Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Roland
Wohnort: 
Wiener Neustadt

Bewertungen

Bewertung vom 20.06.2020
Geschichte Israels
Schmitz, Barbara

Geschichte Israels


gut

Dieses Buch eignet sich wohl zum Kurz- und Schnellstudium der die Königszeit begleitenden Geschichte. Für Historiker mag es eine kurzweilige Lektüre bieten, für Theologiestudenten ist es aber wegen seines einseitigen Deutungsschemas kaum exegetisch hilfreich. Zu exilslastig ist die Erklärung fast aller Textgehalte als "Krisenliteratur" (S. 7). Biblische Lektüre verlangt grundsätzlich nach einer wissenschaftlich-exegetischen und einer sprituellen Auslegung. Das Letztere wird in diesem Buch verständlicherweise methodisch außer Acht gelassen, das Erste, gleichwohl beansprucht, kommt zu kurz.

Gut mehr als 600 Jahre Erzähltradition und theologischer Deutungen werden auf "Erzählkränze" reduziert (S. 130).
Der Sohn Abrahams und Saras wird für Schmitz zu DEM "Verheißungsträger (!)" (S. 132) in der Zeit des Exils – als hätte es 600 Jahre lange zuvor keine Verheißungen gegeben. (?)

Das Muster für Vasallenvertäge sollte erst ab 672 v. Chr. bekannt sein? Gab es das vorher im AO nicht?
Für wie hinterwäldlerisch hält die Verfasserin die Schreiber/Theologen und Propheten am Königshof eigentlich? Diese waren eingebettet zwischen hoch entwickelte Staatenwelten, bemühten sich selber, "Staat zu machen", und sollten zugleich nichts davon mitbekommen haben?
Aber 70 Jahre später waren dann die Rückkehrer aus dem Exil plötzlich alle "theologisch wie literarisch" hochgebildet (S. 57)?

Sehr befremdend wirkt auf S. 131 der Ausdruck "Anfänge der Schöpfung"; überhaupt wird mehrmals von angeblichen "Schöpfungserzählungen" gesprochen, dann aber nicht einmal auch nur der Versuch unternommen, die fundamentalen staatstheologischen Texte von Gen 1-11 in das reduktionistische Deutungsschema "Exilszeit" hineinzuzwängen. Sollte der Autorin hier selber bewusst geworden sein, wie unmöglich dies funktionieren könne?
So wird der gewaltige, aussagestarke Komplex Gen 1-9 in Kap. 6 (S. 124) als "Erzählungen über die Anfänge" (welche eigentlich???) beiseitegeschoben.

Und JHWH wird wie selbstverständlich unter die Baalim subsumiert, als wäre er kein Gott. Doch schließlich steigt er auf zu einer "Staatsgottheit" (S. 42). Offensichtlich verkennt die Autorin die Besonderheit des Jahweglaubens als eines Festhaltens an GOTT gegenüber den Baalim.