Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
ssp

Bewertungen

Insgesamt 13 Bewertungen
12
Bewertung vom 07.07.2024
Die Perserinnen
Mahloudji, Sanam

Die Perserinnen


ausgezeichnet

Der Roman "Die Perserinnen" von Sanam Mahloudji vereint alles, was ein guter Gesellschaftsroman meiner Meinung nach haben muss: eine Rahmenhandlung, die einen Spannungsbogen aufbaut, interessante und vielschichtige Charaktere und geschickt eingebautes geschichtliches Hintergrundwissen.

Moderne Werte der jungen Leute, die sich ihr Leben selbst aufbauen wollen und dabei nicht allein vom vererbten Reichtum ihrer Familie leben möchten treffen auf die Traditionen der älteren Generation, für die Schmuck und Landbesitz ein Zeichen für Ansehen und Erfolg sind. Die Autorin lässt diese beiden Welten durch mehrere Erzählstränge generationenübergreifend verflechten.

Der Roman lebt nahezu allein von starken Frauen und genau das macht ihn so besonders. Die Ethnie der Perser, in welcher augenscheinlich Männer eine tragende Rolle spielen wird hier dargestellt, wobei vor allem Frauen ins Zentrum gerückt werden. Toll geschrieben und ein Leseerlebnis von der ersten bis zur letzten Seite.

Bewertung vom 27.03.2024
Kosakenberg
Rennefanz, Sabine

Kosakenberg


sehr gut

Im Roman "Kosakenberg" von Sabine Rennefanz lernt man eine junge Frau kennen, die sich anfangs schweren Herzens und dann aber immer leichter von ihrer ursprünglichen Heimat entfremdet um nach London zu ziehen. Immer intensiver werden die Kontraste zwischen beschaulichem Dorf- und wildem, tolerantem und vor allem anonymen Großstadtleben aufgezeigt.

Das Buch beschreibt die Gefühle, die man nach dem Weggang aus seiner Heimat verspürt sehr gut und verknüpft hierfür die Wehmut aber auch die Erleichterung darüber miteinander. Nicht nur die beruflichen Chancen und das Leben mit Haus und Hof sind auf dem Dorf völlig anders als in der Stadt sondern vor allem auch das Verhalten der Menschen macht einen Unterschied. Manchmal hat man das Gefühl dass das Leben auf dem Land ein bisschen stillsteht während sich die Welt in London, Berlin und Co. zu überschlagen droht.

Ein Roman für alle, die sich genauso zwischen den Welten fühlen und ihren Platz erst wieder neu entdecken müssen.

Bewertung vom 15.01.2024
Die Unbestechliche
Welser, Maria von;Horbas, Waltraud

Die Unbestechliche


sehr gut

Im Roman "Die Unbestechliche" von einem weiblichen Autorenduo wird dem Leser ein Einblick in den Arbeitsalltag einer jungen Journalistin ermöglicht. Diese hat es in der männerdominierten Welt jedoch gar nicht so einfach. Geschickt und selbstbestimmt kämpft sie gegen die Grenzen ihrer Zeit an.

Durch diese Thematik greift das Buch nicht nur das Thema der Berichterstattung sondern auch, aktueller Weise, die Geschlechterfrage mit aufsteigender Emanzipation auf. Historische Elemente ergänzen sich mit biografischen Strukturen der Autorinnen zu einem bunten Bild der Medienlandschaft in den 70ern.

Ein schönes Buch zum Schmökern und zurücklehnen, wenn auch zeitweise die unmittelbare Spannungskurve etwas abebbt. Mit seinen 432 Seiten ist es für all diejenigen geeignet, die gern bei einer Geschichte verweilen und sich etwas einlesen wollen.

Bewertung vom 28.11.2023
Ich, Sperling
Hynes, James

Ich, Sperling


sehr gut

Dieser Roman entführt uns in lang vergangene Zeiten als Sklavenhaltung noch stark verbreitet war und es in weiten Teilen der Welt eine Mehrklassen-Gesellschaft gab.
Schauplatz der Handlung ist ein Bordell in dem nicht nur junge Frauen sondern auch ein Junge mit vielen Namen, darunter Sperling und Antinoos, arbeitet. Als Leser bekommen wir einen Einblick in den Alltag der Dienstleister welcher neben der abendlichen Bewirtschaftung des Freudenhauses auch aus ausgedehnten Termenbesuchen besteht. Freud und viel mehr Leid sind an der Tagesordnung.

Der Schreibstil ist teils sehr vulgär und unerschrocken was allerdings das Thema nicht verweichlicht. Somit entsteht der Eindruck es handelt sich gleichzeitig um eine Art Aufklärungsroman mit historischem Bezug.

Ich würde das Buch all denen empfehlen, die gern in ferne Zeiten eintauchen und auch vor unangenehmen Themen nicht zurückschrecken. Eine gewisse Abgebrühtheit sollte man allerdings mitbringen um die derbe Sprache nicht misszuverstehen.

Bewertung vom 08.09.2023
Diese paar Minuten
Habringer, Rudolf

Diese paar Minuten


gut

Im Buch "Diese paar Minuten" von Rudolf Habringer findet der Leser eine Sammlung verschiedener Kurzgeschichten.
Oft geht es um Geheimnisse, private Abgründe und Verbrechen, die auch die augenscheinlich perfektesten Menschen verbergen. Das schöne an diesem Buch ist, dass es durch die Kürze der Geschichten ein relativ kurzweiliges Lesevergnügen bedeutet und man auch mal schnell zwischendurch ein Stück lesen kann.

Ich hätte mir gewünscht, dass die Kurzgeschichten untereinander noch etwas mehr miteinander verwoben sind und vielleicht die gleichen Menschen in verschiedenen Erzählungen auftauchen. Natürlich aus jeweils unterschiedlichen Perspektiven. Dennoch ist die Umsetzung ganz gut gelungen, was meiner Meinung nach vor allem daran liegt, dass der Autor sehr voneinander abweichende Schreibstile verwendete. Von Ich-Erzählung in leichter Sprache über Telefongesprächsformat ist alles dabei.

Bewertung vom 27.08.2023
Nachts erzähle ich dir alles
Landsteiner, Anika

Nachts erzähle ich dir alles


ausgezeichnet

Was für ein wundervoller neuer Roman der großartigen Autorin Anika Landsteiner. Mit diesem sommerlich-bunten Werk gibt sie all den verreisten Urlaubern und auch den in der Heimat Gebliebenen einige französische Sonnenstunden mit auf den Weg.

Gemeinsam mit der Protagonistin Lea stolpern wir unter sehr unschönen Umständen in das Leben von Emile. Der einzige Verbindungspunkt zwischen beiden ist die unerwartet verstorbene kleine Schwester des jungen Mannes, die am Abend vor ihrem Tod ein beinahe kryptisches Gespräch mit Lea führte. Diese hatte sich von ihrem Frankreichurlaub eigentlich nicht mehr als pure Entspannung und Abschalten vom heimischen Trubel der Selbstständigkeit und Trennungsschmerz erhofft. Stattdessen wird sie Beteiligte an einer Recherche zum Thema Abtreibung und lässt sich etwas den Kopf verdrehen.

Anika Landsteiner gelingt es wieder einmal, ein ernstes Thema gut zu Papier zu bringen. Aufgelockert durch briefartige Kapitel und gespickt mit wundervollen Aphorismen sorgt diese Geschichte für spannende Unterhaltung. Bei dieser Autorin kann man sich nur jedes Mal fragen: Wann kommt endlich ihr nächstes Buch?

Bewertung vom 19.07.2023
Nincshof
Sebauer, Johanna

Nincshof


ausgezeichnet

Im Roman Nincshof von Johanna Seebauer bekommt ein jeder einen Einblick in das schrullige Dorfleben einer kleinen Gemeinde.
Durch die Geschichte führen "die Neuen", zugezogene Großstädter die nun auf dem Land Ruhe und Geborgenheit suchen sowie "die Oblivisten", ein Vierergespann aus Dorfeingesessenen, die alles dafür tun um ihr Dorf von der Außenwelt abzuschotten.

Urkomisch und mit viel Ironie stellt die Autorin hier zwei Fronten gegenüber, die zwar offensichtlich gegeneinander kämpfen um ihre eigenen Ziele zu verfolgen, sich aber in vielen Punkten auch wieder ähneln. Eine Reihe von Missverständnissen und Zwischenfällen lockert die Geschichte auf sodass die knapp 400 Seiten alles andere als langatmig erscheinen.

Meiner Meinung nach bekommt man einen wundervollen Blick dafür, wie so ein traditionelles Dorfleben funktioniert, wie sich alle zu kennen glauben und doch garnichts voneinander wissen. Von Zusammenhalt und großen Träumen, von Alltagsfluchten und ungewöhnlichen Freundschaften, davon erzählt Johanna Seebauer in ihrem Roman.

Bewertung vom 09.07.2023
Schönwald
Oehmke, Philipp

Schönwald


ausgezeichnet

Mit dem Roman "Schönwald" hat der Autor Philipp Oehmke den Nagel auf den Kopf getroffen, wenn es darum geht subtil Gesellschaftskritik anzubringen oder zumindest Denkanstöße zur Hinterfragung der Weltsicht zu liefern.

Im Buch lässt er uns in die Familiengeschichte der Schönwalds eintauchen und bindet des besseren Verstehens zuliebe einige Erlebnisse aus der Vergangenheit mit ein. Wir lernen sowohl die Brüder Chris und Benny als auch die Schwester Karolin gut kennen wodurch es leichter wird von außen einen Blick auf das Geschehen zu bekommen und Motive für Diskussionen besser nachzuvollziehen.

Die Handlung ist gespickt mit vielen Konflikten, meist zustande gekommen durch simple Fehlkommunikation. Darin kann man auch am deutlichsten die Parallelen zur wirklichen Welt ziehen da es in dieser ebenfalls viele Probleme gibt, welche sich mithilfe von mehr oder besserer Kommunikation lösen lassen würden.

Meine Leseempfehlung für dieses Buch geht an alle, die Interesse an unterhaltsam, humorvollem Schlagabtausch gepaart mit pikanten Familiengeheimnissen und -Verstrickungen haben. Die perfekte Urlaubslektüre!

Bewertung vom 19.03.2023
Kollektorgang
Blum, David

Kollektorgang


weniger gut

Der kurze Roman "Kollektorgang" von Daniel Blum befasst sich mit der Gewalt von Jugendlichen die sich zu größeren Gruppen zusammengeschlossen haben und "ihr Revier" - den Kollektorgang unterhalb eines Wohnblocks- gegeneinander verteidigen. Für den Erzähler der Geschichte endet solch ein Kampf tödlich womit dieser nun rückblickend als geisterhafte Erscheinung den Fall von hinten aufrollt.

Im Buch kommt die Schilderung von Gewalt und Brutalität zur Sprache wobei der Autor hierbei kein Blatt vor den Mund nimmt. Hin und wieder wird versucht das ganze mit Humor etwas aufzulockern aber die Thematik bleibt eine sehr düstere.

Wahrscheinlich will das Buch auf die Zunahme der Jugendkriminalität hinweisen und hat damit einen pädagogischen Hintergrund. Mich hat die ganze Geschichte trotzdem nicht gepackt da der Großteil aus Kampfbeschreibungen bestand.

Bewertung vom 11.03.2023
Malvenflug
Wiegele, Ursula

Malvenflug


gut

Im Buch "Malvenflug" von Ursula Wiegele bekommt der Leser einen Einblick in eine Familie die in ihrer Vergangenheit auf Themen wie die sudetendeutsche Flüchtlingsproblematik, Nachkriegspolitik und Zerrissenheit gestoßen ist.
Untergliedert in zwei Teile wird im ersten Abschnitt des Romans ein Einblick aus verschiedenen Erzählperspektiven gegeben. So kommt die in der Schweiz lebende Mutter, der als Sänger arbeitende Vater oder eines der Kinder zu Wort. Im Zweiten Teil wird Helga, die Tochter, die ins Kloster ging, zur Erzählerin und rundet die Geschichte schließlich ab.

Viele Themen werden angerissen wie zum Beispiel das Leben der Großeltern als Vertriebene, den Werdegang der Mutter in der Schweiz als Hausmädchen oder der Alltag des Sohnes in der Napola aber leider wird auf nichts konkreter eingegangen. Es fehlt dem Roman meiner Meinung nach etwas an Tiefe.

Das Buch kann man dank der recht kurzen Länge gut zwischenrein lesen und damit ist es für diejenigen geeignet, die keine 1000 Seiten langen historischen Romane aber dennoch einen geschichtlichen Background wünschen.

12