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literaturwohnung
Über mich: 
Autorin (Lea Lightson & Avery May Frost), Lektorin, Grafikdesignerin & Buchbloggerin

Bewertungen

Insgesamt 42 Bewertungen
Bewertung vom 17.08.2024
Schaltiere am Waldboden
Holesinsky, Selina

Schaltiere am Waldboden


sehr gut

„Das Licht ist stumpf, wo es spitz war.“

Die neue Zeit trifft die alte. So könnte ich das Buch in einem Satz beschreiben und du dir die Frage stellen: Was hat sich verändert? Und was hat das vor allem mit der Geschichte zu tun?

In einem Waldrandhaus lebt die Protagonistin Antonie mit ihren Eltern. Das Dorf, in dem sie lebt, wurde als Musterdorf für klimafreundlich auserkoren. Folglich ziehen mehr Menschen dorthin. Von da an gibt es zwei Kategorien von Menschen. Die Alteingesessenen und die Zugezogenen. Es kommt der Tag, an dem ihr Vater der sogenannte Ortschef wird und folglich in den Aufgaben ertrinkt. Ihre Mutter hingegen ist nach dem Unfall wie ausgewechselt und kümmert sich nicht um Antonie. Der Vater hingegen auch nicht wirklich und so ist sie auf sich allein gestellt. In einer Welt, einem Dorf, das im Wandel ist.

Die Geschichte zeigt sehr gut auf, wie verschieden das Leben auf dem Dorf und in der Stadt ist. Nicht nur die Klimafrage kommt auf, sondern auch die Frage nach: Leben die Dorfmenschen denn hinter dem Mond? Was sind deren Träume, Wünsche und Ziele? Und was soll aus den Zugezogenen werden, die ihre eigenen starren Regeln haben und mit der Natur nicht viel am Hut? 

Während die Zugezogenen an den Bildschirmen kleben, wie tote Fliegen am Fenster, sind die Dorfmenschen sehr um die Natur, die Tiere, die dort leben und ihre Ernte besorgt. Letzteres wird belächelt, denn wer baut heutzutage noch selbst etwas an? Für die Zugezogenen gibt es diesen ganzen Kram nicht. Immerhin liegen die Supermärkte nicht weit entfernt und haben alles, was das Herz begehrt.

Dieser Twist zwischen alter und neuer Welt, Dorf- und Stadtleben, hat mich so sehr an die 90er Jahre erinnert. Wo erstmal das Internet mit Modem in Mode kam. Für unsere Kinder heute undenkbar. Und so verhält sich das auch in diesem Buch. Während die Stadtmenschen die Ansichten und Bedürfnisse der Dorfmenschen nicht verstehen, so verstehen die Dorfmenschen die Stadtmenschen hinsichtlich der modernen Dinge nicht. Für sie hat all das keinen Wert.

Sprachlich ist dieses Buch ein kleines Meisterwerk und hat hier und da mit wunderschönen Sätzen mein Herz höherschlagen lassen oder mich zum
Nachdenken gebracht. Immerhin ist das Thema brandaktuell. Es zeigt auf, in was für einem Zwiespalt wir stecken. Auf der einen Seite wollen wir eine klimaneutrale Welt erschaffen, doch auf der anderen Seite ärgern wir uns, dass das Internet zu langsam ist oder das neue Handy in Ultraviolett noch nicht verfügbar ist. Dann wollen wir wiederum Ressourcen sparen, fahren aber bei Gutwetter dreimal mit dem Auto zu Lidl, weil's ja bequemer ist. Und genau dieser Twist ist in der Geschichte deutlich spürbar und rüttelt einen wach.

Bewertung vom 16.08.2024
Auf der Mauer, auf der Lauer
Vries, Mel Wallis de

Auf der Mauer, auf der Lauer


weniger gut

„If we never learn, we been here before, why are we always stuck and running from the bullets? (S.194)“

In der Geschichte geht es um Charlie, die kurz vor ihrem 17. Geburtstag steht. Plötzlich erwacht sie in einem dunklen Raum – allein. An der Wand hängt eine Liste mit den Namen der Mädchen, die als verschwunden gelten. Über einen Fernseher nimmt der Entführer Kontakt zu Charlie auf und gibt ihr Aufträge, die sie erfüllen muss. Erfüllt sie diesen, öffnet sich die Tür zu dem nächsten Raum. Doch dann verlangt der Entführer etwas Schreckliches von ihr ...

Als ich den Klappentext las, wusste ich, ich muss es lesen. Für mich klang es nach einem guten Jugendthriller, der es in sich hat. Vor allem stellte ich mir die Frage, was für Aufträge es sind und was sie tun muss, um zu überleben. Das war auch der Grund, weshalb ich das Buch innerhalb von ein paar Stunden ausgelesen hatte. Doch leider hat mich das Buch mit einem unbefriedigten Gefühl zurückgelassen.

Die Geschichte wird aus der Sicht der Protagonistin Charlie erzählt. Einmal bekommen wir die Sicht auf das Jetzt, bei dem sie in dem Raum eingesperrt ist, und die Sicht auf die Tage vor ihrem Verschwinden. Zudem werden die Befragungen der Polizei, die mit ihren Freundinnen Isolde und Stella, aber auch mit ihrer Liebelei Olaf und einer Schülerin geführt. Das mit ihren Freundinnen verrät, um es kurzzuhalten, dass es einen Streit gab und Charlie sich seitdem Tod ihrer Schwester Penelope verändert habe. Mehr lässt sich nicht daraus lesen. Zudem gibt es Rückblenden von Charlie. Dann werden hin und wieder Songs eingestreut, sowie Tagebucheinträge, von denen ich erst nicht wusste, von wem sie waren. Am Ende werden die Fäden aber zusammengeführt und man findet heraus, von wem sie stammen. Nur der Weg dahin ...

Den Weg dahin fand ich unheimlich beschwerlich, wenn ich ehrlich bin, und fand das Ende minimal emotional, aber die Idee dahinter und das, was der Klappentext beschreibt, alles andere als gut oder im Falle des Klappentextes passend.

Lass mich von vorne anfangen, damit das alles verständlich wird. Im Klappentext wird suggeriert, dass Charlie Aufgaben erfüllen muss, um in den nächsten Raum zu gelangen. Was waren das für Aufgaben? Ich halte mir vor Augen, dass es ein Jugendbuch ist, aber die Aufgaben waren lächerlich, hatten nicht den notwendigen Thrill, der zu Charlies innerer Zerrissenheit über die ganze Situation gepasst hätte. Das machen auch die „Lichteffekte“ oder die Schreie und Schritte, die sie hört, nicht wett. Ich weiß, dass es am Ende verstörend gewirkt hätte, wären die Aufgaben härter gewesen, aber allein wie sie entführt wurde, hätte das auch wieder abgemildert. Wenn man das Ende liest, weiß man, weshalb es das abgemildert hätte. Jedenfalls waren es für mich keine Aufgaben. Entscheide dich für eines der drei Wörter, die dich beschreiben. Nächster Raum: Belohnung. Käsebrötchen und Coke. Das hat bei mir Augenrollen ausgelöst. Ich weiß, weshalb es so konstruiert wurde. Von der Autorin, aber auch von den Menschen in dem Buch. Es hatte ein Ziel, alles klar. An der Stelle will ich nicht zu viel vorwegnehmen. Nur ging mir das alles zu schnell. Charlie macht das, was sie soll. Weiter. Charlie macht das, was sie soll, wieder weiter. Plötzliche Freiheit. Auflösung.

Mir fehlte innerhalb der Räume die geballte Spannung, die ein Jugendthriller gut vertragen hätte. Und die Aufgaben, die Charlie hätte tun können, damit das alles echter wirkt und nicht wie ein Kindergeburtstag. Licht an, Licht aus. Bildschirme an, Bildschirme aus. Entscheidungen. Dass am Ende genau das passiert und auch noch der Selbstmord ihrer Schwester Penelope aufgeklärt wird, beziehungsweise man ihr Motiv erfährt. Von dem Zeitpunkt an weiß man, wer die Songs gehört hatte und wer die Zeilen schrieb; dennoch wirkte es, als müsste man das unbedingt noch erzählen, damit es ein rundes Ende ergibt. Zwar baut die Geschichte darauf auf. Also auf der Veränderung von Charlie und dem Selbstmord von Penelope, aber wie es gelöst wurde, fand ich alles andere als gut. Es suggeriert etwas, wo ich mir sicher bin, dass es bestimmt einige Jugendliche genauso nachstellen würden. In dem Glauben, dass es richtig sei, das zu tun. Auch wenn es in dem Buch anders war. Frei nach dem Motto: Wir sperren dich ein, du musst Ängste ausstehen, dich entscheiden, damit du wieder auf den richtigen Weg kommst. Ja, es ist eine Geschichte, Fiktion, aber für mich war die Prämisse des Buches mehr als fragwürdig. Und das, was ich emotional fand waren die Worte ihrer Schwester. Das war das Einzige, was mich berührt hat und hat mitfühlen lassen.

Bewertung vom 17.07.2024
Row Zero: Gewalt und Machtmissbrauch in der Musikindustrie
Kampf, Lena;Drepper, Daniel

Row Zero: Gewalt und Machtmissbrauch in der Musikindustrie


ausgezeichnet

„Wann immer Macht, ihr Gebrauch und ihr Missbrauch neu vermessen werden, gilt es genau hinzuschauen und zu differenzieren.“ (S.15)

Wow, was war das für ein Buch! Ich habe es verschlungen und ehrlich? Es hat mich bis jetzt nicht losgelassen.

In dem Buch geht es, wie der Titel verrät, um Gewalt und den Machtmissbrauch in der Musikindustrie. Es wird von einigen Fällen, unter anderem dem von Lindemann, Frontsänger der Band Rammstein, berichtet. Noch jetzt bin ich erschüttert, was ich alles gelesen habe. Nicht nur Lindemanns Namen fiel, sondern auch der von R. Kelly oder Marilyn Manson. Es fällt mir wahnsinnig schwer, die richtigen Worte dafür zu finden.

Schlimm an der Geschichte finde ich, dass den Frauen nicht geglaubt wird und die Musiker ungehindert weiter Musik machen konnten oder gar können. Wo bitte bleibt da die Gerechtigkeit? Warum dürfen Musiker in Songs Sexismus beschreien und die Plattenfirmen sehen nur zu? Richtig, weil der Profit im Vordergrund steht. Heutzutage muss man vielleicht auffallen und in die ein oder andere Kerbe schlagen, aber nicht, indem Mann Frauen herauspicken lässt oder ihnen die Welt zu Füßen legt, um sie dann systematisch kaputtzumachen. Eine der Frauen, die von einem berühmten Mann sexuell missbraucht wurde, nahm sich das Leben. Ist das echt die Welt, in der wir leben? In der wir, weil wir den Status berühmt auf der Stirn haben und Geld in der Tasche, uns alles erlauben dürfen? Nein. Einfach ein klares Nein.

Erschreckend fand ich, dass es bei einem Rammstein oder Lindemannkonzert einen Einspieler gab, bei dem gezeigt wurde, wie er von zwei Frauen oral befriedigt wurde – oder wie er sein Ding vor den Fans herausholt und auf die Menge uriniert. Leute, mal im Ernst: Ist das Kunst? Ist es das, wofür die Musik steht? Das Video kann man sich auf YouTube ansehen und ich kann nur eines sagen: Jetzt weiß ich, warum ich dieser Band nie meine Aufmerksamkeit geschenkt habe. Was ich aber noch viel schlimmer ist, dass die Fälle eingestellt werden. Im Fall R.Kelly nicht – was ich gut finde. Ansonsten frage ich mich, auch wenn es die Unschuldsvermutung gibt – ja, warum den Fällen nicht zu 100% nachgegangen wird und Musiker so weitermachen dürfen und dafür auch noch gefeiert werden?

„Regelmäßig werden bei Konzerten offenbar ein bis zwei Frauen gesucht, die dann – wie Shelby Lynn – unter der Bühne mit Till Lindemann Sex haben sollen, während in den etwa fünf Minuten des ‚Deutschland‘-Remixes Mitglieder der Band als leuchtende Strichmännchen auf der Bühne tanzen.“ (S.35)

Nun möchte ich aber nochmal genauer auf einige Aussagen eingehen. Unter anderem, dass Frauen berühmt sein wollen. Welche von den 20 Frauen, die unabhängig voneinander über das Geschehene berichtet haben, sind nun berühmt? Dies ist nicht der Fall. Sie sind für ihr Leben, durch diese scheußliche Tat, geprägt. Mit Berühmtheit hat das nur wenig zu tun. Wer aber weiterhin gefeiert wird, sind die Künstler und die Frauen werden mundtot gemacht. Dann, dass es keine Beweise gibt. Mir sträubten sich wortwörtlich die Nackenhaare. Es sind 20 (!) Frauen herangezogen worden. Alle haben unabhängig voneinander über den Vorfall mit Lindemann geredet, sich getraut, etwas gegen ihn zu sagen. Ich denke, man kann sich sicher sein, dass es mehr als 20 Frauen gibt, nur die meisten Angst haben – weil ihnen Angst gemacht wurde. Hut ab, für die Frauen, die sich getraut haben. Und doch geschieht nur eines: nichts. Alles verläuft im Sand, die Stars werden weiterhin gefeiert und die Missbrauchten müssen leiden. Es gäbe keine Beweise, Person ABC habe ausgiebig gefeiert, war fröhlich. Ja, vor der Tat. Nach der Tat sieht es dann aber ganz anders aus.

Und dann kommen die Gerichte ins Spiel. Alles ist in bester Ordnung, folglich ist alles wieder Tutti-Frutti. Nein. Während die missbrauchten Frauen an den Folgen des Missbrauchs leiden, das Gericht ihnen kein Recht zuspricht, werden die Stars gefeiert. Damit will ich eines sagen: Wer Geld hat, sich den besten Anwalt zu leisten und die Frauen mundtot zu machen, sieht an diesem Beispiel, dass Geld auch hier Macht ist. Doch ich finde, dass das absolut nicht sein darf. Auch Lindemann hat sich Top-Anwälte geleistet. Er verklagt jeden, der Negatives schreibt – so heißt es. Nur muss man mit Kritik, übrigens auch als Autor*in, umgehen können.

Dieses Buch, um nun ein Ende zu finden, hat mich sprachlos zurückgelassen. Schon beim Lesen musste ich immer mal wieder innehalten. Es ist faszinierend und gleichzeitig berührend und schockierend. Die Recherche an diesem Buch hat über ein Jahr gedauert. Kein Wunder bei all den Informationen und Erfahrungsberichten, wo mir ein kalter Schauer über den Rücken läuft. Jeder sollte dieses Buch gelesen haben und jeder sollte sich dagegen auflehnen. Wir alle sollten menschlich sein, zusammenhalten und den Schwächeren den Rücken stärken. Mehr Worte finde ich nicht, für diese rohe Gewalt, die teilweise in der Musikbranche herrscht. Niemals würde ich in der Row Zero sein wollen.

Bewertung vom 16.07.2024
Deine dunkle Seite
Hendricks, Jaime Lynn

Deine dunkle Seite


gut

„Obwohl er selbst ein launischer Rocker ist, sagt Constantine immer, ich sei „kaugummi-fröhlich“, und meint, es würde besser zu meinem Typen passen, wenn ich pinkfarbenes Zeug mit Rüschen tragen würde, was auch immer das heißen soll.“ (S.36)

Es ist Zeit für die berühmte Thriller-Convention. Mittendrin vier Thrillerautoren. Alle erhalten von einem anonymen Twitteraccount eine Nachricht. Eine der nominierten und berühmten Autorinnen sei tragisch ums Leben gekommen. Doch nicht nur die Nachricht lässt ihnen das Blut in den Adern gefrieren. Nein, es sind die weiteren düsteren Nachrichten, die der Anonyme ihnen schickt. Ein Wettlauf mit der Zeit zwischen Konkurrenten, denen man vielleicht gar nicht trauen darf, oder?

Anfangs hatte ich nicht den Draht zu der Storyline gefunden und ich bekam das Gefühl, dass ich eventuell in eine Leseflaute rutschen könnte – die bei mir eher selten der Fall ist. Das Gute war, dass jeder der vier Thrillerautoren seine Sicht auf die Dinge schildern darf, was es wiederum spannend gemacht hat. Nach einigen Kapiteln war ich in der Story drinnen, die Seiten flogen nur so dahin und ich konnte es nicht mehr weglegen. 

Die Figuren wurden zwar dreidimensional erarbeitet, dennoch empfand ich sie an manchen Stellen als zu blass. Stück für Stück durfte ich mehr über die vier Protagonisten erfahren. Über ihr Leben, ihren Job, ihre Ansichten. Trotz alledem konnte ich mich mit keinem der vier Protagonisten identifizieren. Ich bekam nicht einmal das Gefühl, ihnen „nah“ zu sein. Es fühlte sich unnahbar und schnell an. Mit schnell meine ich, dass die Figuren einen zwar mitnehmen und einiges von sich preisgeben, aber sie geben einem das Gefühl, die Geschichte schnell erzählen zu wollen und sie verstehen zu müssen. Ich liebe es, wenn eine Figur einen, womit auch immer, mitreißt. Das kann ein kleines Detail sein, völlig unscheinbar meinetwegen. Hier hat es aber gefehlt. Dann kam der Zeitpunkt, wo ich mich fragte, wer den Mord begangen hatte. Und die Idee, die ich hatte, hat sich am Ende bewahrheitet. Ernüchternd? Etwas. Und dennoch schlau gelöst. Für mich hätte das erste Ende ausgereicht, denn der Twist, der danach folgte, war unnötig. Er brachte zwar nochmal minimal Spannung hinein, war aber vorhersehbar und somit langweilig. 

Alles in allem war es kein aufregender Thriller, den ich unbedingt weiterempfehlen würde – nur ich schließe nicht von mir auf andere. Die Sicht auf Geschichten ist immer subjektiv. Mir fehlte etwas. Der nötige Thrill und ja, das Ende hätte das Buch nicht gebraucht, aber gut.

Bewertung vom 01.06.2024
Ihr raffiniertes Spiel
Mancini, Ruth

Ihr raffiniertes Spiel


weniger gut

„…und ich hatte da Gefühl, im Innern aufzuleuchten, wie die Sonne selbst.“ (S.214)

In der Story geht es Tate Kinsella, die von der Polizei des Mordes beschuldigt wird. Immer mehr findet die Polizei heraus, dass etwas an Tates Aussage nicht stimmt. Doch wen will sie beschützen? Und was verheimlicht sie?
Ich habe mich unglaublich auf diesen Thriller gefreut und bin tatsächlich, wohl mehr aus Neugierde, durch die Seiten gerauscht. Dennoch hat „Ihr raffiniertes Spiel“ mich ernüchternd zurückgelassen. Wieso, weshalb, warum? Das möchte ich gern erklären.

Anfangs gibt es eine kleine Rückblende, dann wird man ins Geschehen geworfen. Man erfährt, was geschehen ist, bekommt mehrere Verhöre mit die Tate erdulden muss, bis der Plot plötzlich kippt bzw. umgeworfen wird - denn es gibt ja Geheimnisse und Tate ist wahrlich eine Lügnerin sowie eine gute Schauspielerin. Nachdem Tate freigesprochen wird, wandelt sich der Plot. Alles wird quasi von hinten aufgerollt, damit man das Warum erfährt und wie alles zusammenhängt. Von dem Zeitpunkt an erzählt Tate ihrer Anwältin Sarah die ganze Geschichte. Die, die wahr ist und sich so zugetragen hat.

Wo anfangs derselbe Text mit etwas veränderter Message daherkam, kam dieser wieder auf und hielt neue Informationen bereit. Eigentlich gut gemacht, aber der Nervenkitzel und der ganze Thrill wurde der Geschichte genommen. Es ist wie eine Erzählung. 

Anfangs dachte ich noch: „Okay, mal schauen, wo der Hase langläuft.“ Doch der Hase saß seelenruhig im Gras und mümmelte. Mir fehlte die Action, die Spannung, der Thrill. Es wurde einfach nur erzählt. Szene für Szene. Tathergang für Tathergang. Erzählt, erzählt, erzählt. Ob es nun die eine Situation mit Maddys Tochter Emily war oder was auch immer - es war fast alles vorhersehbar. Ebenso die Sache mit den Kameras. Irgendwer muss ja noch mitgemischt haben. Wer das war, wusste ich nicht, bis es aufgelöst wurde - aber selbst die Auflösung empfand ich als langweilig und viel zu einfach.

Es gab 1-3 Figuren, wo ich gesagt hätte: „Yes, der oder die muss da mitspielen.“ Aber nein. Natürlich nicht, wenngleich das den Spannungsbogen EXTREM angehoben hätte. Das Einzige, was ich wahnsinnig traurig fand, war Maddys Entscheidung. Aber wofür und warum sich so entschieden hätte, lies es selbst. 

Ich hatte mich so auf die Geschichte gefreut. Dachte, das könnte was werden - aber nein. Es war ein Satz mit X. Von der Dachterrasse gestürzt und da lag die Geschichte dann. 

Bewertung vom 31.05.2024
Stunden des Glücks / Die Telefonistinnen Bd.1
Schojer, Nadine

Stunden des Glücks / Die Telefonistinnen Bd.1


ausgezeichnet

„Wie eine Frühlingsbrise, die an seinem schicken dunklenblauen Sakko zupfte.“ (S.100)

In der Geschichte geht es um Umbrüche, Sehnsüchte und Träume in einer neuen Zeit. Wir schreiben das Jahr 1948 in Köln. Der Wiederaufbau wurde in die Hände genommen. Die Telefonistinnen Gisela, Erna, Hannelore und Julia, später auch Charlotte, sorgen in der Versicherung Pering für die richtigen Verbindungen. Alle vier haben ihre ganz eigenen Geheimnisse, Wünsche und Träume - gerade wo sich das Leben im Wandel befindet.

Ich kann es gar nicht beschreiben, aber auch dieses Buch ist für mich dieses Jahr ein Highlight. Den Schreibstil habe ich sehr geliebt, allein die Metaphern haben es mir angetan. Die Autorin hat für viele Gefühle immerzu die richtigen Worte gewählt. Zudem konnte ich mir durch die Beschreibungen das Gefühl noch besser vorstellen, als wenn sie das Gefühl nur beim Namen genannt hätte.

Jede der Telefonistinnen bekommt Gehör und so tauchte ich von einer Figur in die Nächste ein. In ihre Emotionen, Sehnsüchte und all das, was sie umtrieb. Es war sensationell! Am besten hat mir Erna gefallen. Nicht nur, weil meine Oma so hieß - sondern weil sie echt wirkte. Allein ihre Sprüche waren genial!😅 Ich hätte sie dafür umarmen können. Auch das Leben von Hannelore hat mich mitgerissen und tief bewegt. Die Zustände in ihrem Zuhause sind alles andere als schön. Man hat regelrecht die Armut, aber auch den Umbruch gespürt. Wie gern hätte auch ich sie in die Arme genommen, ihr gesagt, dass alles gut wird. Auch Gisela hat es nicht leicht. Ihr Mann Heinrich ist noch immer nicht zurück aus dem Krieg und wartet mit ihrem Sohn Peter schon lange Zeit darauf, dass er heimkehrt. 

Kritisiert wurde, dass es so schien, als könnten die Frauen nicht ohne den Mann. Ich habe hier beim Lesen weniger das „Männer bringen die Erlösung“ vor Augen gehabt, sondern eher, dass nicht nur Hannelores Mutter sichtlich von ihrem Mann geliebt und respektiert werden will, sondern auch Gisela sich nach dem Fortgehen ihres Mannes Heinrich nach Zärtlichkeit sehnt. Daran ist, finde ich, nichts verwerflich. Und es zeichnete sich auch nicht ab, dass nur Männer arbeiten gehen und die Frauen hinter den Herd gehören. Also rein dessen, was ein Patriarchat ausmacht. Wobei ich dazu sagen muss, dass diese Strukturen damals viel häufiger vorkamen. Heute sprechen wir darüber, vielleicht noch zu wenig, aber wir tun es und brechen mit diesen.

Ich finde, die Geschichte war unfassbar schön, weil sie viele Facetten zeigt. Das Leben im Jahr 1948. Was die Liebe mit einem macht. Wie die Zustände nach dem Krieg waren, zudem mit kleinen Rückblenden, wie es während dieser schlimmen Zeit war. Dass man, egal was kommt, immer man selbst bleiben sollte und seinen Humor bewahren sollte.

Bewertung vom 26.04.2024
French Kissing in New York
Jouhanneau, Anne-Sophie

French Kissing in New York


sehr gut

„Selbst wenn einem alle Reichtümer der Welt zur Verfügung stehen, sind die einfachsten Dinge oft die besten.“ (S.143)

Endlich ein neues Buch der Autorin von „Love.Paris.Dance“, welches ich abgöttisch geliebt habe.🥰

In diesem Buch geht es um Margot, die jeden Tag an ihre romantische Bekanntschaft Zach denken muss. Als sie endlich in ihrer Traumstadt New York ankommt, ist es endlich so weit: In ein paar Tagen treffen sie sich endlich wieder. Nach einem verdammt langen Jahr. Wird er da sein? Wird es genauso aufregend wie damals? Was ist, wenn er nicht da sein wird? Ja, was dann?

Doch dann spielt Margot das Leben dazwischen …

Dieses Buch habe ich, wie auch das erste der Autorin, sehr gemocht. Ich bin nur so durch die Seiten gerauscht und habe das NY-Setting aufgesaugt. Wie gern wäre ich auch dort gewesen. Die Protagonistin Margot war mir sympathisch und so manches Mal hätte ich sie schütteln können, damit sie endlich aufwacht, um die richtige Entscheidung zu treffen. Denn Zach fand ich von Anfang an nicht passend für sie, ganz zu schweigen von seiner Art. Und bitte, was für ein toller Mensch war Ben? An dieser Stelle will ich mal nicht spoilern, aber hach, mein Herz.💔

Die Leidenschaft, die Margot fürs Kochen hegte, war phänomenal. Ich fand es echt schön, als sie von dem Restaurant ihrer Mom erzählte. Ich konnte es mir richtig vorstellen. Wie ich da sitzen würde, um eine französische Köstlichkeit zu genießen. Ich habe gar nicht wirklich verstanden, warum sie dort wegwollte. Gut, weg von der nervenden Mutter und sein eigenes Leben leben und dann war da noch das Treffen mit Zach - schon klar! 

Jedenfalls spielte ihr Leben ganz schön verrückt und brachte immer neue Wendungen hervor, die ich interessant fand. Die letzte allerdings, als es um Zach ging, fand ich, um ehrlich zu sein, etwas schwach und vorhersehbar. Und auch Margots Reaktion habe ich nicht verstanden. Wie kann man so reagieren, wenn man ihn die ganze Zeit im Kopf hat und plötzlich fällt einem ein, das ist doch nicht der Weg. Ähm. Zudem kam die Frage auf:“Hatte er jetzt was mit einer anderen, oder nicht? Jetzt oder vor langer Zeit?“ Gut, beide versprachen sich, sich wiederzusehen und das taten sie auch, aber es stand nirgends, dass sie sich einander versprochen hätten und niemand anderen kennenlernen dürfen. Ich fand es ein wenig weird, aber okay. Kleines Drama mit hinein, damit es auf den letzten Seiten noch zum Happy-End kommt. Mir aber war das zu wenig und zu easy gelöst.

Ansonsten eine tolle Geschichte, die uns nach New York einlädt und ihre sonnigen aber auch schattigen Seiten aufzeigt.

Bewertung vom 16.04.2024
The Cloisters
Hays, Katy

The Cloisters


ausgezeichnet

„Die Schmuckstücke hier waren in einem Laden gelandet, statt in der Bewegung einer Trägerin warmes Leben zu entfalten.“ (S.133)

Ann zieht nach einem abgeschlossenen Kunststudium nach New York, um ein Praktikum im „The Cloisters“ zu machen. Dem Metropolitan Museum of Arts für Mittelalter- und Renaissancekunst. Plötzlich entdeckt sie Tarotkarten mit versteckten Zeichnungen und gerät in einen gefährlichen Strudel aus Magie, Macht, Ehrgeiz, Verführung und Dunkelheit. Was das wohl zu bedeuten hat?

Die ersten 70 Seiten habe ich nicht in die Story gefunden, was am Schreibstil lag. Die Einführung ins „The Cloisters“ und das düstere Setting hat einfach seine Zeit gebraucht. Was völlig in Ordnung war. Kurze Zeit danach war ich aber drinnen und es war wie ein Sog. Ich konnte es nicht aus der Hand legen. Das Dark Academia Setting hat mich, wortwörtlich, an den Haaren gepackt und mit sich gerissen. Ebenso die Protagonistin Ann, die im Vergleich zu ihrer Mitarbeiterin Rachel fast gleich erschien, doch durch manche Handlungen eine Eigennote hineingebracht hat und sich somit von ihr abhob. Manches Mal hätte ich Ann am liebsten geschüttelt und ihr gesagt:“Mädel, mach‘ die Augen auf!“ Hier hat die Autorin gut mit mir als Leserin gespielt, denn man wurde nervös und wollte wissen, wie geht es weiter. Ich konnte zwischen den Zeilen lesen, wusste wie Rachel tickt und doch war Ann blind dafür. Das hat den gewiss düsteren Nervenkitzel ausgemacht. Auch der Kurator Patrick, den ich persönlich im Verlauf eher als blass empfand. Er war sehr geheimnisvoll und fiel durch sein genervtes Verhalten auf.

Die Szenen, in dem es um Anns Befinden und ihre Mom ging, fand ich sehr gut - sie haben mich mitgerissen und zeigten, wie verletzlich sie ist. Dass hinter der toughen, jungen Dame auch ein verletzliches Herz steckte.

Das war mein erstes Buch in dem Dark Academia Setting und es war für mich ein kleines Highlight, auch wenn es anfangs nicht so leicht war, hineinzufinden.

Bewertung vom 11.04.2024
The Idea of You
Lee, Robinne

The Idea of You


ausgezeichnet

„Du öffnest dich wie eine Blüte. Und das, obwohl du dir geschworen hast, so wenig wie möglich von dir preiszugeben.“ (S.63)

Hayes ist Sänger in der Band „August Moon“ und tourt mit dieser von Stadt zu Stadt. Solènes Tochter Isabelle ist Fan dieser und besucht mit ihrer Mutter einen Gig, mit anschließender VIP-Time. Wäre da nur nicht die leise Anziehung zwischen Hayes und Solène, die jedes Mal ein bisschen stärker wird.

Als ich das Buch begonnen habe, fand ich es wirklich gut - allein die Protagonistin und ihre lockere Art haben mir gefallen. Im Verlauf der Story, als sie mehr mit Hayes zu tun hat, fand ich es nicht mehr so gut. Mich störte plötzlich das Trope des Buches: Age-Gap. Solène ist 39 und Hayes neunzehn Jahre jünger. Ich konnte mir das irgendwie nicht vorstellen, wahrscheinlich weil das für mich als Frau, die fast im selben Alter wie Solène und Mutter ist, nicht passend ist. Das ist aber nur meine persönliche Meinung.

Dennoch wollte ich nicht lockerlassen und habe mir das Hörbuch auf BookBeat angehört. Und was soll ich sagen? Plötzlich hatte mich die Story bei den Haaren gepackt und mit sich gerissen. Ich war in diesem Sog drinnen und fand die Zeit zwischen Solène und Hayes ganz wunderbar. Ja, es ist viel Spice und es wird auch direkte Sprache und Dirty Talk gewählt, was mich aber absolut nicht gestört hat. Trotzdem ist nicht nur Spice in der Geschichte, sondern auch viel Zwischenmenschliches und allen voran wir das Thema Berühmtheit behandelt - unterschwellig. Man spürt förmlich, wie diese anfängliche Euphorie von den beiden durcheinandergewirbelt wird und Solène mit dem Ruhm von Hayes zu kämpfen hat. Sie gerät in die Schlagzeilen, wird massiv beschimpft und man sieht förmlich, wie es immer schwieriger für sie wird, dem standzuhalten. Was anfangs noch interessant ist, wird schon bald zu einem großen Problem, ein spannender und emotionaler Drahtseilakt - mal abgesehen davon, dass ihre Tochter Fan der Band ist und in einem enormen Zwiespalt zwischen „Mom, du sollst glücklich sein“ & „Mobbingopfer“ steckt. 

Für mich war das Buch, trotz meiner anfänglichen Schwierigkeiten, ein Jahreshighlight. Ich konnte die Anziehung und die Liebe zwischen den beiden spüren, die Schwere, die sich über beide legte und Hayes Kampf, um die Liebe, die er niemals loslassen wollte. Dieses Buch reißt einen mit ganzer Kraft mit. Ein Strudel, dem man nicht entkommt und der noch lange in einem nachhallt. 

Bewertung vom 30.03.2024
Wie Farben im Regen / Internat Schloss Mare Bd.3
Zett, Alicia

Wie Farben im Regen / Internat Schloss Mare Bd.3


ausgezeichnet

„Er denkt also immer noch, meine Sexualität sei eine Phasee. Dass ich eines Morgens aufwache und mir klar wird, hey, ich bin doch hetero.“ (S. 25)

Der letzte Band der Liebe-Ist-Reihe und was soll ich sagen? Ich erinnere mich noch genau, wie sehr ich den ersten Band mochte, doch dieser hier hat alles übertroffen. Nicht nur, dass die Reihe nun beendet ist und ich mit einem lachenden und einen weinenden Auge darauf zurückblicke - nein, die Story von Caro und Sam fand ich unwahrscheinlich gut.

In diesem Band geht es um Sam, der sich nicht mehr als Stürmerin beim Fußball sieht, sondern als Stürmer. Als Caro weiß, was mit ihm los ist, stellt sich die Frage, wie es mit den beiden als Paar weitergeht und wie reagieren Freunde und Verwandte auf das Outing? Keine leichte Sache, wie ich finde.

Alicia hat das aber alles wunderbar umgesetzt und ich habe die Geschichte der beiden unheimlich geliebt. Wie gern hätte ich Sam in manchen Situationen in den Arm genommen.🥺🩷Er ist einfach nur toll, ebenso seine Freundin Caro. Für mich war der Abschlussband eines der stärksten dieser Reihe. Und nun ist sie zu Ende.