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Elina

Bewertungen

Insgesamt 10 Bewertungen
Bewertung vom 22.10.2024
Jenseits des Nadirs
Marmulla, Rüdiger

Jenseits des Nadirs


sehr gut

Rüdiger Marmulla vereint in diesem Buch vier tiefgründige Novellen über essentielle Themen des menschlichen Daseins. Jede Novelle ist in sich abgeschlossen und hat ein offenes Ende. Die Kurzgeschichten sind tiefgründig und bieten einiges zum Nachdenken, sie wecken unterschiedliche Gefühle, weil sie tiefe menschliche Erfahrungen berühren.

In der ersten Novelle „Raue Ufer“ trauert ein Vater über seine getroffene Entscheidungen in schweren Zeiten, obwohl diese aus guten und vernünftigen Motiven entstanden sind. Seine Reue hält ihn aber nicht vom Hoffen ab (oder ist es doch nur Wunschdenken und ein Verkennen der Realität?)
Voller Mitgefühl und Verständnis las ich von diesem Vater, der Entscheidungen getroffen hat, deren Konsequenzen er wahrscheinlich so nicht hat kommen sehen. Er versteht im Nachhinein, welche Verletzungen für seine Familie entstanden sind und nun hofft er, die Beziehungen wieder kitten zu können. So ist es oft im Leben: man trifft aus guten Motiven heraus eine Entscheidung und merkt vielleicht erst so richtig hinterher, wie viel dies gekostet hat und was alles zum Opfer gefallen ist. Damit gehen Menschen unterschiedlich um.

In „Rückkehr zu den Yosemite Falls“ reist eine Enkelin mit ihrem Großvater zu einem für ihn wichtigen Ort der Erinnerung. Dort geschieht etwas, was die Enkelin in eine nicht geahnte Angst versetzt und ihr Großvater offenbart ihr hingegen seine Sorgen. Hier wird deutlich wie sehr doch ältere Menschen mit dem Gefühl des „Nicht-Gebraucht-Werdens“ kämpfen. Wahrscheinlich beginnt es auch schon damit, dass Kinder irgendwann flügge werden und die Eltern mit diesen Gedanken konfrontiert werden. Jüngere Menschen sollte dies mehr bewusst sein; helfen würde eine offenere Kommunikation und das gegenseitige aktive Zuhören und Teilnehmen am Leben des anderen. Das wurde mir auf jeden Fall beim lesen nochmal ganz neu bewusst.

„Das letzte Duett“ handelt von einer Krankenschwester und einem noch in der
Ausbildung befindenden Arzt. Beide leisten gute Arbeit, ihre Herangehensweisen sind jedoch unterschiedlich: Kopf vs. Herz/
Distanzierte Professionalität vs. Empathie, Intuition.
Grundsätzlich sind bestimmte Verhaltensweisen in Berufen notwendig und richtig. Doch es gibt Situationen, da ist es besser, auf seine Intuition oder das Herz zu hören, wenn es sich bemerkbar macht. Generell ist es ratsam, regelmäßig in sich hinein zu horchen um ein Gefühl dafür zu bekommen, welche Handlung nun dran wäre. Vor allem wenn es um Menschen geht.

In „Jenseits des Nadirs“, die Novelle, die ich am besten fand, begleitet der Leser eine Person, die auf der Suche nach seinem
Freund ist. Die Reise wird als eine Reise durch die Sternenbilder beschrieben. Die Geschichte ist ein Abbild für die Reise nach der Wahrheit: Man trifft auf ganz verschiedene (Glaubens-)Theorien, Überzeugungen und Einstellungen im Leben und ist dann in der Verantwortung zu einer eigenen Überzeugung zu kommen bzw. Sich dafür zu entscheiden, was für einen selbst die Wahrheit ist und wie und wo man nach ihr sucht. In der Welt wird viel dazu angeboten. Der Reisende wird jedoch von keinem dieser „Angebote“ verunsichert; er weiß, wie die Stimme seines Freundes klingt. Auch wenn seine Reise unendlich lange dauert und er am Ende fast vor dem
Aufgeben steht- plötzlich findet er den Freund. Und die Wüste um ihn herum ergrünt. Sein Freund versorgt ihn mit allem was er nach seiner langen Reise braucht. Er wird satt und zufrieden.
Ich liebe die Szene, in der der Suchende und sein lang gesuchter Freund nebeneinander hergehen. Das Gespräch, was sich zwischen ihnen entspinnt, ist wunderschön. Der Freund gibt klare Antworten auf die Fragen des Reisenden, die voller Hoffnung und biblischer Wahrheit sind, z.B.: „Seit wann bist du mit mir?“ „Ich war schon das Licht, das du im Leib deiner Mutter wahrgenommen hast. […] Ich war schon immer bei dir.“ (S. 103)
Der Reisende hat seinen Freund gefunden und dieser offenbart sich als Yeshua. Die letzten Seiten sind die schönsten für mich von den Aussagen her gewesen. Auch wenn man als Christ schon einiges kennt und die Zusagen Gottes oft hört- es ist immer wieder schön und heilsam, sie zu lesen und ins Herz sickern zu lassen. Sie sollen tief verwurzelt sein damit wir als Reisende genau wissen, wo wir unseren Freund finden und wie wir ihn hören können in unserem Alltag.
Ich fand dieses Buch interessant und wertvoll, es war mal was ganz anderes als das, was ich sonst lese. Gerne empfehle ich es weiter um sich über Aspekte des Lebens Gedanken zu machen, die man sich vielleicht nicht jeden Tag überlegt. Die Novellen geben dazu Anreiz.

Abschließen möchte ich mit einer weiteren wundervollen Passage aus der letzten der vier Novellen: „Ich bin dein Trost und deine Hoffnung. Alles was du brauchst, schenke ich reichlich und mit Gnade. Du wirst nie mehr allein sein.“ (S. 106)
Was eine geniale und tröstliche Zusage trotz all unserem menschlichen Versagen.

Bewertung vom 21.10.2024
Noch besser als Schokolade
Franke, Thomas

Noch besser als Schokolade


ausgezeichnet

Wieder einmal stellt Thomas Franke in seinem neuesten Roman sein einzigartiges Talent zum Schreiben und seinen unverkennbaren Humor unter Beweis. Diesmal handelt es sich um einen literarischen Adventskalender. Doch wer tatsächlich die Selbstdisziplin besitzt, täglich nur ein Kapitel dieses Buches zu lesen- tja, ich drücke es mal so aus: Glaube ich nicht und wenn doch- ich hatte diese Gabe während des Lesens nicht. Es packte mich vom ersten Kapitel an und ich verschlang das Buch innerhalb kürzester Zeit.

Der Leser wird quasi direkt hineingenommen in einen turbulenten Alltag einer kleinen Großfamilie, jedoch ohne die Anwesenheit einer wichtigen Person: Johann ist seit einigen Jahren Witwer und zieht seine vier Kinder alleine groß, denn seine Frau starb einige Jahre zuvor an Krebs. Er gibt sein Bestes um Kinder und Job unter einen Hut zu bringen, doch das ist oft gar nicht so einfach: Da sind die Bedürfnisse von vier kleinen Menschen, die Finanzen, das Haus, sein neues Buchprojekt, bei welchem die Deadline zur Abgabe immer näher rückt und zu allem Überfluss stellt er fest, dass er die Adventskalender für die Kinder vergessen hat. Seine Schwiegermutter hilft ihm last minute, damit müsste eigentlich alles in bester Ordnung sein. Doch schon nach einer Nacht bleibt von dem schokoladigen Kalender nichts übrig. Was nun? Die Familie entschließt sich für eine andere Art von Kalender und ausgerechnet diese Idee führt zu überraschenden Veränderungen ihres Lebens…

Was musste ich doch beim Lesen oft herzlich lachen! Franke versteht es hervorragend, den Leser mit hineinzunehmen in die Geschichte. Ich fühlte mich oft als stille Beobachterin am Frühstückstisch der Familie, so nahbar und authentisch fühlt es sich an. Dabei sind es nicht nur die liebevoll chaotischen Situationen an sich, die lustig sind, sondern die pfiffigen Dialoge, die dabei zwischen den Charakteren entstehen. Sprachlich hat Franke viel zu bieten, er schreibt unglaublich treffend, locker und mit sehr viel urkomischen Humor. Situationskomik vom feinsten. Seine Figuren im Roman sind total sympathisch, die Kinder nicht auf den Mund gefallen und jeder für sich besonders. Mit Johann hab ich durchgehend mitgefühlt, konnte seine Herausforderungen allzu gut nachvollziehen, ziehe aber auch meinen imaginären Hut vor seiner Geduld und seinem Ehrgeiz, alles zu schaffen, die er seiner Familie gegenüber an den Tag legt. Bei all dem Chaos merkt man trotzdem den starken Zusammenhalt innerhalb der Familie und auch, dass jedes Mitglied so sein darf, wie es ist.

Thematisch ist der Roman vielschichtig: Bei all der Lockerheit und dem Witz, der geboten wird, kommt auch das Tiefgründige nicht zu kurz. Durch den Jungen Till ist Inklusion ein Thema und verleiht der gesamten Geschichte eine einzigartige Besonderheit. Fragen nach den Prioritäten und den echten Werten im Leben sind geschickt und feinfühlig eingewoben. Die Themen Trauer, Festhalten und Loslassen von schmerzhaften vergangenen Erlebnissen klingen an sowie die Ermutigung dazu, sich trotz Problemen und Trubel des Alltags den neuen Chancen im Leben zu öffnen. Das Alte hinter zu lassen, dem Licht erlauben, in den eigenen Schmerz und die Dunkelheit zu kommen- der Kern von Weihnachten.

Die christliche Botschaft ist so schön eingebunden. Die Idee des besonderen Adventskalenders inspiriert und fordert dazu auf, gerade in der doch oft stressigen Vorweihnachtszeit besinnlicher und aufmerksamer mit seinen Mitmenschen (und sich selbst) umzugehen. Liebevoller, geduldiger, authentischer, bereit zu guten Taten- eben bereit zur Ausübung von Nächstenliebe und auch vertrauensvoll Gott gegenüber zu sein, wie Franke es treffend und wunderbar in einem meiner Lieblingszitate des Romans formuliert hat: „Es geht darum, dem zu vertrauen, aus dessen Hand alles Leben hervorspross, und das im Kleinen nachzuahmen, was dieser im Großen getan hat.“ (S. 199)

Eine so wunderbare herzerwärmende und erfrischende Geschichte, ich empfehle sie von Herzen gerne weiter. Am besten ist es, man überzeugt sich selbst von dem Roman. Und ja, die Botschaft ist besser als Schokolade :)

Bewertung vom 17.08.2024
Love Never Fails
Feurer, Melissa C.

Love Never Fails


ausgezeichnet

Der 3. Teil der einfach wunderschön gestalteten Covern der Lichtenberg-Trilogie von Melissa C. Feurer und für mich das stärkste der Reihe!
In diesem Buch geht es um Enni und Julius, die beide eigentlich absolut nicht an eine Beziehung denken. Enni ist Studentin und soll vier Wochen im Café ihres Bruders aushelfen, was für sie eine ganz schöne Herausforderung ist, denn sie hat weder was mit Backen noch mit Kaffee kochen am Hut. Julius scheint „Urlaub“ am selben Ort wie Enni zu verbringen, zumindest lässt er es so aussehen. Die Wahrheit dahinter ist jedoch erschütternd, denn er verbirgt etwas, was nur einige wenige Personen von ihm wissen. Die ersten Kontakte zwischen Enni und Julius sind mehr oder weniger zufällig und manchmal urkomisch…sie lernen sich immer besser kennen und dadurch, dass Julius sich irgendwann auch zu den Arbeiten im Café dazugesellt, verbringen die beiden viel Zeit miteinander. Obwohl Julius anfangs gar nicht Ennis Typ zu sein scheint- er wird ihr doch immer sympathischer. Doch es kommt, wie es kommen muss. Enni kommt an einen Punkt, an dem sie spürt, dass Julius etwas zu verbergen scheint. Was wird die Wahrheit mit der Beziehung der beiden machen? Wie werden sie damit umgehen?

Die Autorin hat eine wundervolle Geschichte erschaffen, ich habe es genossen, sie zu lesen. Sie ist abwechslungsreich: mal lädt sie dazu ein, zu schmunzeln oder laut aufzulachen, mal lässt sie einen traurig werden. Die Themen in diesem letzten Teil fand ich von allen drei Büchern der Reihe am stärksten und „erwachsensten“. Nicht falsch verstehen: Alle Themen haben ihre Berechtigung, besonders bei dem Genre Faithful-New-Adult. Aber manche treffen den Leser eben tiefer als andere. Die Problematik des Hauptthemas in dieser Geschichte hat für eine Beziehung und Partnerschaft eine große Ernsthaftigkeit zur Folge und deswegen hat das Buch für mich eine gewisse Reife, die die anderen beiden Teile so nicht hatten. Es geht auch um große Lebenskrisen und das Ringen um den Glauben an einen Gott, von dem man dachte, dass er nur Gutes für einen will. Entspricht diese Überzeugung der Wahrheit? Was tut man, wenn der Glaube geprüft wird oder man so verzweifelt ist, dann man nicht glauben und vertrauen kann? Kann man sich selbst in seinen depressivsten schwierigsten Zeiten anderen Menschen zu- und anvertrauen? Diesen Fragen muss sich vor allem Julius stellen und ich finde es beeindruckend, wie die Autorin diese Themen in einer wunderschönen süßen Liebesgeschichte verwebt hat. Sie ist auch eine Ermutigung dafür, den Glauben an die Liebe nicht aufzugeben und das Leben so auszukosten und zu gestalten, wie es sich einem präsentiert. Zudem gelingt es der Autorin auch total gut, aufzuzeigen, dass es Dinge gibt, die eine enorme Herausforderung für eine Beziehung und zukünftige Partnerschaft sein können und sein werden. Dafür gibt es keine Pauschallösungen und trotzdem ermutigt diese Geschichte dazu, ehrlich mit den Mitmenschen zu sein, sich der Realität zu stellen und nach guten gesunden Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Sich trauen, trotzdem zu träumen, sich trotz allen Widrigkeiten zu erlauben, zu lieben und geliebt zu werden, denn „man weiß nie welche Pläne Gott hat“, um es in den Worten von Ennis Bruder auszudrücken (S. 229).

Eine wunderschöne, berührende Geschichte vor allem für junge Erwachsene.

Bewertung vom 25.07.2024
Das Haus der Geschichten
Franke, Thomas

Das Haus der Geschichten


ausgezeichnet

Ganz unterschiedliche Meinungen habe ich zu dem Buch von Thomas Franke gelesen. Nicht nur deswegen war ich sehr neugierig auf diesen Roman. Bisher wurde ich noch nie von einem Buch von Thomas enttäuscht und - surprise- dieses Mal auch absolut nicht. Im Gegenteil- ich finde die Idee des Buches und die Umsetzung einfach genial!

Marvin, ein junger Mann, der beruflich schon so einiges ausprobiert und für nicht passend empfunden hat, bekommt überraschenderweise eine Stelle als Aushilfe in einem Buchantiquariat. Der Ladenbesitzer, ein sehr viel älterer Mann, ist etwas eigen und geheimnisvoll, steckt jedoch voller Lebensweisheiten. Als Marvin im Keller des Antiquariats seine „narratorische Apotheke“ entdeckt, entdeckt er ungewöhnliche Geschichten, die ihn auf Lebensfragen stoßen, denen er sich bisher nicht stellen wollte…

Wieder einmal gelang dem Autor mit diesem Werk ein äußerst kreativer Roman. Ich staune jedes Mal über so viel Einfallsreichtum, aber auch über die ganz eigene humorvolle Sprache. Franke schreibt sehr originell, bild- und wortreich.
Mir haben die einzelnen Geschichten der „narratorischen Apotheke“ extrem gut gefallen. Es sind eigentlich Gleichnisse voll mit Metaphern - Bilder für geistliche Wahrheiten oder sinnbildliche Darstellungen für die Reise des Lebens. Einige scheinen so abgespaced (ich hab mich echt gefragt: „wie um alles in der Welt kommt man auf sowas?“), dass ich lachen musste, aber sie sind einfach so wahr und lassen die großen Fragen des Lebens im neuen Licht erscheinen.

Mich hat der Roman herausgefordert über die einzelnen „Gleichnisse“ nachzudenken und konkret zu fragen, wie ich das auf mein Leben münzen kann und was ich daraus lernen darf: Wo ist mein Horizont zu eng gesteckt und wo bedarf es einer Weitsicht um geistlich zu wachsen? Was denke ich über das Leben als Christ auf dem „engen Pfad“? Worauf stütze ich mich, wenn meine Reise anstrengend, mühsam wird und ich die Hoffnung verliere? Schöpfe ich das Leben bestmöglich aus? Das waren unter anderem die Fragen (für mich), auf die der Autor den Leser in unglaublich leichter und unterhaltsamer Art und Weise stößt.

Ein Roman mit unglaublich viel Tiefgang und Originalität! Mich hat er komplett überzeugt und ich kann nur eine klare Leseempfehlung aussprechen.

Bewertung vom 28.06.2024
Rebellin mit Herz
Büchle, Elisabeth

Rebellin mit Herz


ausgezeichnet

Ich mag Bücher, in denen Frauen etwas aus der Reihe des jeweiligen gesellschaftlichen Verhaltenskodex tanzen und etwas rebellisch sind, das Herz jedoch am rechten Fleck haben. Um genau so eine Geschichte handelt es sich beim neusten Roman von Elisabeth Büchle. Einmal in die Hand genommen, möchte man das Buch erst nach dem endgültigen Fertiglesen weglegen.

Der Leser wird nach England in das Jahr 1811 versetzt und hineingesogen in die Geschichte von Lily Thomson, die von einer vereinsamten Lady als Gesellschafterin eingestellt wird, um dieser zu helfen, wieder in die Kreise des britischen Hochadels einzufinden. Dabei bringt Lily ordentlich frischen Wind in Lady Henriettas Leben, aber auch einige Zusammenstöße und Auseinandersetzungen, vor allem mit der feinen gehobenen Gesellschaft. In all dem entdeckt Lily auch noch die Not der an den Docks der Themse lebenden Kinder und sie kann nicht anders, als ihnen helfen zu wollen. Trotz aller Bemühungen, die Adligen auf die Armut und Not dieser benachteiligten Familien hinzuweisen und an deren Spendenbereitschaft zu appellieren, stößt Lily auf eher taube Ohren. Sie schmiedet einen Plan, der sie immer weiter in Schwierigkeiten zieht…
Zugleich trifft sie immer häufiger auf den äußerst gut aussehenden und charmanten, aber auch eigenwilligen Earl of Kantley, der Lily durchaus in ihrer Schlagfertigkeit und ihrer unkonventionellen Art ähnlich ist und ihr den Kopf zu verdrehen scheint. Was wird sie in all dem „Schlamassel“ UND mit ihren Gefühlen tun?

Elisabeth Büchle schreibt einfach grandios. Mit diesem Buch ist ihr eine wunderbare, äußerst unterhaltsame und charmante Geschichte gelungen. Ich mochte die Protagonisten so so gerne - Lily, mit ihrem ganz eigenen Kopf und ihrem eigenwilligen Charakter, die sich nicht in eine vorgefertigte Schablone pressen lässt; die die Stimme ihres Herzens lauter sprechen lässt als die Stimme der Gesellschaft mit ihren unzähligen Regeln; die die Not anderer sieht und so gut es geht, helfen möchte. Das hat mich total beeindruckt. Auch der Earl von Kantley, Marvin, ist ein gelungener Charakter, der ein bisschen wie Lily ist, nur in männlicher Person. Er handelt jedoch bedachter, trotzdem schert er sich auch nicht wirklich darum, was nun in der feinen Gesellschaft angebracht ist und was nicht (er kann es sich ja auch eher leisten, hat er doch einen hohen Rang inne und ist zudem ein Mann).

Ich mag es, dass die Autorin mehrere Themen auf eine leichte und schöne Art und Weise miteinander verbindet: Da wäre u.a. das Thema um die Rollen und Funktionen der Geschlechter (mehrfach wird im Buch erwähnt, dass Frauen nach der Heirat keine große Handhabe darüber hatten, wohin das Geld des Gatten fließt und sie überhaupt nicht wirkliches Mitspracherecht in wichtigen Angelegenheiten hatten), dann das Thema der großen Unterschiede der sozialen Schichten (das prunkvolle Leben des Adels und die Armut der unteren Schichten) und nicht zuletzt die Frage nach dem Willen Gottes im eigenen Leben. Lily erkennt erst recht spät, dass sie in ihrem ganzen Vorhaben nie nach Gottes Willen und Plan gefragt hat, ja nicht mal nach seinem Segen. Hätte er einen anderen Weg gewählt, um den Armen zu helfen? Ich finde, dass dieser Aspekt wirklich schön und unaufdringlich in den Roman eingearbeitet und zu einer wichtigen Message wurde.
Die Liebesgeschichte stand nicht so sehr im Vordergrund, sondern entwickelte sich ganz unterschwellig und fein, aber recht knisternd und aufregend zwischen den Hauptfiguren. (Ein bisschen erinnerte es mich an Pride and Prejudice)

„Rebellin mit Herz“ ist ein großartiger Roman der Heiteres mit Ernstem verbindet und vor allem zu Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft ermuntern. Ich habe das Lesen sehr genossen.

Bewertung vom 27.06.2024
Die Fischerhütte im Irgendwo
Haak, Rainer

Die Fischerhütte im Irgendwo


gut

Tom steckt im Hamsterrad des Lebens fest: Seine Lebensfreude ist im Alltagstrott verloren gegangen. Er ist deprimiert, unzufrieden, unerfüllt, ausgelaugt und sieht in nichts mehr einen Sinn. Er beschließt eine Auszeit zu nehmen, um zur Ruhe zu kommen und sich zu finden. Was anfangs als eine Art Wellnessurlaub von wenigen Tagen gedacht war, entpuppt sich zu einer echten Sinn-Reise. Ohne jeglichen modernen Komfort, fernab vom alltäglichen Stress und der Hektik begegnet Tom besonderen Menschen und Fragen, die ihn herausfordern und näher an sein Herz und den Sinn des Lebens bringen. Unter anderem bekommt er alle paar Tage geheimnisvolle Briefe…

Es ist eine unaufgeregte Geschichte und doch schafft es der Autor, auf die wirklich wichtigen Fragen und Dinge des Lebens hinzuweisen. Es handelt sich dabei um Fragen, die früher oder später jedem von uns begegnen, vor allem, wenn man in einer (Lebens-)Krise steckt, z.B. „Wonach sehnt sich mein Herz?“, „Wähle ich den schweren oder den leichten Weg?“ oder „Was ist mein Abenteuer?“.
Der Leser begleitet Tom in diesem Frage-Prozess. Tom selbst hat meistens nicht direkt eine Antwort parat; vielmehr kommen diese durch äußere Impulse wie Gespräche mit den Menschen, die ihm begegnen oder seinem Slow-living in der Fischerhütte und in der Natur um ihn herum. Langsam aber sicher findet Tom wieder einen lang verloren geglaubten Zugang zu sich selbst, zu seinen Wünschen und Träumen und erlebt eine neue Freude. Er beginnt, seine Umwelt wieder intensiver wahrzunehmen und zu fühlen. Schlussendlich beendet er seine besondere Auszeit um neuorientiert, gefüllt und visionsreich wieder in seinen Alltag zurück zu kehren. Scheinbar weiss er, wie es mit seinem Leben weiter gehen soll.

Ich als Leser blieb allerdings etwas unbefriedigt zurück, denn so genau weiss ich nach dem Lesen des Buches nicht, welche Antworten Tom denn nun auf die ihm gestellten Fragen gefunden hat. Und was genau wird er denn ändern? Wie soll seine Zukunft aussehen? Der Schreibstil ist -wahrscheinlich ganz bewusst - so bildlich und etwas vage gehalten, so dass der Autor es sicherlich absichtlich offen gelassen hat, damit man sich als Leser den Fragen selbst stellen kann/soll und für sich selbst individuelle Antworten findet.
Trotz dieser Unzufriedenheit finde ich das feine Buch wertvoll; es bietet auf jeden Fall einige gute Gedankenanstöße, um mal Bilanz zu ziehen im Leben und innezuhalten. Auch gibt es einfach einige kostbare Aussagen, die ich mir mehrfach durchgelesen habe. Zwei davon möchte ich hier gerne anführen:

„Ich glaube, dass es im Leben nicht um das große Ganze geht, sondern um das Kleine, um dein alltägliches Leben. Wenn du den Himmel spüren willst, , dann such ihn nicht über den Wolken, sondern hier unten auf der Erde.“ (S. 49)

„Zu jedem Leben gehören Hindernisse und Enttäuschungen. Und zu jeder Rose gehören Dornen. Und wenn die Dornen mir die Hand zerkratzen - ich gebe nicht auf. Ich gehe den Weg der Rose. Man verpasst das Schönste im Leben, wenn man immer nur den leichten Weg geht. Ich glaube, hinter denn Dornen wartet das Abenteuer.“

Meine Erwartungen an das Buch waren wohl ein wenig zu hoch, trotzdem mag ich die Geschichte und empfehle sie gerne weiter, auch wenn sie an einigen Stellen ruhig ausführlicher hätte sein können.

Bewertung vom 23.04.2024
Das Leuchten der Sehnsucht / Töchter der Freiheit Bd.1
Walker, Noa C.

Das Leuchten der Sehnsucht / Töchter der Freiheit Bd.1


ausgezeichnet

„Das Leuchten der Sehnsucht“ ist der erste Band der Töchter – der – Freiheit Reihe von Noa C. Walker.

Amerika, 1859: Inmitten von Unruhen zwischen Norden und Süden und kurz vor dem amerikanischen Bürgerkrieg, wird Annie, eine junge Lehrerin auf eine Südstaaten-Plantage geschickt, um die Töchter des Hauses zu unterrichten. Bisher hatte sie ein recht bescheidenes Leben geführt und muss sich nun in der neuen Situation zurechtfinden: Überwältigt von dem Luxus in den Herrenhäusern um sie herum, setzt ihr am meisten der Fakt zu, wie mit den Hausangestellten – schwarze Sklaven – umgegangen wird.
Doch nicht nur sie hat mit all den neuen Herausforderungen zu kämpfen – die Bewohner des Hauses und ihre Nachbarn begegnen der jungen Frau nicht gerade mit Herzlichkeit, denn Annie ist so ganz anders, als sie es sich vorgestellt haben. Mit ihrem ganz eigensinnigen und gerechtigkeitsliebenden Charakter bringt sie mehr als nur frischen Wind an ihren neuen Arbeitsplatz und handelt sich eine Kritik nach der anderen ein...

Zur gleichen Zeit kämpfen ihre jüngere Schwester und ihr Schwager im Norden um die Erhaltung ihres Farmlandes und müssen sich gegen die Angreifer wehren mit einigen verheerenden Verlusten.

Die Geschichte beinhaltet mehrere Handlungsstränge, wodurch man viele Personen und Orte kennenlernt. Die Charaktere sind so vielfältig, bunt und authentisch, dass es ein Leichtes ist, sich in sie hineinzuversetzen. Mit der Hauptprotagonistin habe ich sofort sympathisiert, sie ist so herrlich aufrichtig und hat das Herz am rechten Fleck, obwohl sie sich dafür ordentlich herauslehnt und viel Kritik einstecken muss. Doch sie setzt sich für das Gute und Menschliche ein, das ist beeindruckend, gerade für eine Frau zu damaligen strikten gesellschaftlichen Verhältnissen. Sie widersetzt sich dem, was als normale Umgangsform den Sklaven gegenüber erachtet wird. Das finde ich ganz stark.

Weil der Schreibstil der Autorin so bildreich ist, liest sich die Geschichte sehr angenehm und flüssig, es ist, als wäre man mitten im Geschehen. Die Konversationen zwischen den einzelnen Charakteren finde ich herrlich humorvoll, Annie kann recht schlagfertig sein, das gibt den Gesprächen zwischen den Protagonisten eine extra Würze.

Da ich noch nicht allzu viel über das Thema der Sklaven gelesen habe, hat es mich doch sehr getroffen in einer Erzählung verpackt zu verstehen, wie schlimm und herabwürdigend doch der Umgang mit diesen Menschen war. Das ist ziemlich gut und einfühlsam im Buch eingearbeitet worden.

Ich habe das Buch unheimlich gerne gelesen, musste oft schmunzeln, war öfter auch betroffen und habe es einfach genossen, diese beeindruckende und spannende Geschichte zu lesen, die (leider) mit einem Cliffhanger endet. Natürlich möchte ich wissen, wie es mit Annie weitergehen wird und freue mich deshalb sehr auf den 2. Band.

Bewertung vom 01.04.2024
Weil ich es will
Markus Hoffmann

Weil ich es will


ausgezeichnet

Im Buch „Weil ich es will“ kommen 39 Frauen und Männer zu Wort, die über ihr Leben und ihren Umgang mit homoerotischen Gefühlen berichten. Dabei sind es Menschen, die ihren Gefühlen nicht die Macht über ihr Leben geben wollen, sondern diese dem Worte Gottes unterstellen. Die einzelnen Berichte könnten nicht unterschiedlicher sein: Hier kommt eine ganze Vielfalt zusammen – jede Person wächst in einem individuellen Kontext mit unterschiedlichen Herausforderungen auf und geht mit diesen auf persönliche Art und Weise um. Den Einstieg ins Buch stellt ein umfangreiches Vorwort dar, das die Herangehensweise an das Buch erklärt und den Lesern Lesehilfen anbietet, z.B. werden an Seelsorger oder Lebensberater andere Forderungen beim Lesen gestellt als an evtl. Betroffene oder Menschen, die mit Betroffenen zu tun haben.

Die Frauen und Männer, die hier über ihren Lebensweg und ihre Kämpfe im Bezug auf ihre homoerotischen Gefühle berichten, tun dies auf solch eine offene Art und Weise, dass ich beim Lesen großen Respekt vor dieser Ehrlichkeit und dem Mut bekam. Sie gewähren tiefe Einblicke in frühste Kindheit, die Rolle der Eltern auf die kindliche Entwicklung und den weiteren Lebensweg, so wie die es eben empfunden haben, und in ihre Gedankenwelt. (Ganz nebenbei wurde mir neu bewusst, welch entscheidende Rolle wir doch als Eltern inne haben beim Begleiten unserer Kinder ins Leben hinein!) Die Erzählenden machten sich für dieses Buch verletzlich und ich halte das für einen großen Schatz.

Ich muss zugeben – als ich den Titel des Buches las, war ich sehr skeptisch und hatte Vorurteile, weil ich erwartete, dass es ein Buch wäre, das für die Inklusion der Homosexualität im Christentum plädiert a la „Liebe ist Liebe“/ „Gott hat mich eben so gemacht“/ „Homoerotische Gefühle sollen ausgelebt werden“. Umso angenehmer wurde ich überrascht, als ich las, dass sowohl der Herausgeber als auch die einzelnen Betroffenen eben nicht dem Konsens der Gesellschaft nachgeben wollen, sondern ganz klar aus dem Wort Gottes heraus lesen, dass das Ausleben von nicht-heterosexuellen Gefühlen nicht vereinbar sind mit Gottes Prinzipien. Für diesen Aspekt hat mir der letzte Bericht mit der Überschrift „Warum ich als Christ nicht homosexuell leben kann – und will“ am besten gefallen. Er ist eine wunderbare Zusammenfassung der gesamten Berichte.

Das Buch hat mich auf eine spezielle Art neu aufgeklärt, denn bis dato war mir nicht unbedingt bewusst, dass es so eine breitgefächerte Ebene zwischen hetero- und homosexuellem Empfinden überhaupt gibt. Des Weiteren hat es mich unglaublich herausgefordert und bewegt, vieles klingt noch nach. Vor allem aber hat mich berührt, dass die Berichtenden den unfassbaren Mut und Willen aufgebracht haben, ihren Gefühlen nicht einfach die Oberhand zu überlassen und – vereinfacht gesagt – triebgesteuert zu leben, sondern dass sie sich aufgemacht haben, um diesen Gefühlen auf den Grund zu gehen, Traumata und Probleme aus Kindheit und Jugend zu bearbeiten und sich Heilungsprozessen hinzugeben mithilfe des Heiligen Geistes. Unglaublich bewegend zu lesen, wie viel sie auf sich genommen haben, um in diese Prozesse hineinzukommen und da weiterzugehen, denn einiges ist längst nicht abgeschlossen. Diese Wege sind oft lang, aber lohnenswert und mit Gottes Hilfe erlangen sie immer mehr Freiheit darin.

Ich empfehle dieses Buch ganz unbedingt (vor allem Christen); meiner Meinung nach ist es ein sehr wichtiger Beitrag zu einem äußerst gesellschaftsrelevanten Thema.

Bewertung vom 09.02.2024
Diebin des Herzens
Albers, Maria

Diebin des Herzens


ausgezeichnet

Maria Albers legt mit ihrem Debüt „Diebin des Herzens“ einen absolut spannenden historischen, aber auch sanften, Krimi vor.

Ich habe dieses Buch total genossen! Die Autorin hält kontinuierlich den Spannungsbogen geschickt aufrecht, es gibt immer wieder unerwartete Überraschungen, vor allem was den Anführer der Gang betrifft.
Die beiden Protagonisten habe ich sehr schnell ins Herz geschlossen: Rachel ist eine so aufrichtige Seele und William ein ehrlicher, empathischer Mann, beide tief verletzt von Geschehnissen ihrer Vergangenheit. In der Geschichte wird gut deutlich, was mit Menschen passieren kann, wenn sie an Bitterkeit festhalten: William wird in seiner Arbeit von einem schon fast exzessiven Gerechtigkeitssinn angetrieben – durch einen schlimmen Verlust verliert er sich in seinen täglichen Nachforschungen und seine Lebensfreude kommt ihm fast abhanden. Rachel kämpft mit Schuldgefühlen und Reue, auch sehr nachvollziehbar aufgrund ihrer Vergangenheit. Man kann sich in beide gut hineinversetzen und merkt schnell, dass beide nicht alleine aus ihrer Haut können. Da kommt der christliche Aspekt, der wirklich gut und ausführlich in den Roman eingearbeitet ist, zum Vorschein, nämlich dass der Mensch es ohne Gott nicht schaffen kann. Das Thema Vergebung und Loslassen ist sehr zentral und wie ich finde, biblisch gut unterlegt. Für beide ist die individuelle Auseinandersetzung ihrer Vergangenheit zwar schmerzhaft und kostet einiges, aber letztendlich sehr befreiend.

Insgesamt kann ich einfach nur sagen, dass ich dieses Buch wirklich sehr gerne gelesen habe und nur so durch die Seiten geflogen bin, ich kann es wärmstens empfehlen und freue mich jetzt schon sehr auf weitere Bücher von Maria Albers.

Bewertung vom 18.09.2022
Das Mädchen, das nicht verschwinden wollte
Franke, Thomas

Das Mädchen, das nicht verschwinden wollte


sehr gut

Zu einem Buch von Thomas Franke zu greifen ist nie verkehrt, es erwartet einen immer eine originelle Geschichte mit Tiefgründigkeit. Auch hier stellt der Autor wieder einmal sein Einfallsreichtum und seine Wortgewandtheit unter Beweis.

In „Das Mädchen, das nicht verschwinden wollte“ lernen wir Miriam kennen, eine nach außen selbstbewusste toughe Geschäftsfrau, die sich ihren beruflichen Erfolg hart und zielstrebig erkämpft hat. Längst vergangen und in sich vergraben sind die Kindheitstage, in denen sie sich von ihrem strengen Elternhaus gefangen und kontrolliert fühlte. Doch die traumatischen Erlebnisse und Erinnerungen brodeln in ihrem Unterbewusstsein und drohen an die Oberfläche zu kommen. Um diese ein für alle Mal abzustreifen, beschließt sie, an einer neuen Therapieform teilzunehmen. Dabei geht jedoch etwas schief und Miriam wird ab da von ihrem 9-jährigen Ich begleitet, welches nur sie sehen kann. Eine herausfordernde und gleichzeitig heilsame Reise beginnt, in der Miriam erkennen darf, dass sie geborgen in Gottes Hand ihre Vergangenheit anschauen und hinter sich lassen kann, um neuen Erfahrungen entstehen zu lassen.

Die Geschichte liest sich leicht und flüssig. Dem Autor gelingt es außerordentlich gut, sehr anschaulich, treffend und humorvoll zu erzählen. Ich musste viel schmunzeln. Die Figuren sind lebensnah und authentisch beschrieben, sodass man leicht mit Miriam sympathisieren kann – und es geht an einigen Stellen auch gar nicht anders, wenn man sich vor Augen führt, welch zerstörerisches Gottesbild sie in ihrer Kindheit vermittelt bekommen hat. Behutsam und sensibel hat der Autor Miriams traumatische Ereignisse behandelt und eingearbeitet und dabei etwas sehr entscheidendes beachtet: Er stellt niemanden als alleinigen Schuldner hin, keiner wird angeklagt. Vielmehr bietet er einen Perspektivwechsel an – denn meistens ist ein Täter gleichzeitig ein Opfer. Weiterhin zeigt der Autor auf, welch eine toxische Macht das Bild eines strafenden ungnädigen Gottes, der nur darauf wartet, bis man einen Fehler begeht, auf das Leben eines Menschen haben kann. Doch nicht nur das – der Kern der Geschichte geht zurück auf die nüchterne Tatsache, dass die gesamte Menschheit „krank“ ist in Form von Neid, Missgunst, Machtgier usw. Für all das braucht es einen Heiler, jemand, der davon befreien und erneuern kann.

Die Auseinandersetzung um die Frage, wie Gott ist, ist wundervoll gestaltet. Ich fand es faszinierend und gleichzeitig inspirierend, welche treffenden Beispiele der Autor dem kindlichen Ich in den Mund legt, um Gottes Wesen und die Suche nach ihm zu beschreiben. Meine Lieblingsstelle dazu aus dem Roman: „Wenn mir jemand trübes Teichwasser als Apfelsaft verkauft, dann kann ich daraus schließen, dass Apfelsaft scheußlich schmeckt, und nie wieder welchen trinken. Ich kann zu folgendem Schluss kommen: All das Gerede vom süßen Apfelsaft ist eine Lüge. In Wirklichkeit ist es bloß muffig schmeckendes Wasser (…) Die Wahrheit über Apfelsaft werde ich in jedem Fall nur dann herausfinden, wenn ich mich selbst auf die Suche begebe.“
Die wunderschönen berührenden Dialoge zwischen Miriam und ihrem kindlichen Ich sind voll mit biblischen Wahrheiten. „Das Evangelium ist eine Einladung, keine Vorladung. (…) Es kommt nicht drauf an, was du für Gott tust, sondern was er für dich getan hat.“
So nervig es für Miriam auch anfangs ist, dass sie sich mit ihren negativen Kindheitserlebnissen mit dem ständig auftauchendem Mädchen auseinandersetzen muss – sie ergreift die Chance, ihr Leben und ihre Glaubenssätze neu zu ordnen und sich ihrer Vergangenheit zu stellen. Vergebung wird möglich.
Letztendlich geht es um die Frage: Wer bin ich und was macht mich aus? Der Autor hat darauf im Roman eine klare Antwort: „Was dich im tiefsten Inneren ausmacht, ist die Art, wie Gott dich ansieht.“ Was für eine Hoffnung, was für eine wunderbare Zusage.
Die Aussagen in diesem Roman haben mich zutiefst bewegt, sehr beschäftigt und werden es auch weiterhi