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Elina

Bewertungen

Insgesamt 6 Bewertungen
Bewertung vom 28.06.2024
Rebellin mit Herz
Büchle, Elisabeth

Rebellin mit Herz


ausgezeichnet

Ich mag Bücher, in denen Frauen etwas aus der Reihe des jeweiligen gesellschaftlichen Verhaltenskodex tanzen und etwas rebellisch sind, das Herz jedoch am rechten Fleck haben. Um genau so eine Geschichte handelt es sich beim neusten Roman von Elisabeth Büchle. Einmal in die Hand genommen, möchte man das Buch erst nach dem endgültigen Fertiglesen weglegen.

Der Leser wird nach England in das Jahr 1811 versetzt und hineingesogen in die Geschichte von Lily Thomson, die von einer vereinsamten Lady als Gesellschafterin eingestellt wird, um dieser zu helfen, wieder in die Kreise des britischen Hochadels einzufinden. Dabei bringt Lily ordentlich frischen Wind in Lady Henriettas Leben, aber auch einige Zusammenstöße und Auseinandersetzungen, vor allem mit der feinen gehobenen Gesellschaft. In all dem entdeckt Lily auch noch die Not der an den Docks der Themse lebenden Kinder und sie kann nicht anders, als ihnen helfen zu wollen. Trotz aller Bemühungen, die Adligen auf die Armut und Not dieser benachteiligten Familien hinzuweisen und an deren Spendenbereitschaft zu appellieren, stößt Lily auf eher taube Ohren. Sie schmiedet einen Plan, der sie immer weiter in Schwierigkeiten zieht…
Zugleich trifft sie immer häufiger auf den äußerst gut aussehenden und charmanten, aber auch eigenwilligen Earl of Kantley, der Lily durchaus in ihrer Schlagfertigkeit und ihrer unkonventionellen Art ähnlich ist und ihr den Kopf zu verdrehen scheint. Was wird sie in all dem „Schlamassel“ UND mit ihren Gefühlen tun?

Elisabeth Büchle schreibt einfach grandios. Mit diesem Buch ist ihr eine wunderbare, äußerst unterhaltsame und charmante Geschichte gelungen. Ich mochte die Protagonisten so so gerne - Lily, mit ihrem ganz eigenen Kopf und ihrem eigenwilligen Charakter, die sich nicht in eine vorgefertigte Schablone pressen lässt; die die Stimme ihres Herzens lauter sprechen lässt als die Stimme der Gesellschaft mit ihren unzähligen Regeln; die die Not anderer sieht und so gut es geht, helfen möchte. Das hat mich total beeindruckt. Auch der Earl von Kantley, Marvin, ist ein gelungener Charakter, der ein bisschen wie Lily ist, nur in männlicher Person. Er handelt jedoch bedachter, trotzdem schert er sich auch nicht wirklich darum, was nun in der feinen Gesellschaft angebracht ist und was nicht (er kann es sich ja auch eher leisten, hat er doch einen hohen Rang inne und ist zudem ein Mann).

Ich mag es, dass die Autorin mehrere Themen auf eine leichte und schöne Art und Weise miteinander verbindet: Da wäre u.a. das Thema um die Rollen und Funktionen der Geschlechter (mehrfach wird im Buch erwähnt, dass Frauen nach der Heirat keine große Handhabe darüber hatten, wohin das Geld des Gatten fließt und sie überhaupt nicht wirkliches Mitspracherecht in wichtigen Angelegenheiten hatten), dann das Thema der großen Unterschiede der sozialen Schichten (das prunkvolle Leben des Adels und die Armut der unteren Schichten) und nicht zuletzt die Frage nach dem Willen Gottes im eigenen Leben. Lily erkennt erst recht spät, dass sie in ihrem ganzen Vorhaben nie nach Gottes Willen und Plan gefragt hat, ja nicht mal nach seinem Segen. Hätte er einen anderen Weg gewählt, um den Armen zu helfen? Ich finde, dass dieser Aspekt wirklich schön und unaufdringlich in den Roman eingearbeitet und zu einer wichtigen Message wurde.
Die Liebesgeschichte stand nicht so sehr im Vordergrund, sondern entwickelte sich ganz unterschwellig und fein, aber recht knisternd und aufregend zwischen den Hauptfiguren. (Ein bisschen erinnerte es mich an Pride and Prejudice)

„Rebellin mit Herz“ ist ein großartiger Roman der Heiteres mit Ernstem verbindet und vor allem zu Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft ermuntern. Ich habe das Lesen sehr genossen.

Bewertung vom 27.06.2024
Die Fischerhütte im Irgendwo
Haak, Rainer

Die Fischerhütte im Irgendwo


gut

Tom steckt im Hamsterrad des Lebens fest: Seine Lebensfreude ist im Alltagstrott verloren gegangen. Er ist deprimiert, unzufrieden, unerfüllt, ausgelaugt und sieht in nichts mehr einen Sinn. Er beschließt eine Auszeit zu nehmen, um zur Ruhe zu kommen und sich zu finden. Was anfangs als eine Art Wellnessurlaub von wenigen Tagen gedacht war, entpuppt sich zu einer echten Sinn-Reise. Ohne jeglichen modernen Komfort, fernab vom alltäglichen Stress und der Hektik begegnet Tom besonderen Menschen und Fragen, die ihn herausfordern und näher an sein Herz und den Sinn des Lebens bringen. Unter anderem bekommt er alle paar Tage geheimnisvolle Briefe…

Es ist eine unaufgeregte Geschichte und doch schafft es der Autor, auf die wirklich wichtigen Fragen und Dinge des Lebens hinzuweisen. Es handelt sich dabei um Fragen, die früher oder später jedem von uns begegnen, vor allem, wenn man in einer (Lebens-)Krise steckt, z.B. „Wonach sehnt sich mein Herz?“, „Wähle ich den schweren oder den leichten Weg?“ oder „Was ist mein Abenteuer?“.
Der Leser begleitet Tom in diesem Frage-Prozess. Tom selbst hat meistens nicht direkt eine Antwort parat; vielmehr kommen diese durch äußere Impulse wie Gespräche mit den Menschen, die ihm begegnen oder seinem Slow-living in der Fischerhütte und in der Natur um ihn herum. Langsam aber sicher findet Tom wieder einen lang verloren geglaubten Zugang zu sich selbst, zu seinen Wünschen und Träumen und erlebt eine neue Freude. Er beginnt, seine Umwelt wieder intensiver wahrzunehmen und zu fühlen. Schlussendlich beendet er seine besondere Auszeit um neuorientiert, gefüllt und visionsreich wieder in seinen Alltag zurück zu kehren. Scheinbar weiss er, wie es mit seinem Leben weiter gehen soll.

Ich als Leser blieb allerdings etwas unbefriedigt zurück, denn so genau weiss ich nach dem Lesen des Buches nicht, welche Antworten Tom denn nun auf die ihm gestellten Fragen gefunden hat. Und was genau wird er denn ändern? Wie soll seine Zukunft aussehen? Der Schreibstil ist -wahrscheinlich ganz bewusst - so bildlich und etwas vage gehalten, so dass der Autor es sicherlich absichtlich offen gelassen hat, damit man sich als Leser den Fragen selbst stellen kann/soll und für sich selbst individuelle Antworten findet.
Trotz dieser Unzufriedenheit finde ich das feine Buch wertvoll; es bietet auf jeden Fall einige gute Gedankenanstöße, um mal Bilanz zu ziehen im Leben und innezuhalten. Auch gibt es einfach einige kostbare Aussagen, die ich mir mehrfach durchgelesen habe. Zwei davon möchte ich hier gerne anführen:

„Ich glaube, dass es im Leben nicht um das große Ganze geht, sondern um das Kleine, um dein alltägliches Leben. Wenn du den Himmel spüren willst, , dann such ihn nicht über den Wolken, sondern hier unten auf der Erde.“ (S. 49)

„Zu jedem Leben gehören Hindernisse und Enttäuschungen. Und zu jeder Rose gehören Dornen. Und wenn die Dornen mir die Hand zerkratzen - ich gebe nicht auf. Ich gehe den Weg der Rose. Man verpasst das Schönste im Leben, wenn man immer nur den leichten Weg geht. Ich glaube, hinter denn Dornen wartet das Abenteuer.“

Meine Erwartungen an das Buch waren wohl ein wenig zu hoch, trotzdem mag ich die Geschichte und empfehle sie gerne weiter, auch wenn sie an einigen Stellen ruhig ausführlicher hätte sein können.

Bewertung vom 23.04.2024
Das Leuchten der Sehnsucht / Töchter der Freiheit Bd.1
Walker, Noa C.

Das Leuchten der Sehnsucht / Töchter der Freiheit Bd.1


ausgezeichnet

„Das Leuchten der Sehnsucht“ ist der erste Band der Töchter – der – Freiheit Reihe von Noa C. Walker.

Amerika, 1859: Inmitten von Unruhen zwischen Norden und Süden und kurz vor dem amerikanischen Bürgerkrieg, wird Annie, eine junge Lehrerin auf eine Südstaaten-Plantage geschickt, um die Töchter des Hauses zu unterrichten. Bisher hatte sie ein recht bescheidenes Leben geführt und muss sich nun in der neuen Situation zurechtfinden: Überwältigt von dem Luxus in den Herrenhäusern um sie herum, setzt ihr am meisten der Fakt zu, wie mit den Hausangestellten – schwarze Sklaven – umgegangen wird.
Doch nicht nur sie hat mit all den neuen Herausforderungen zu kämpfen – die Bewohner des Hauses und ihre Nachbarn begegnen der jungen Frau nicht gerade mit Herzlichkeit, denn Annie ist so ganz anders, als sie es sich vorgestellt haben. Mit ihrem ganz eigensinnigen und gerechtigkeitsliebenden Charakter bringt sie mehr als nur frischen Wind an ihren neuen Arbeitsplatz und handelt sich eine Kritik nach der anderen ein...

Zur gleichen Zeit kämpfen ihre jüngere Schwester und ihr Schwager im Norden um die Erhaltung ihres Farmlandes und müssen sich gegen die Angreifer wehren mit einigen verheerenden Verlusten.

Die Geschichte beinhaltet mehrere Handlungsstränge, wodurch man viele Personen und Orte kennenlernt. Die Charaktere sind so vielfältig, bunt und authentisch, dass es ein Leichtes ist, sich in sie hineinzuversetzen. Mit der Hauptprotagonistin habe ich sofort sympathisiert, sie ist so herrlich aufrichtig und hat das Herz am rechten Fleck, obwohl sie sich dafür ordentlich herauslehnt und viel Kritik einstecken muss. Doch sie setzt sich für das Gute und Menschliche ein, das ist beeindruckend, gerade für eine Frau zu damaligen strikten gesellschaftlichen Verhältnissen. Sie widersetzt sich dem, was als normale Umgangsform den Sklaven gegenüber erachtet wird. Das finde ich ganz stark.

Weil der Schreibstil der Autorin so bildreich ist, liest sich die Geschichte sehr angenehm und flüssig, es ist, als wäre man mitten im Geschehen. Die Konversationen zwischen den einzelnen Charakteren finde ich herrlich humorvoll, Annie kann recht schlagfertig sein, das gibt den Gesprächen zwischen den Protagonisten eine extra Würze.

Da ich noch nicht allzu viel über das Thema der Sklaven gelesen habe, hat es mich doch sehr getroffen in einer Erzählung verpackt zu verstehen, wie schlimm und herabwürdigend doch der Umgang mit diesen Menschen war. Das ist ziemlich gut und einfühlsam im Buch eingearbeitet worden.

Ich habe das Buch unheimlich gerne gelesen, musste oft schmunzeln, war öfter auch betroffen und habe es einfach genossen, diese beeindruckende und spannende Geschichte zu lesen, die (leider) mit einem Cliffhanger endet. Natürlich möchte ich wissen, wie es mit Annie weitergehen wird und freue mich deshalb sehr auf den 2. Band.

Bewertung vom 01.04.2024
Weil ich es will
Markus Hoffmann

Weil ich es will


ausgezeichnet

Im Buch „Weil ich es will“ kommen 39 Frauen und Männer zu Wort, die über ihr Leben und ihren Umgang mit homoerotischen Gefühlen berichten. Dabei sind es Menschen, die ihren Gefühlen nicht die Macht über ihr Leben geben wollen, sondern diese dem Worte Gottes unterstellen. Die einzelnen Berichte könnten nicht unterschiedlicher sein: Hier kommt eine ganze Vielfalt zusammen – jede Person wächst in einem individuellen Kontext mit unterschiedlichen Herausforderungen auf und geht mit diesen auf persönliche Art und Weise um. Den Einstieg ins Buch stellt ein umfangreiches Vorwort dar, das die Herangehensweise an das Buch erklärt und den Lesern Lesehilfen anbietet, z.B. werden an Seelsorger oder Lebensberater andere Forderungen beim Lesen gestellt als an evtl. Betroffene oder Menschen, die mit Betroffenen zu tun haben.

Die Frauen und Männer, die hier über ihren Lebensweg und ihre Kämpfe im Bezug auf ihre homoerotischen Gefühle berichten, tun dies auf solch eine offene Art und Weise, dass ich beim Lesen großen Respekt vor dieser Ehrlichkeit und dem Mut bekam. Sie gewähren tiefe Einblicke in frühste Kindheit, die Rolle der Eltern auf die kindliche Entwicklung und den weiteren Lebensweg, so wie die es eben empfunden haben, und in ihre Gedankenwelt. (Ganz nebenbei wurde mir neu bewusst, welch entscheidende Rolle wir doch als Eltern inne haben beim Begleiten unserer Kinder ins Leben hinein!) Die Erzählenden machten sich für dieses Buch verletzlich und ich halte das für einen großen Schatz.

Ich muss zugeben – als ich den Titel des Buches las, war ich sehr skeptisch und hatte Vorurteile, weil ich erwartete, dass es ein Buch wäre, das für die Inklusion der Homosexualität im Christentum plädiert a la „Liebe ist Liebe“/ „Gott hat mich eben so gemacht“/ „Homoerotische Gefühle sollen ausgelebt werden“. Umso angenehmer wurde ich überrascht, als ich las, dass sowohl der Herausgeber als auch die einzelnen Betroffenen eben nicht dem Konsens der Gesellschaft nachgeben wollen, sondern ganz klar aus dem Wort Gottes heraus lesen, dass das Ausleben von nicht-heterosexuellen Gefühlen nicht vereinbar sind mit Gottes Prinzipien. Für diesen Aspekt hat mir der letzte Bericht mit der Überschrift „Warum ich als Christ nicht homosexuell leben kann – und will“ am besten gefallen. Er ist eine wunderbare Zusammenfassung der gesamten Berichte.

Das Buch hat mich auf eine spezielle Art neu aufgeklärt, denn bis dato war mir nicht unbedingt bewusst, dass es so eine breitgefächerte Ebene zwischen hetero- und homosexuellem Empfinden überhaupt gibt. Des Weiteren hat es mich unglaublich herausgefordert und bewegt, vieles klingt noch nach. Vor allem aber hat mich berührt, dass die Berichtenden den unfassbaren Mut und Willen aufgebracht haben, ihren Gefühlen nicht einfach die Oberhand zu überlassen und – vereinfacht gesagt – triebgesteuert zu leben, sondern dass sie sich aufgemacht haben, um diesen Gefühlen auf den Grund zu gehen, Traumata und Probleme aus Kindheit und Jugend zu bearbeiten und sich Heilungsprozessen hinzugeben mithilfe des Heiligen Geistes. Unglaublich bewegend zu lesen, wie viel sie auf sich genommen haben, um in diese Prozesse hineinzukommen und da weiterzugehen, denn einiges ist längst nicht abgeschlossen. Diese Wege sind oft lang, aber lohnenswert und mit Gottes Hilfe erlangen sie immer mehr Freiheit darin.

Ich empfehle dieses Buch ganz unbedingt (vor allem Christen); meiner Meinung nach ist es ein sehr wichtiger Beitrag zu einem äußerst gesellschaftsrelevanten Thema.

Bewertung vom 09.02.2024
Diebin des Herzens
Albers, Maria

Diebin des Herzens


ausgezeichnet

Maria Albers legt mit ihrem Debüt „Diebin des Herzens“ einen absolut spannenden historischen, aber auch sanften, Krimi vor.

Ich habe dieses Buch total genossen! Die Autorin hält kontinuierlich den Spannungsbogen geschickt aufrecht, es gibt immer wieder unerwartete Überraschungen, vor allem was den Anführer der Gang betrifft.
Die beiden Protagonisten habe ich sehr schnell ins Herz geschlossen: Rachel ist eine so aufrichtige Seele und William ein ehrlicher, empathischer Mann, beide tief verletzt von Geschehnissen ihrer Vergangenheit. In der Geschichte wird gut deutlich, was mit Menschen passieren kann, wenn sie an Bitterkeit festhalten: William wird in seiner Arbeit von einem schon fast exzessiven Gerechtigkeitssinn angetrieben – durch einen schlimmen Verlust verliert er sich in seinen täglichen Nachforschungen und seine Lebensfreude kommt ihm fast abhanden. Rachel kämpft mit Schuldgefühlen und Reue, auch sehr nachvollziehbar aufgrund ihrer Vergangenheit. Man kann sich in beide gut hineinversetzen und merkt schnell, dass beide nicht alleine aus ihrer Haut können. Da kommt der christliche Aspekt, der wirklich gut und ausführlich in den Roman eingearbeitet ist, zum Vorschein, nämlich dass der Mensch es ohne Gott nicht schaffen kann. Das Thema Vergebung und Loslassen ist sehr zentral und wie ich finde, biblisch gut unterlegt. Für beide ist die individuelle Auseinandersetzung ihrer Vergangenheit zwar schmerzhaft und kostet einiges, aber letztendlich sehr befreiend.

Insgesamt kann ich einfach nur sagen, dass ich dieses Buch wirklich sehr gerne gelesen habe und nur so durch die Seiten geflogen bin, ich kann es wärmstens empfehlen und freue mich jetzt schon sehr auf weitere Bücher von Maria Albers.

Bewertung vom 18.09.2022
Das Mädchen, das nicht verschwinden wollte
Franke, Thomas

Das Mädchen, das nicht verschwinden wollte


sehr gut

Zu einem Buch von Thomas Franke zu greifen ist nie verkehrt, es erwartet einen immer eine originelle Geschichte mit Tiefgründigkeit. Auch hier stellt der Autor wieder einmal sein Einfallsreichtum und seine Wortgewandtheit unter Beweis.

In „Das Mädchen, das nicht verschwinden wollte“ lernen wir Miriam kennen, eine nach außen selbstbewusste toughe Geschäftsfrau, die sich ihren beruflichen Erfolg hart und zielstrebig erkämpft hat. Längst vergangen und in sich vergraben sind die Kindheitstage, in denen sie sich von ihrem strengen Elternhaus gefangen und kontrolliert fühlte. Doch die traumatischen Erlebnisse und Erinnerungen brodeln in ihrem Unterbewusstsein und drohen an die Oberfläche zu kommen. Um diese ein für alle Mal abzustreifen, beschließt sie, an einer neuen Therapieform teilzunehmen. Dabei geht jedoch etwas schief und Miriam wird ab da von ihrem 9-jährigen Ich begleitet, welches nur sie sehen kann. Eine herausfordernde und gleichzeitig heilsame Reise beginnt, in der Miriam erkennen darf, dass sie geborgen in Gottes Hand ihre Vergangenheit anschauen und hinter sich lassen kann, um neuen Erfahrungen entstehen zu lassen.

Die Geschichte liest sich leicht und flüssig. Dem Autor gelingt es außerordentlich gut, sehr anschaulich, treffend und humorvoll zu erzählen. Ich musste viel schmunzeln. Die Figuren sind lebensnah und authentisch beschrieben, sodass man leicht mit Miriam sympathisieren kann – und es geht an einigen Stellen auch gar nicht anders, wenn man sich vor Augen führt, welch zerstörerisches Gottesbild sie in ihrer Kindheit vermittelt bekommen hat. Behutsam und sensibel hat der Autor Miriams traumatische Ereignisse behandelt und eingearbeitet und dabei etwas sehr entscheidendes beachtet: Er stellt niemanden als alleinigen Schuldner hin, keiner wird angeklagt. Vielmehr bietet er einen Perspektivwechsel an – denn meistens ist ein Täter gleichzeitig ein Opfer. Weiterhin zeigt der Autor auf, welch eine toxische Macht das Bild eines strafenden ungnädigen Gottes, der nur darauf wartet, bis man einen Fehler begeht, auf das Leben eines Menschen haben kann. Doch nicht nur das – der Kern der Geschichte geht zurück auf die nüchterne Tatsache, dass die gesamte Menschheit „krank“ ist in Form von Neid, Missgunst, Machtgier usw. Für all das braucht es einen Heiler, jemand, der davon befreien und erneuern kann.

Die Auseinandersetzung um die Frage, wie Gott ist, ist wundervoll gestaltet. Ich fand es faszinierend und gleichzeitig inspirierend, welche treffenden Beispiele der Autor dem kindlichen Ich in den Mund legt, um Gottes Wesen und die Suche nach ihm zu beschreiben. Meine Lieblingsstelle dazu aus dem Roman: „Wenn mir jemand trübes Teichwasser als Apfelsaft verkauft, dann kann ich daraus schließen, dass Apfelsaft scheußlich schmeckt, und nie wieder welchen trinken. Ich kann zu folgendem Schluss kommen: All das Gerede vom süßen Apfelsaft ist eine Lüge. In Wirklichkeit ist es bloß muffig schmeckendes Wasser (…) Die Wahrheit über Apfelsaft werde ich in jedem Fall nur dann herausfinden, wenn ich mich selbst auf die Suche begebe.“
Die wunderschönen berührenden Dialoge zwischen Miriam und ihrem kindlichen Ich sind voll mit biblischen Wahrheiten. „Das Evangelium ist eine Einladung, keine Vorladung. (…) Es kommt nicht drauf an, was du für Gott tust, sondern was er für dich getan hat.“
So nervig es für Miriam auch anfangs ist, dass sie sich mit ihren negativen Kindheitserlebnissen mit dem ständig auftauchendem Mädchen auseinandersetzen muss – sie ergreift die Chance, ihr Leben und ihre Glaubenssätze neu zu ordnen und sich ihrer Vergangenheit zu stellen. Vergebung wird möglich.
Letztendlich geht es um die Frage: Wer bin ich und was macht mich aus? Der Autor hat darauf im Roman eine klare Antwort: „Was dich im tiefsten Inneren ausmacht, ist die Art, wie Gott dich ansieht.“ Was für eine Hoffnung, was für eine wunderbare Zusage.
Die Aussagen in diesem Roman haben mich zutiefst bewegt, sehr beschäftigt und werden es auch weiterhi