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SueWid

Bewertungen

Insgesamt 38 Bewertungen
Bewertung vom 06.04.2025
Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken
Lorenz, Sarah

Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken


ausgezeichnet

Titel: Es gibt Bücher, die fühlt man einfach.

Kurzmeinung: Der Roman vermittelt auf eindrucksvolle Weise die emotionale Tiefe und Zerrissenheit der Hauptfigur und schafft eine berührende Verbindung zwischen Leben und Literatur.


Sarah Lorenz, die sich bereits einer großen Beliebtheit durch ihre taz-Kolumne „PMS-Ultras“ und ihren Instagram-Account unter dem Pseudonym buchischnubbel erfreut, bringt mit „Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken“ ihren Debütroman heraus.
Ich selbst bin zunächst über den interessanten Titel gestolpert, der durch ein intensives Cover abgerundet wird. Die Gestaltung des Covers hat der Künstler Richard Kuhn übernommen, der mit dem Frauenporträt wunderbar die Stimmung des Buches einfängt.

Bevor man allerdings zu lesen beginnt, sollte eine ganz klare Triggerwarnung gegeben werden! Dieses Buch behandelt unter anderem Themen wie psychische Probleme, Missbrauch, Gewalt, Drogen- und Alkoholkonsum, selbstverletzendes Verhalten und Suizid.

Im Roman erzählt die Ich-Erzählerin Elisa in Rückblicken ihr Leben, das von der Dichterin Mascha Kaléko, die sie bewundert, geprägt ist.
Sie berichtet vom Aufwachsen in kalten Jugendschutzeinrichtungen, der wiederholten Flucht aus diesen und von ihrer Mutter – einer Frau, die ihr die Liebe und Geborgenheit verweigert und sie immer wieder von sich stößt.
Als Jugendliche sehnt sich Elisa nach einem Leben, wie dass der Christiane F. aus dem Roman „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ – sie kann sich nichts anderes vorstellen. Sie ist ein Kind, das aus dem System gefallen und nie wirklich aufgefangen wurde. Elisa schildert toxische Beziehungen, Abhängigkeiten und erlebt Missbrauch in verschiedenen Formen. Nur selten begegnet ihr wahre Freundlichkeit. Lieber holt sie sich diese durch Drogen und Alkohol.
Obwohl die Erlebnisse unvorstellbar erscheinen, wirken sie nah, rau und ehrlich. Dabei wird die Geschichte nie zu rührselig oder kalt erzählt; stets schimmert ein Funken Hoffnung durch.

Die Sprache des Romans ist eindringlich und poetisch. Sie wirkt nicht gekünstelt oder aufgesetzt, sondern frisch und lebendig. Besonders bei den einfühlsamen und melancholischen Themen gelingt es der Autorin, die Zerrissenheit der Hauptfigur, die emotionale Tiefe sowie das komplexe Geflecht ihrer Erinnerungen und Wünsche wunderbar zu vermitteln.

Besonders hervorzuheben sind die sorgfältig ausgewählten Gedichte von Mascha Kaléko, die jedes neue Kapitel einleiten.
Die Autorin drückt ihre Dankbarkeit und Wertschätzung für die Dichterin aus. So schafft sie eine Verbindung zwischen Lesenden und Literatur.
Was mich persönlich jedoch ein wenig gestört hat, sind die Passagen, in denen sich die Autorin wiederholt. Auch wenn diese Wiederholungen emotional und symbolisch durchaus ihren Sinn haben, erwecken sie in ihrer Häufigkeit den Eindruck, der Text drehe sich im Kreis.

Es bleibt ein Roman, der zum nachdenken oder viel mehr nachfühlen einlädt. Die Idee, dass die Werke der Dichterin mehr sind als nur Bücher, sondern eine Art Freundschaft darstellen, ist berührend.

Am Schluss möchte ich auch etwas anderes wagen.
Liebe Frau Lorenz, oder darf ich Sarah sagen? Vielen Dank, dass du anderen Leser*innen meine Lieblingsdichterin nähergebracht hast und sie mir selbst ein ganzes Stück greifbarer gemacht hast. Denn nach dem Beenden dieser Lektüre werden die Werke von Mascha Kaléko für mich mehr als nur Gedichtesammlungen in meinem Bücherregal sein; mehr als nur Poesie; sie werden zu einer Freundin, die mich begleitet.

Und vielleicht unterhalten wir uns eines Tages im Himmel über die Liebe, das Leben und die Kunst – bei einer guten Tasse Kaffee.
Eine schöne Vorstellung, die sich durch diesen Roman entfaltet.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.04.2025
HEN NA E - Seltsame Bilder
Uketsu

HEN NA E - Seltsame Bilder


sehr gut

Titel: Der etwas andere Krimi.

Kurzmeinung: Ein innovativer japanischer Kriminalroman, der spannende Rätsel mit faszinierenden Bildern verbindet und die Leserschaft auf eine schaurige Entdeckungsreise mitnimmt.

„HEN NA E - Seltsame Bilder“ ist ein japanischer Kriminalroman von Uketsu. Uketsu ist ein*e beliebte, Schriftersteller*in (?) in Japan. Genaueres ist eigentlich nicht bekannt, da die/der Autor*in nur unter verfremdeter Stimme spricht, einen schwarzen Ganzkörperanzug trägt und eine weiße Maske aufhat, ist es schwer zu bestimmen. Gerade diese mysteriöse Ausstrahlung verleiht diesem Werk einen faszinierenden, wie ebenso gruseligen Anstrich.
Das Cover weiß durch seine schlichte Art, der geometrischen Formen, ebenso der fragmentierte Bilder und seine farbliche Begrenzung zu überzeugen.

Inhaltlich möchte ich an dieser Stelle nichts vorwegnehmen, denn dieses Buch lebt vom gelesen werden.
Ich kann nur empfehlen, sich über den Inhalt auszutauschen, denn das gemeinsame Rätseln hat definitiv seinen Reiz!

Dieser Krimi wagt etwas Neues: Er verbindet eine spannende Geschichte mit Bildern und Diagrammen, die gekonnt in den Text eingeflochten werden. Dadurch bietet sich ein großer Anreiz zum Miträtseln und Mitfiebern. Ich fand es sehr gut, dass hierbei die Original Bilder und Texte genutzt wurden und man nicht für die Übersetzung neue oder zu stark überarbeitete Versionen genutzt hat.

Besonders gelungen fand ich, dass die Leserschaft tatsächlich durch alle Hinweise selbstständig den Mörder und den Tathergang erschließen kann. Auch die wichtigen handelnden Figuren werden am Ende zu einem sinnvollen und nachvollziehbaren Schluss gebracht, ohne die Realität überzustrapazieren.

Was mich persönlich etwas gestört hat, war, dass der Autor es der Leserschaft möglichst einfach machen wollte. Es kommen sehr viele Wiederholungen des bereits Geschehenen vor. Sicherlich erspart das ein aufwendiges Notizen machen oder ein häufiges Zurückblättern, allerdings stürmt man dadurch geradezu durch die Geschichte und muss sich zwingen, kurze Phasen zur Rekapitulation einzulegen, insofern man das möchte.

Dieser Roman empfiehlt sich allen, die einen etwas anderen Krimi für zwischendurch suchen und sich einen leichten Schauer über den Rücken wünschen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.03.2025
Hatokos wunderbarer Schreibwarenladen
Ogawa, Ito

Hatokos wunderbarer Schreibwarenladen


ausgezeichnet

Titel: Eine Hommage an eine aussterbende Kunst – das Briefeschreiben

Kurzmeinung: Ein poetischer und ruhiger Roman, der die Kunst des Briefeschreibens zelebriert und eine willkommene Auszeit vom hektischen Alltag bietet.

Immer mehr japanische Bücher werden ins Deutsche übersetzt, was eine großartige Bereicherung für die Buchwelt darstellt. So auch „Hatokos wunderbarer Schreibwarenladen“. In Japan ist dieser Roman ein Bestseller. Die Autorin Ito Ogawa ist in ihrer Heimat bekannt für ihre einfühlsamen und dichterischen Romane.

Die Handlung ist schnell zusammengefasst: Hatoko tritt zunächst widerwillig das Erbe ihrer Großmutter an, nachdem sie in jugendlichem Überdruss ihre Berufung zur Kalligraphin und auch ihre Heimatstadt Kamakura verlassen hat. Doch je mehr Briefe Hatoko schreibt und je mehr sie sich mit ihren Auftraggeber*innen beschäftigt, desto mehr geht sie in ihrer Rolle auf und lernt, das Schreiben neu zu lieben. Dadurch schafft sie es nicht nur, ihren Kund*innen gerecht zu werden und ihnen zu helfen, mit einem Lebensabschnitt abzuschließen, sondern auch ihre eigene Vergangenheit aufzuarbeiten.

Wirklich großartig finde ich, dass die einzelnen Briefe nicht nur angedeutet werden, sondern sogar erst im japanischen Originaltext und dann in deutscher Übersetzung abgedruckt sind. Ganz liebevoll ändert sich zu jedem Brief auch hier die Schriftart, und man bekommt das Gefühl, für kurze Zeit Hatoko über die Schulter zu blicken bei ihrer Arbeit.
Frau Ogawa lässt dabei ganz nebenbei und fast zärtlich japanische Traditionen, Rituale und Besonderheiten einfließen.
Es folgt meist eine elegante Erklärung, sodass man auch als Nichtkenner der japanischen Kultur sich niemals überfordert fühlt und als Kenner nicht gemaßregelt.

Inzwischen bin ich eine Liebhaberin japanischer Bücher im Stil von „Frau Komachi empfiehlt ein Buch“, „Mitternachtsbibliothek“ oder „Das kleine Café der zweiten Chancen“.
Denn all diese Bücher eint ein entspannter, poetischer Stil, der den Lesenden sehr gut zur Ruhe kommen lässt.
Besonders empfinde ich dabei, dass alle Bücher ganz eigenständig sind und keine Wiederholung anderer Autor*innen darstellen.
So kann auch „Hatokos wunderbarer Schreibwarenladen“ wieder mit seinem unaufgeregtem Cover, aber auch der sympathischen Hauptfigur Hatoko, alias Poppo-chan, punkten.

Natürlich kann man kleine Abstriche machen, da das Buch über keine nennenswerten Höhepunkte verfügt.
Es ist ein ruhiger Roman, der einfach nur entschleunigen möchte und dabei die Kunst des Briefeschreibens ehrt.

Wer eine kleine Auszeit vom Alltag oder von dynamischen Büchern und Serien sucht, wird hier fündig.
Dieser Roman lädt dazu ein, die Kraft und die Schönheit des geschriebenen Wortes wieder neu zu entdecken.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.03.2025
Erdbeeren und Zigarettenqualm
Docherty, Madeline

Erdbeeren und Zigarettenqualm


sehr gut

Titel: Eine Reise durch Schmerz und Freundschaft.

Kurzmeinung: Der Kampf um Identität, Sexualität verbunden mit den Herausforderungen einer chronischen Erkrankung – wie Endometriose.

Der viel gelobte Roman von Madeline Docherty „Erdbeeren und Zigarettenqualm“ wurde mit dem Preis der North Literary Agency der Universität Glasgow geehrt.

Mich persönlich hat der interessante und vielschichtige Titel angezogen.
Retrospektiv ist er eine spannende Metapher für Genuss und Vergänglichkeit. Immer wieder gab es berauschende, intensive Augenblicke im Buchgeschehen, die durch einen abrupten Absturz in Rauch sich auflösen.
In der Geschichte folgt man, der namenlosen Protagonistin, welche taumelnd durch das Erwachsenwerden geht, völlig im Unklaren, was ihre eigenen Gefühle, Bedürfnisse oder Wünsche angeht. Sie ist sich ihrer eigenen Sexualität genauso wenig klar wie der ihrer körperlichen Bedürfnisse, insbesondere im Zusammenhang mit einer chronischen Erkrankung. Dabei wirkt sie nicht immer sympathisch, bleibt aber in weiten Teilen authentisch. Hervorzuheben ist die besondere Frauenfreundschaft zwischen Ella und ihr. Es macht auch sehr deutlich, dass auch platonische Beziehungen Arbeit bedeuten.

Direkt auf den ersten Seiten spürt man die stimmungsvolle Atmosphäre.
Dies wird durch den introspektiven Schreibstil originell und sehr erfrischend hervorgehoben. Durch ihn kann man noch tiefer in die Geschichte eintauchen. So konnte ich ihren aufreibenden Schmerz und ihre Verzweiflung noch besser nachfühlen, auch wenn sie mir mit manchen Entscheidungen doch fremd blieb. Die Sprache ist sehr modern und trotzdem eloquent.

Ich fand, es war eine spannende Erzählung über eine Freundschaft, die stark von den inneren Konflikten der Protagonistin und der aufkeimenden Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt geprägt ist.
Sicherlich hätte es Potenzial gegeben, noch besser auf eine so schwerwiegende Erkrankung wie Endometriose einzugehen. Es wäre wichtig gewesen, nicht nur die Schmerzen und damit verbundenen Probleme zu thematisieren, sondern auch Wissen zu vermitteln.
Vielleicht erkennt sich im Geschriebenen die ein oder andere Leserin darin wieder.
Was allerdings, meiner Meinung nach, definitiv gefehlt hat, war eine Triggerwarnung am Anfang des Buches. Die Autorin beschreibt die Schmerzen, Blutungen und Komplikationen, die mit einer chronischen Erkrankung einhergehen, sehr intensiv, was definitiv auch eine triggernde Wirkung haben könnte.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.02.2025
Alles, was ich weiß über die Liebe
Alderton, Dolly

Alles, was ich weiß über die Liebe


gut

Titel: Mit Vorsicht zu genießen, die prolligen Briten sind unterwegs!

Kurzmeinung: Ein bisschen Trash-TV in Buchform - man kann mag es nicht so hundertprozentig, ein weglegen der Lektüre ist auch keine Option.

Dolly Alderton ist eine erfolgreiche britische Autorin, Journalistin und Podcasterin.
Ihr Buch „Alles, was ich weiß über die Liebe“ ist besonders in Großbritannien ein grandioser Erfolg geworden und wurde als Fernsehserie verfilmt.
In Deutschland ist es bereits 2019 im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen. Heute im Jahr 2025 erhält es eine Neuauflage, welche mit einem rosa Farbschnitt, einem neuem Vorwort und einem neuem Abschlusskapitel aufwartet.

„Alles, was ich weiß über die Liebe“ ist ein autobiografischer Coming-of-Age-Roman, der von Dolly Aldertons frühester Jugend bis zu ihrem 30. Geburtstag erzählt. Darin ist Frau Alderton nicht zimperlich; sie beschreibt ihre ausschweifenden Jahre, die von Alkoholexzessen, Drogenkonsum und Promiskuität geprägt sind, bis sie in ihren späten Zwanzigern (scheinbar) zu sich selbst findet.
Nichts scheint ihr dabei unangenehm. Dabei kommt sie oft rotzig daher, nur um dann wieder so verletzlich und tief verwundbar dazustehen.
Dies ist mit Sicherheit, der bemerkenswerteste Aspekt dieses Buches.
Durch ihre authentische Ehrlichkeit, die ihre eigenen Unsicherheiten, Fehler und Missgeschicke beschreibt, bekommt dieses Buch etwas sehr authentisches.
Der Schreibstil ist dabei gut verständlich und bringt durch einen gewissen Humor immer eine Leichtigkeit mit ins Geschriebene.

Ich selbst bin sehr zwiegespalten nach dieser Lektüre.
Die offene und ehrliche Art der Selbstdarstellung fand ich bewundernswert, vor allem weil es am Ende keine Liebeserklärung an die verschiedenen Männern in ihrem Leben war, sondern an all die Frauen, allen voran ihre beste Freundin Farly, die ihr Leben bereichert und beeinflusst. Das hat mich sehr berührt.
Was mich jedoch mindestens genauso abgestoßen hat, sind die verantwortungslosen und gefährlichen Aktionen, in die sie sich immer wieder begibt. Sei es das Glorifizieren exzessiver alkoholbedingten Abstürze, das unbedarfte Wechseln von Intimpartnern oder das Leben über ihre finanziellen Mittel hinaus. Dolly Alderton scheint alles mitnehmen zu wollen, was ihr geboten wird. Das kann man gut finden oder nicht, das es allerdings immer so glimpflich abgelaufen ist, mag ich zu bezweifeln.

Am Ende liest sich „Alles, was ich weiß über die Liebe“ wie das Tagebuch einer wirklich überdrehten Freundin, bei der man gerne den Kopf schüttelt und liebevoll sagt: „Ach Dolly, echt jetzt?!“. Mit Sicherheit ist es kein Buch für jeden Lesenden, aber es erscheint mir trotzdem als nette Abwechslung auf dem deutschen Buchmarkt zu sein.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.02.2025
Wenn wir lächeln
Unterlehberg, Mascha

Wenn wir lächeln


gut

Titel: Die Komplexität von Schwesternschaft

Kurzmeinung: Eine bewegende Geschichte mit interessanten Figuren, die leider unter ihren Möglichkeiten bleiben.


Immer mehr Verlage bemühen sich um ein ausdrucksstarkes Cover, welches allein durch seine Intensität die geneigte Leserschaft anzuziehen vermag. So ist es auch bei dem Debütroman von Mascha Unterlehberg „Wenn wir lächeln“.

In „Wenn wir lächeln“ geht es um eine intensive, stellenweise schon toxisch-abhängige Freundschaft zwischen Jara und Anto. Die Autorin flechtet dabei gekonnt Themen wie patriarchale Gewalt, Klassenunterschiede, Sexismus und die eigene Identitätssuche ein. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen die beiden Jugendlichen Jara und Anto, die sich anfreunden und versuchen, gemeinsam ihre eigene Identität zu finden. Es handelt sich um eine Freundschaft, die über das Gewöhnliche hinausgeht . Manche Leserin wird sich vielleicht erinnert fühlen und wiedererkennen: Es gab in der Jugend diese eine Freundin, die man so sehr mochte, dass man sich eher als Schwestern fühlte. Nichts war tabu, alles wurde geteilt. Doch auch diese ersten Beziehungen im Leben durchlaufen einen Wandel, besonders wenn vieles ungesagt bleibt.

Für mich blieben Anto und Jara schwer greifbar. Vieles fühlte sich so nah an: das Aufwachsen mit Popmusik, Filmen und Serien aus den 2000er Jahren, Cherry Cola und Lipgloss, der erste Alkohol, das Verschweigen, wo man sich aufhält vor den Eltern und über all dem diese verschlungene Schwesternschaft. Doch dann verlor mich das Buch wieder. Vieles blieb für mich nicht nachvollziehbar. Stellenweise fühlte ich mich durch den Text gehetzt. Insbesondere durch die verschiedenen Zeitebenen. So musste ich mich immer wieder neu orientieren. Dabei blieben mir die eigentlich sehr interessanten Figuren Jara und Anto viel zu oberflächlich und in sich gefangen um eine emotionale Verbindung herzustellen.

Insgesamt hatte das Buch für mich einige starke Ideen, leider hat es jedoch unter seiner eigenen Komplexität zu leiden. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn die Autorin den Charakteren mehr Tiefe verliehen hätte, um die emotionale Resonanz der Geschichte zu verstärken.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.01.2025
21 Dinge über deine Finanzen, die du wissen solltest
Kowalski, Matthias

21 Dinge über deine Finanzen, die du wissen solltest


sehr gut

Titel: Weil Geld eben doch glücklich macht.
Kurzmeinung: Einstiegsratgeber um eine solide Basis zu schaffen.

„21 Dinge über deine Finanzen, die du wissen solltest“ ist ein Ratgeber von Stiftung Warentest.
Stiftung Warentest ist wohl seit ihrer Gründung 1964, die mit Abstand bekannteste Stiftung Deutschlands. Viele Verbraucher richten sich nach ihren Einschätzungen, denn sie gelten als objektiv und unabhängig.

Mit diesen Buch wird den Lesenden das schwierige und oft mit Hemmschwellen verbundene Thema der Finanzen vermittelt.
In einundzwanzig klar strukturierten Kapiteln geht es unter anderem um Themen wie das sinnvolle Anlegen von Ersparnissen in Tagesgeldkonten, Fonds und ETF's. Aber auch um Schuldenmanagement, Risikoprofile. Dazu werden wichtige Erinnerungen wie zum Beispiel die eigenen Schufa Auskunft einzuholen eingeflochten.

Besonders positiv ist dabei, der positive Grundtenor, dass egal wann man mit diesem komplexen Themengebiet startet, man immer noch gute Chancen hat sich ein gutes Geldpolster aufzubauen.

„[...] Das zeigen unsere Untersuchungen aller möglichen Einstiegszeitpunkte der vergangenen 30 Jahre. Wichtig ist, dass du überhaupt beginnst. Denn dann hast du den stärksten Verbündeten auf deiner Seite: die Zeit.“
Seite 28

Der Autor schafft es in leichter und verständlicher Sprache, den Lesenden die komplexen Finanzthemen zu eröffnen. Am Ende der jeweiligen Kapitel gibt es zudem eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Sachverhalte. Für meinen Geschmack gab es innerhalb der Kapitel allerdings zu viele Wiederholungen. Das kann aber auch zur Verstetigung beitragen – reine Geschmackssache.
Beachten sollte man außerdem, dass es einige Querverweise für eine weitere Recherchen gibt, welche aber immer zu kostenpflichtigen Angeboten von Stiftung Warentest selbst führen.

Insgesamt empfand ich dieses Buch als guten Einstiegsratgeber. Wer jedoch bereits mit der Materie tiefer vertraut ist, wird hier wenig neues dazulernen können.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.11.2024
Das kleine Café der zweiten Chancen
Ota, Shiori

Das kleine Café der zweiten Chancen


ausgezeichnet

Titel: Eine Tasse Kaffee, die das Leben verändern kann.

Kurzmeinung: Ein Roman über die Möglichkeit neue Perspektiven zu entdecken. Wer wünscht sich nicht eine zweite Chance?!

„Das kleine Café der zweiten Chancen“ kommt ganz im Zeichen großartiger japanischer Literatur, wie das „Das Mondscheincafé“ von Mai Mochizuki oder „Frau Komachi empfiehlt ein Buch“ von Michiko Aoyama. So reiht es sich wunderbar in diese Wohlfühl-Literatur ein.
Dabei weiß dieser Roman durch seine originelles Setting ganz eigenständig zu überzeugen.

Die Protagonistin ist Himari Misaki, sie ist zwölf Jahre alt und besucht die Mittelschule in Sapporo. Seit einen Unfall kann die talentierte Klavierspielerin leider nicht mehr spielen und bereut diesen zu tiefst. Durch einen Zufall kommt sie in das kleine und charmante Café Tacet Yuguredo. Die Besitzer dieses Café bieten nicht nur köstlichen Kaffee an, sondern auch einen Zufluchtsort mit der Chance auf eine Reise in die Vergangenheit.
Gemeinsam mit den Café-Besitzern fängt sie an Menschen eine zweite Chance zu ermöglichen, damit diese ihrem Leben eine neue Wendung geben können.

Mit das „Das kleine Café der zweiten Chancen“ veröffentlicht Shiori Ota ihren ersten Roman in Deutschland. Der Droemer Verlag wählt dabei ein wunderschönes Cover, welches mit seiner ruhigen Farbgebung und dem angedeuteten japanischen Flair zu überzeugen weiß.
Als kleiner Kritikpunkt muss, ich allerdings einfließen lassen, dass mich der Bucheinband eher an eine japanische Teezeremonie als an ein Kaffeehaus denken lässt.

Nach Beendigung dieser Lektüre, wird mir klar, dass es so vieles mehr zu bieten hatte als auf den ersten Blick erkennbar. Neben einem geschickten Fantasy-Einschlag, schafft es die Autorin gekonnt, einen Bezug auf die reale Welt zunehmen ohne das es dabei störend oder aufgesetzt wirkt.
Frau Ota nimmt sich Themenkomplexen wie zum Beispiel Vereinsamung, Mobbing, aber auch den allgegenwärtigen Leistungsdruck auf Kinder an. Sie thematisiert kaputte Familien, toxische Freundschaften und den Wunsch einen Moment im Leben eine neue Richtung zu geben. Die dabei ermöglichten „zweiten Chancen“ können mal kleine, aber auch mal große Auswirkungen haben. Dadurch gewinnt die Geschichte an philosophischen Aspekten und ermöglicht eine faszinierende Betrachtung des Themas.
Hervorheben möchte ich, dass auch kleinere Randfiguren eine interessante eigenständige Persönlichkeit und Geschichte erhalten haben, was dem Roman meines Erachtens nach viel mehr Substanz verleiht.
Einzig mit dem Verhalten der noch sehr jungen Protagonistin Himari, hatte ich anfangs meine Probleme. Das lies aber im Verlauf der Geschichte nach, da Frau Ota es schafft, dem Lesenden die jugendliche Gefühlslage glaubhaft zu vermitteln.

Mir hat der leichte Schreibstil und die gut ausgearbeiteten, verschiedenen Figuren sehr gefallen. Es ist zwar ein schlankes Buch, welches mich durch seine Vielschichtigkeit vollends überzeugen konnte.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.10.2024
A Song to Drown Rivers
Liang, Ann

A Song to Drown Rivers


gut

Titel: Der äußere Schein kann trügen.

Kurzmeinung: Legende in neuem Gewand mit verschenkten Potential. Dieser Liebesgeschichte aus alten Zeiten fehlt es an Tiefgang.


Ann Laing gibt einer alten Legende mit „A Song to drown Rivers“ ein neues Gewand und erweckt die Geschichte rund um das junge Mädchen Xishi zum neuen Leben.
Aufgewachsen ist Xishi im ärmlichen, vom Krieg zerrütten Yue, einem Staat im damaligen China. Als eines Tages Fanil, der Minister von Yues König Goujian in ihr Dorf kommt, ändert sich ihr Leben schlagartig.
Es wurde ein Plan geschmiedet, dass sie durch ihre übernatürliche Schönheit den feindlichen König Fuchai ablenkt und schwächt, so dass Yue sich gegen das feindliche Königreich zur Wehr setzen kann.

Was als allererstes bei diesem Buch auffällt, ist die unglaublich stimmige Covergestaltung, welche es in der Erstauflage mit einem aktuell so begehrten farbigen Buchschnitt gibt. Das macht dieses Buch natürlich zu einem Blickfang in jedem Regal!
Durch die poetische Sprache, welche sehr gut das Setting der Geschichte aufnimmt, entstehen eindrückliche Bilder. Es ist ein leichtes in die Erzählung abzutauschen und ihr zu folgen.
Dabei scheut die Autorin nicht davor zurück immer wieder zu moralisieren, wenn es um Krieg und dessen Folgen für beide Seiten geht. Das lässt sie allerdings so geschickt einfließen, dass es den Lesefluss niemals stört.

Leider gab es einige Kritikpunkte für mich an diesem Buch.
Zunächst einmal fand ich, dass die meisten Figuren, allen voran die Protagonistin Xishi, leider sehr schablonenhafte Charaktere sind, ohne Tiefgang oder Entwicklungspotenzial neben ihren fest definierten Rollen.

Auch geht Frau Laing nicht genauer auf die Gebräuche oder den eigentlichen Palastalltag genauer ein. Viele Nebenfiguren werden nur einmalig erwähnt, bekommen aber selbst überhaupt keine Chance das Buch zu bereichern. So verschenkt sie sehr viel Potenzial die Geschichte weiter auszuschmücken und ihr einen verständlicheren Rahmen zu geben.

Am meisten hat mich allerdings folgender Aspekt gestört:
„A Song to drown Rivers“ wirbt damit, dass es eine feministische Neuinterpretation einer alten Legende ist. Meiner Meinung nach ist das allerdings nicht der Fall. Die Protagonistin ordnet sich deutlich in das vorherrschende patriarchale System unter. Die tragisch sehnsuchtsvolle Liebesgeschichte rund um Xishi spielt sich dabei immer wieder in den Vordergrund, lässt sie allerdings wenig eigenständig wirken. Eher wie die Jungfer in Nöten, die immer auf die Rettung durch ihren strahlenden Helden wartet. So bleibt sie bis zum Ende ein Spielball der Männer in ihrem Leben.

Für mich blieb „A Song to drown Rivers“ hinter den Erwartungen zurück. Wer hier Tiefgang oder gar eine überraschende Neuinterpretation sucht, ist hier falsch. Was nicht bedeutet, dass es ein schlechtes Buch ist. Es ist eine leichte Liebesgeschichte, eingebettet in einer Legende aus alten Zeiten. Mehr leider auch nicht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.10.2024
Der längste Schlaf
Raabe, Melanie

Der längste Schlaf


sehr gut

Titel: Alles schläft, einsam wacht.

Kurzmeinung: Ein Roman, der dich um den Schlaf bringen könnte.


Die Autorin Melanie Raabe ist schon seit fast zehn Jahren eine etablierte und sehr erfolgreiche Autorin aus Deutschland, die immer wieder durch ihre Romane zu begeistern weiß. Mit „Der längste Schlaf“ stellt sie einmal mehr ihr Können vor.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Schlafforscherin Mara Lux, welche ironischerweise selbst unter ständiger Schlaflosigkeit leidet. Aber auch wenn der ersehnte Schlaf zu ihr kommt, so hat sie große Angst vor ihm. Denn Träume von Mara können prophetischer Natur sein und scheinen ihre Wurzeln immer mehr in die Realität zu schlagen.
Als ihr eines Tages eine mysteriöse Erbschaft in Aussicht gestellt wird, ist sie zwar zunächst skeptisch, aber die Neugierde doch zu groß. Damit setzt sich etwas in Bewegung, mit dem Mara so wohl nicht gerechnet hätte.

Mir hat „der längste Schlaf“ insgesamt gut gefallen. Der Roman ist sehr rund, das fängt bei der grandiosen Covergestaltung mittels der eingearbeiteten Symbolik (Ibisse, schlafende Frau oder das rote Gras) an und endet mit einer in sich schlüssigen Storyline.
Frau Raabe hat zum Thema Schlaf intensiv recherchiert. Dadurch hat sie dieses Themengebiet so aufbereitet, dass es einem breitem Publikum zugänglich ist.
Der Schreibstil ist leicht, ohne dabei zu seicht zu sein, des weiteren erlaubt er ein flüssiges Lesen.
Mara als Hauptfigur, aber auch alle Nebenfiguren waren sympathisch und man konnte ihren Handlungen meistens gut folgen (nur warum hat diese Frau so gar keine Angst vor Käfern & Spinnen?!).

Als Kritikpunkt möchte ich anführen, dass die Autorin sich meiner Meinung nach etwas zu sehr in ihrer Mystik verliert.
Es war, als hätte Frau Raabe etwas viel Weichzeichner benutzt, was dieses Buch gar nicht gebraucht hätte. Ich mochte den fiktionalen Anteil sehr, aber es hätte einfach nicht so gewollt enden müssen.

Insgesamt hat mir das Buch rundum gefallen. Die Figuren waren passend ausgearbeitet und das Thema Schlaf wurde sehr gut recherchiert.
Wer etwas genreübergreifende Mystik in einem Roman nicht scheut, ist hier genau richtig.
Ich könnte mir diesen Roman auch sehr gut verfilmt vorstellen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.