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annatat
Wohnort: 
Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 6 Bewertungen
Bewertung vom 28.03.2021
Das Faultier bewegt sich wie Opa
Dignös, Eva;Schnitzler, Katja

Das Faultier bewegt sich wie Opa


gut

Witzige Idee, in der Umsetzung etwas holprig

Es geht doch nichts über unverdorbenen Kinderhumor. Die beiden Autorinnen haben amüsante Aussagen von Kindern gesammelt, die ihnen von Lesern der Süddeutschen Zeitung zugesendet worden sind. Geordnet sind diese nach verschiedenen Oberthemen und sie werden von den Autorinnen mit von ihnen formulierten Übergängen verbunden. Nach jedem größeren Kapitel gibt es zudem sogenannte „Extras“, in denen zu den angesprochenen Themen Tipps und Informationen gegeben werden.
Ich kannte bereits ähnliche Formate mit Kinderbildern, die mich sehr amüsiert haben. Auch in diesem Büchlein musste ich immer mal wieder laut auflachen oder schmunzeln, besonders in den Kapiteln „Wortwörtlich genommen“, „Mamas“ und „Kulinarische Kuriositäten“. Allerdings empfand ich die Überleitungen zwischen den Aussagen als überflüssig und in Bezug auf den Lesefluss eher störend und ich habe sie oft übersprungen. Schließlich liest man das Buch ja für die Kindersprüche. Leider waren viele Sprüche auch nicht witzig, weil ihnen der Kontext fehlte oder sie eher Situationskomik waren. Mir hätte es besser gefallen, wenn man die Auswahl reduziert hätte, dafür aber vielleicht mit mehr bildlichen Darstellungen oder Cartoons von den Aussagen gearbeitet hätte. So wäre das Lesen auch angenehmer gewesen, da die Dialogschnipsel sehr kurz waren.
Des Weiteren fielen mir doch die weitestgehend sehr „deutschen“ Namen der Kinder auf und ich hätte mir ein bisschen mehr Diversität bei den Kinderaussagen gewünscht, aber natürlich sind die Einsendungen von der Leserschaft der SZ abhängig…
Alles in allem fand ich die Idee der Autorinnen sehr ansprechend, die Umsetzung dieser aber eher weniger ansprechend. Ich nehme trotzdem ein paar Lacher mit, die teilweise an die eigene Kindheit und Familie erinnern und die ich mit meinen Liebsten geteilt habe.

Bewertung vom 01.02.2021
Kissing Chloe Brown / Brown Sisters Bd.1
Hibbert, Talia

Kissing Chloe Brown / Brown Sisters Bd.1


ausgezeichnet

Herzerwärmende Geschichte ohne toxisches Drama

Chloe Brown ist eine junge Frau mit einem nicht sehr aufregenden Leben. Durch ihre chronische Krankheit lebt sie sehr zurückgezogen und Abenteuer finden in ihrem Leben mal so gar nicht statt. Nach einer Nah-Tod-Erfahrung beschließt sie, ihr Leben umzukrempeln und zu lernen, ihr Leben richtig zu leben. Der attraktive und charmante Hausmeister ihres Wohnhauses stellt sich bald als geeignete Unterstützung bei der Umsetzung ihrer Ziele heraus. Doch schon bald entwickelt sich zwischen den beiden mehr als nur gegenseitige Unterstützung.

Erst einmal finde ich es absolut klasse, dass Talia Hibbert eine Protagonistin mit chronischen Schmerzen geschaffen hat und sowieso auch gerne Minderheiten eine Bühne gibt. Ich kann mir vorstellen, dass die meisten Menschen kaum wissen, wie es ist, mit diesen Umständen zu leben, sich immer für das eigene Empfinden rechtfertigen zu müssen und dadurch auch enorm eingeschränkt zu sein. Das heißt aber noch lange nicht, dass man damit kein glückliches Leben führen oder Hauptcharakter eines Liebesromans sein kann! In diesem Zusammenhang war das Buch sehr lehrreich und besonders herzerwärmend.

Hinzu kommt, dass die Liebesgeschichte absolut umwerfend ist. Das Großartige daran ist, dass die Story ohne viel Drama auskommt und die Protagonisten absolut liebenswert sind. Talia Hibbert’s männliche Hauptcharaktere sind so herrlich tolle Menschen ohne Bad-Boy-Attitüde und toxische Männlichkeit. Bravo an die Autorin! Natürlich habe ich direkt mit dem nächsten Buch der Reihe angefangen, dass mir mindestens genauso gut gefällt.

Bewertung vom 18.10.2020
Mein Familienkompass
Imlau, Nora

Mein Familienkompass


sehr gut

Ambitionierter Erziehungsratgeber mit Feingefühl

Nora Imlau vermittelt in diesem Buch gleich, dass sie schon viele Erfahrungen beim Schreiben von Erziehungs - und Familienratgebern gesammelt hat. Sie drückt sich sehr verständlich aus und vermittelt vor allem komplizierte Sachverhalte auf einfach zu verstehende Weise. Denn im ersten Teil des Buches geht sie vor allem auf Erziehungsgeschichte und wissenschaftliche Erkenntnisse ein, die schnell trocken werden können. Mir wurde aber auf keiner der Seiten langweilig oder es entstanden keine Fragen in meinem Kopf.

Besonders toll an dem Buch ist, dass es Eltern vermittelt, dass sie nicht perfekt sein müssen und man Fehler gern machen darf - wenn man dann darüber nachdenkt und arbeitet. Es wird vor allem deutlich, dass viele Probleme keine einfache Lösung haben und jedes Kind auch andere Bedürfnisse hat. Imlau gibt hier viele verschiedene Ansatzpunkte, die man reflektieren kann.

Häufig kommen auch konkrete Beispiele zur Unterstützung der Argumentation hinzu, die sehr hilfreich und praxisnah sind. Ich hätte mir aber ein bisschen mehr Beispiele aus ihrem eigenen Leben gewünscht. Insgesamt ist das Buch auch sehr lang für einen Ratgeber. Um später noch einmal schnell die Aspekte zu finden, die einem im Kopf schwirren, muss man gleich von Beginn an markieren und Notizen machen. Das hilft dann, später wieder einen Überblick zu haben.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.09.2020
Der letzte Satz
Seethaler, Robert

Der letzte Satz


sehr gut

„Selbst der Tod war nur eine Idee der Lebenden. Solange man ihn sich vorstellen konnte, war er noch nicht da.“

Gustav Mahler weiß, dass er sterben wird. Er sitzt an Deck eines Schiffes von New York zurück in die Heimat und blickt auf sein Leben zurück. Ein gefeierter Dirigent und Musiker, so ist ihm sein Erfolg im Rückblick nicht sonderlich wichtig. Er war ein Arbeitstier, das nur für seine Kunst – die Musik - lebte.

„‚Was ist das für Musik, die sie machen? Erzählen Sie mir etwas darüber?‘ ‚Nein. Man kann über Musik nicht reden, es gibt keine Sprache dafür. Sobald Musik sich beschreiben lässt, ist sie schlecht.‘“

Sein Leben lang war er geplagt von Krankheiten und Schmerzen, sowohl körperliche als auch seelische. Er war unsterblich verliebt in seine Frau Alma und erkennt, dass sie nicht immer glücklich war, schafft es aber auch nicht, etwas daran zu ändern. Und letztendlich ist er schon länger lebensmüde, aber ebenso nicht bereit, zu gehen.

Robert Seethaler verschafft dem Leser in diesem Buch mit der Retrospektive den Eindruck, als hätte man in Mahler's Kopf geschaut, als würde man selbst seinen Gedanken folgen. Und diese Gedanken enthalten sowohl bedeutende Momente und große Gedanken als auch unbedeutende Kleinigkeiten. Mit Authentizität und einem zur selben Zeit poetischem und wortgewaltigem Schreibstil kreiert Seethaler ein Portrait eines Künstlers, der mit Bedauern, aber auch auf glückliche Erinnerungen zurückblickt. Leider konnte ich die Rückblicke, die manchmal ohne Vorwarnung im nächsten Absatz begannen, erst nach ein paar Sätzen zuordnen und auch mit der Chronologie der Ereignisse kam ich einige Male wegen verschiedener Zeitsprünge durcheinander. Alles in allem aber eine hervorragende Hommage an den Künstler und die Schönheit seiner Kunst!

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.09.2020
Das lügenhafte Leben der Erwachsenen
Ferrante, Elena

Das lügenhafte Leben der Erwachsenen


sehr gut

Giovanna wächst in behüteten Verhältnissen auf, ihre Eltern sind Akademiker und schenken ihr Aufmerksamkeit und Liebe. Als ihr Vater sie jedoch mit seiner verhassten Schwester vergleicht, ist das ein tiefer Schlag für das junge Mädchen, das von nun an mehr über diese ihr unbekannte Schwester und die Vergangenheit ihres Vaters erfahren möchte. Mit neuen Begegnungen lernt Giovanna eine gänzlich andere Welt kennen und weitere Enthüllungen stellen alles, was sie kennt und liebt, auf den Kopf.

Mit dieser Coming of Age Geschichte ergründet Elena Ferrante die Entdeckungen, Sorgen und Abgründe eines Teenager-Lebens mit einer Ungeschminktheit und Unbarmherzigkeit, die nichts schönmalt und schmerzhaft intensiv und realistisch ist. Ihre Charaktere sind komplex und vielschichtig, bewegen sich durch ein Auf und Ab von schönen und hässlichen Entwicklungen und kämpfen alle mit ihren eigenen Dämonen.

Das Lügenhafte Leben der Erwachsenen beschäftigt sich vor allem mit der Selbstfindung auf dem Weg zum Erwachsenwerden und der Enttäuschung, die damit einhergeht, wenn man realisiert, dass die Erwachsenenwelt voller Lügen und Unvollkommenheit sein kann. Giovannas Gedanken, Gefühle sind Handeln sind so lebensnah, dass ich mich beim Lesen diverse Male an Gemütszustände aus meiner Pubertät erinnert fühlte (besonders die, an die man sich nicht gern erinnern möchte).

Mit Sicherheit ist Ferrantes neues Buch ein Werk, das noch lange nachwirken wird und den Weg zurück in die Gedanken findet. Zwar war der Anfang ein wenig langsam und die Geschichte brauchte etwas, um Fahrt aufzunehmen, doch das ist es dann vollkommen wert!

Bewertung vom 20.09.2020
Being Young
Skåber, Linn

Being Young


ausgezeichnet

„Jung sein ist einfach zum Kotzen“ – aber manchmal auch ganz schön!

Wow, wow, wow! Das muss ich zu Beginn einmal sagen, denn dieses Buch war von Anfang bis Ende ein Genuss!
Erwachsene hören nicht auf junge Menschen – zumindest meistens. Schließlich sind sie ihrer Meinung nach noch ungebildet und unerfahren. Dieses Buch lehrt uns, dass sie manchmal sehr viel weiser sind, als wir denken.

Mit Authentizität und mit viel Herz lässt die Autorin hier eine Bandbreite von Jugendlichen zu Wort kommen, die alle eine Zeit der Veränderung und Selbstentdeckung durchleben. Wir erleben hier junge Menschen, die sich anders fühlen als andere, die wenig haben, die jemanden verloren haben, aber auch junge Menschen, die träumen und hoffen. Die Geschichten sind allesamt wunderschön erzählt, mit einer Nüchternheit aber auch Verträumtheit, und einer Reinheit, die mich mal zum Lächeln, mal zum Weinen und vor allem zum Erinnern gebracht haben an eine Zeit, die sowohl unvollkommen als auch unbekümmert war. Jeder kann sich in einigen dieser kleinen Lebenseinblicke wiederfinden und in schönen und auch nicht so schönen Erinnerungen schwelgen.

Was das Buch nochmal auf eine neue Ebene gehoben hat, waren die wundervollen Illustrationen von Lisa Aisato, die die Geschichten so unfassbar großartig und durchdacht eingefangen hat. Jedes Bild war so voller Gefühl und Verspieltheit und hat den Geschichten so viel Lebendigkeit gegeben. Ich würde mir am liebsten ein paar der Illustrationen aufhängen, so begeistert bin ich davon!

Sicherlich sind die Aussagen der Jugendlichen zu einem Großteil von der Autorin in eine sinnvolle und poetische Erzählung zusammengestrickt worden und der kreative Beitrag der Jugendlichen bestand in Impulsen und Aussagen, die Skaber aufgegriffen hat. Trotzdem ist es toll, wie sie einer oft ungehörten Generation eine Stimme gegeben hat. Viele Referenzen in dem Buch beziehen sich auf das Leben in Norwegen, die man als Deutsche/r nicht unbedingt kennt, aber das spielt für das Verständnis kaum eine Rolle

Eine absolute Weiterempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.