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SofieWalden

Bewertungen

Insgesamt 653 Bewertungen
Bewertung vom 20.12.2024
Roter Sommer
Harbour, Berna Gonzalez

Roter Sommer


ausgezeichnet

Der Fußballsommer 2010 und ein mit dem Klerus verwobenes Verbrechen

2010, das Flair des spanischen Sommers vermischt sich mit der Fußballweltmeisterschaft, die in diesem Jahr in Südafrika stattfindet. Das ganze Land fiebert mit und wird bald belohnt werden, mit dem Titel für seine Mannschaft. Doch gerade steht das Viertelfinale an und fast alle schauen zu. Doch das Verbrechen ruht nicht und so wartet auf Comisaria María Ruiz statt des Spiels eine junge männliche Leiche. Bald darauf gibt es einen zweiten Mord und eine Verbindung, die zu der von beiden besuchten katholischen Schule führt. Und es gibt Beweisstücke, Bilder von Missbrauchshandlungen, auf denen einer der dortigen Lehrer zu sehen ist, ein Priester. Im klerikalen Umfeld zu ermitteln ist schwer und das Vordringen in diese Abgründe seitens der Comisaria werden abgeblockt. Doch der Investigativreporter Luna, gerade frisch ausgemustert und arbeitslos, bietet seine Hilfe an. Schon in den 1970er Jahren hat er zu diesem Thema Recherchen angestellt und bereits damals tauchte der Name des Geistlichen in einem solchen Zusammenhang auf.
Dies ist ein packender und wirklich heftiger Ermittlungsroman mit einer sehr eigenen Hauptfigur, eben dieser Maria Ruiz und einem Thema, das heute in einem noch viel größerem Maße aktuell ist, nicht weil erst jetzt solche schlimmen Dinge passieren, sondern weil es noch nicht so lange her ist, dass die Mauern des Schweigens eingerissen werden konnten, weitgehend nicht freiwillig von kirchlicher Seite. Aber, das muss man sagen, es tut sich inzwischen etwas, leider viel zu langsam. Es ist viel passiert. Vertrauen wurde missbraucht und das Handeln der Obrigkeit war skandalös. Nun, dieser Kriminalroman, er handelt davon. Und gerade die Begründungen, Ausflüchte, Entschuldigungen? der klerikalen Institutionen, die hier offenbart werden, machen einen fassungslos.
Ein sehr spannendes Debüt, das Potential zeigt für mehr und dies ja auch bereits eingelöst hat. Vier Bände umfasst diese spanische Krimireihe inzwischen. Der letzte davon wurde sogar mit dem spanischen Krimipreis Premio Hammett ausgezeichnet und sicherlich auch auf Grund dessen als Vorreiter für die ganze Serie ins Deutsche übersetzt.
Ich bin mir sicher, wir werden noch viel Weiteres erleben, wenn die Comisaria sich durchkämpft, durch neue Morde, durch das intensive Drumherum und ein bisschen auch durch ihr eigenes Leben.

Bewertung vom 01.12.2024
Wie wir waren
Duken, Heike

Wie wir waren


ausgezeichnet

Eine Freundschaft, die Entwicklung bringt, mit viel Intensität und Lebendigkeit

Dies ist die Geschichte zweier Frauen und ihrer Freundschaft. Paula und Zett sind schon seit Kindertagen Freundinnen und das, obwohl sie schon damals sehr verschieden waren, sowohl bzgl. ihrer Lebensumstände wie auch in ihrem eigenen Sein. Paula, die bei ihrer Mutter aufwächst, will immer alles richtig machen und schaut sehnsüchtig auf das schöne Familienleben, das Zett in ihrem wohlhabenden Zuhause zu haben scheint. Und Zett, sie ist wild, sagt, was sie denkt und strahlt eine große Lebenslust aus, macht sich unabhängig von den Vorgaben, die die Gesellschaft einem aufdoktrieren will. Dann der erste Bruch, als die beiden mit 19, es ist 1986, zusammen Urlaub in Griechenland machen und Zett nicht akzeptieren kann, dass Paula zu ihrem gewalttätigen Freund zurückkehren will. Es ist Paula, die Zett, durch die Einladung zu ihrer Hochzeit, erneut die Hand reicht und die Freundschaft wiederbelebt. Und von da an begleiten sie sich gegenseitig, stehen sich bei, rütteln den jeweils anderen auf, wenn es sein muss. Da ist viel Intensität im Geschehen. Harte Auseinandersetzungen, ein sich Zurückziehen, lange Zeiten der Funkstille und dann wieder Annäherung, auch das gehört zu ihrer Freundschaft dazu. Wenn man sich braucht, ist man füreinander da, das wissen inzwischen beide, ohne dies aussprechen zu müssen. Man arbeitet sich aneinander ab und wächst daran. Konflikte werden ausgetragen und doch gibt es Geheimnisse, die lange verborgen bleiben, deren Preisgebung aber dann auch sehr hilft, beiden.
Dieses Buch, es verlangt einem einiges ab. Kein Friede, Freude, Eierkuchen, sondern Lebensrealität, ungeschönt, intensiv und irgendwie auch mitreißend in ihrer bedingten Wahrhaftigkeit, die sich diese beiden Frauen hier 'antun'. Und als Leser ist man dabei, nimmt Anteil, fühlt es mit, empfindet das Zurückgestoßen werden, ist mal näher der Einen, mal der Anderen, indem was sie erleben, was sie tun.
Manchmal ist Realität erträglicher wie aufgetischter Zuckerguss, der doch eher selten dem wirklichen Leben entspricht und davon gibt es hier jede Menge.
Ein tolles Buch, das auch viel Kraft in sich trägt und lange nachhallt.

Bewertung vom 01.12.2024
Leuchten am Meeresgrund
Fox, Brad

Leuchten am Meeresgrund


gut

Tiefseeforschung in ihren Anfängen und eine Menge Gedankliches drumherum

Tiefseeforschung 1934, mit den gegebenen technischen Möglichkeiten, in Form einer Bathysphäre, einem kugeligen Gebilde, gleiten Wissenschaftler an einem Kabel in die Tiefe hinab. Die damalige Rekordtiefe lag bei gut 300 m. Das, was sie sehen, geben sie in detaillierten Beschreibungen an die Oberfläche weiter, wo alles in Text und Bildern festgehalten wird. So ging damals Forschung, faszinierend in seinem menschlichen Engagement und den erstaunlichen neuen Ergebnissen, die sie ans Licht brachten, obwohl es dort unten, in der Tiefe, sehr dunkel war. Auch die letzte Farbe war wahrnehmbar nur grau und dann die Kreaturen selbst, für die Forscher ein Ereignis in ihrem wissenschaftlichen Leben. Und auch als Leser ist man von der Natur in diesen Tiefen elektrisiert. Dies zusammen mit den unmittelbaren Empfindungen der Menschen, die daran beteiligt waren, das ist wirklich ein Erlebnis, das uns dieses Buch erleben lässt. Doch das Drumherum, Gedanken, philosophische Betrachtungen, die sehr weitschweifig in ganz andere Bereiche abdriften, der Raum, der dafür bereitet wurde, verschiebt die Gewichtung, um was es hier in erster Linie und vom Interesse her eben gehen sollte, schon ein wenig störend, weg vom Eigentlichen, der wissenschaftlichen Dimension dieses damals einzigartigen Projekts. Aufgelockerter Sachbezug, sehr gerne, Persönliches wie es hier auch zum Tragen kommt, ebenfalls, aber das mehr ist teilweise doch etwas ermüdend. Und unwillkürlich nimmt man sich als Leser in diesen Passagen doch eher einmal zurück und ist mit weniger Aufmerksamkeit dabei.
Ein interessantes Buch mit großer Faszination für das tatsächliche 'Leuchten am Meeresgrund', aber darüber hinaus ließ das Leuchten manchmal auch ein wenig nach.

Bewertung vom 25.11.2024
Wintergeister
Collins, Bridget;Hurley, Andrew Michael;Kidd, Jess

Wintergeister


ausgezeichnet

Schaurig-schön in sechs Varianten

Wenn uns die Dunkelheit durch die Fenster anstarrt, dann ist Einkuscheln mit einem guten Buch das Mittel der Wahl, um wohlige Gefühle zu bekommen. Genau dann darf es gerne auch mal schaurig sein, denn das passt perfekt zu einer frostigen Winternacht. Und deshalb gibt es dieses Buch. Sechs kürzere Geschichten von bekannten AutorInnen, die hier einmal eine andere Seite zum Besten geben. Und sie machen das richtig gut. Gruseln geht in vielen Varianten und diese sechs hier sind wirklich sehr verschieden. Ob durch Dämonen, ob durch Geister, die man heraufbeschwört oder ob das Gruseln über weite Strecken durch eine perfekt ausgestattete unheimliche Realität in einer schon etwas früheren Zeit erzeugt wird, ein Schaudern durchfährt einen und und wärmt gleichzeitig unsere Vorstellungskraft auf eine Art, die, sehr kreativ und subtil, genau das in Gang setzt, Gruseltime.
Ein geisterhaft geistreiches Buch für viel Lesespaß, einfach schaurig-schön.

Bewertung vom 22.11.2024
Der lange Schatten
Fremlin, Celia

Der lange Schatten


ausgezeichnet

Ein spannendes kriminalistisch angehauchtes Kammerspiel mit ganz viel Unterhaltungswert

Imogen ist noch dabei, sich in der neuen Situation einzurichten. Vor zwei Monaten ist ihr Mann bei einem Autounfall ums Leben gekommen, wie das Leben halt so spielt und nun ist sie Witwe. Da ist schon Trauer, aber es regen sich auch positive Gefühle für dieses neue, von nun an, absolut selbstbestimmte Leben. Doch dann fallen die Verwandten und solche, die das irgendwie so sehen, bei ihr ein, um über die schwierigen Weihnachtstage hinwegzuhelfen. Doch das ist wohl eher ein Vorwand, denn in erster Linie geht es ihnen um sich selbst und teilweise, ganz profan, um ein Dach über dem Kopf. Dass das nicht harmonisch bleibt, kann man sich ja denken und so wird ordentlich gestritten. Und dann sind da die seltsamen Dinge, die einem das Gefühl vermitteln, dass Ivor, Imogens verstorbener Mann, gerade noch in seinem Lieblingssessel gesessen hat oder sonst wie seine Fußspuren im Haus hinterlässt. Fast ein wenig unheimlich. Aber Imogen macht tapfer gute Mine zu dem schon etwas bösen Spiel, das seinen Höhepunkt in den Andeutungen eines Fremden findet, der behauptet, sie wäre für den Tod ihres Mannes verantwortlich. War es denn dann Mord.
Diese Geschichte, die tatsächlich schon an die 50 Jahre auf dem schriftstellerischen 'Buckel' hat, ohne dabei in irgendeiner Weise angegraut zu wirken, sie ist einfach herrlich britisch, eigen und auch schräg, allerdings weniger auf die humorige Art, obwohl, es ist schon Komik dabei, sondern in feinster Psychothriller-Manier. Wobei man sehr leicht vergisst, wo ist da eigentlich das Verbrechen. Krimi ohne Mord, so scheint es zu sein und gerade das Ungreifbare, das durch das Haus weht, gibt diesem Werk eine ganz besondere Note. Aber natürlich gibt es am Ende eine Auflösung, mit der man sehr zufrieden sein kann. Ich hatte es so nicht auf den Schirm.
Spannende und durchweg amüsante Unterhaltung, da bleibt man gerne dabei.

Bewertung vom 21.11.2024
Alle Farben von Licht
Scheffel, Annika

Alle Farben von Licht


ausgezeichnet

Eine Geschichte über Trauer und das Wiederfinden von Lebensfreude

Rio ist sehr traurig, immer noch. Vor einem Jahr ist seine Zwillingsschwester Mavis gestorben und das Leben, es geht weiter. Nach außen hin versucht er, sich 'normal' zu verhalten, es seinen Freunden und vor allem seinen Eltern leichter zu machen. Aber wie soll man schöne Dinge tun, lachen, Freude empfinden, wenn Mavis das nicht mehr kann. Dann lernt er Dracula kennen, der eigentlich Franz heißt, ein in sich zurückgezogener Junge und es entwickelt sich eine sehr enge Freundschaft zwischen den beiden. Gemeinsam machen sie sich auf Mavis Spuren, folgen den Bildern, die sie zuletzt mit ihrer Kamera gemacht hat. Dadurch entdecken die zwei ganz besondere Orte und Rio lernt seine Schwester noch einmal ganz neu kennen, die Seite, mit der sie allein durchs Leben ging. Und langsam, ganz langsam, entwickelt sich da wieder etwas, die Freude und die Lust auf Leben und dann ist da noch ein ganz besonderes Gefühl, das Rio anfängt, seinem neuen Freund entgegen zu bringen. Es ist schön, aber eigentlich kann es so doch nicht sein oder doch.
Diese Geschichte ist intensiv, voller Stärke, in dem, was sie erzählt und unendlich berührend, in all ihren Facetten, die sich dabei für uns Leser auftun. Alles kommt so natürlich und authentisch daher und die Sprache, sie trägt ihren Teil dazu bei, dem Ganzen noch mehr Nähe zu geben.Und genauso kommt es auch bei der jugendlichen Leserschaft an und bei den Erwachsenen ebenso.
Ein Buch mit viel Tiefe und der Schwere des Lebens. Doch irgendwann wird daraus Hoffnung und eine beginnende neu gefundene Leichtigkeit, die einen zu Tränen rührt, aus Mitgefühl und voll tief empfundener Freude.

Bewertung vom 20.11.2024
Die Könige von Babelsberg
Günther, Ralf

Die Könige von Babelsberg


ausgezeichnet

Ein vielschichtiger historisch geprägter Kriminalroman auf der Grundlage eines realen Falls

Es ist das Berlin der 1920er Jahre, Fritz Lang ist ein großer Regisseur und an seiner wohl nicht nur künstlerischen Seite die Drehbuchautorin Thea von Harbou. Doch beide sind verheiratet. Eines Tages wird die Polizei zu einen Tatort gerufen. Elisabeth Rosenthal, Langs Ehefrau, soll sich das Leben genommen haben, zumindest der Regisseur selbst und auch die ebenfalls anwesende Harbou stellen es so dar. Dem zuständigen Kriminalkommissar Beneken fallen da direkt einige Ungereimtheiten ins Auge und auch die Aussagen der beiden 'Hauptzeugen' sind so widersprüchlich, dass da etwas nicht stimmen kann. Der junge Kommissar lässt das Selbstmordurteil nicht gelten und will ermitteln, wogegen sich allerdings seine Vorgesetzten stemmen. Ein berühmter Mann wie Lang, da will man keinen Staub aufwirbeln. Doch Beneken stellt sich dem entgegen und geht die Sache zielstrebig und akribisch an, gräbt sich regelrecht hinein, in die Szene der Berliner Künstler-Highsociety, deren Geheimnisse und Abgründe. Und dabei kommt er auch seinen eigenen Untiefen sehr nah und irgendwann auch der Frage, ob es ihm die Wahrheit wert ist, sich selbst in Gefahr zu bringen.
Diese Geschichte, sie ist weitaus mehr wie 'nur' ein Kriminalroman. Da ist einmal die reale Begebenheit, die dahinter steht, Langs Ehefrau wurde tatsächlich tot aufgefunden und der Fall bis heute nicht abschließend geklärt. Und dann die Historie dieser Zeit, das Berlin um 1920, die aufkeimende politische Ausrichtung und das in Kombination mit der geradezu Hollywood-liken Szene der Kunst-und Filmwelt dieser Tage. Mitten drin ein junger Kommissar, der seinem Beruf, der Ermittlung der Wahrheit und Dingfestmachung der wahren Schuldigen, noch mit vollem Engagement nachkommt und den wir dabei gerne begleiten, auch in den Sequenzen, wenn es um seine eigenen Probleme und sein Seelenheil geht.
Ein Buch, packend und richtig gut 'inszeniert', ein wahres Lesevergnügen. Gerne mehr davon.

Bewertung vom 20.11.2024
So gehn wir denn hinab
Ward, Jesmyn

So gehn wir denn hinab


ausgezeichnet

Was es heißt, als Sklavin leben zu müssen und ein inneres Aufbegehren

Annis ist Sklavin auf einer Plantage in South Carolina. Zusammen mit ihrer Mutter durchlebt sie hier ein Dasein, in all seiner Gnadenlosigkeit und der Unmenschlichkeit, wie ihr dies mehr als 'Ware' denn als Mensch widerfährt. Ihr Vater ist der Herr dieses Anwesens und er hat ihre Mutter mehr wie einmal 'genommen'. Was den beiden Stärke gibt, ist die Liebe, mit der Annis von ihrer Mutter umgeben ist. Und von ihr erfährt sie auch viel über die Ursprünge ihrer Familie, bis hin in die Zeit, als diese in ihrem Land stolze Krieger waren. Doch dann wird dies Bindung auseinander gerissen, die Mutter wird verkauft und später erleidet auch Annis dieses Schicksal. Aneinander gekettet geht es, zusammen mit anderen Sklaven, auf einen brutalen qualvollen Marsch, der nach New Orleans führt, wo die Sklavenhändler sie an eine neue Besitzerin verkaufen. Noch schlimmer, noch unerträglicher wird ihr Leben dort, jede Willensäußerung wird hart bestraft.Wie kann man da noch Hoffnung haben, auf Menschlichkeit, gar auf ein Leben, das frei gelebt werden kann, ohne all die Qualen, ohne weitere Verletzungen, für Körper und Seele. Doch Annis schafft es, sich im Inneren nicht brechen zu lassen. Und dann sieht sie sie, die 'Möglichkeiten'. Und daraus erwächst eine ungeahnte Kraft und Mut.
Ein beeindruckendes Werk, dass einen tief berührt, einen mitnimmt, auf diesen Weg, durch die Hölle. Eigentlich unbeschreiblich und doch erzählt uns die Autorin davon, schafft es, auch für die Leser selbst, gleich ihrer Protagonistin, das Unerträgliche auszuhalten und aus der Hoffnung Stärke zu ziehen, fürs Weitermachen, das Weiterzulesen, intensiv und menschlich unmenschlich zugleich.
Und die Dämonen, die Geister ihrer Vorfahren, diese kraftspendenden mythischen Wesen, durch die sich Annis ihre Stärke holt, in manchmal schon etwas langen Passagen, man versteht es, es ist ihr Weg. Deshalb hat es hier seinen Platz, wenn diesen 'Gesprächen' auch etwas viel Lesezeit eingeräumt wird. Und wenn einem selbst der Zugang dazu schwerfällt, bringt es dann eben ein bisschen 'Pause' und auch das macht Sinn.
Ein großartiges Buch!

Bewertung vom 15.11.2024
Der König
Nesbø, Jo

Der König


ausgezeichnet

Ein kleines Dorf, zwei mächtige Brüder und eine gewaltige Geschichte

Das kleine Dorf Os, herrlich eingebettet in die norwegische Landschaft, wird von zwei Brüdern, man kann schon sagen, regiert. Machtvoll, mit wenig Skrupel und ohne Scheu vor gewalttätigen Lösungen herrschen Carl und Roy über ihr Dorf, Carl, der im Vordergrund stehende Macher, sein Bruder Roy, der Mann, der dafür sorgt, dass störende Elemente, die ihre großen Pläne bremsen, aus dem Weg geräumt werden, konsequent und radikal. Erst einmal sieht es so aus, als ob der Bruder der Bessere, gar der Sympathischere der beiden wäre, aber das ändert sich bald. Spätestens, wenn Roy die knallharten Fakten seines Treibens vor uns Lesern ausbreitet, ist das vorbei. Aber er eröffnet, als Ich-Erzähler dieser Geschichte, auch seine innersten Gefühle, die Zerrissenheit, die Beweggründe für sein eiskaltes Handeln, die selbstgeschaffene Legitimation aufgrund der Verbundenheit mit seiner Familie und deren Schutz, den er über alles stellt.
Dieses Buch, es ist nicht einfach nur ein Kriminalroman. Es ist die psychologische Dramatik, die immer mehr in den Vordergrund tritt, verbunden auch mit einer ordentlichen Portion Gesellschaftskritik. Das bringt Düsterkeit und die menschlichen Abgründe, sie durchziehen irgendwie das ganze Dorf, denn auch die anderen Bewohner sind nicht ohne. Nur Gut oder Böse, das gibt es hier nicht. Und dies alles zieht einen sehr schnell in seinen Bann.
Ein echter Nesbø, kann man so sagen, sehr umfassend angelegt und in jeder Hinsicht heftige Kost. Und dazu richtig gut.

Bewertung vom 12.11.2024
Tiefsee-Monster
Ralphs, Matt

Tiefsee-Monster


ausgezeichnet

Hinab in die Tiefen der Meere und wir erleben faszinierendes Leben

Dass die Wolken, wenn wir hinaufschauen in den Himmel, im Verhältnis zu dem, was dahinter kommt, sehr nahe sind, ist uns bewusst und die Unendlichkeit des Weltalls, trotz allem wissen wir doch schon eine ganze Menge darüber. Wenn wir jedoch an die Tiefe der Meere denken, darüber ist den meisten so gut wie nichts bekannt. Allein schon, dass es an manchen Stellen bis über 10000 m hinunter geht in diesen Gewässer, ist uns kaum bewusst. Doch mit diesem Buch ändert sich das, auf eine außergewöhnlich ansprechende bildgewaltige Weise. Langsam blättern wir durch die Seiten und sinken mit hinab. Schicht für Schicht, jede Ebene hat ihre eigenen Bewohner und die sind gigantisch in ihrer Art, sich ihrem Umfeld, der zunehmenden Dunkelheit, dem Wasserdruck, den eingeschränkten Nahrungsquellen anzupassen. Und sie sind einzigartig und vor dem dunklen Hintergrund der Buchseiten bunt leuchtend dargestellt. Man kann es kaum glauben, dass diese Wesen tatsächlich existieren, dass es sie wirklich gibt. und nicht einfach der Fantasie der Illustratorin entsprungen sind. Aber nein, sie sind echt, zu 100 %, lebendig und einmalig schön. Und die Texte dazu, genau passend begleiten sie die kunstvollen Bilder oder auch umgekehrt und dass dies alles in Kooperation mit der University of Cambridge entstanden ist, gibt einem ein zusätzliches gutes Gefühl. Wissenschaft umgesetzt in Sachkunde für jederman und so wird das Näherbringen und auch das Lernen zu einem Erleben der ganz besonderen Art, für Kinder und, das darf man ruhig zugeben, für die Erwachsenen auch.