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pwb
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Pisa

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Bewertung vom 24.01.2022
Asterix und der Greif / Asterix Bd.39
Ferri, Jean-Yves;Conrad, Didier

Asterix und der Greif / Asterix Bd.39


gut

Der neue Asterix ist also wieder ein Reiseabenteuer, leider, um es gleich zu sagen, nur ein mittelprächtiges. Das liegt hauptsächlich daran, dass bis zuletzt nie wirklich klar wird, wohin es denn eigentlich gehen soll. Natürlich in das Land des Greifs, aber dazu passen mir spontan gleich mehrere Arbeitstitel ein: Asterix bei den Skythen (Ukrainer), Asterix bei den Sarmaten (Russen), Asterix bei den Amazonen oder Asterix auf den Spuren Herodots.
Das sind vier dankbare Themen, an denen man sich abarbeiten konnte. Für Goscinny und Uderzo zu ihren besten Zeiten wäre es wohl ein gefundenes Fressen gewesen, aber hier wird alles nur angerissen und nichts schafft es, klar in den Mittelpunkt der Geschichte zu rücken.
Fangen wir an mit den Skythen. Die sind schon mal ganz falsch gezeichnet, dunkelhäutig, während die Griechen sie immer als blond und hellhäutig beschrieben. Wir wollen nicht kleinlich sein, aber die beiden Skythen in diesem Band bleiben ganz blass, auf der modernen Karte Europas wüsste niemand sie einzuordnen.
Also vielleicht die Russen, pardon Sarmaten? Früher hätte Goscinny die gesamte russische Geschichte einbezogen, Faubergé-Eier, ein Bernsteinzimmer, einen Schnauzbartträger und seinen Erben, der mit dem Stiefel aufs Pult klopft, einen Schamanen mit Feuermal, der vom sträflichen Zuspätkommen faselt. Na ja, das haben die Franzosen wohl irgendwie verpasst. So wird nur einmal ziemlich lehrerhaft der Borscht erwähnt und ansonsten beschränken sich die Bezüge zur russischen Kultur auf die Namen der Frauen: Kalaschnikowa und Matrjoschkowa.
Dann vielleicht die Amazonen? Die sind nicht schlecht gezeichnet, aber auch nicht überragend. Am besten ist die schöne Kalaschnikowa, die allen Römern den Kopf verdreht und immer nur Pfff! antwortet. Leider spielt sie in der zweiten Hälfte bald keine Rolle mehr. Weit vielversprechender wäre auf jeden Fall eine Untersuchung der Frauenherrschaft auf ihre gesellschaftlichen Implikationen gewesen. Aber der beste Witz, der den Autoren zum Matriarchat einfällt, ist der, dass die Männer nach dem Fest den Abwasch machen müssen.
So sind die besten Figuren diesmal eindeutig die Römer auf den Spuren Herodots, besonders der Venator Ausdimaus und der Geograph Globulus, der immer den alten griechischen Gelehrten Rigoros von Migraene zitiert. Hier lernt man, wo die Inspiration für den Band wirklich herkommt, denn hinter diesem Namen verbirgt sich wohl der Dichter Aristeas von Prokonnesos, der in seinem Epos Arimaspeia von den einäugigen Arimaspen und den goldhütenden Greifen im hohen Norden sang. Schade, dass die Arimaspen nicht vorkommen, aber das Ende ist doch in erstaunlicher Übereinstimmung mit den antiken Quellen.
Indes, auch hier wäre mehr möglich gewesen. Mit der Mauer aus Eis, wohl eine Anspielung auf Game of Thrones, ist vielleicht auch der Ural gemeint, und das hätte der verirrte Globulus durchaus mal andeuten können: "Uralte Gletscher! Ist das noch Europa oder sind wir schon in Asien?"
Insgesamt gibt es zu viele belanglose Füllsel. Mit einigen Figuren können die Autoren diesmal irgendwie gar nichts anfangen, allen voran Miraculix und die Piraten.
Weit besser gelungen ist da eine der Nebenfiguren in der römischen Legion, der Verschwörungstheoretiker Fakenius, der die Mechanismen der sozialen Medien ganz wunderbar karikiert.
So ist nicht alles schlecht, ganz im Gegenteil, aber das Potential wurde nicht ausgeschöpft.

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