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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
carowbr
Wohnort: 
Rheinland-Pfalz

Bewertungen

Insgesamt 156 Bewertungen
Bewertung vom 02.03.2025
Flusslinien
Hagena, Katharina

Flusslinien


sehr gut

In Flusslinien folgt man der Geschichte dreier ineinander verwobener Leben, geprägt von Verlust, Stärke, Enttäuschungen, Mut, Schuld und Liebe. Da ist die über hundertjährige Margrit, die über ihr Leben und das Leben und die Beziehung ihrer Mutter zu einer Frau sinniert. Luzie, ihre Enkelin, welche die Schule hingeschmissen hat, Tättowiererin werden möchte mit ihren Traumata kämpft. Und Arthur, der ebenso verschlossen ist und sich hinter der Erfindung von Sprachen versteckt.

Katharina Hagena gelingt es, die ruhige Schönheit der Elbe und der Natur mit dem vielschichtigen Innenleben der Protagonisten zu verweben. Eine atmosphärische Erzählung mit sprachlichem Feingefühl und feinem Wortwitz, der zum schmunzeln bringt. Alle drei Personen sind geprägt von einschneidenden Ereignissen, deren Tragweite sich erst nach und nach entfaltet. Besonders beeindruckt hat mich Beschreibung der beiden starken Frauen, die mit Würde und auch Wut ihren Weg gehen. Dabei stellen die beiden eine gegensätzliche Perspektive dar, eine die am Ende ihres Lebens steht und eine, die jetzt beginnt, ihr Leben in die Hand zu nehmen. Insgesamt ein warmherziges und tiefgründiges Buch, dass die Bandbreite der menschlichen Emotionen zeigt und wie wir mit unseren Erlebnissen umgehen.
Es ist bereits mein zweites Buch der Autorin, „Der Geschmack von Apfelkernen“ ist ebenfalls zu empfehlen.

Bewertung vom 13.02.2025
Coast Road
Murrin, Alan

Coast Road


ausgezeichnet

Colette Crowleys Rückkehr, eine unkonventionelle und freiheitsliebende Künstlerin, führt Izzy vor Augen, wie vorgezeichnet und und eingeengt ihr Leben ist, während die gottesgläubige Dolores hofft, dass sie möglichst schnell wieder verschwindet. Drei Frauen, deren Leben sich nach ihrer Begegnung unweigerlich verändert - ein Einblick in die verschlossene Welt der Kleinstadt, voller Vorurteile und der Bestrebung, nicht aus der Reihe zu tanzen.

Alan Murrin gibt einen berührenden und intimen Einblick in die Leben und Gedanken der Frauen, die sich in verschiedenen Lebenssituationen befinden, aber durch ihre eigenen Erfahrungen Verständnis füreinander entwickeln und ihre Ansichten hinterfragen. Das raue irische Klima sorgt für eine melancholische, rohe Stimmung, während die bewegten Gefühlswelten der Frauen mit Feingefühl dargestellt werden. Manchmal gelingt es männlichen Autoren nicht, sich von ihrer objektifizierenden Sicht auf Frauen zu lösen, so dass die Charaktere platt und anbiedernd wirken. Das ist hier zum Glück nicht der Fall, die Frauen sind vielschichtig und nahbar beschrieben, ihr Streben nach Freiheit und Selbstverwirklichung, Anerkennung und Liebe nachvollziehbar geschildert. Vor dem Hintergrund aktueller politischer Bestrebungen, die Entscheidungsfreiheiten von Frauen einzuschränken, gibt dieser Roman einen Einblick in eine Zeit, die gar nicht allzu lange her ist und in der Scheidung keine Möglichkeit war.

Bewertung vom 22.09.2024
Mein Mann
Ventura, Maud

Mein Mann


ausgezeichnet

Dieses Ehepaar führt ein scheinbar perfektes Leben: zwei Kinder, das schönste Haus der Stadt, beruflich erfolgreich, fünfzehn gemeinsame Ehejahre. Und doch sucht die Frau jeden Tag nach Anzeichen, dass ihr Mann sie nicht mehr liebt, denn wie kann sie sich sicher sein, dass er sie wirklich für immer lieben wird?

Der Aufbau der Geschichte ist absolut faszinierend, es entsteht ein Sog, der unweigerlich auf einen Abgrund zusteuert und dem man sich nicht entziehen kann. Maud Ventura charakterisiert die Ich-Erzählerin als unsichere, kontrollsüchtige und perfektionistische Ehefrau, die ihr Leben und ihre Gefühle auf intime Weise seziert, dennoch werden weder sie noch ihr Mann namentlich genannt. Der Stil ist schnörkellos und nüchtern, aber trotzdem von drängender Rastlosigkeit durchzogen, vielleicht hatte ich auch nur den Eindruck, weil die Protagonistin versucht, ihre emotionale Abhängigkeit zu rationalisieren.
Der Roman ist fast schon ein Thriller, so verschwindend sind die Grenzen hier zwischen Alltag und Obsession.
Ohne zu spoilern ist es schwierig, meine Faszination mit der Story genauer zu erläutern - mit dem Verlauf habe ich auf jeden Fall nicht gerechnet.
Der Bestseller- Status aus Frankreich ist absolut nachzuvollziehen, ich würde das Buch auch empfehlen.

Bewertung vom 20.09.2024
Das Schweigen meiner Freundin
Baldelli, Giulia

Das Schweigen meiner Freundin


sehr gut

Als Kinder lernen sich Giulia und Christi kennen und lieben, doch als Mattia dazukommt, ist Christi verliebt. Es entwickelt sich ein jahrelanges hin und her, mit verletzten Gefühlen, Lügen, Enttäuschungen aber auch gegenseitige Unterstützung und glücklichen Zeiten.

Durch den gefühlvollen und irgendwie auch poetischen Stil von Giulia Baldelli taucht man tief ein in die Gefühlswelt der Protagonistin. Es gelingt ihr auf fesselnde Weise, die jahrelange Verbundenheit der drei Hauptpersonen durch jede Lebensphase zu begleiten.
Schwierig finde ich die Darstellung der Beziehung von Giulia und Christi, denn diese wird irgendwie romantisiert. Während sich Giulias Leben und Gedanken immer um Christi drehen, möchte diese vor allem Bestätigung von ihr und nutzt aus, dass Giulia immer alles für sie tut. Da man nur den Blickwinkel von Giulia als Ich-Erzählerin hat, rechtfertigt sie ihr Handeln immer irgendwie durch die großen Gefühle, welche die beiden verbinden - die aber eigentlich nur von Giulia ausgehen und die man in Christi‘s Verhalten nicht erkennen kann.
Das bedeutet aber nicht, dass ich die Geschichte nicht gerne gelesen habe, ich wollte unbedingt wissen, wie sie ausgeht. Der Stil der Autorin hat dazu ebenso beigetragen, denn ihre berührende Erzählweise und ihr Auge für Details machen das Buch lesenswert. Ich würde es empfehlen, wenn man gerne literarische Werke über Freundschaft und Liebe liest und die verschlungenen Pfade des Lebens.

Bewertung vom 15.09.2024
Die Frauen von Maine
Sullivan, J. Courtney

Die Frauen von Maine


sehr gut

Um ihren persönlichen Problemen in ihrer Ehe und ihrem Job zu entkommen, flüchtet Jane in das Dorf ihrer Kindheit. Dort in Maine steht auf den Klippen ein Haus, zu dem sie immer eine besondere Verbindung hatte. Zufällig lernt Jane die neue Besitzerin kennen, die sie um Hilfe bei der Erforschung der Geschichte des Hauses bittet, was dazu führt, dass Jane sich auch mit ihrer eigenen Vergangenheit auseinandersetzen muss.

Die behandelten Themen des Buches sind sehr vielseitig und reichen von Freundschaft, Ehe, Frauen in der Wissenschaft zu Geistern und Hellseherei, generationalem Trauma, Alkoholmissbrauch und der Geschichte der indigenen Bewohnern Amerikas. Man merkt beim lesen, wie viel Zeit und Mühe in die Recherche insbesondere der Geschichte indigener Völker und Leben geflossen ist. Es liest sich dadurch stellenweise recht sachlich und nüchtern, wie in einem anthropologischen Sachbuch. Die Autorin schreibt aus der Perspektive mehrerer Frauen, wobei Jane den größten Anteil an der Geschichte hat. Besonders gelungen ist die vielseitige Darstellung der weiblichen Charaktere, ihre (unsichtbaren) Kämpfe, ihre individuellen Schicksale und die gegenseitige Unterstützung, die das Buch lesenswert machen. Dieser Aspekt hat mir bereits in „Aller Anfang“ gut gefallen.
Auch die Darstellung von Janes Alkoholsucht fand ich ziemlich realistisch, ihre Rechtfertigungen vor sich selbst und anderen, das verstecken und vermeiden, das schönreden. Man kann sich gut vorstellen, wie der Prozess der Erkenntnis und Heilung eben nicht linear verläuft.
Für den Lesefluss etwas störend sind die langen Kapitel, das längste um die 60 Seiten. Gerade bei schwereren Themen oder historischem Kontext sind kürzere Abschnitte angenehmer.
Insgesamt hat es mir gut gefallen, aber herausragend war es leider nicht. Die Komplexität der Frauencharaktere gefällt mir bei J. Courtney Sullivan aber trotzdem so gut, dass ich bestimmt noch das ein oder andere Buch von ihr lesen werde.

Bewertung vom 19.08.2024
Genau so, wie es immer war
Lombardo, Claire

Genau so, wie es immer war


ausgezeichnet

Auf den ersten Blick führt Julia ein glückliches Leben: eine liebevolle Ehe, zwei tolle Kinder, Partys in ihrem Freundeskreis, ein stabiler Job. Ihr Sicherheitsgefühl wird durch ein Wiedersehen durcheinander gebracht und es geschehen immer mehr Dinge, die sie dazu zwingen, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen und hinter die Fassade der heilen Welt zu blicken.
Mit der Erzählung gräbt man so tief in Julias Gedanken und Erinnerungen, dass es auf ganz rohe und emotionale Weise intim ist. Während ihrer Kindheit ist das Verhältnis zu ihrer engsten Bezugsperson sehr ambivalent, was die Protagonistin prägt und sie ihr Leben lang begleitet. Die Autorin schafft es, diese tief verwurzelten Muster in allen Facetten ihrer Charaktere unterzubringen. Sie zeigt, wie wir Menschen uns über die Jahrzehnte verändern und wie einige Dinge doch genau gleich bleiben; wie wir Fehler machen und verzeihen, nachtragend sind und verletzt, liebevoll und herzlich, aber auch gemein und egoistisch. Die ganze Bandbreite der Gefühle also - und das, ohne wertend zu sein, denn wer tut schon immer nur das Richtige? Trotzdem hat es auch immer einen traurigen Unterton, eine gewisse Sentimentalität, durch all die Gefühle, die unter der Oberfläche schlummern.
Durch die über 700 Seiten hat man Zeit, die Protagonistin wirklich gut kennenzulernen, was durch die vielen Rückblicke auch zu einem nuancierten Bild wird. Man sollte sich jedoch Zeit nehmen für das Buch, um richtig eintauchen zu können, ein Kapitel am Tag wird hier nicht ausreichen.
Empfehlen würde ich es Leser*innen, die gerne tiefgründige und emotionale Geschichten lesen, wobei es im Großen und ganzen vor allem um dysfunktionale Familien geht. Mir hat der Stil von Claire Lombardo richtig gut gefallen und ich werde mir ihr erstes Buch auch anschauen.

Bewertung vom 23.07.2024
Das erste Licht des Sommers
Raimondi, Daniela

Das erste Licht des Sommers


sehr gut

Norma findet in ihrer Kindheit nur bei ihrer Oma in Stellata einen Zufluchtsort, die ihr die Geschichten ihrer Familie erzählt. Dort trifft sie auch immer auf Elia, der ihr Leben von da an immer begleiten wird. Das Verhältnis zu ihrer Mutter ist distanziert, auch viele Jahre später noch, als Norma sie pflegen muss.
Die Geschichte folgt Norma durch die Jahrzehnte und wechselt immer wieder ins Jetzt, wo sie sich mit ihrer Mutter und der Vergangenheit auseinandersetzen muss.

Daniela Raimondi schafft es durch ihre lebendige und bildhafte Sprache, Personen mit vielschichtigen Charakteren zum Leben zu erwecken und sie auf herzerwärmende Weise miteinander zu verbinden. Die Erzählung ist keineswegs kitschig, aber oft melancholisch und mit einer Prise Magie versehen. Das liegt vor allem an der Selbstverständlichkeit, mit der die Frauen der Familie mit ihren seherischen Fähigkeiten leben. Neben der Protagonistin wird auch immer wieder der Blickwinkel von Elia geschildert, der M.m. nach viel dazu beiträgt, dass die Geschichte so abgerundet wirkt. Es ist einerseits ein Roman über die Liebe aber auch über Familie und Verbundenheit, über das wegrennen und heimkehren, erinnern und verzeihen.
Obwohl ich ‚An den Ufern von Stellata‘, das erste Buch der Autorin, nicht gelesen habe, konnte ich der Geschichte sehr gut folgen und mir fehlten keine Zusammenhänge. Da mir der Stil so gut gefallen hat, werde ich es nun auch noch lesen.

Bewertung vom 24.06.2024
Man sieht sich
Karnick, Julia

Man sieht sich


ausgezeichnet

Als Robert und Frie sich in der Schule kennenlernen, spüren sie sofort, dass diese Beziehung für beide etwas besonderes ist. Dennoch kommt ihnen immer wieder das Leben in die Quere und so folgt man den beiden durch die Jahre, bis sie sich schließlich im Alter von 50 Jahren wiedersehen. Ist jetzt vielleicht ihre Chance gekommen?

Die Autorin schafft es, auf berührende Art und Weise den Zeitgeist der Jahrzehnte sowie die jeweiligen Lebensrealitäten der beiden Protagonisten einzufangen. Mal aus der Sicht von Frie, dann wieder aus der Sicht von Robert und so erfährt man auch, wie sie die gemeinsamen Momente immer unterschiedlich wahrnehmen. Der Stil von Julia Karnick ist melancholisch, manchmal auch poetisch, ohne dabei kitschig zu sein. Natürlich ist es auch eine Liebesgeschichte aber vor allem geht es um die Höhen und Tiefen und Abzweigungen, die das Leben abseits des geplanten Weges nimmt. Mit Humor und wie im echten Leben begleitet man die beiden durch ihre Lebensabschnitte und findet sich wieder in ihren Gedankengängen und den treffenden Sätzen der Autorin.
Eine Geschichte zum mitfühlen und eintauchen, wunderbar geschrieben - mir hat es richtig gut gefallen.

Bewertung vom 05.06.2024
Schatten über Monte Carasso / Moira Rusconi ermittelt Bd.3
Vassena, Mascha

Schatten über Monte Carasso / Moira Rusconi ermittelt Bd.3


sehr gut

Die Übersetzerin Moira gerät mal wieder in einen mysteriösen Fall, nachdem in einer Wellnessklinik mehrere Personen vermisst werden. Während sie immer mehr das Gefühl hat, dass es in der Klinik nicht mit rechten Dingen zugeht, scheint sich sonst niemand für die Vorgänge im lururiösen Idyll zu interessieren. Als Moira schließlich Ispettrice Chiara Moretti um Hilfe bittet, stoßen sie auf Streitigkeiten, Geheimnisse und illegale Machenschaften.

Die Autorin Mascha Vassena schafft es auch mit dem dritten Teil der Reihe, die neugierige Zufallsermittlerin Moira ordentlich auf Trab zu halten. Denn neben dem Fall ist auch im Privatleben der sympathischen Protagonistin wieder einiges los und sie versucht ihre Gefühle für Luca zu ergründen, ein Auge auf ihren Vater zu haben und überlegt immer wieder, zurück ins Tessin zu ziehen. Auch die anderen Charaktere sind differenziert und herzlich dargestellt, sodass man ihrer Entwicklung gerne folgt. Durch Moiras Sicht, die immer noch die einer Außenstehenden ist, kann man gut mitraten und Zusammenhänge oder Entwicklungen vermuten. Der Fall ist spannend aufgebaut und es ergeben sich immer neue Wendungen und Indizien.

Für mich der ideale Urlaubskrimi mit einer guten Portion Lokalkolorit, einer sympathischen Ermittlerin und einem rätselhaften Fall. Da das Privatleben von Moira doch einen nicht unerheblichen Anteil an der Geschichte hat, würde ich den dritten Teil nicht unbedingt empfehlen, ohne die vorherigen gelesen zu haben.

Bewertung vom 27.05.2024
Das Licht in den Birken
Fölck, Romy

Das Licht in den Birken


ausgezeichnet

Auf einem Lebenshof in der Lüneburger Heide kreuzen sich die Leben von Thea, die nach vielen Jahren in Portugal nach Deutschland zurückkehrt, Bruno, der zurückgezogen mit seinen Tieren lebt und Juli, die alles hinter sich lassen will. Die drei sind zwar grundverschieden, finden jedoch ineinander etwas wieder, was ihnen bislang gefehlt hat.

Nachdem mir bereits der letzte Roman von Romy Fölck (Die Rückkehr der Kraniche) richtig gut gefallen hat, hatte ich große Erwartungen an dieses Buch, die nicht enttäuscht wurden. Ein atmosphärisches Leseerlebnis, einfühlsam und differenziert beschriebene Charaktere, eine liebevoll eingebundene Natur- und Tierwelt und eine wunderbare Geschichte, die einfach herzerwärmend ist, ohne kitschig zu sein. Durch die drei Perspektiven lernt man die einzelnen Personen auf ihre Weise kennen und kann ihre Gedanken nachvollziehen. Auch wenn manches nicht unbedingt realistisch ist, die Handlung fügt sich stimmig zu einem Gesamtbild zusammen und hinterlässt ein heimeliges Gefühl. Um es in Julis Worten zu sagen, „im Leben bekommt man nie, was man will, sondern das, was man braucht“.

Auch den nächsten Roman von Romy Fölck werde ich wieder sehr gerne lesen und weiterempfehlen.