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Bewertung vom 09.04.2021
HIPPIES, PRINZEN UND ANDERE KÜNSTLER
Hübner, Klaus

HIPPIES, PRINZEN UND ANDERE KÜNSTLER


ausgezeichnet

Die Lust auf gehaltvolle und zeitlose Bücher

In "Hippies, Prinzen und andere Künstler" stellt Klaus Hübner Werke von Autoren vor, die gehaltvoll und künstlerisch schreiben. Oft geht es um Zeitgeschichte, Familie, Mann-Frau-Beziehung, Versöhnung mit der Welt, Identität, Fremdsein, Älterwerden. Sehr oft spielt dabei auch Krieg eine Rolle. Bei den älteren Hippies (und Nicht-Hippies), weil sie noch von dem zweiten Weltkrieg und der Nachkriegszeit geprägt sind. Bei den Prinzen (und Nicht-Prinzen) weil sie geprägt sind durch Kriege anderswo auf der Welt, vor denen sie und ihre Eltern oder die Großeltern geflohen sind.

Das, was Hübner über Andreas Münzners „Geographien“ schreibt, trifft eigentlich auf fast jedes literarische Werk zu: „Schauplatz dieser Prosa ist die ganze Welt – im Grunde aber immer wieder der innere, der einzelne Mensch. Grenzen werden zum Thema, auch die des Körpers, des Geschlechts.“
Es werden Werke bekannter und noch unbekannter Autoren vorgestellt. In der zweiten Hälfte geht es neben den Werken von bekannten Autoren wie Asserate, Galsan Tschinag, Zsuzsa Bank auch um die Werker (noch) unbekannter Autoren. Auch im ersten Teil wechseln sich bekannte Autoren wie Christa Wolf, Gunter de Bruyn und Wilhelm Genazino mit unbekannteren ab, die aber genauso lesenswert sind und hoffentlich durch Hübner mehr Leser finden. Wo wir gerade bei Genazino sind: Über dessen Buch Außer uns spricht niemand über uns schreibt Hübner: „Nicht nur für Psychologen interessant: ‚Brüste‘ und ‚Busen‘ kommen gehäuft vor, dafür aber kein PC und kein Smartphone.“ Mit einem Satz charakterisiert Hübner Genazinos altmodische Literatur, in denen die meist älteren Figuren nichts mit neuer Technik am Hut haben (so wie Genazino zu Lebzeiten ebenfalls nicht) und etwas Universelles, das für das Leben wichtiger erscheint.

Hübner versteht es, prägnante Stellen auszuwählen, die einen Eindruck der Sprachkunst und dem Tiefgang wiedergeben und einen Einblick in den Inhalt. Zum Beispiel zitiert er aus Jugendstil von György Dalos: „Eigentlich ist es sinnlos, mich dafür zu entschuldigen, Feri K. nicht erkannt zu haben, als er mir am Mittwoch, dem 26. September, plötzlich entgegenkam, an der Ecke Oktogon/Andràssy-Straße, dort, wo früher das Restaurant ‚Savoy‘ war und heute Burger King seine schlichten Speisen anbietet.“
Wer wäre beim Lesen nicht beeindruckt von diesem leicht daherkommenden, aber vielsagenden Satz?

In unterhaltsamer, virtuoser Weise vermittelt Hübner das Besondere an der Literatur. Ein repräsentatives und neugierig machendes Stück vom Ganzen geben. Einfach Lust auf gehaltvolle Literatur zu machen, die kein Fast Food ist.

Jeder kennt wohl die oft zitierte und sehr zutreffende Aussage von Hans Joachim Friedrichs: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört.“

Bei einem Literaturliebhaber/einem Literaturvermittler muss die Aussage hingegen lauten: „Einen guten Literaturvermittler erkennt man daran, dass er sich gemein macht mit guten Büchern, dass er Sprachkünstler mag, überall dabei ist und überall dazu gehört.“

Das trifft auf Klaus Hübner auf jeden Fall zu.