders, als Menschen und Gefühle in Musik zu übersetzen und so komponiert er mit 14 eine Sonate für Polina, die nicht nur seine Liebe zu ihr ausdrückt, sondern ihr ganzes Wesen beschreibt.
Doch als Hannes' Mutter stirbt, muss Hannes das Moor verlassen, auch die Musik und Polina verschwinden aus Hannes Leben. Seine Trauer um die Mutter lähmt ihn jahrelang, bis er beschließt, Polina wieder zu finden.

Takis Würger schreibt lebendig, klar und nüchtern, dennoch sehr einfühlsam. Seine Figuren haben Ecken und Kanten und haben alle ihr Päckchen zu tragen. Die Charaktere sind vielschichtig, authentisch und berühren. Ich habe mich für Hannes gefreut, dass er in der Kindheit den knorrigen Herrn Hildebrand an seiner Seite und später im starken Kollegen Bosch einen guten Freund gefunden hat. Auch die Nebenfiguren sind glaubwürdig und interessant. Der Autor ist seinen Charakteren zugewandt und es gelingt ihm, den Leser in diese Nähe einzubeziehen.
Takis Würger erschafft wunderschöne, intensive, auch humorvolle Bilder, wenn er Hannes Leben beschreibt und auch, was ich über klassische Musik und den Klavierbau erfahre, habe ich gern gelesen.
'Für Polina' mit dem Diogenes-typischen, passenden Cover ist eine mitreißende und bewegende Lebens- und Liebesgeschichte und hat mir sehr gut gefallen. Ich empfehle das Buch Lesern mit Interesse an einer ungewöhnlichen Lebensgeschichte und an Musik.

Bewertung vom 24.02.2025
Enna Andersen und die dunklen Tage
Johannsen, Anna

Enna Andersen und die dunklen Tage


ausgezeichnet

Spannend und unterhaltsam

Zusammen mit dem neuen Kollegen Zinar Kawli lerne ich das Oldenburger Cold Case Team um Enna Andersen kennen. Der neue Fall dreht sich um Lea Zech, die vor fünf Jahren am Strand von Spiekeroog gefunden wurde, getötet durch ein Schlangengift. Das Team findet nichts, wo man einhaken könnte und beschließt, den ganzen Fall neu aufzurollen. Zeugen werden erneut befragt und Leas Hintergrund umfassend durchleuchtet. Und dann ergibt sich ein ganz neuer Ermittlungsansatz.

Ich habe noch keinen Band der Reihe gelesen, hatte aber keine Schwierigkeiten, mich zurecht zu finden. Die Beschreibung des gut aufeinander abgestimmten Teams, die Zusammenarbeit und Erörterungen in der Gruppe haben es mir leicht gemacht, mir die Charaktere vorzustellen. Auch Szenen aus dem Privatleben der Ermittler schaffen Nähe zu den Figuren.
Ich halte die Darstellung der Arbeit an alten, bisher ungelösten Fällen für realistisch, mir hat die Vorgehensweise des Teams gut gefallen, die volle Konzentration auf den Fall und das Ausschöpfen aller Möglichkeiten, wobei Jens offensichtlich ein Recherche- und IT-Profi ist. Die Ermittlungen sind mühsam und kleinteilig, es gibt falsche Rückschlüsse und überraschende Wendungen. Enna leitet ihr Team kompetent und zugewandt, sie weiß, wie wichtig Kollegen und Familie als Gegengewicht zu Gewalt und Tod sind, mit denen Ermittler bei der Arbeit konfrontiert sind.

Anna Johannsens Schreibstil ist klar und lebendig, sehr angenehm zu lesen.
Das atmosphärische Cover und der Titel, dessen Bedeutung sich im Laufe des Buchs erschließt, passen zur Geschichte. Mich hat der Krimi nicht nur sehr gut unterhalten, sondern auch meinen Horizont erweitert.

Bewertung vom 18.02.2025
The Florist
Pattison, C.L.

The Florist


sehr gut

Spannende Geschichte mit ungewöhnlicher Protagonistin

Amy Mackenzie hat Erfolg mit ihrem Luxus-Blumengeschäft, aber sie ist ehrgeizig und wünscht sich noch zahlungskräftigere Kunden. Als James Elliott, ein erfolgreicher Architekt, sie mit dem Blumenschmuck für die Überraschungsgeburtstagsfeier für seine Schwägerin Izzy beauftragt, die in seinem prächtigen Haus stattfinden wird, hofft Amy, ihrem Ziel ein weiteres Stück näher zu kommen.
Amy informiert sich im Netz über Izzy und es gelingt ihr, die Bekanntschaft der weltgewandten und charismatischen Frau zu machen, sich mit ihr anzufreunden und in Izzys Kreise aufgenommen zu werden. Auf der Geburtstagsparty kommt es dann zu einem folgenreichen Vorfall.

Bisher führte Amy ein einsames Leben ohne soziale Kontakte, wegen eines Geheimnis in ihrer Vergangenheit ist sie sehr zurückhaltend. Sie erzählt kaum etwas von sich, ist andererseits neugierig und fasziniert von Menschen, die sie kennenlernt. Sie wirkt offensichtlich oft merkwürdig auf andere und erschien mir vor allem in der ersten Hälfte des Romans wie eine unzuverlässige Erzählerin, wobei die Geschichte aus ihrer Ich-Perspektive auf verschiedenen Zeitebenen geschildert wird, eingeschoben sind Transkriptionen verschiedener Zeugenaussagen.

Die Figurenzeichnung der Protagonisten ist gelungen, wobei sich bei mir Sympathie für keinen der Charaktere entwickelt hat. Sehr interessant fand ich Informationen aus der Floristik, hier kann Amy mich mit ihrem Wissen und ihren Überzeugungen beeindrucken. Sie ist eine Protagonistin mit Ecken und Kanten, die mir Rätsel aufgibt, mich aber auch berührt.

Nicht unerwähnt bleiben soll das schöne, gleichzeitig düstere Cover, vom Motiv her und mit den 'Schnitten' und den Bluttropfen passt es perfekt zum Buch.

C. L. Pattison schreibt lebendig, bildhaft und eindringlich, die Geschichte mit ihrer erst subtilen und sich dann steigernden Spannung und der überraschenden Auflösung ist packend und hat mich gut unterhalten.

Bewertung vom 15.02.2025
Der Gourmet / Washington Poe und Tilly Bradshaw ermitteln Bd.2 (eBook, ePUB)
Craven, M. W.

Der Gourmet / Washington Poe und Tilly Bradshaw ermitteln Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ein komplizierter Fall für Poe und Bradshaw

Hat DS Washington Poe, versierter Ermittler bei Serienmorden und bei Verbrechen ohne erkennbares Motiv, einen furchtbaren Fehler gemacht, als seine hartnäckigen Ermittlungen vor sechs Jahren dazu führten, dass der Sternekoch Jared Keaton für den Mord an seiner Tochter verurteilt wurde, obwohl eine Leiche nie gefunden wurde? Das Auftauchen einer jungen Frau bei der Polizei von Cumbria erschüttert Poe, denn die DNA-Analyse beweist, dass es sich um Elizabeth Keaton handelt, die Tochter des Sternekochs.
Poe rollt den alten Fall wieder auf und sucht akribisch nach Ermittlungsfehlern und neuen Anhaltspunkten. Er geht zielstrebig vor, sieht hinter die Fassaden und hört auf sein Bauchgefühl. Unterstützt wird er von der brillanten Datenanalystin Tilly Bradshaw und seiner ihm auch freundschaftlich verbundenen Vorgesetzten DI Flynn, deren Vertrauen in Poes Fähigkeiten ungebrochen ist.
Im Vergleich zum ersten Band der Reihe hat Tilly sich weiter entwickelt, sie ist zwar immer noch sozial eher unbeholfen, aber sehr viel selbstsicherer geworden und leitet inzwischen eine kleine Analysteneinheit. Bradshaw und Poe verbindet eine tiefe Freundschaft, Tilly lässt buchstäblich alles stehen und liegen, als er sie braucht und reist mit viel Equipment an.
Poe hat sich ebenfalls verändert, der Groll auf seine Familie richtet sich inzwischen auf ein anderes Ziel und ich denke, einer der Folgebände wird sich darum drehen.
Die Figurenzeichnung ist auch bei den mitunter skurrilen Nebenfiguren gelungen, sie sind interessant, glaubwürdig und realistisch beschrieben, manche würde ich gern kennenlernen, bei anderen schnell die Flucht ergreifen.
Das Wiedersehen mit der rauen Landschaft Cumbrias und Poes einsam gelegener Schäferhütte, die er immer weniger missen will, fühlt sich fast schon wie ein Nach-Hause-Kommen an.

Die komplexe Geschichte ist spannend und dicht erzählt, es gibt keine Längen und alle Fragen werden beantwortet in dieser einfallsreich konzipierten Handlung. Humorvolle Dialoge der Protagonisten lockern die bedrohliche Atmosphäre des Krimis auf. M. W. Craven schreibt packend und überrascht mit unerwarteten Wendungen. Mich hat 'Der Gourmet' bestens unterhalten und ich freue mich auf weitere Bände der Reihe.

Bewertung vom 15.02.2025
Der letzte Mord am Ende der Welt (eBook, ePUB)
Turton, Stuart

Der letzte Mord am Ende der Welt (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Spannend und ungewöhnlich
Die Geschichte spielt auf einer kleinen abgelegenen Insel im Mittelmeer, die als einziges Gebiet nicht von dem schwarzen Nebel eingehüllt worden ist, der vor 90 Jahren alles Leben auf der Erde vernichtet hat.
Die 122 Einwohner des Dorfes leben friedlich und freundlich miteinander, bringen sich in die Gemeinschaft ein und hinterfragen die strengen Regeln nicht, die den Tagesablauf bestimmen. Niema, eine der drei WissenschaftlerInnen, die alles überwachen und für Sicherheit sorgen, wird eines Morgens brutal getötet gefunden. Wenn der Mord nicht aufgeklärt wird, fährt das Sicherheitssystem der Insel runter und der tödliche Nebel kann dann auch die Insel ergreifen. Es bleiben 107 Stunden.
Die neugierige, unangepasste Emory aus dem Dorf wird mit der Aufklärung beauftragt und sieht sich einer kaum zu lösenden Aufgabe gegenüber, denn abgesehen vom Zeitdruck haben auch alle Bewohner keinerlei Erinnerungen an die vergangene Nacht.

Erzählt wird aus der Perspektive einer KI namens Abi, die mit allen Bewohnern in Verbindung steht, sie liest deren Gedanken und kommuniziert mit ihnen. Manchmal nimmt Abi überraschend die Ich-Perspektive ein, das erinnerte mich wieder daran, wer hier eigentlich der Erzähler ist, ich finde das vom Autor sehr geschickt gemacht.

Stuart Turton schreibt lebendig, bildhaft und atmosphärisch. Ich kann mir alles gut vorstellen, wozu auch das Personenverzeichnis und eine Zeichnung des Dorfes beitragen. Der einfallsreiche Weltenbau ist sehr gelungen, alles wird detailliert und glaubhaft beschrieben. Nahbar und vielschichtig werden die Charaktere durch die Kommunikation miteinander.

In dieser Geschichte ist nichts, wie es scheint, das fängt schon beim auf den ersten Blick idyllischen Cover in sanften Farben an, wären da nicht das leere Ruderboot und am oberen Rand die schwarzen Nebelschwaden.
Die Spannung steigt stetig an und ich habe mit Emory gerätselt, was genau in besagter Nacht passiert ist. Erst zum Schluss ergeben alle Puzzleteile ein vollständiges Bild.

Stuart Turton stellt in 'Der letzte Mord am Ende der Welt' die Frage, was das Menschsein ausmacht und unterhält mit einer spannenden und wohl durchdachten Geschichte mit überraschenden Wendungen. Er hat einen überzeugenden genreübergreifenden Roman geschrieben, gleichzeitig Krimi, Dystopie und Science Fiction.

Der Autor ist ausgesprochen vielseitig und hat bisher ganz unterschiedliche Bücher geschrieben, ich freue mich auf sein nächstes und kann dieses Buch uneingeschränkt empfehlen.

Bewertung vom 03.02.2025
Schmerz
Jónasson, Jón Atli

Schmerz


gut

Außergewöhnliches Ermittlerduo in Reykjavik

Als im Thingvellir-Nationalpark eine Jugendliche während eines Klassenausflugs verschwindet, werden zwei Außenseiter der Polizei mit den Ermittlungen betraut, alle anderen Kräfte sind durch eine groß angelegte Razzia im Drogenbereich gebunden.
Zu Beginn werden Dora und Rado sehr ausführlich vorgestellt, was zum Auftaktband einer neuen Serie passt, mir aber doch zu langatmig war. Ich finde es nicht glaubwürdig, dass Dora überhaupt noch bei der Kriminalpolizei arbeitet, da sie nach einer schweren Hirnverletzung nicht nur tablettenabhängig ist, sondern auch an einer PTBS leidet. Sie ist hypersensibel, depressiv und obsessiv und hat praktisch täglich starke Schmerzen. Aber sie sieht Details, die anderen verborgen bleiben. Rado ist wegen seiner Herkunft und seines familiären Hintergrunds ein Außenseiter in der Abteilung.

Jónasson schreibt klar, nüchtern und distanziert, die Figurenzeichnung der beiden Protagonisten ist gelungen und es gibt auch gesellschaftskritische Aspekte im Roman, sei es Diskriminierung von Einwanderern, Drogenhandel oder ambitionierte exklusive Bauprojekte für die Reichen.
Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven, wobei manche Zusammenhänge erst zum Schluss aufgedeckt werden.
Die Handlung rund um Dora finde ich sehr konstruiert und es bleiben Fragen zum komplexen Fall offen. Ich hätte mir eine weniger von Dora abhängige, dafür spannendere Entwicklung des Falls gewünscht und mehr 'show, don't tell'.
Das Cover passt gut zum Setting und der Atmosphäre des Krimis. Bemerkenswert finde ich, dass man aus den Silben der Namen Dora und Rado den jeweils anderen Namen bilden kann.
Ich vergebe 3,5 Sterne.

Bewertung vom 28.01.2025
Halbe Leben
Gregor, Susanne

Halbe Leben


ausgezeichnet

Fein beobachtet, eindringlich und beeindruckend geschrieben

'Halbe Leben' beginnt mit Klaras tödlichem Sturz und ich frage mich, wie es dazu kam, gab es eine Entwicklung, die hier einen Schlusspunkt findet, war das etwas anderes als ein Unfall?
In Rückblenden erfahre ich, wie Paulína als Pflegekraft aus der Slowakei engagiert wurde, um sich um Klaras nach einem Schlaganfall oft orientierungslose und verwirrte Mutter Irene zu kümmern, die wie Paulína im Haus der Familie ein Zimmer bewohnt. Paulína erweist sich schnell als kompetente Betreuerin und willkommene Hilfe in Klaras und Jakobs Haushalt. Jakob ist leidenschaftlicher Fotograf und nicht berufstätig, Klara um so engagierter bei der Arbeit als Architektin, im Büro und auf Baustellen fühlt sie sich mehr zu Hause und wertgeschätzt als daheim.
Paulína ist der Meinung, sie würde von ihren heranwachsenden Söhnen Andrej und Riso nicht mehr gebraucht und lässt sich daher für jeweils zweiwöchige Pflegeeinsätze ins Ausland vermitteln und die Kinder in der Obhut der Schwiegermutter, doch es entsteht zunehmend eine Entfremdung nicht nur zu den Kindern, sondern sogar zur eigenen Wohnung. Gleichzeitig bleibt ihr das Leben in Österreich fremd und sie traut sich nicht, zusätzliche Aufgaben im Haushalt abzulehnen, um die Jakob und Klara sie bitten und die großzügig extra bezahlt werden. Bei aller Freundlichkeit und Einbindung in das Familienleben bleibt das Machtverhältnis zwischen Arbeitgeber und Angestellter jederzeit bestehen. Viele kleine Missachtungen Paulínas als Mensch lassen einen Riss im Verhältnis der drei entstehen und Klara ist feinfühlig genug, das zu bemerken.
In Paulína und Irene kann ich mich gut hineinversetzen, in Klara sehr viel weniger.

Susanne Gregor schreibt klar, ruhig, aber eindringlich. Einfühlsam und realistisch beschreibt sie Pflegesituationen und den Alltag in der österreichischen Familie ohne zu werten. Neben Klaras und Paulínas Perspektiven gibt es auch Irenes, Jakobs und Risos Sicht auf Paulína. Die Figurenzeichnung ist glaubwürdig, die Charaktere sind lebendig und haben Tiefe, besonders die Frauenfiguren. Hier hat mir gefallen, dass ich auch über ihre jeweilige prägende Familiensituation in der Kindheit erfahre.

Mich hat 'Halbe Leben' sehr beeindruckt und meinen Respekt für die Frauen, die ihr Leben zwischen Zuhause und der Arbeit im Ausland aufteilen, noch vergrößert. Ich kann das Buch uneingeschränkt empfehlen.

Bewertung vom 24.01.2025
Schuld / Team Oslo ermittelt Bd.3 (eBook, ePUB)
Naess, Sven Petter

Schuld / Team Oslo ermittelt Bd.3 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Schuldig oder nicht?

Helene Waaler, wegen Doppelmordes verurteilt, wird nach 18 Jahren vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen, ihre Anwältin Christina Sandberg strebt die Wiederaufnahme des Verfahrens an, ihrer Meinung nach sind bei den damaligen Ermittlungen Fehler gemacht worden. Christina bittet Harinder Singh, der nach einer Knie-OP noch krankgeschrieben ist, sich in seiner freien Zeit die alten Unterlagen anzusehen. Er stimmt nur zögerlich zu, da sein aktueller Chef in der taktischen Ermittlungsabteilung damals an den Untersuchungen beteiligt war und Harinder weder seinen Ruf noch seine Karriere gefährden will.

Im kleinen Ort Elvestad, wohin Helene zurück kehrt, aus dem auch Harinder stammt, und in dem jeder jeden kennt, wird Helene abgelehnt und anonym bedroht, ihre belastende Situation kann ich nachvollziehen, um so mehr, da ich auch von ihrer schwierigen Jugend erfahre. Kurz nach Helenes Entlassung wird ihr leiblicher Vater erstochen und die unangepasste Frau gerät wieder in Verdacht.

Ich hatte keine Schwierigkeiten, in diesen dritten Band der Reihe einzusteigen, es gibt nur sehr wenige kurze Hinweise auf die Vergangenheit, die mein Lesevergnügen nicht beeinträchtigt haben. Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven, darunter auch eine, die Harinder ins Visier nimmt.
Die Figurenzeichnung finde ich insgesamt eher blass, Nähe hat sich bei mir zu keinem Charakter entwickelt. Für mich passt das zum Schreibstil des Autors, Sven Petter Naess schreibt flüssig und klar, nüchtern und distanziert.
Die Handlung des Krimis ist komplex, Harinders akribische Ermittlungen zum alten Fall und die Untersuchung des neuen Mordes, an der er unterstützend beteiligt ist, werden geschickt miteinander verflochten und der Autor überrascht mit unerwarteten Wendungen. Die Geschichte ist durchgehend spannend. 'Schuld', ein Krimi mit ausgesprochen passend gewähltem Titel, hat mich gut unterhalten. Ich vergebe 4,5 Sterne.

Bewertung vom 20.01.2025
Von hier aus weiter
Pásztor, Susann

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sehr gut

Neuer Lebensmut

Marlenes langjähriger Ehemann Rolf hat sein Leben beendet, bevor das der Tumor mit viel mehr Leid getan hätte. Marlene trauert nicht, sie ist extrem wütend seit Rolfs selbstbestimmtem Tod. Sie ist entschlossen, ihrem eigenen Leben ein Ende zu setzen, kann aber durch Medikamente und Alkohol betäubt, keine Entscheidung fällen. Sie verweigert jegliche Unterstützung, lässt weder Familie noch Freunde ins Haus und an sich ran, bis sie einen Klempner braucht. Jack war in der Grundschule ihr Schüler und er ist ihr immer noch dankbar für ihr damaliges Engagement. Jack, im Moment wohnungslos, zieht ins Gästezimmer und räumt auf, kauft ein und kocht für Marlene und findet ganz langsam Zugang zu ihr.

Susann Pásztor schafft Figuren, die berühren und beschreibt die Entwicklung von Marlenes Empfindungen von Wut und Enttäuschung, bis sie schließlich trauern kann, sehr einfühlsam und glaubhaft. Der fürsorgliche Jack, der Marlene respektiert, Geduld mit ihr hat und sie nicht bewertet, ist ein ausgesprochen liebenswerter Charakter und ich freue mich für ihn über die aufkeimende Liebe zu Ida, Marlenes zugewandter Ärztin. Die drei machen sich auf den Weg nach Wien, wo Marlene bei einer früheren Freundin, zu der der Kontakt vor Jahren abgerissen ist, einen Brief von Rolf an sie, persönlich abholen muss. Unterwegs kommt es wie auch schon zuvor in Marlenes Haus, zu merkwürdigen Ereignissen und skurrilen Begegnungen voller Situationskomik. Marlene hinterfragt das alles nicht, da sie Erklärungen nicht mehr interessieren und sie keinerlei Erwartungen mehr hat. Als Leserin habe ich einige rätselhafte Geschehnisse wie Marlene einfach akzeptiert. Das Ende der Geschichte empfand ich als etwas zu abrupt.
Dennoch hat mir 'Von hier aus weiter' mit dem passenden Cover, auf dem dunkle Wolken vorüber ziehen, gut gefallen. Die Autorin schreibt mit leisem Humor über ernste Themen, emotional und dennoch mit bewundernswerter Leichtigkeit, und sie vermittelt Zuversicht.