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Weltensucher

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Insgesamt 7 Bewertungen
Bewertung vom 28.01.2018
Mister Franks fabelhaftes Talent für Harmonie
Joyce, Rachel

Mister Franks fabelhaftes Talent für Harmonie


gut

Ein Tattoo-Studio, ein Bestattungsinstitut, ein christlicher Kramladen, eine Bäckerei säumen die Unity-Street im Jahre 1988. Und außerdem: ein Plattenladen. Dessen Inhaber Frank, ein Bär von Mann mit genauso großem Herzen hat ein Talent: Er kann in die Menschen hineinhören und für jeden stets genau die Musik finden, die er gerade braucht. Bis eines Tages eine geheimnisvolle deutsche Frau auftaucht, aus deren Inneren nur Stille zu ihm hinaus dringt. Und die von ersten Moment an seine Welt auf den Kopf stellt...
Neugierig gemacht hat mich das Buch in den Moment, als ich erfuhr, das Musik die Thematik darstellt. Und diese schwang auch von Anfang an zwischen den Seiten mit: Franks Plattenladen wird sehr schön und atmosphärisch eingeführt, dass man sich als Leser gleich wohlfühlt. Wir lernen Frank kennen, ein herzensguter Mann mit einer brennenden Leidenschaft für Musik, und zwar aus allen Genres, aber auch sein Umfeld: Maud, die Inhaberin des Tattoo-Studios, Father Anthony, einen in die Jahre gekommenen Priester, oder Kit, Franks ungeschickten und doch liebenswerten Assistenten. Die Unity-Street birgt also eine Menge unterschiedlicher und schrulliger Persönlichkeiten, die es jedoch auf wundersame Weise schaffen, in einer sehr engen und hilfsbereiten Gemeinschaft zu leben. Der Anfang der Geschichte, die Konstruktion des Handlungsraumes, hat mir sehr gut gefallen. Doch im weiteren Verlauf schlug sie einen Weg ein, der mir gar nicht gefallen hat und lies mich am Ende doch sehr enttäuscht zurück.

Das hat mehrere Gründe, vor allem aber die Haupthandlung selber: die Beziehung zwischen Frank und Ilse, der mysteriösen Frau, die eines Tages in seinem Laden vorbeischaut. Diese Beziehung erschien mir von Anfang an merkwürdig, war Frank doch vom ersten Moment an in sie verschossen (also Liebe auf den ersten Blick). Als die zwei sich dann mit zunehmender Zeit öfter treffen, ist Frank stets aufgeregt, nervös wie ein junger Teenager und bringt sich immer wieder in verlegene Situationen. Mein Problem an der ganzen Sache war: Ilse und Frank schienen dieses Stadium der Beziehung nicht zu verlassen und konnten mich deshalb als Paar überhaupt nicht überzeugen. Ilse als Charakter bleibt sowieso sehr blass, denn sie hütet Geheimnisse, die aus Spannungsgründen erst gegen Ende der Geschichte gelüftet werden – Frank scheinen sie hingegen nicht zu stören. Die zwei sind also nicht wirklich ehrlich bzw. offen zueinander. Deshalb blieb Ilse in meinen Augen bis zuletzt eher eine Fremde, für den Leser, aber auch zwangsweise für Frank. Auf dieser Grundlage konnte ich keine Liebe zwischen den beiden sehen...
Da der Hauptfokus des Buches aber auf dieser mich überhaupt nicht ansprechendes Liebesgeschichte lag, die sich meiner Meinung nach auch sehr in die Länge zog, kamen zum Beispiel die Nebencharaktere ein wenig zu kurz, über die ich doch sehr gerne noch mehr erfahren hätte. Positiv erwähnt bleiben sollte aber, das Rachel Joyce das Thema Musik schön in der Handlung verarbeitet hat; mit sehr interessanten Infos und Geschichten, konkreten Empfehlungen und einer Playlist im Anhang, sodass ich während des Lesens öfter zum Musikhören inspiriert wurde. Aber auch hier ging meiner Meinung nach noch mehr – ich hätte mir mehr in Richtung Liebe und Leidenschaft zur Musik gewünscht, und nicht nur die interessanten Fakten und Geschichten dazu.
Das Ende schließlich hat mich sehr frustriert. Ab einem gewissen Punkt wurde mir die Handlung leider viel zu absurd und realitätsfern – selbst für Fiktion. Rachel Joyce bediente sich dabei so einiger Klischees und konstruierte ein Finale á la Hollywood, dass in meinen Augen so gar nicht zu dem Anfang des Buches passte und auch generell nicht sehr originell war. Aus eigentlich wirklich tollen Voraussetzungen für eine ungewöhnliche Geschichte, wie ich sie mir erhofft hatte, wurde also schließlich eine Liebesgeschichte, die mich in keinster Weise überzeugte.

Bewertung vom 09.05.2017
Brausepulverherz
Lastella, Leonie

Brausepulverherz


weniger gut

„Brausepulverherz“ von Leonie Lastella erzählt die Liebesgeschichte zwischen Jiara, einer Studentin aus Hamburg, und Milo, einem Italiener und freien Musiker. In einem Kurort in Italien lernen sich die beiden in der Trattoria ihres gemeinsamen Freundes, in der Jiara den Sommer über lang jobbt, kennen. Von einer unwiderstehlichen gegenseitigen Anziehung ausgehend, entwickelt sich nach und nach ein immer engeres Band zwischen ihnen – eine Liebe, die wie Brausepulver auf der Zunge prickelt.

Das Buch handelt von Sommer, Sonne, Meer und Italien. Von Liebe, Familie, der Suche nach sich selbst. Von Missverständnissen, Trennungen, Versöhnungen.
Für mich klang es nach der perfekten Lektüre, um meinen persönlichen Lesesommer einzuleiten, mich an die Küste Italien zu flüchten und die Sonne herbeizulocken. Ich wurde leider enttäuscht.

Nicht, dass der Roman es nicht schafft, Sommerstimmung aufkommen zu lassen. Das gelingt Leonie Lastella mit einem wunderbar leichten, munteren Schreibstil recht gut. Die bildhaften Beschreibungen des Italien der Küste haben in mir tatsächlich das erhoffte Fernweh geweckt.

Was mich vielmehr gestört hat und auch der Schreibstil leider nicht retten konnte, ist nahezu der gesamte Rest, namentlich Charaktere und Handlung.
Natürlich habe ich keine außerordentlichen Wendungen von sprühendem Einfallsreichtum und große Spannungsbögen erwartet – das passt ja auch gar nicht in das Genre. Aber wenigstens ein wenig Neues hätte ich mir gewünscht.
Stattdessen werden bekannte Konflikte behandelt, von den typischen Charakteren ausgetragen, wie es sie schon in so vielen anderen Geschichten gab. Sei es der freiheitsliebende Musiker, der sich von seiner reichen Familie die Unabhängigkeit erkämpfen muss, oder die unentschlossene junge Frau, die nicht genau weiß, was sie sucht, erst nachgiebig ist, und schließlich den wahren Sinn erkennt. Eine Liebe, die sich aus anfänglicher, übertriebener Abneigung entwickelt, habe ich auch schon oft gesehen. Alles in allem wurde die Geschichte dadurch leider sehr klischeehaft und vorhersehbar. Vor allem die zweite Hälfte des Romans wurde durch Missverständnisse und für mich nicht wirklich nachvollziehbare Entscheidungen der Charaktere sehr in die Länge gezogen und unnötig dramatisiert, was für mich weniger Spannung als eine genervte Stimmung erzeugte.
Dies lang vermutlich auch daran, dass ich zunehmend das Interesse am Ende verlor – weil mich das Schicksal der Charaktere nicht interessierte. Ich konnte weder mit Jiara noch mit Milo wirklich warm werden. Mir waren beide ein wenig zu typisiert, dazu unsympathisch und oft einfach nicht nachvollziehbar handelnd. Besonders bei Jiara hat eine charakterliche Entwicklung so lange gedauert, dass ich immer größere Abneigung ihr gegenüber empfand.

Eine außergewöhnliche und mitreißende Liebesgeschichte konnte ich in „Brausepulverherz“ leider nicht finden – viel zu oft musste ich beim Lesen mit den Augen rollen. Dennoch eignet es sich vermutlich für alle, die einfache, anspruchslose Unterhaltung suchen und die sich von Klischees und Vorhersehbarem nicht stören lassen. Für mich persönlich hat es leider nicht gereicht.

Bewertung vom 07.03.2017
Schattenkrone / Royal Blood Bd.1
Herman, Eleanor

Schattenkrone / Royal Blood Bd.1


gut

„Schattenkrone – Royal Blood“ von Eleanor Herman spielt in einer Zeit, die sich an der Spätantike unserer Geschichte, insbesondere an der Epoche des Alexander der Großen, orientiert. Dabei treten die verschiedensten Personen auf, deren Geschichten sich im Verlauf des Buches miteinander verweben. Es wird aus mehreren Perspektiven und von unterschiedlichen Orten erzählt – die Protagonisten sind hauptsächlich Jugendliche (gemäß dem Genre), darunter fiktive als auch historische Persönlichkeiten wie der junge Alexander der Große, sein treuer Freund Hephaistion oder seine Halbschwester Cynane. Während ein jeder sein Ziel verfolgt, verbinden sich die Wege der Einzelnen im Laufe der Zeit zu einer Geschichte voller geheimnisvoller Magie, verdeckter Intrigen und politischer Machtkämpfe.

Die Welt, in der „Schattenkrone“ spielt, hat mir in ihrem Konzept sehr gut gefallen. Während die Autorin sich einerseits sehr gründlich nach der Geschichte und den damaligen Begebenheiten richtet (wohinter wohl eine Menge Recherchearbeit steckte), erweitert sie das Ganze um einige spannende und bereichernde Fantasy-Elemente wie Magie oder verschwundene Götter. Es war interessant zu lesen, wie die Griechen und Perser damals gelebt haben, wie es am Königshof als auch in der Schlacht genau ablief.

Die Charaktere hingegen fielen in ihrer Gesamtheit – in ihrer Persönlichkeit, Entwicklung usw. – recht bescheiden aus. Ich weiß nicht, ob es an dem häufigen Perspektiven-Wechsel lag, der einfach nicht gut umgesetzt wurde, oder an dem simplen Schreibstil, der die Gefühle nicht richtig vermitteln konnte. Jedenfalls wurde ich mit keinem der verschiedenen Personen richtig warm, allesamt waren mir zu flüchtig, zu flach und austauschbar, zu oberflächlich. Jeder zeichnete sich eigentlich nur durch seine Herkunft, seine Liebesbeziehung (die so gut wie jeder hatte) und sein Ziel aus – jegliches Detailwissen, Charaktertiefe, Hintergründe, welche fiktive Personen sonst so lebendig erscheinen lassen, seine Individualität begründen, fehlten. Insgesamt lag der Fokus der Autorin vermutlich viel zu sehr auf der Handlung und der Welt an sich, sodass die Protagonisten quasi Handlungsträger, aber leider nicht eigentliches Thema des Buches waren. Schade, denn so wurde viel Potential vergeudet und auch ein Kriterium nicht erfüllt, das für mich persönlich sehr wesentlich ist.

Ähnliches gilt für zentrale Momente und Schlüsselszenen. Wo die Kulisse und Handlung an sich eigentlich viele Möglichkeiten zum Spannungsaufbau oder Gefühlsanregung bot, wurde die Chance dazu von der Autorin nicht ergriffen. Wieder mache ich dafür wesentlich den Schreibstil verantwortlich, der eben Emotionen kaum zu vermitteln pflegte und eigentlich immer nur die Oberfläche des ganzen beschrieb. Schade, oft wäre nämlich viel mehr herauszuholen gewesen.

Und schließlich mein entscheidender Kritikpunkt: Die Handlungsweise und Entscheidungen der Protagonisten waren sehr häufig unlogisch und überhaupt nicht nachvollziehbar. Sie taten Dinge, ohne genau nachzudenken, ohne überhaupt irgendwelche sinnvollen, begründbaren Beweggründe zu haben. Während sich die Charaktere vollkommen naiv selbst in Schwierigkeiten brachten, konnte ich eigentlich nur frustriert den Kopf schütteln. Die Handlung kann man schließlich auch durch tiefgründigere Motive als Naivität, wenn nicht gar Dummheit, ausbauen und voranbringen – das hätte dem Ausbau der Personen an sich auch nicht geschadet.

Fazit: Eine interessante Welt, die Geschichte und Fantasy geschickt verbindet. Flache, austauschbare Charaktere und eine oft einfach nicht nachvollziehbare Handlungsentwicklung – frei von jeglichen logischen Beweggründen – stellen aber deutliche Defizite dar. Potential ist jedoch durchaus da und wird vielleicht (hoffentlich) in den Folgebänden besser ausgeschöpft.

Ich vergebe 2,5 Sterne.

Bewertung vom 28.12.2016
Blutroter Tod / Reiko Himekawa Bd.1
Honda, Tetsuya

Blutroter Tod / Reiko Himekawa Bd.1


gut

Inhalt: "Blutroter Tod" von Tetsuya Honda ist der erste Teil einer japanischen Thriller-Reihe rund um Reiko Himekawa, eine junge Ermittlerin der Mordkommission in Tokio. Nachdem eine in Plastikfolie eingewickelte Leiche nahe eines Staubeckens entdeckt wird, die neben einem tödlichen Schnitt am Hals auch weitere merkwürdige Wunden aufweist, wird Reiko zusammen mit ihrem Team auf den Fall angesetzt. Nach einigen ersten Ermittlungen kommen weitere Leichen in ähnlichem Zustand zu Tage, ebenso wie das Gerücht über eine möglicherweise damit zusammenhängende Website, die Einlass bietet in eine versteckte, blutige Welt mitten in Tokio...

Bewertung: Ich habe das Buch kurz vor Weihnachten angefangen zu lesen, und musste während der Festtage eine Unterbrechung einlegen, die mich leider ein wenig in dem Lesefluss gestört hat. Möglicherweise habe ich deshalb den Anfang als sehr langatmig in Erinnerung. So werden auf den ersten hundert Seiten fast ausschließlich Befragungen der Anwohner, Angehörigen usw. geschildert, wobei viele für den Rest der Handlung irrelevante und nicht wieder auftauchende Personen auftreten und auch nur sehr wenige Informationen zu dem Fall ans Licht geraten. Das mag die Ermittler genauso frustrieren wie den Leser und soll wohl anfängliche Erfolglosigkeit aufzeigen, aber die größte Wirkung ist dann leider doch, dass ich das Buch überhaupt nicht mehr zur Hand nehmen wollte, da es ja doch nicht voran ging.
Dafür wurde es ab Mitte des Buches umso besser. Es trat Spannung auf, da sich neue Spuren auftaten (leider recht spät) und damit auch die Möglichkeit, als Leser selbst mit zu rätseln. Der Fall weckte bei mir zu diesem Zeitpunkt das erste Mal tatsächliches Interesse und Neugier, was wohl hinter dem Ganzen steckt. Ebenso kommt der Thriller-Aspekt (vorher liest sich das Buch eher wie ein Krimi) zum Vorschein und es wird gruseliger und blutiger.
Die Charaktere (am Anfang aufgrund der japanischen Namen recht schwierig auseinander zu halten) haben mir dafür gut gefallen. Es wurde neben Reikos Perspektive auch aus mehreren anderen geschildert, wobei all die verschiedenen Charaktere authentisch skizziert wurden. Reiko zeigte durch eine nicht leichte Vergangenheit als Person viel Tiefe auf; mit der Zeit wurde mir ihre Psychologie sehr verständlich. Ebenso sind auch die Handlungen der Nebencharaktere auf ihre Weise sehr nachvollziehbar gewesen, da sie immer mit den jeweiligen moralischen Ansprüchen, Wünschen usw. der Personen harmonierten.
Die japanische Kultur zeichnet sich nur am Rande des Geschehens ab. Die Strukturen der Mordkommission weichen von den europäischen ab und sind viel militärischer, aber auch korrupter. Eine Karrierefrau wird immer noch nicht gerne gesehen und von der Familie viel lieber an einen potentiellen Ehemann vermittelt. Ansonsten sind mir nur sehr wenige Unterschiede zu unserer Kultur aufgefallen.

Fazit: Der etwas in die Länge gezogene Anfangsteil wird ab der Hälfte des Buches durch das Aufbauen von Spannung und ein sehr gutes Set an Charakteren wieder kompensiert. Insgesamt somit ein solider Thriller, der anfangs nur ein wenig Durchhaltevermögen fordert.

Ich vergebe 3,5 Sterne.

Bewertung vom 24.11.2016
Und nebenan warten die Sterne
Spielman, Lori Nelson

Und nebenan warten die Sterne


sehr gut

Verlust, Trauer, Vergebung, Familie und Liebe. Lori Nelson Spielman verarbeitet die altbekannten Motive in ihrem neuen Roman in eine Geschichte der Selbstfindung und Erkenntnis über die wahren Werte im Leben. Es ist keine weltbewegende, die Literatur bis ins Mark prägende, eindrucksvolle Geschichte – aber das muss sie in diesem Genre auch nicht sein. Es ist leichte Lektüre, locker geschrieben, vielleicht hier und da ein wenig vorhersehbar, aber auch alltagsnah. Die Botschaft – sich an den wichtigen Dingen im Leben zu orientieren, seine Zeit den Lieben statt der Arbeit widmen, das Übliche – kommt zwar nicht spektakulär, aber doch deutlich zum Ausdruck.
„Und neben an warten die Sterne“ ist ein netter (wobei „nett“ hier ganz und gar nicht abwertend gemeint ist), unterhaltsamer Roman für alle, die zwischendurch oder auch ständig gerne von ein wenig gutmütiger Moral lesen und sich nicht an der simplen, manchmal kitschigen Vermittlungsweise stören.

Aufgeteilt in zwei Perspektiven, die der Mutter Erika und ihrer Tochter Annie, wird die Zeit nach dem Tod ihrer Tochter/Schwester geschildert, welche bei einem Zugunglück plötzlich verstarb. Dabei haben sich die beiden verbliebenen Familienmitglieder über den gemeinsam erlebten Verlust entzweit – während Erika sich in ihre Arbeit flüchtet und kaum noch Zeit für ihre Tochter findet, plagen Annie Selbstzweifel, Einsamkeit und die typischen Schwierigkeiten beim Erwachsenwerden. Beide wachsen im Laufe der Geschichte über sich hinaus; sie erkennen ihre Fehler, ihre Schwächen und machen eine charakterliche Entwicklung durch. Sie finden ihren Weg aus der Trauer heraus und auch wieder zueinander, indem sie das Wahre und Wichtige im Leben erkennen. Dabei spielen neben weiteren zentralen Familienmitgliedern natürlich auch der ein oder andere Liebhaber eine Rolle...

Der Schreibstil ist flüssig und leicht zu lesen; es wird eine angenehme und auch relativ schnelle Lesezeit geboten. Interessant ist die Ich-Perspektive aus Erikas Sicht und der Wechsel zum dritten Erzähler in Annies Kapiteln. Insgesamt ist die Handlung abwechslungsreich, mehrere Kulissen, der ein oder andere Wendepunkt kommt vor (wenn auch nicht immer überraschend) und die Unterschiede zwischen erwachsenem und jugendlichem Leben kommen in der Erzählung gut zur Geltung. Die ein oder andere Stelle hätte mehr Emotionen bedarft, zentralen Szenen fehlte oft das gewisse Etwas, die nötige Prise an angemessenen Gefühlen. Ansonsten ist die Hauptstimmung in dem Roman keineswegs durchweg traurig, wie vielleicht vermutet, sondern meistens freundlich bzw. einfach dem Alltag entsprechend. Kleine Sprüche und Lebensweisheiten, die im Text immer wieder Verwendung finden, passen durch und durch zu dem Charakter des Buches und fügen sich wunderbar ein.

Wer deshalb eine schöne, alltagsnahe und das Leben in seinen Höhen und Tiefen schildernde Geschichte lesen möchte, bei dem die zentralen „romantischen“ Motive erneut mit belehrendem Charakter verarbeitet werden – oder auch nur einen lockeren, leichten und unterhaltsamen Roman sucht, ist mit „Und nebenan warten die Sterne“ eigentlich ganz gut aufgehoben.

Bewertung vom 08.10.2016
Flawed - Wie perfekt willst du sein? / Perfekt Bd.1
Ahern, Cecelia

Flawed - Wie perfekt willst du sein? / Perfekt Bd.1


gut

Was von vornherein auffällt, ist das rasche Erzählen der Geschichte. Die Welt und Gesellschaftsform, in Celestine lebt, wird gleich auf den ersten Seiten erklärt, anstatt den Leser hinein zu führen und ihn die Umstände im Weiteren Verlauf durch eigenes Kombinieren näher zubringen. Möglich, dass die Autorin die Einführung schnell abhandeln wollte, um gleich zu den spannenden Elementen überzuleiten. Denn Spannung wird tatsächlich schon gleich am Anfang aufgebaut und mehr oder weniger bis zum Ende konstant gehalten – was ein sehr schnelles Leseerlebnis ermöglicht; ich zumindest hatte es innerhalb weniger Tage bereits durch.
Was meiner Meinung nach vor allem ein Nebeneffekt der rasanten Handlung ist, ist die Vernachlässigung der Charakterdarstellung von Celestine. Die Protagonistin stellt für mich die größte Schwachstelle des gesamten Buches dar. Ihre Entwicklung und das plötzliche Umdenken war für mich überhaupt nicht nachzuvollziehen und sehr unrealistisch geschildert. Sie ist äußerst naiv, hat Stimmungsschwankungen, wechselt häufig ihre Meinung und lässt die Dinge um sich herum einfach nur mit sich geschehen. Trotz ihrer Passivität wird sie jedoch zur Heldin hochstilisiert – in meinen Augen äußerst unglaubwürdig. Dennoch bezeichnet sich Celestine selbst übertrieben häufig als von Logik geprägter Mensch, der unlogische Zusammenhänge nicht ertragen kann – da diese Bezeichnung so gut wie niemals passt, eher im Gegenteil, hat es mich auf Dauer sehr genervt.
Stattdessen sind einige der Nebencharaktere jedoch sehr gut gelungen und in ihrer charakterlichen Entwicklung weit besser dargestellt worden. So wären beispielsweise Celestines Mutter, ihre Schwester Juniper oder die Reporterin Pia aufzuführen – alle drei steigen nicht wie Celestine von heute auf morgen in ihrem Denken um, sondern nehmen sich mehr Zeit, die Dinge kritisch zu betrachten. Ihre Entwicklung läuft langsamer ab, ist dafür aber umso besser nachzuvollziehen. Vor allem die Mutter, die an zahlreichen Stellen, gefangen zwischen den Regeln und dem Zustand um ihre Tochter, stillen Protest zeigt, nimmt für mich eine starke, authentische Rolle ein.
Das System der Gilde, also die Markierung der Fehlerhaften in der Gesellschaft, hat mich zunächst interessiert. Im weiteren Verlauf warfen sich jedoch bei mir immer mehr Fragen dazu auf, die nicht erklärt wurden. Dadurch sind einige Unschlüssigkeiten entstanden, die dieses Konzept für mich sehr zweifelhaft, dass heißt unrealistisch wirken lassen (abgesehen davon, dass es Fiktion ist). Mir persönlich stehen viel zu viele Widersprüche im Weg, als das dieses System überhaupt, selbst fiktiv, funktionieren könnte.
Fazit: Mich hat „Flawed“ ehrlich gesagt ein wenig enttäuscht. Zwar habe ich noch nie ein Buch von Cecilia Ahern gelesen, dafür aber überwiegend positive Eindrücke zu der Bestseller-Autorin gehört. Mit ihrem Jugendbuch konnte sie mich allerdings nicht für sich gewinnen. Flawed reiht sich in die lange Reihe der Jugendbuch-Dystopien ein, ohne besonders daraus hervorzustehen. Es scheint, als würde Cecilia Ahern dem Trend vor einigen Jahren, der rund um „Tribute von Panem“ und „Die Bestimmung“ entstanden ist, folgen wollen – leider schon ziemlich verspätet und dann auch noch mit wenig Neuem. Das Buch ist mit den typischen Merkmalen und Klischees aus diesem Gebiet gespickt, die zudem auch eher schlecht als recht umgesetzt worden sind. Das Genre ist meiner Meinung nach bereits viel zu überladen, um mit einer durchschnittlichen Dystopie, die so viele Vorgänger zwangsweise kopiert, zu glänzen. Wäre es die erste Dystopie, die ich je gelesen hätte, wäre mein Eindruck sicherlich viel positiver. So aber konnte ich das Meiste voraus ahnen und mich nur über die Parallelen ärgern, die ich ständig zu anderen Büchern sah.

Bewertung vom 05.06.2016
Für immer in deinem Herzen
Shipman, Viola

Für immer in deinem Herzen


ausgezeichnet

„Für immer in deinem Herzen“ von Viola Shipman ist ein stimmungsvoller Sommerroman, eine berührende Generationsgeschichte, ein gefühlvolles und gleichzeitig heiteres Buch. Im Zentrum stehen die drei Frauen der Familie Lindsey – Großmutter Lolly, Mutter Arden und Tochter Lauren – die sich in ihrem Heimatort am Lost Land Lake wieder zusammenfinden, nachdem Lolly eine alte Tradition wieder hat aufleben lassen: Mit dem Verschicken von je einem Anhänger an ihre Tochter und Enkelin erinnerte sie diese an die alte Bedeutung des Bettelarmbands, ein Schmuckstück, welches jede von ihnen besitzt und welches gleichzeitig die Familienhistorie und bedeutsame Erinnerungen in sich trägt. Zusammen verbringen die drei Generationen einen Sommer am See, voller alter Geschichten, des Voneinander-Lernens und am wichtigsten – der Wieder-Annäherung.

Die Idee des Bettelarmbandes ist sehr originell und wird perfekt umgesetzt. Das Buch ist in insgesamt dreizehn Teile gegliedert, von denen jeder jeweils unter dem Namen und der Geschichte eines Anhängers steht. Dadurch wird die Geschichte mit einer wunderschönen und sinnbildlichen Symbolik verknüpft. Gleichzeitig wird eine enge Verbindung zwischen Rückblenden und der gegenwärtigen Handlung aufgebaut, wieder basierend auf den Anhängern. Diese zeitlichen Mischungen harmonieren perfekt miteinander und sind durch ihre Parallelen ausdrucksstark und gefühlvoll. Es kommen viele wichtige Botschaften zum Ausdruck, sodass das Buch sich leicht in die Gedanken und in den Alltag schleicht und noch lange nachhallt. Dadurch dient die Geschichte nicht nur der Unterhaltung (die natürlich auch gegeben ist), sondern regt darüber hinaus zum Nachdenken an.

Die Handlung hält immer wieder einige Überraschungen bereit. Besonders die Lollys Geschichten über die Anhänger, also die Rückblenden in die Vergangenheit, lassen sich nie vorausahnen. Die Charaktere selbst sind allesamt einzigartig und lebendig. Jede von ihnen hat ihre eigenen Wünsche, Ängste und legt im Verlauf des Buches eine beeindruckende Entwicklung zurück. Es ist schön, die Interaktion zwischen den Generationen zu beobachten. Das Zusammenleben von Lolly, Arden und Lauren ist sehr unterhaltsam zu lesen – mal lustig, mal gefühlvoll und auch mal traurig geschildert merkt man doch die enge und vor allem wachsende Verbindung und Liebe zwischen den dreien.

Der Schreibstil ist bemerkenswert einfach und locker und gleichzeitig an den richtigen Stellen poetisch. Ich selbst bin förmlich durch das Buch geflogen – es ist sehr leicht und schnell zu lesen und wird nie langweilig. Im Gegensatz: die Geschichte von Lolly, Arden und Lauren hält einen gefangen, sodass die Seiten nur so dahin fliegen. Die Kulisse am Lost Land Lake wird wunderbar beschrieben und lässt die perfekte Sommerlaune aufkommen.

Einzige kleine Anmerkung: Ab und zu schweift die Geschichte und Sprache hinüber ins „Kitschige“, was viele bekannterweise abschreckt. In diesem Buch finde ich aber Szene und Phrasen, die so in der Realität nie vorkommen würden, überhaupt nicht schlimm, sondern viel eher passend. Dadurch werden die Botschaften viel besser übermittelt und bekommen durch die unglaublichen Geschichten mehr an Ausdrucksstärke. Außerdem passt es einfach zum Stil und Genre des Buches: es ist nun mal ein gefühlvoller Sommerroman, der nicht immer realitätsgetreu sein muss.

Die Autorin beeindruckt noch einmal in der sehr schönen Dankesrede. Man merkt während des gesamten Lesens, dass sie mit ihrem ganzen Herzen hinter dieser Geschichte und ihren Worten steht. Diese persönliche Bedeutung wird in ihren abschließenden Worten noch einmal deutlich und trägt meiner Meinung nach viel zu dem Wert des Buches bei.

Abschließend kann ich dieses Buch nur weiter empfehlen. Es ist die perfekte Sommerlektüre und vereint alles, was man sich davon verspricht: Humor, Gefühl, Vergangenheit, Stimmung und Botschaften zum Nachdenken.