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Daniel G.

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Bewertung vom 11.08.2021
»Ein nasser Hund ist besser als ein trockener Jude«
Shalicar, Arye Sharuz

»Ein nasser Hund ist besser als ein trockener Jude«


ausgezeichnet

„ Ein nasser Hund ist besser als ein trockener Jude „ - Arye Sharuz Shalicar

Vor zwei Jahren war Arye Sharuz Shalicar zu Gast in unserer jüdischen Gemeinde und las vor großem und sehr interessiertem Publikum aus seinem damaligen Buch „ Der neu - deutsche Antisemit, gehören Juden zu Deutschland „ .
Einige Passagen dieses Buches widmete er auch seiner Jugend- und Schulzeit in Berlin. Manche Orte, Geschehnisse und Personen aus dem jetzigen Buch waren mir also bereits bekannt.

Was war nun meine Erwartung, als ich das Buch in die Hand nahm ?
Mein erster Gedanke war, was kann da Neues kommen……? Ich freute mich daher eher darauf, mehr über seine Familie und deren früheres Leben im Iran zu erfahren. Wie „ tickt „ diese Familie, wie denken sie, wir fühlen sie, wie war ihr Einfluss auf Arye in den Jugendjahren.
Auch fand ich es interessant, mehr über seinen Weg nach Israel zu erfahren und darüber, wie seine religiösen Ansichten waren und sind.

Am Anfang seiner geschilderten Zeit in Berlin – Wedding sagt er öfters, auf entsprechende Fragen: „ Ja, ich bin Jude, aber ich bin doch gar nicht religiös. „ Der junge Arye verbindet die Feindschaft arabischer, türkischer oder kurdischer Jugendlicher, die er erleben musste, zunächst mit einer religiösen Frage. Durch ihn lernen wir als Leser aber recht schnell, dass es letztlich gar nicht wirklich um Religion geht. Der Jude ist der Feind für sie, diese jungen Menschen - weil er eben Jude ist. Sie hassen Israel, sie verbinden mit jedem Juden die Klischees, die sie von Kind auf vorgelebt bekommen. Sie hören das in der Schule, in den Familien, sie sehen es im Fernsehen. Das, was die Jungs rund um Arye äußerten, das kann man ebenso auch von Nichtmuslimen hier in Deutschland hören – hört man genau hin.

Der junge Arye wollte Anerkennung, suchte seine Identität. Ja, wo gehört er hin ? Er ähnelt äußerlich all den Jungs, die den Kiez beherrschen, aber er gehört nicht dazu, sie grenzen ihn aus, sie bedrohen ihn. Alles fängt an mit dem Davidstern, ein Geschenk seiner Familie in Israel, den er trägt. Seine „ Freunde „ sind entsetzt, wenden sich ab, feinden ihn an. Alles ändert sich, als er Husseyn kennenlernt. Diesem Kurden aus dem Libanon ist es egal, dass Arye Jude ist. Und er war scheinbar nicht irgendwer, denn plötzlich grüßte man Arye zumeist genau so, wie man Husseyn begrüßte……...Arye ist mittendrin, auch in Dingen, die ihm Probleme schaffen werden, in der Schule, mit der Polizei.
Sicherlich wird jeder sich fragen, wie der Titel des Buches entstand. Dieses Geheimnis lüftet Arye ziemlich am Ende. Behnaz, die ältere Schwester seines Großonkels, erzählt über ihre Kinder- und Jugendjahre in Babol, jener Stadt im Iran, wo die familiären Wurzeln der Familie Shalicar liegen. Dem Leser öffnet sich dabei ein Fenster, hinein in die Welt der 50 ger Jahre, in welcher persische Juden im Iran lebten.

Dieses sehr spannend erzählte Buch, - man darf sich sicher bereits auf den Film freuen – endet mit Arye s Aliyah, dem Aufstieg nach Erez Israel im Jahre 2001.
Beim Abschied aus Berlin erleben wir eine traurige Familie, Janica, seine langjährige Freundin, aber lesen auch über Jungs wie Sahin, Serdar, Mehmet und Emre, Muslime auch, aber eben solche, deren Hirn nicht vom Hass zerfressen ist, die zu Arye als Juden stehen.

Arye erzählt über Aufenthalte im Kibbuz, auch schon vor seinem Umzug nach Israel. Er lernt Hebräisch und auch all das über seine Religion, was man eigentlich schon lernt, wenn man als 13 Jähriger Bar Mizva feiert, also die
religiöse Mündigkeit eines jüdischen Jungen.

Zwanzig Jahre nun schon lebt Arye in Israel und viele, die ihm im Internet folgen, haben und hatten Teil an so manchem, was er privat und beruflich dort machte und macht. Vielleicht schreibt er auch über diese 20 Jahre bald ein Buch ? Ich würde mich freuen.

Daniel G. , Kassel, im August 2021