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lilie125

Bewertungen

Insgesamt 9 Bewertungen
Bewertung vom 31.03.2024
Happy Hour
Granados, Marlowe

Happy Hour


sehr gut

Inhalt:
In „Happy Hour“ begleiten wir die Protagonistin und ihre beste Freundin Gala, die einen Sommer in New York verbringen, tagsüber Kleider verkaufen und den ein oder anderen dubiosen Nebenjob ausüben und bei Nacht von Bar zu Bar ziehen, umgeben von den Reichen und Schönen der Upper East Side.

Meine Meinung:
Der Roman fängt die flirrende Sommerhitze, das Nachtleben und die Unbeschwertheit der vielen Sommernächte mit Leichtigkeit ein. Im Leben von Isa und Gala dreht sich alles darum, Spaß zu haben, im Hier und Jetzt zu leben und Zukunftssorgen zu verdrängen. Ihr Geld ist stets knapp, ihre Outfits extravagant und ihre Tricks, um an Geld zu gelangen, endlos.
Dabei gelingt es dem Roman auf unterhaltsame Art und Weise, diese oberflächlich unbeschwerte Stimmung einzufangen. Es hat mir richtig Spaß gemacht, Isa und Gala auf ihren nächtlichen Eskapaden zu begleiten.
Gleichzeitig vermittelt der Roman aber auch sehr feinfühlig die Klassenunterschiede und zeichnet spitzfindig und mit einem klugen Blick ein Bild der Reichen und der Schönen und den vielen kleinen Demütigungen, die damit einher gehen, nicht dazuzugehören. Es stellt sich immer wieder die Frage, ob diese schöne Welt den Aufwand überhaupt wert ist.
Der Schreibstil lässt sich locker und leicht lesen und fängt dadurch auch das unbeschwerte und freie Gefühl der Partynächte gut ein.
Dabei treibt der Roman aber eher langsam vor sich hin. Wer bei einem Roman eine spannende oder mitnehmende Handlung braucht, wird mit „Happy Hour“ eher nicht glücklich werden. In der Mitte des Romans wurde mir der Roman teilweise auch etwas zu müßig und konnte mich nicht mehr so in seinen Bann ziehen wie zuvor.
Insgesamt habe ich den Roman aber sehr gerne gelesen. Ich kann „Happy Hour“ allen empfehlen, die stimmungsvolle Romane ohne viel Handlung mögen, die einen klugen Blick auf die Gesellschaft werfen.

Bewertung vom 08.02.2024
Lichtungen
Wolff, Iris

Lichtungen


sehr gut

Inhalt:
Der Roman handelt von Lev, der im kommunistischen Rumänien aufwächst. Zu seiner Kindheitsfreundin Kato verbindet ihn eine ganz besondere Freundschaft. Als die europäischen Grenzen sich wieder öffnen, bricht Kato in den Westen auf, während Lev zunächst zurückbleibt.

Meine Meinung:
Der Roman behandelt auf nur wenigen Seiten, aber mit sehr dichter Sprache, das Aufwachsen unter der Ceaușescu-Diktatur und den anschließenden Aufbruch vieler in den Westen.
Großartig fand ich dabei die sehr bildhafte Sprache der Autorin, die nur sehr langsam lesbar ist, aber den Roman erst zu etwas richtig Besonderem macht. Dabei werden manche Details übergenau beschrieben, manche Dinge hingegen werden nur oberflächlich erzählt, was das Gefühl erzeugt, es handele sich tatsächlich um Erinnerungen.
Lev wurde für mich als Protagonist sehr greifbar, Kato hingegen blieb stets etwas verschwommen, was daran lag, dass man als Leser stets nur Levs Perspektive auf Kato bekommt, der sie sein ganzes Leben lang ein wenig anhimmelt. Dennoch fand ich es sehr spannend, den beiden beim Aufwachsen zuzusehen.
Auch thematisch fand ich den Roman sehr ansprechend. Das Leben unter der kommunistischen Diktatur und die vielen kleineren Auswirkungen auf den Alltag der Charaktere, wurde sehr gut deutlich, auch wenn auf vieles nur angespielt wurde. Das Buch bietet insoweit auf jeden Fall einen spannenden Einblick und Perspektive.
Außergewöhnlich an der Erzählweise ist, dass der Roman rückwärts erzählt wird. Als Stilmittel fand ich das durchaus interessant, aber leider hat es mich zu Beginn eines neuen Kapitel stets wieder aus dem Lesefluss gerissen, was ich als nicht so angenehm empfunden habe.
Dennoch kann ich den Roman auf jeden Fall empfehlen, sofern einen die genannten Themen ansprechen und eine etwas dichtere Sprache kein Problem darstellt.

Bewertung vom 06.08.2023
Vom Ende der Nacht
Daverley, Claire

Vom Ende der Nacht


sehr gut

Inhalt:
An einem Lagerfeuer lernen sich Will und Rosie kennen, die sich sofort zu einander hingezogen fühlen. Es folgen gemeinsame Spaziergänge zum Leuchtturm und lange Gespräche bis tief in die Nacht. Doch das Leben wirft ihnen immer wieder Steine in den Weg und lässt sie auseinander driften.

Meine Meinung:
Ein Roman über eine tiefgründige Liebesgeschichte, die sich über viele Jahre spannt – so lautet die Prämisse, die mich sofort interessiert hat.
Und die Erzählung folgt Will und Rosie wirklich über eine lange Zeit und zeigt sie in verschiedenen Stadien des Erwachsenwerdens. Die Dynamik zwischen den beiden hat mir sehr gut gefallen, ebenso wie die Charaktere an sich. Beide waren mir sofort sympathisch, sehr greifbar und dreidimensional. Ich konnte bei ihrer Liebesgeschichte sehr gut mitfiebern und habe das Buch bis zur letzten Seite gespannt gelesen. Teilweise war vielleicht etwas zu viel „hin und her“, aber ich habe sie dennoch gerne auf ihrem Weg begleitet.
Auch der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Der Autorin gelingt es sehr gut die teils recht melancholische Stimmung einzufangen.
Der Roman handelt auch bei weitem nicht nur von der Liebesgeschichte zwischen Will und Rosie, sondern es werden auch einige sehr ernste Themen aufgegriffen. So geht es um Depressionen, um Zwangsstörungen, um Alkoholismus, ein teils sehr gestörtes Essverhalten und auch der Tod und die Trauerbewältigung kommen zur Sprache (also definitiv einige Triggerwarnungen an der Stelle!). Dabei fand ich es jedoch schade, dass hier nur an der Oberfläche gekratzt wurde und eine wirklich tiefgreifende Behandlung und Betrachtung der Themen nicht stattfindet.
Auch die Charakterentwicklung fand ich nicht sehr überzeugend, da sie zunächst nicht wirklich und dann sehr sprunghaft stattfindet. Hier hat mir teilweise einfach ein bisschen der Draht zu den Protagonisten gefehlt.
Dennoch hatte ich viel Freude beim Lesen des Buches und habe es sehr genossen, in diese Welt einzutauchen. Wer auf der Suche nach einem sprachlich überzeugenden Roman über eine schöne Liebesgeschichte ist, der wird hier trotzdem auf jeden Fall fündig und dem kann ich den Roman auf jeden Fall empfehlen.

Bewertung vom 02.07.2023
Idol in Flammen
Usami, Rin

Idol in Flammen


sehr gut

Inhalt:
Der Roman handelt von Akari, einer Schülerin, die das Mitglied einer J-Pop-Gruppe, Masaki, zu ihrem Lebensinhalt gemacht hat. In ihrer Freizeit schreibt sie einen Blog über ihr Idol, sammelt alle Fakten über ihn und gibt ihr ganzes Geld für Fan-Artikel aus. Doch dann werden Gerüchte laut, dass Masaki einen weiblichen Fan geschlagen habe und Masaki erlebt einen großen Shitstorm. Damit beginnt auch Akaris Leben außer Kontrolle zu geraten.

Meine Meinung:
Der Roman ist sehr kurz, hat aber mit nur wenigen Seiten eine unglaubliche Sogwirkung auf mich aufgebaut. Überraschenderweise, obwohl ich persönlich wirklich nicht viel mit Fankults am Hut habe, konnte ich mich sehr gut in Akari hineinversetzen. Die Autorin schafft es, einen sehr greifbaren, verletzlichen Charakter zu schaffen, für den ich sehr viel Empathie entwickeln konnte. Es wurde dabei aber auch sehr gut deutlich, wie sehr das eigene Leben unter dieser Vergötterung einer anderen Person leiden kann. Akaris eigenes Leben tritt teils völlig hinter dem ihres Idols zurück. Der Roman nimmt sich dieser verrückten Fan-Kultur also auch durchaus sehr kritisch an.
Auch das Thema psychische Gesundheit spielt in dem Roman eine wichtige Rolle. Besonders hier war es wirklich bereichernd, dass die Protagonistin so nachvollziehbar geschrieben war und man sich wirklich in sie einfühlen konnte. Etwas schade fand ich hierbei nur, dass das Thema „Heilung“ ein wenig zu kurz gekommen ist und auch den schweren Weg, den eine solche bedeuten kann, nicht wirklich ersichtlich wird.
Allgemein war das Ende ein bisschen zu abrupt und der Roman insgesamt ein bisschen zu kurz für meinen Geschmack. Es gab einige Themen, bei denen ich mir gewünscht hätte, dass die Autorin ein wenig mehr in die Tiefe geht und sie noch mehr ausschöpft.
Der Schreibstil allerdings hat mir sehr gut gefallen. Er war ebenfalls teilweise etwas abrupt und ein Ticken skurril, aber das hat sehr gut zur Geschichte gepasst und auch Akaris Gedankenwelt richtig greifbar werden lassen.
Insgesamt ist es auf jeden Fall ein spannender und interessanter Roman, den ich so bislang noch nicht gelesen habe und den ich auf jeden Fall empfehlen kann!

Bewertung vom 22.05.2023
Happy Place
Henry, Emily

Happy Place


ausgezeichnet

Inhalt:
Das ehemalige Traumpaar Harriet und Wyn ist schon seit sechs Monaten getrennt, nur weiß das ihre Freundesgruppe noch nicht. Als der jährliche gemeinsame Urlaub ansteht, bringen sie es nicht übers Herz, ihre Freunde mit der Trennung zu konfrontieren und spielen weiterhin das perfekte Paar.

Meine Meinung:
„Happy Place“ ist genau der Wohlfühlroman, den ich mir von Emily Henry erhofft hatte. Die Liebesgeschichte zwischen Harriet und Wyn ist süß, leidenschaftlich und emotional und es hat richtig Spaß gemacht, mit ihnen mitzufiebern. Ihre Geschichte konnte mich von der ersten Seite an packen. Dabei kratzt der Roman nicht nur an der Oberfläche, sondern geht ausreichend in die Tiefe und beleuchtet auch ihre vergangene Beziehung intensiv, sodass sich ihre Gefühle für einander sehr authentisch anfühlen. Das Knistern zwischen den beiden konnte man beim Lesen förmlich spüren. Eine wirklich großartige Liebesgeschichte!
Dabei hat es mir gut gefallen, dass man nicht nur die derzeitige Perspektive auf ihre Beziehung hat, sondern dass es im Laufe des Romans immer wieder Rückblenden gibt, wodurch sich erst ein richtig „rundes“ Bild ergibt.
Auch die Charaktere konnten mich überzeugen. Harriet und Wyn waren mir beide sofort richtig sympathisch und ich habe sie gerne auf ihrem Weg begleitet. Dabei wirkten sie unglaublich greifbar und einfach sehr „menschlich“. Zusammen funktionieren die beiden großartig. Toll fand ich aber auch, dass es im Laufe des Romans ebenso sehr um ihre persönliche Charakter-Entwicklung geht, ihre Wünsche und Träume und um ihre Suche nach sich Selbst. Dabei wird auch die Rolle ihrer jeweiligen Familien und ihres Aufwachsen toll beleuchtet.
Die Freundesgruppe bietet ebenfalls einige spannende Charaktere, über die ich sehr gerne gelesen habe. Kein einziger von ihnen wirkt zu flach oder zu klischeebeladen. Vielmehr habe ich ihre einzigartige Freundschaftsdynamik richtig genossen!
Dabei finde ich es toll, dass diese Freundschaften neben der Liebesgeschichte ebenfalls eine sehr zentrale Rolle in dem Roman spielen. Die Freundinnen Harriet, Cleo und Sabrina sind seit ihrem ersten Jahr an der Uni beste Freundinnen und müssen im Laufe des Buches damit kämpfen, dass sie mit Ende zwanzig nun langsam ganz unterschiedliche Leben führen und sich immer weiter auseinander leben. Durch diese Komponente wurde der Roman erst richtig abgerundet und fühlt sich komplett und einfach sehr „echt“ an.
Ebenfalls positiv hervorheben lässt sich Emily Henrys Schreibstil, der sich sehr flüssig lesen lässt und der es geschafft hat, mich sofort in seinen Bann zu ziehen und Urlaubsstimmung bei mir zu wecken.
Zusammenfassend ist der Roman für mich die perfekte Wohlfühl-Lektüre für den nächsten Sommerurlaub! Wer auf der Suche nach einer süßen Romanze mit ein bisschen emotionalem Tiefgang ist, wird hier auf jeden Fall fündig!

Bewertung vom 04.11.2022
Der Pfirsichgarten
Fu, Melissa

Der Pfirsichgarten


ausgezeichnet

Inhalt:
Der Roman schildert die Geschichte einer Familie, die sich über sieben Jahrzehnte spannt und im China der 1930er Jahre beginnt. Die junge Mutter Meilin muss mit ihrem Sohn Renshu vor dem japanisch-chinesischen Krieg durch ganz China fliehen und immer wieder neu anfangen. Jahre später ist Renshu in die USA ausgewandert und lebt dort nun unter dem Namen Henry Dao. Er versucht mit allen Mitteln seine traumatische Vergangenheit zu verdrängen. Seine Tochter Lily möchte aber unbedingt mehr über ihre chinesischen Wurzeln erfahren.

Meine Meinung:
Der Debütroman von Melissa Fu hat mich nachhaltig beeindruckt, so sehr war ich von der Handlung und ihren Charakteren in ihren Bann gezogen. Zwar handelt es sich um eine fiktionale Geschichte, aber die Autorin wurde von den Erfahrungen ihres eigenen Vaters inspiriert. Vielleicht auch deshalb konnte sie die unterschiedlichen Schicksale mit unglaublich viel Einfühlungsvermögen beschreiben. Ich konnte mich sehr gut in alle Charaktere hineinversetzen und mit ihnen mitfühlen. Dabei balanciert der Roman eine sehr gute Mischung aus menschlicher Verzweiflung, Trauer und Angst, aber auch Hoffnung und familiärer Liebe.
Gleichzeitig hat mir der Roman auch viele Aspekte der chinesischen Geschichte vermittelt, mit denen ich bislang nicht vertraut war, so beispielsweise den japanisch-chinesischen Krieg, den chinesischen Bürgerkrieg und wie sich die heutige Stellung Taiwans entwickelte. Die Autorin hat sehr gut recherchiert und wenn man die Ereignisse ab und zu auch noch googelt, ist der Roman wirklich sehr lehrreich und interessant.
Der Schreibstil war ebenfalls eine perfekte Mischung. Der Autorin gelang es stets, bestimmte Szenen zum Leben zu erwecken und mich an einen anderen Ort zu transportieren. Gleichzeitig lies sich der Roman sehr flüssig lesen.
Alles in allem ein wirklich beeindruckendes Debüt! Für mich war der Roman ein absolutes Highlight und ich bin gespannt auf weitere Romane der Autorin. Deshalb gibt es von mir eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 06.10.2022
Miss Kim weiß Bescheid
Cho, Nam-joo

Miss Kim weiß Bescheid


sehr gut

Inhalt:
Das neue Buch von Cho Nam-Joo dreht sich wieder um das Leben ganz gewöhnlicher koreanischer Frauen. Dieses Mal handelt es sich um eine Kurzgeschichtensammlung über acht unterschiedliche Frauen ganz verschiedenen Alters.

Meine Meinung:
Kurzgeschichten sind immer eine Herausforderung, wenn es darum geht, ein Fazit zu bilden. Einige der Geschichten haben mich sofort in ihren Bann gezogen und mich auch nachhaltig beeindruckt. Gleichzeitig gab es auch welche, mit denen ich nicht so viel anfangen konnte und die mir etwas belanglos vorkamen. Welche Kurzgeschichten mich besonders berührt haben, hängt natürlich auch stark mit meinen eigenen Erfahrungen zusammen und wie sehr ich mich mit den Charakteren identifizieren konnte. Ich denke aber, dass jeder hier etwas finden kann, das ihn anspricht.
Die zugrundeliegenden Themen fand ich sehr spannend. Ein besonderer Fokus liegt wie bei Cho Nam-Joos erstem Roman auf der Rolle der Frau in der koreanischen Gesellschaft. Dabei war ich erneut erstaunt, wie sehr die Geschichten teilweise mit mir räsoniert haben – trotz der kulturellen Unterschiede. Besonders präsent war die Erfahrung der Mutterschaft und die Vereinbarkeit von Familie und Berufsleben. Auch sexualisierte Gewalt und manipulative Beziehungen werden thematisiert. Interessant fand ich, dass man in der letzten Kurzgeschichte auch einen Einblick in dar Corona-Managment an koreanischen Schulen bekommt, sowie in das rigoroses Schulsystem, in dem Nachhilfeinstitute eine Normalität sind. Ganz besonders gut gefallen haben mir aber die Kurzgeschichten „Lieber Hyunnam“ und „Große Mädchen“.
Die Charaktere in allen Geschichten wirkten unglaublich authentisch. Die Autorin beherrscht es, menschliche Interaktionen und nackte menschliche Gedanken und Gefühle zu sezieren und auf den Punkt zu bringen. Dabei begegnet sie all ihren Charakteren mit sehr viel Empathie und ohne sie zu verurteilen.
Auch der Schreibstil konnte mich überzeugen. Cho Nam-Joo erweckt ihre Welten mühelos zum Leben und hat mir großartige Einblicke in die koreanische Kultur geboten. Ich habe mich immer sofort in die jeweilige Szene transportiert gefühlt.
Alles in allem hat mir das Buch wirklich gut gefallen, auch wenn die ein oder andere Kurzgeschichte vielleicht nichts für mich war. Von mir gibt es auf jeden Fall eine Leseempfehlung, insbesondere an alle, denen bereits „Kim Jiyoung, geboren 1982“ gefallen hat.

Bewertung vom 06.10.2022
Unsre verschwundenen Herzen
Ng, Celeste

Unsre verschwundenen Herzen


ausgezeichnet

Inhalt:
Nach der einer großen Krise wird in Amerika „PACT“ eingeführt, ein Gesetz, das für Stabilität sorgen soll. Dies führt dazu, dass vor allem asiatisch-stämmige Menschen diskriminiert werden und dass Kinder ihren Eltern weggenommen werden, wenn diese „unpatriotisch“ sind.
Der zwölfjährige Bird lebt bei seinem Vater und hat seine Mutter seit drei Jahren nicht mehr gesehen. Als er einen Brief von ihr erhält, macht er sich auf die Suche nach ihr.

Meine Meinung:
Der Roman ist eine Dystopie, die hochaktuell ist und gar nicht so weit entfernt wirkt. Gekonnt zeigt Celeste Ng auf, wie sich aus der Krise langsam ein System der Tyrannei entwickelt – getragen von der Mehrheit der Bevölkerung – und wie es funktioniert und von der Angst der Menschen lebt. Wie eine Gruppe von Menschen den Sündenbock spielen muss. All das erscheint unglaublich realistisch und nahe, auch weil (wie in der Anmerkung der Autorin benannt) die Dystopie zahlreiche Bezüge zur „realen“ Welt hat.
In diesem Roman glänzt Celeste Ng erneut mit ihrer unglaublichen Sprachgewalt. Teils fast schon lyrisch, fängt sie die bedrückende Stimmung dieser Dystopie und die Verzweiflung der Menschen ein. Mit ihren Worten hat sie mich von der ersten Seite an in ihren Bann genommen.
Wie von der Autorin gewohnt, handelt es sich auch diesmal um ein Familiendrama, das insbesondere von der Beziehung zwischen Mutter und Sohn handelt, die sich so lange nicht gesehen haben. Gleichzeitig geht es in dem Buch aber auch um viel größere Themen wie Rassismus, Meinungsfreiheit, Zensur und Tyrannei. Dabei bleibt aber immer ein gewisser hoffnungsvoller Ton erhalten, der Glaube an das Gute im Menschen.
Die Charaktere fühlen sich real und „menschlich“ an. Bird, der langsam begreift, dass allein sein Aussehen ihn zum Feind vieler Amerikaner macht, wirkt sehr authentisch. Aber auch die Sorgen, Ängste und Zweifel seiner Mutter waren sehr gut nachvollziehbar. Ich konnte mich in beide hineinversetzen und mit ihnen mitfühlen.
Diese unglaublich ernste und wichtige Geschichte ist mit unter die Haut gegangen und wird mich noch eine ganze Weile begleiten. Für mich war „Unsre verschwundenen Herzen“ ein Jahreshighlight. Deshalb gibt es von mir auch eine ganz klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 04.02.2022
So reich wie der König
Assor, Abigail

So reich wie der König


sehr gut

Inhalt:
Der Roman handelt von der 16-jährigen Sarah, die in Casablanca in den 90er Jahren lebt. Sie gehört einer der unteren Gesellschaftsschichten an und hat das Ziel, die Armut hinter sich zu lassen. Deshalb beschließt sie, den wohlhabenden Driss zu verführen.

Meine Meinung:
Anfangs fand ich die Sprache, insbesondere die langen Sätze und die Brutalität, mit der vieles erzählt wird, sehr gewöhnungsbedürftig.
Gleichzeitig war die fast schon makabere Erzählweise auch sehr faszinierend. Wie diese Welt voller Unterdrückung und Ungerechtigkeit beschrieben wird, hat mich wirklich mitgenommen. Im Laufe des Romans werden immer wieder die Schicksale von Nebenfiguren erwähnt, die häufig sehr bedrückend sind, welche die Geschichte aber sehr lebendig und greifbar gemacht haben.
Je länger ich gelesen habe, desto mehr hat mich der Roman in seinen Bann genommen. Die Geschichte und vor allem die Hauptprotagonisten sind sehr facettenreich und haben mir viel Stoff zum Nachdenken gegeben. Sarah konnte ich anfangs nicht so gut leiden, aber je länger ich sie auf ihrem Weg begleiten durfte und je mehr ich über sie erfahren habe, desto mehr konnte ich mich in sie hineinversetzen. Es war auch sehr schön zu sehen, welche Charakterentwicklung sie mit der Zeit durchmacht.
Casablanca in der 90ern Jahren ist ein wirklich tolles und einzigartiges Setting, das mich sehr fasziniert hat. Die Autorin schreibt sehr bildhaft, sodass sich der Ort beinahe zum Greifen nahe anfühlt. Die verschiedenen Bräuche der muslimisch geprägten Kultur werden auch sehr gut geschildert.
Zusammenfassend ist es ein wirklich gutes und packendes Buch, das die Ungerechtigkeit einer Gesellschaft aufzeigt, die voller Unterdrückung ist und in der Menschen der unteren Gesellschaftsschichten kaum Hoffnung auf eine bessere Zukunft haben. Manchmal, insbesondere am Anfang vom Buch, hat mich die brutale Schreibweise der Autorin etwas überfordert, aber mit der Zeit habe ich mich daran gewöhnt. Entsprechend gibt es von mir 4 von 5 Sternen.