Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Schwebke
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 4 Bewertungen
Bewertung vom 10.05.2016
Zwischen Schlaubetal und Spreewald
Schuster, Hans-Georg;Trunschke, Hellmut

Zwischen Schlaubetal und Spreewald


ausgezeichnet

Wandern, die Umgebung erkunden, Neues sehen und mit allen Sinnen in sich aufnehmen – was für eine wohltuende Beschäftigung!

Impulse für lohnende Ziele bietet der Bildband „Zwischen Schlaubetal und Spreewald“ von Hans-Georg Schuster und Hellmut Trunschke, präsentiert vom Michael Imhof Verlag. Beim ersten Blättern fallen mir die wunderschönen großformatigen Fotos von den Landschaften und Stadtansichten auf. Dann die Impressionen von den Städtchen und Dörfern. Alles mit wissenswerten Texten versehen. Durch den Abdruck einer Landkarte lässt sich die Wanderung gut verfolgen.
Das Herausragende an diesem Band sind für mich die meisterhaften Fotos: die Aufnahmen von der durch das Blattwerk der Bäume schimmernden Sonne oder den sich im Wasser spiegelnden Wolken. Sie werden ergänzt durch die Worte über Geschichte und Kultur der Siedlungen. Alles gibt eine Vorstellung von den Besonderheiten eines kleinen Gebietes vor meiner „Haustür“. Sie regen an, von der „Bilderwanderung“, wie sie im Untertitel versprochen wird, in die Realität zu gehen. Die Pfingsttage stehen vor der Tür!

Karla Popp

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.04.2013
Grundrechte
Schaffer, Ulrich

Grundrechte


ausgezeichnet

Ulrich Schaffer
GrundRechte – Ein Manifest

Und immer wieder stand und steht für mich die Frage nach meinen Grundbe-dürfnissen im Raum. Nicht zu wissen, welche diese sind, führt zum Glauben rechtlos zu sein, sie nicht für sich einzufordern und macht ängstlich, willen- und mutlos; macht unfähig, zu widerstehen; macht unsicher – unsicher, ob man man selbst sein darf; macht beliebig bis zur eigenen Unkenntlichkeit anpassungsfähig; machte mir Druck, alles richtig machen zu müssen, bis ich vergaß, was ich will und wer ich bin und macht es möglich, zu erstarren in seiner Persönlichkeitsentwicklung sowie süchtig zu werden.
Anregungen zum Weiterdenken in meiner Situation fand ich in dem kleinen Büchlein „Grundrechte – ein Manifest“ von Ulrich Schaffer. Dort fand ich ein- bis zweiseitige Texte – Gedichte – die mir beim Grübeln über meine Vergangenheit, Gefühle und Erlebtes in nassen Zeiten, nun in trockenen, wieder Mut machen, das scheinbare Wirre und Unwirkliche in meiner Entwicklung und meinem Verhalten mir und anderen gegenüber auf das Wesentliche zurückführen. Nämlich das Recht auf die Grundbedürfnisse: auf das Recht sich zu lieben, zu trauern, zu wachsen, sich zu verändern, aufzubegehren, ungehorsam zu sein, die Tradition nicht hochzuhalten, andere zu verletzen, un¬zufrieden zu sein, zu fragen, sich vor Menschen zu schützen, seine Freunde zu wählen und vieles andere mehr.
Mir als allzu oft verunsicherten Menschen sprechen die von tiefem Humanis-mus geprägten Texte Mut zu. Die Gedichte, kurzen Texte, des Friedens, des Glücks, der Selbstfindung motivieren, trösten und geben Raum für Ruhe. Sie sind liebe¬voll geschrieben und stellen den Menschen mit seinen Grundbedürf-nissen in den Mittelpunkt. Sie könnten die vielen von den Regierenden erlasse¬nen gesetzgebe¬rischen Akte der Ver- und Gebote im gesellschaftlichen Leben als Grundlage – als Manifest – für ein menschliches Miteinander ersetzen. Wie oft dachten und denken wir Abhängigen und Unabhängigen, trocken o-der/und clean an die Fehler, die wir machten, das Leid, was wir anderen zu-fügten und quälten uns und andere mit der Frage der Vergebung.

DU HAST DAS RECHT, FEHLER MACHEN ZU DÜRFEN.
Fehler sind schlimm, schlecht, furchtbar
und immer mit Schuld verbunden.
So hast du es gelernt
und tief in dich aufgenommen.
Fast bist du handlungsunfähig geworden,
weil die Angst vor dem Fehler-Machen
wie eine Drohung über dir hing.
Der beste Hochspringer
hat wahrscheinlich im Training
die Latte am häufigsten gerissen.
Er ist ein guter Hochspringer geworden,
weil er nach jedem Sprung wieder aufgestanden ist
und sich gemerkt hat, wo sein Fehler war.
Beim nächsten Sprung hat er versucht,
den Fehler zu korrigieren,
und hat nicht aufgegeben, trotz seiner Fehler.
Verhängnisvoll ist die Angst,
die jedes Risiko vermeidet,
die in der Untätigkeit die Lösung sieht,
der die Selbstgerechtigkeit wichtiger ist
als das Wachstum der Person
und die Gott als Fehlersucher versteht.
Weil du lebendig bist,
hast du das Recht, Fehler zu machen.
(aus: Schaffer, Ulrich; Grundrechte, Ein Manifest. – S. 18)

Wir leben unser Leben. Ein Leben mit Lust und Last, mit Freude und Leid, mit Energie, Beziehungen und Krisen in allen möglichen und auch unmöglichen Lebenslagen, Farben und Stimmungen. Vergebung setzt Schuld und fehlerhaftes Verhalten voraus. Wenn wir es mit dem Recht auf Fehler ernst meinen, dann setzt dies auch voraus, Verhalten und Schuldig-Werden nicht moralisch zu be- oder gar zu verurteilen. Dazu ermutigt uns auch der Text Schaffers: „Du hast das Recht, Fehler machen zu dürfen“. Und hier finde ich Trost, Zuversicht und irgendwie wird mir auch eine große Last von den Schultern genommen, wenn ich auf meine Vergangenheit mit all ihren Wirren und Widrigkeiten auch in nassen Zeiten zurückblicke.

Bewertung vom 14.07.2011
SPREEWALD
Schuster, Hans-Georg

SPREEWALD


ausgezeichnet

Die Wiederentdeckung des Sinnlichen – „Spreewald – Eine sinnliche Wanderung“

Während meiner Alkoholentwöhnung entdeckte ich wieder, was mir in nassen Zeiten fast völlig verloren gegangen war. Das Gefühl für das Sinnliche, der Zugang zu den Schönheiten der Natur. Die Geschmackssinne wurden wieder freigelegt, die Geruchssinne vielfältiger. Und vor allem: Ich musste es erst wieder lernen, das Sinnliche zu empfinden – und ich genieße es bis heute. Im Wechsel vom Winter zum Frühling – duftender Wald, grüne Wiesen, die sprießenden Knospen und herauskommenden Blüten und ihre Düfte, die Vögel singen „wieder“. Der Alkohol-Tunnel-Blick verschwand fast unbemerkt und ich konnte mich den Schönheiten der Natur wieder hingeben. Später entdeckte ich in der Großstadt auf den Wiesen Blumen, in den Parks den Duft des Herbstlaubs. Ich hielt mein Gesicht wieder in die Sonne und empfand dies als angenehm. Mich zog es ins grüne Umland nach Brandenburg, in die, ruhige, vom Tourismus weitgehend unberührte Natur des Oderbruchs und anderer Landschaften.
Nunmehr also aufnahmefähig und vorbereitet auf weitere Empfindungen und Erfahrungen entdeckte ich ein wunderbares, absolut lesens- und anschauenswertes Büchlein mit dem Titel „Spreewald – Eine sinnliche Wanderung“. Mit seiner Veröffentlichung legt Hans-Georg Schuster ein liebevolles Bekenntnis zum Spreewald ab und lädt den Leser zum Wandern und Entdecken in eine einzigartige Natur- und Kulturlandschaft ein. Spreewald verband sich in meiner Vergangenheit mit „feucht-fröhlichen“ Kahnfahrten. Nun wurde mein Blick auf ganz Anderes gelenkt, auch wenn die Kanäle und Kähne sehr wohl eine Rolle spielen bei Schusters Wanderungen. Die Texte fordern mich geradezu heraus, diesen Flecken Erde erneut oder zum ersten Mal gemeinsam mit meiner Partnerin zu entdecken.
Zuvor lässt der Autor den Leser und die Leserin an seiner Entdeckungstour teilhaben. Die Wanderungen führen u.a. von Köthen um die Heideseen, zur Schinkelkirche und zur Mühle von Straupitz, auf den Johannismarkt, durch die "Zauberwelt Hochwald", ins Lagunendorf Lehde, oder um den Schwielochsee. Auf der Rückseite des Buches heißt es u. a.: „…Geprägt vom Labyrinth der 450 Fließgewässer, der Lebensweise der Menschen, ihrer Geschichte und ihren Traditionen, entfaltet dieser Landstrich einen besonderen Zauber. Das Buch zeigt Lebensräume der Menschen und das seit Jahrhunderten eingespielte Zusammenwirken von Mensch und Natur.“
Durch umfangreiche Recherchen, Detailtreue sowie die Herstellung von historischen Zusammenhängen erhält der Leser hervorragende Einblicke in Vergangenheit und Gegenwart, die Wechselwirkung von Natur und Mensch, Lebensumstände, Sitten und Gebräuche der Menschen dieser einzigartigen Kulturlandschaft. Es sind wirklich lebendige, beeindruckende Geschichten wiedergegeben. Die über 90, zum Teil doppelseitigen großformatigen Fotografien sowie die Naturbeschreibungen, die geschilderten Begegnungen mit den Menschen dieser Region bilden nicht nur ab, sie geben Aufschluss darüber, was sich unter der Oberfläche befindet. Sie sind stimmungsvoll und anregend. Das Buch ist mehr als ein Reiseführer oder ein Bildband. Entstanden sind eine Liebeserklärung an die Spreewälder und eine Einladung in den Spreewald, alles durchdrungen von Sinnlichkeit in Sprache, fantastischen Fotos und spürbaren Empfindungen des Autors und Fotografen zugleich. Das Buch hat mich berührt. Und so lese ich ab und zu darin und lasse mich von den Bildern inspirieren, doch bald einmal im Spreewald zu wandern. Das Beschriebene, das Buch also (und auch der Preis von 9,95 Euro) veranlassten mich, es meinen Freunden und Bekannten in diesem Jahr zu schenken.

Bewertung vom 26.01.2011
Trocken, und nicht verdurstet
Böttcher, Peter- Bernd

Trocken, und nicht verdurstet


sehr gut

Bevor ich nach meiner Alkoholentwöhnungsbehandung entlassen wurde, habe ich mich mit Worten von Thomas Mann, geschrieben 1906 in einem kleinen Aufsatz „Über den Alkohol“*, verabschiedet:
„Stimmung ist nicht Betrunkenheit. Stimmung ist Ausgeschlafenheit, frische tägliche Arbeit, Spazieren gehen, reine Luft, wenig Menschen, gute Bücher, Friede, Friede…“
Mich plagte die Frage, ob und wie ich den Weg in die dauerhafte Abstinenz finden würde, war ich damals doch hin und her gerissen zwischen Hoffnung und Zweifel und in völliger Unkenntnis, wie denn ein Leben ohne Alkohol aussehen könnte. P. Böttcher beendete eben mit dieser Fragestellung sein erstes Buch „Trockenzeit“. Antworten gibt er nach 13 Jahren Trockenheit im 2. Buch. Und immer wieder die Frage für Ab- und unabhängige: Wie kann man auf Dauer ohne Alkohol leben? Zu finden sind unterschiedliche Lebensgeschichten und Denkanstöße. Patentlösungen sucht man erfreulicherweise vergebens, wenn auch der Drang von Betroffenen danach verständlich ist. Da ist die Geschichte von Günthers Flug in die Freiheit. Günther, Polizist, der nach der Therapie seinem Leben wieder einen Sinn gibt, weil er sich seinen Traum vom Fliegen verwirklichen kann. Die Zulassungskommission erteilt ihm, dem trockenen Trinker, die Fluglizenz. Für Günther ein Grund mehr, nüchtern zu bleiben.
Spannend und anrührend zugleich die Lebensbeichte des Chefarztes einer Suchtklinik, der jahrelang ein Doppelleben als Süchtiger führte. Auf einem Flughafen beobachtete er drei junge Männer, die gelassen und frei ihre alkoholischen und alkoholfreien Getränke wählten. Er hatte nur eine Wahlmöglichkeit – den Alkohol. Fred, Förster in vierter Generation, hört wieder die Vögel singen. Er vernahm, dass auf ihn Wetten abgeschlossen worden seien, wie lange er es ohne Alkohol aushalten würde. „Der Trinker als geeignetes Wettobjekt“, unvorstellbar! Wie ein roter Faden zieht sich die Feststellung durch das ganze Buch, dass ein Trinker ein ganz normaler Mensch ist »und es selbst in den schlimmsten Phasen seiner Sucht bleibt«. Amüsant und doch mit der gebotenen Ernsthaftigkeit schildert der Autor die unzähligen, Jahrzehnte währenden Suchtforschungen, deren Ergebnisse den Betroffenen die stille Hoffnung geben können, dass Wunderpillen gegen die Versuchung Alkohol oder als Bremse für maßvolles Trin¬ken das Licht der Welt erblicken. Würmer, Fruchtfliegen und Mäuse sind keine Menschen. So bleiben die Veränderungsarbeit des Betroffenen selbst und „die Hauptlast des Therapeuten, den Abhängigen das geistige Handwerkszeug zu liefern, dauerhaft trocken zu bleiben“. Der Feststellung des Autors, der aus eigenem Erfahrungsschatz schreibt, dass derjenige, der »dem Trinken nicht mit aller Konsequenz Einhalt gebietet, sei¬nem Leben schlimmstenfalls viel zu früh ein Ende setzt« kann ich aus meiner beruflichen Tätigkeit nur zu¬stimmen. Den Alkoholkranken gebührt Verständnis, auch wenn sie bei der Bewältigung ihrer Sucht scheitern können. Ulf, dem Versicherungsvertreter oder Christoph, dem Landwirt widmet Böttcher die letzten Seiten seines Buches statt eines Nachwortes Nachrufe. Ich schätze sehr, dass der Autor auf die besonders drastische Form der Darstellung seines Schicksals sowie das der Weggefährten verzichtet. Stattdessen werden die Beobachtungen sensibel und unspektakulär erzählt. Für mich war das Buch eine Bestätigung der eigenen Erfahrung, dass für einen Trinker das Thema Alkohol auch bei anhaltender Abstinenz immer ein Thema bleibt. Der Autor macht „Betroffenen Mut und regt zur offenen Selbstanalyse“ an. Er beschreibt das Leid der Angehörigen und macht in beeindruckender Weise zugleich deutlich, dass viele trockene Alkoholiker die Bewältigung ihrer Sucht in entscheidendem Maße auch ihren engsten Angehörigen verdanken. Ein Buch für Alkoholab – und unabhängige, das lesenswert ist, kein Ratgeber sein will und doch viele Denkanstöße gibt sowie ein Mehr an Verständnis für diese Krankheit erzeugt. Ein trockener Alkoholiker seit 7 Jahren