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mimitatis_buecherkiste
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Krefeld

Bewertungen

Insgesamt 629 Bewertungen
Bewertung vom 23.02.2025
Im Schnee
Goerz, Tommie

Im Schnee


ausgezeichnet

»Manche rief man hier noch nach ihren Höfen, egal wie ihre Namen waren. Wenn man aus dem Dorf war, wusste man Bescheid, und wenn nicht, ging es einen auch nichts an. Das war schon immer so.« (Seite 12)

Ein Dorf stirbt aus, früher war es einmal lebendig und wach. Der Schorsch ist tot und Max, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband, sinniert leise über Gott und die Welt. Er erinnert sich an alte Geschichten, an Menschen, die gingen, aber auch solche, die da sind. Noch.

„»Dieses Dorf«, sagte er schließlich, nachdem er eine Zeit lang hin und her gedacht hatte, »ist wie jedes Dorf. Da wohnen Leute, und da gibt es Misthaufen. Und je näher man herankommt, desto mehr stinkt es.« Er ließ die Worte verklingen und lauschte ihnen hinterher. Sie gefielen ihm.“ (Seite 159

Wenige Tage lang lässt Tommie Goerz mich teilhaben an den Gedanken von Max, wenige Tage, die mir vorkommen wie ein ganzes Jahr. Da passiert eigentlich nicht viel, aber ganze Biografien laufen vor meinen Augen ab, passieren Dramen, ereignen sich Tragödien, werden Kinder geboren und Menschen verlieren ihr Leben. Ein leises Buch, das dennoch laut ist, in einer Sprache, die eine Vergangenheit aufleben lässt, die mich nostalgisch macht. Früher war auch nicht alles besser, es war einfach anders, aber dadurch nicht weniger lebenswert. Danke für diesen Einblick, der mich nachdenklich und zufrieden zurücklässt. Lesenswert!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.02.2025
Unser Ole
Lange-Müller, Katja

Unser Ole


ausgezeichnet

Ida war früher wunderschön, lebte ein sehr unstetes Leben und ließ sich aushalten. Letztendlich arbeitete sie gelegentlich als Model auf Seniorinnen-Modenschauen, wo sie Elvira kennengelernt hat, die alleine mit ihrem Enkel, dem kognitiv beeinträchtigten Ole, zusammenlebt. Als Ida ihre Wohnung verlor, nahm Elvira sie auf, weil sie Hilfe brauchte im Haus, mit dem Garten, vor allem aber mit dem unberechenbaren und mittlerweile schwer zu bändigenden Ole. Als ein Unglück passiert, wird Ida mit Manuela konfrontiert, der Tochter von Elvira, die seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie hat. Dabei prallen Welten aufeinander, denn nachgegeben wird nicht.

Idas Lebenslauf, der nicht wirklich erwähnenswert ist, zeigte eine oberflächliche und nicht sonderlich intelligente, allerdings mit allen Wassern gewaschene Person, die in erster Linie auf den eigenen Vorteil bedacht ist. Elvira hätte eigentlich jeden Grund gehabt, glücklich zu sein, hat aber früh den Weg der Unzufriedenheit und der Unterdrückung anderer gefunden. Und Manuela? Diese hatte mit der alleinerziehenden Elvira fast keine Chance, eine ausgeglichene und zufriedene Frau zu werden. Als sich die Wege dieser Frauen kreuzen, ist Ärger und Stress förmlich vorprogrammiert.

Die drei Frauen im Buch waren mir unsympathisch, jede von ihnen hatte Gründe, so zu werden, wie sie geworden ist, was ich nachvollziehen, aber tatsächlich nicht entschuldigen kann. Dies soll nicht heißen, dass mir die Geschichte nicht gefallen hat, denn das Gegenteil war der Fall. Ich habe mich aufgeregt, aber auch köstlich amüsiert, man könnte es zusammenfassend so beschreiben: Schadenfreude ist die schönste Freude. Lesenswert!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.02.2025
Die Nacht der Schildkröten
Olivo, Greta

Die Nacht der Schildkröten


ausgezeichnet

Als bei Livia eine Augenkrankheit diagnostiziert wird, möchte diese es nicht wahrhaben. Das junge Mädchen möchte ihr Leben genießen und tun, was gleichaltrige Kinder in ihrem Alter tun. Erst allmählich begreift sie, dass sie unaufhörlich auf den Zeitpunkt zusteuert, an dem die Dunkelheit auf sie wartet. Und damit das Erwachsensein.

»Mir wurde klar, was passiert war, was von Anfang an passieren sollte, nämlich dass die Welt jetzt diese war. Dass diese Straße, diese Gasse, in der ich noch nie zuvor gewesen war, für mich auf diese und keine andere Weise existierte und immer existieren würde.« (Seite 217)

Das Debüt von Greta Olivo, in dem Livia als Ich-Erzählerin fungiert, hat mir wunderbare Lesestunden beschert. Ich konnte förmlich mitfühlen, welche Verzweiflung sie ergriffen hat, als sie begriff, dass es keinen Ausweg, kein Entkommen gibt, und dass die gestellte Diagnose unumstößlich feststeht. Die kleine Hoffnung, die als leise Stimme im Hintergrund flüsterte, erstarb allmählich und trotzdem wehrte sich Livia vehement dagegen, wenn ihr Hilfe angeboten wurde und wollte es schaffen aus eigener Kraft. Sie dabei zu begleiten hat mich berührt, ihre Stärke hat mich beeindruckt und ihr Schmerz weckte immer wieder mein Mitgefühl. Ein großartiger Roman, den ich gerne weiterempfehlen möchte.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.02.2025
Mein drittes Leben
Krien, Daniela

Mein drittes Leben


ausgezeichnet

»Wir leben nun in getrennten Welten. Eine gläserne Wand steht zwischen uns, und ich werde sie nicht zerbrechen.« (Seite 127)

Ein kleiner Moment der Unachtsamkeit, ein Augenblick, der alles verändert. Die siebzehnjährige Sonja stirbt bei einem Unfall und ihre Mutter verliert den Halt im Leben. Linda zieht weg aus Leipzig, lässt ihren Mann zurück und verkriecht sich regelrecht auf einen alten Hof, wo sie mit Hund und Hühnern lebt, fast abgeschnitten von der restlichen Welt. Schwankend zwischen Mut und Todessehnsucht kämpft sie täglich darum, nicht den Verstand zu verlieren. Wieviel Kraft in ihr steckt, wird sie erst selbst herausfinden müssen.

»Ich gab mir keine Mühe, meine Gefühle zu verbergen. Weder Eifersucht noch Trauer oder Wut ließen meine Hände zittern und meine Lippen beben, sondern der Neid auf ihre Fähigkeit zur Freude. Zwischen ihr und der Welt stand keine Glaswand. Ein Foto wie dieses würde es von mir nie mehr geben.« (Seite 129)

Die Ich-Erzählerin Linda hat es mir anfangs nicht leicht gemacht, ihre Gefühlswelt zu verstehen, was selbstverständlich daran liegt, dass sie selbst das Unglück, den Tod ihrer einzigen Tochter, zu verarbeiten versucht hat. Ich kann mir nicht einmal annähernd vorstellen, welchen Schmerz es verursacht, das eigene Kind beerdigen zu müssen, geschweige denn, ob und wie es möglich ist, danach weiterzumachen mit dem Alltag und dem täglichen Leben.

Bewegend und authentisch erzählte Daniela Krien, nahm mich auf eine emotionale, aber nie kitschige Reise in die dunkle Welt der Zurückgebliebenen, zeigte die Trauer und die Zerrissenheit, schrieb darüber, was es mit einem macht, solch eine Tragödie zu erleben. Ich habe zusammen mit Linda gelitten, Mitgefühl gezeigt, den Mut verloren, die Zähne zusammengebissen und mich wieder auf die Beine gekämpft. Ich habe ihr Kraft gewünscht, mit ihr geweint und darauf gewartet, ob es nicht doch noch irgendwo eine Hoffnung gibt, die das alles etwas leichter macht. Das Ende kam unerwartet, aber es war ein guter Abschluss, etwas anderes hätte ich nicht zu wünschen gewagt. Lesenswert!

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.02.2025
Das Haus der Bücher und Schatten
Meyer, Kai

Das Haus der Bücher und Schatten


sehr gut

Die Lektorin Paula Engel reist mit ihrem Verlobten Jonathan Zirner kurz vor Beginn des Ersten Weltkrieges im Jahre 1913 ins Baltikum, um dort den Schriftsteller Aschenbrand zu treffen und dessen Manuskript mit nach Leipzig zu nehmen. Zwanzig Jahre später rettet der von den Nazis entlassene Kommissar Cornelius Frey der jungen Emilie das Leben, die ihm einen mysteriösen Satz zuflüstert, bevor sie verschwindet. Am nächsten Tag wird das Mädchen ermordet aufgefunden, neben ihr ein toter Polizist. Cornelius tut alles dafür, zurück in den Dienst zu kommen, um herauszufinden, was geschehen ist. Welche Verbindung gibt es zu Paula und Jonathan und was haben die Freimaurer damit zu tun?

»Die Einsamkeit ist ein Land voller Menschen, hatte jemand gesagt. Oder war ihm das selbst eingefallen? Die Vorstellung hatte etwas Verlockendes - ein Landstrich, in dem sich alle versammeln, die immer allein gewesen sind -, aber er machte sich nichts vor: Das Bild hatte nichts mit der Wirklichkeit gemein. Die Einsamkeit war hier, zwischen diesen Häusern, an der Grenze von Nacht und Morgen, und ihr Klang war der trostlose Schlag seiner Schritte auf dem nebelfeuchten Pflaster.« (Seite 7)

Meine Liebe zu den Büchern von Kai Meyer über das bei einem Luftangriff Ende 1943 fast vollständig zerstörte Graphische Viertel in Leipzig fing mit »Die Bücher, der Junge und die Nacht“ an, es folgte »Die Bibliothek im Nebel« sowie das vorliegende Buch mit dem wunderbaren Titel »Das Haus der Bücher und Schatten». Die Bücher hängen nicht zusammen, man muss diese auch nicht in einer bestimmten Reihenfolge lesen, es gibt aber kleine Querverbindungen zu Figuren, die unerwartet auftauchen hier und da. Diese kleinen Bezüge machen viel Spaß.

Wieder einmal nahm mich Kai Meyer mit auf eine phantastische Reise, zwei Zeitebenen bemühte er dafür, die er nach und nach meisterlich miteinander verband. Ich konnte mich eine Zeit lang nicht entscheiden, welches Zeitfenster ich interessanter fand, das der manchmal unzuverlässigen Ich-Erzählerin Paula oder doch eher die Erlebnisse des sympathischen und integren Kommissars Cornelius Frey, dessen Ermittlungen ihn tief in den Sumpf der damaligen Zeit führten, aber auch mit mystischen sowie mafiösen Strukturen in Berührung brachten. Letztendlich war es der Mix aus beiden Erzählsträngen und die Bewegung aufeinander zu, die einen großen Reiz ausgeübt haben. Einzig die mystischen Passagen sowie solche, die mögliche Geister betrafen, empfand ich manchmal etwas to much. Zur Atmosphäre sowie der wunderbaren Stimmung im Buch passten diese aber allemal. Lesenswert!

11 von 11 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.02.2025
Unschuldig
Grisham, John;McCloskey, Jim

Unschuldig


ausgezeichnet

»Im Jahr 1976 hob der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten ein vierjähriges Verbot von Hinrichtungen auf, und die fünfunddreißig Todesstrafe-Staaten gingen sofort an die Arbeit. Seit damals sind 1572 Männer und fünfzehn Frauen durch Gas, die Todesspritze oder den elektrischen Stuhl getötet worden, eine Person wurde durch Erhängen und eine weitere durch ein Erschießungskommando hingerichtet.« (Seite 407)

In diesem Buch sind zehn Storys versammelt, die einer der erfolgreichsten amerikanischen Schriftsteller John Grisham zusammen mit Jim McCloskey, dem Gründer von Centurion Ministries, einer Non-Profit-Organisation, die sich für zu Unrecht Verurteilte in den USA einsetzt, geschrieben hat. Nach dieser Lektüre bin ich mir nicht mehr sicher, vor wem ich in Amerika mehr Angst hätte; vor den Verbrechern, oder doch eher vor den Strafverfolgungsbehörden und anderen Organen der Justiz. Die handverlesenen Fälle sind alle so unglaublich weit davon entfernt von dem, was ich mir unter einer unvoreingenommenen Gerichtsbarkeit vorstelle, dass ich kaum Worte dafür finde. Die Personen, die für Recht und Ordnung zuständig sind, lügen und betrügen, fälschen Beweismittel oder lassen diese ganz verschwinden, beeinflussen Zeugen, erfinden Tathergänge, die so abenteuerlich sind, dass ich mich an Märchen erinnert fühle, und sorgen so dafür, dass völlig Unschuldige verfolgt und verurteilt werden, bestraft für Taten anderer oder für solche, die überhaupt nicht stattgefunden haben. Dies alles unter dem Deckmantel der Gerechtigkeit.

Mich überkam beim Lesen sehr oft das Gefühl der Ohnmacht, ich konnte zwischen den Zeilen oft die Verzweiflung, die Ungläubigkeit, aber auch die Angst und die Wut spüren, die die zu Unrecht angeklagten Menschen überkommen haben müssen. Oft konnte ich nicht glauben, was da passiert ist, hatte immer wieder die Hoffnung, dass die nächste Instanz doch erkennen muss, was so klar auf der Hand lag, wurde aber wiederholt enttäuscht. Jahrzehntelang wurden unschuldige Menschen weggesperrt und sogar die Beweise ihrer Unschuld führten nicht zur sofortigen Freilassung, geschweige denn Rehabilitation, sondern es vergingen wiederum Jahre, oft fast ein Jahrzehnt, bis überhaupt darüber entschieden wurde, ob über die Wahrheit verhandelt werden wird. Mein Mitleid war grenzenlos, umso mehr habe ich der Auflösung entgegen gefiebert, weil ich so unbedingt wollte, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird.

Eine bewegende und wichtige Sammlung ist dieses Buch, für Fans von True Crime fast schon eine Pflichtlektüre, für mich eine Bereicherung im Genre und absolut lesenswert!

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.02.2025
Ein Espresso für den Commissario
Minardi, Dino

Ein Espresso für den Commissario


sehr gut

Ein zweiundzwanzigjähriger Student wird tot aufgefunden, der junge Mann liegt erwürgt in seinem Bett. Die Ermittlungen gestalten sich zäh, da fällt Commissario Marco Pellegrini eine Aufnahme in die Hände, die den Toten mit einem Motorrad zeigt. Kurz vor seinem Tod hat der Student sich eine Ducati gekauft, die weit über zweihundert Tausend Euro gekostet haben soll. Es bleibt abzuwarten, ob hierin das Motiv für den Mord zu finden ist.

Beim vorliegenden Buch handelt es sich um den ersten Teil der Buchreihe mit dem sympathischen Commissario Marco Pellegrini, der viel lieber im elterlichen gastronomischen Betrieb Karriere gemacht hätte, als sich einen anderen Beruf suchen zu müssen. Aus familiären Gründen war dies leider nicht möglich, sodass er letztendlich bei der Mordkommission gelandet ist. Anfangs war ich skeptisch, nachdem das Buch als Überraschung bei mir angekommen ist, bin aber nach dem Lesen tatsächlich angenehm überrascht. Aber der Reihe nach.

Zu Beginn musste ich mich auf die bildlichen Beschreibungen einlassen, man merkte der Geschichte die Liebe des Autors zu Italien an. Der Fall selbst war interessant, unblutig und der Weg zur Lösung überwiegend kreativ gestaltet. Zwischendurch erfuhr ich einige Dinge, die privater Natur waren und die Vergangenheit erklärten, was mir die Person des Commissarios näher brachte. Ich wurde sehr gut unterhalten und war selbst erstaunt darüber, wie gut mir dieser eher unaufgeregte Krimi gefiel. Mein einziger Kritikpunkt hat mit der Ermittlung zu tun, denn Verdachtsmomente reichen meines Erachtens nicht dafür aus, dass die volle Maschinerie der Justiz in Bewegung gesetzt wird, hier hätte ich mir eine realistischere Lösung gewünscht. Ansonsten gibt es aber wenig zu meckern und erfreulicherweise gehts nicht nur weiter, sondern es gibt bereits weitere drei Fälle auf dem Markt. Ich freue mich drauf!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.02.2025
Blutbuße / Hanna Ahlander Bd.3
Sten, Viveca

Blutbuße / Hanna Ahlander Bd.3


ausgezeichnet

Die Stockholmer Immobilienentwicklerin Charlotte Wretlind wird in ihrem Hotelzimmer brutal ermordet. Hanna und Daniel werden mit dem Fall betraut. Die getötete Frau wollte ein kostspieliges Projekt umsetzen, bei der Planung ging sie dabei sprichwörtlich über Leichen. Widerstand gab es bei der Bevölkerung, aber auch im Bereich der Kommunalverwaltung. Die Ermittler tappen noch im Dunkeln, als ein zweiter Mord geschieht.

Beim vorliegenden Buch handelt es sich bereits um den dritten Teil der Reihe mit der Polizistin Hanna Ahlander und ihrem Kollegen Daniel Lindskog. Man muss die ersten beiden Teile »Kalt und still« sowie »Tief im Schatten« nicht lesen, um folgen zu können, denn die Fälle sind in sich abgeschlossen und im neuen Buch wird zwar auf vorherige Ermittlungen eingegangen, die Lösungen werden aber nicht verraten. Im Hinblick auf die Verhältnisse der beteiligten Personen zueinander und auch deren persönlichen Umstände wäre es allerdings von Vorteil, diese großartige Buchserie in der richtigen Reihenfolge zu lesen.

Wie ich es bereits gewohnt bin, tauche ich schon mit dem Prolog tief ins Buch ein und lese mich fest. Viveca Sten versteht es meisterhaft, die Spannung kontinuierlich zu steigern, dazu verschiedene Schauplätze zu bemühen und natürlich legt sie einige falsche Fährten, denen sie mich folgen lässt. Dabei vergisst sie nicht, mir Einblicke in das Privatleben der ermittelnden Personen zu gewähren, und auch Szenarien zu beschreiben, die zuerst verwirrend erscheinen, später jedoch einen Sinn ergeben, wenn das große Ganze in Sichtweite ist. Erst allmählich steige ich dahinter, welche Ereignisse den schrecklichen Taten zugrunde liegen und verfolge mit angehaltenem Atem, wie sich die Situation zuspitzt. Das Finale schraubt die Spannung noch ein bisschen mehr in die Höhe, bis die Auflösung uns alle erlöst. Das Ende zündet noch ein paar Feuerwerke im privaten Bereich und ich glaube, dass ich wahnsinnig werde vor Neugierde, wenn es nicht schnellstmöglich weitergeht. Ich kann es kaum erwarten!

10 von 10 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.01.2025
Ein klarer Tag
Davies, Carys

Ein klarer Tag


ausgezeichnet

Der verarmte schottische Pfarrer John Ferguson reist 1843 auf eine kleine Insel im Nordmeer, um den letzten Bewohner des Eilands dazu zu überreden, diese zu verlassen. Der Gutsbesitzer möchte die Insel mit Schafen bevölkern und will den Einsiedler dafür von dort verjagen. Auf der Insel angekommen, stürzt John Ferguson, er verletzt sich lebensgefährlich, wird von Ivar gefunden und gesund gepflegt. Es entsteht eine Freundschaft zwischen den ungleichen Männern, die nicht einmal eine gemeinsame Sprache haben. Indessen reist Johns Frau Mary diesem nach, weil sie davon überzeugt ist, dass ihr Mann seiner Aufgabe nicht gewachsen ist.

»In der Mitte des achtzehnten und bis in die zweite Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts hinein wurden ganze Dorfgemeinschaften gewaltsam von Grundbesitzern vertrieben, die durch erzwungene und systematische Enteignung mehr Platz für Ackerbau, Rinderzucht und später vor allem für Schafe schaffen wollten.« (Seite 215)

Die Autorin verbindet hier einige historische Fakten und webt diese in ihre Geschichte ein, so wie ich es am liebsten mag. Die Lossagung von einem Drittel der Pfarrer von der Schottischen Kirche im Jahr 1843 verbindet sie mit dem mittellosen John Ferguson, die Vertreibung einer ganzen Bevölkerungsschicht mit dem auf der Insel alleine lebenden Ivar und dazu zwingt sie beide Männer dazu, miteinander in einer Sprache zu kommunizieren, die mittlerweile ausgestorben ist.

Die laufende Erzählung wurde unterbrochen durch Rückblenden, die das Leben von John und Mary beleuchteten, Ereignisse aus dem Leben von Ivar erfuhr ich nebenher. Das langsame Herantasten der beiden Männer genoss ich, verstand Johns Ängste und konnte die Sorgen, aber auch die hoffnungsvollen Gedanken von Ivar ganz gut nachvollziehen. Mich überraschte es, welche Wendung die Geschichte nahm, wie sich behutsam und vorsichtig eine Richtung herauskristallisierte, die mich berührte und fast schon seufzen ließ. Ein kleiner Nervenkitzel und ein furchtsamer Moment folgte, um in einem Finale zu münden, das mich zufrieden stellte. Lesenswert!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.01.2025
Tode, die wir sterben / Svea Karhuu & Jon Nordh Bd.1
Voosen, Roman;Danielsson, Kerstin Signe

Tode, die wir sterben / Svea Karhuu & Jon Nordh Bd.1


ausgezeichnet

Ein dreizehnjähriger Junge wird in Malmö erschossen, er wird Opfer eines Drive-in-Shootings, war zur falschen Zeit am falschen Ort. Der frisch verwitwete Kommissar Jon Nordh wird mit dem Fall betraut, zur Seite wird ihm die nordschwedische Ermittlerin Svea Karhuu gestellt, die in Stockholm in Ungnade gefallen ist und strafversetzt wurde. Das ungleiche Duo ermittelt im Gangmilieu, aber irgendwie passen die einzelnen Teile nicht zusammen. Da geschieht ein weiterer Mord und wirbelt jede Theorie erneut durcheinander.

»Kurz flammte eine nahezu perverse Hoffnung auf. Vielleicht war dieser Fall, so tragisch und sinnlos der Tod dieses Kindes auch war, für ihn nicht nur Mittel zum Zweck, sondern auch eine Chance, in sein altes Leben als Kriminalkommissar zurückzufinden. Oder in das, was von seinem alten Leben noch übrig geblieben war.« (Seite 33)

Eine neue Reihe, zwei Ermittler, die problembeladen, voller Altgepäck daherkommen und nicht so recht zusammenpassen, sowie ein Mord im sozialen Brennpunkt, kann das funktionieren, obwohl es nichts wirklich neues ist? Es kann und es hat, soviel kann ich vorab verraten. Zwei faszinierende Ermittelnde, jeder von ihnen mit Geheimnissen, die in ihrer oder einer Person in ihrer unmittelbaren Umgebung liegen. Kontinuierlich werden Einzelheiten verraten, aber auch beharrlich Dinge verschwiegen und vor meinem Zugriff versteckt. Dazu der sehr komplexe und verzwickte Fall, der viel Raum für Vermutungen bietet, aber lange braucht, um geknackt zu werden. Dies alles ergibt einen großartigen Reihenauftakt, der mich ungeduldig die Fortsetzung erwarten lässt, die noch dieses Jahr erscheint. Ich freue mich darauf!

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.