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d4rcy

Bewertungen

Insgesamt 30 Bewertungen
Bewertung vom 01.03.2020
Milchmann
Burns, Anna

Milchmann


gut

Anna Burns’ Roman „Milchmann“ wurde 2018 mit dem Man-Booker-Literaturpreis ausgezeichnet und es fällt nicht schwer, zu erkennen, warum. Eine ungewöhnliche Protagonistin - ein 18 Jahre altes Mädchen aus Nordirland während des Bürgerkriegs - erzählt sowohl unkonventionell als auch scharfsinnig von ihrem Leben und ihren Beobachtungen. Dabei ist sie auf der Suche nach ihrer Identität in einer Gesellschaft, die konstant von allen Seiten zerreißenden Druck auf sie ausübt.

Bei „Milchmann“ handelt es sich aber um kein Buch, das ich wirklich gern gelesen habe und es fällt mir recht schwer, zu erklären, wie ich ein Buch, das mir nicht gefallen hat, dennoch wertschätzen und empfehlen kann. Denn zurecht wurde Anna Burns’ Stil von der Jury des Booker-Preises als vollkommen unverwechselbar bezeichnet. Und mit einer faszinierenden Treffsicherheit hat Burns in der Beschreibung der namenlosen Figuren und einer von Ungerechtigkeit und Misstrauen gezeichneten Gesellschaft die entsprechenden Emotionen, allen voran ein stetes unterschwelliges Unbehagen, in mir ausgelöst.

Doch die seitenlangen Ausschweifungen und repetitive Situationen, Gedanken und Gespräche führten dazu, dass ich mit dieser Geschichte, die sich um Themen wie Identität, Schuldzuweisungen und gesellschaftliche Spaltung dreht, einfach nicht richtig warm wurde und sich die Lektüre doch sehr mühsam anfühlte.

Mein Fazit daher: Wer etwas für Romane übrig hat, die Grenzen überschreiten und ganz anders sind als alles, was man zuvor gelesen hat, sollte Burns lesen und mit einer kraftvollen Sprache und ungewöhnlichen Charakteren belohnt werden - aber dafür wirklich ausreichend Zeit und Geduld mitbringen.

Bewertung vom 28.01.2019
Agathe
Bomann, Anne Cathrine

Agathe


ausgezeichnet

„Die Zeit lief durch mich hindurch wie Wasser durch einen rostigen Filter, den niemand Lust hat zu wechseln.“

Wir tauchen ein in das Leben eines bald 72-jährigen Psychiaters, der müde die letzten Monate (5), Wochen (22) und Patientengespräche (800) bis zu seinem Ruhestand zählt. Er wirkt einsam, der Welt und jeglichem Sozialleben entfremdet. Seine Praxis ist sein Lebensinhalt, doch auch die Patienten und Patientinnen langweilen ihn. Schon früh wird aber deutlich, dass er sich eigentlich wünscht, ein anderes Leben zu führen - ein Leben, in dem er für andere sichtbar ist - er es jedoch nicht schafft, aus dem Schatten und der Sicherheit seines Sessels in der Praxis herauszutreten. Erst als eine hartnäckige Patientin hinter die Fassade blickt, schafft auch schließlich er es, sich selbst und damit die Welt um ihn herum endlich wieder zu sehen.

Allzu viel kann man über dieses kleine Buch, welches fast schon eher als Novelle bezeichnet werden könnte, nicht vorab verraten. Man sollte sich als Leser oder Leserin selbst in die Geschichte vertiefen und die kleinen Feinheiten und Philosophien entdecken, die hier in den Alltag des Psychiaters und in seine Begegnung mit der titelgebenden Figur eingearbeitet sind. Agathe von Anne Cathrine Bomann ist ein literarisches Kleinod für einen tristen Nachmittag, das nicht nur sprachlich sehr schön erzählt ist, sondern es schafft, ohne viel Ausschweifungen, aber doch mit feinsinnigen Details eine tiefgreifende Wesensveränderung in dem vom Leben entfremdeten und einsamen Protagonisten zu beschreiben, deren Ursache und Effekt noch nach dem Lesen nachhallen.

Bewertung vom 31.07.2018
Weit weg von Verona
Gardam, Jane

Weit weg von Verona


ausgezeichnet

Über Bücher, die mich komplett in ihren Bann gezogen haben, weiß ich meistens am wenigsten zu sagen. Das ist auch hier wieder der Fall. Lest den Klappentext und wenn er euch anspricht, dann lest auch dieses Buch und lasst euch vom Inhalt, vom Witz, von den scharfsinnigen Beobachtungen, der hinreißenden Haupt- und den kaum weniger spannenden Nebenfiguren einfach überraschen - diese Geschichte ist ein wahrer Schatz.

Die Protagonistin Jessica Vye ist 13 Jahre alt und trotzdem eine Identifikationsfigur für Menschen jeden Alters. Die Geschichte ist in den 1930ern angesiedelt, aber absolut zeitlos. Und über all das hinaus schreibt Jane Gardam so authentisch, so originell und voller Herzblut vom Abschied von der Kindheit, dass man dieses Buch wirklich kaum aus der Hand legen kann. Ein großartiger Roman, ganz wundervoll übersetzt von Isabel Bogdan.

Leider muss ich zugeben, dass ich von Jane Gardam vorher noch nie gehört habe. Nach diesem Buch werde ich mich aber auf jeden Fall weiter ihrem Werk widmen.

Bewertung vom 31.07.2018
Die Kunst, einfache Lösungen zu finden
Ankowitsch, Christian

Die Kunst, einfache Lösungen zu finden


sehr gut

Man steht immer mal wieder vor Problemen - vor alltäglichen Problemen, die uns manchmal einfach nur nerven, vor immer wieder auftauchenden Schwierigkeiten in der Beziehung oder im Berufsleben oder vor Problemen, bei denen wir einfach gar nicht wissen, wie wir sie am besten angehen sollen. Ich frage mich da: Wie kann ein Ratgeber wie "Die Kunst, einfache Lösungen zu finden" von Christian Ankowitsch dabei helfen, für individuelle Probleme Lösungen zu finden, ohne dabei in Allgemeinplätzen und die typischen Tipps und Tricks abzudriften, die man in jeder Zeitschrift findet.

Was dieses Buch von anderen unterscheidet, ist die Herangehensweise. Christian Ankowitsch identifiziert den Kern vieler Probleme als festgefahrene Verhaltensweisen und schlägt vor: Machen Sie einfach mal etwas anders! Dabei liefert er einige Beispiele dafür, wie das konkret funktionieren kann und bietet gute Ansätze für einfache Problemlösungen, die sich leicht umsetzen lassen und große Wirkung haben.

Das Buch ist sehr angenehm und einfach verständlich aufgebaut, bietet sich hervorragend dazu an, einfach mal darin herumzublättern, kann aber auch von vorn bis hinten durchgelesen werden. Für Letzteres ist Ankowitsch mir persönlich jedoch ein wenig zu redundant, was jedoch auch einfach ein wenig an der Thematik liegt und zum Teil auch wieder durch den Unterhaltungswert der angenehm humorvollen Schilderung unterschiedlichster Probleme des Alltags und ihren besten Umgang damit wieder wettgemacht wird.

"Die Kunst, einfache Lösungen zu finden" schafft es, einige Denkanstöße zu geben, aber wie es bei solchen Büchern eben immer so ist, darf man natürlich nicht erwarten, die Ideallösung für seine individuellen Probleme serviert zu bekommen. Da ich das aber eh nicht erwartet habe, war dieser Ratgeber also ausnahmsweise mal wirklich lesenswert und unterhaltsam.

Bewertung vom 20.07.2018
A Stranger in the House
Lapena, Shari

A Stranger in the House


gut

In Shari Lapenas „A Stranger in the House“ geht es um das Ehepaar Karen und Tom Krupp. Sie beide sind glücklich miteinander, haben ein schönes Zuhause und ihr Leben verläuft allem Anschein nach in geregelten Bahnen. Doch mit einem Mal ändert sich alles. Als Tom nach Hause kommt, ist seine Ehefrau verschwunden und nach und nach entfaltet sich vor seinen Augen ein Kriminalfall, der größer ist als er je vermutet hätte. Irgendetwas spielt sich im Haus der Krupps ab und noch dazu hat jeder seine eigenen kleinen Geheimnisse. Alles dreht sich um die Frage, wem man da überhaupt noch vertrauen kann.

Zwar habe ich Shari Lapenas „The Couple Next Door“ nicht gelesen, aber ich habe viel Gutes davon gehört und war daher ziemlich gespannt auf „A Stranger in the House“. Auch die Prämisse hat mir gefallen. Insgesamt war es auch eine fesselnde Geschichte mit einigen unvorhersehbaren Wendungen und Überraschungen, die sich ziemlich schnell liest. Aber leider war es das dann auch fast schon für mich. Ich muss die Figuren eines Romans - oder eines Thrillers - nicht sympathisch finden, um ihre Story mit Spannung zu verfolgen, aber da sich die Geschichte in einem kleinen Rahmen abspielt und man jeden irgendwann verdächtigt, ist es etwas schade, wenn einem eigentlich alle Figuren relativ gleichgültig sind oder sie einen sogar durch ihre Naivität oder ihr zwischenmenschliches Verhalten aufregen.

Darüber hinaus war der Schreibstil relativ schwach, oft wiederholten sich Wörter und Phrasen in kurzen Abständen, und Dialoge wirkten zum Teil sehr gestelzt. Dazu kommt ein schwacher Mittelpart, in dem kaum etwas passiert. Das Ende hat mir zwar gefallen, kam aber etwas plötzlich und war für meinen Geschmack etwas zu kurz - die Fragen wirkten damit etwas lieblos aufgelöst.

Mein Fazit lautet daher: Auch wenn einige Erzählstränge dieses Thrillers nicht besonders originell wirkten und es für mich große Schwächen bei den Figuren gab, war es kein schlechtes Buch. Alles in allem fand ich die Dynamik und das Erzähltempo angemessen. Mir haben viele Ideen gefallen und es gab einige Wendepunkte, die mich überrascht haben. Aufgrund der anfangs hohen Erwartungen, fällt meine Bewertung jedoch insgesamt leider eher ernüchternd aus, da mich die Figuren nicht überzeugen konnten und es ruhig noch etwas spannender hätte sein dürfen.

Bewertung vom 01.07.2018
Die Schönheit der Nacht
George, Nina

Die Schönheit der Nacht


ausgezeichnet

Die Schönheit der Nacht ist eines dieser seltenen Bücher, die nach dem Zuklappen ein neues Buch in einem selbst aufschlagen. Nina George hat mich mit ihren poetischen und klugen Worten, ihrer Geschichte von der Pariser Verhaltensbiologin Claire und der jungen Julie, und dem Sommer in der Bretagne, der alles verändert, mitten ins Herz getroffen.

Nina George versteht es wie keine Zweite, weibliche Emotionen, Sehnsüchte, Stärken, Schwächen und Geheimnisse zu beschreiben - und das vor einer wunderschönen Kulisse, nämlich dem Meer. Immer wieder musste ich an das Buch „Das Erwachen“ von Kate Chopin denken, denn wie auch dort vereinen sich die Geheimnisse des Meers mit den geheimen Gedanken der Figuren, geben ihnen Kraft, symbolisieren alles was ist, was war und was sein könnte.

Es fällt mir außerordentlich schwer, meine Gedanken zu diesem Buch zusammenzufassen, weil die Worte mir immer noch nachhängen. Ich kann es nur jedem wirklich ans Herz legen. Ich möchte dieses Buch eigentlich jedem schenken, den ich kenne und ich hoffe, dass es viele werdende und gewordene Frauen so tief berührt und nachhaltig prägt wie mich.

Bewertung vom 30.05.2018
Der rote Swimmingpool
Buchholz, Natalie

Der rote Swimmingpool


sehr gut

Adams Familie ist perfekt. Seine Mutter ist wunderschön, sein Vater erfolgreich - Adam fühlt sich geliebt und ist glücklich darüber, dass seine Eltern eine so gute Beziehung führen. Doch plötzlich ändert sich alles und Adams heile Welt zerbricht. Durch zwei verschiedene Zeitstränge erfahren wir Stück für Stück vom großen Umbruch bzw. den Grund für den Bruch im Leben des jungen Adam und seine Folgen. Eine spannende Coming-of-Age Geschichte in einer Exploration von Gegensätzen - Liebe und Ablehnung, Schuld und Reue, Drama und Leichtigkeit.

„Der rote Swimmingpool“ ist ein Roman, dessen Fokus jedoch ganz klar auf den Figuren und auf ihren unterschiedlichen Lebensphasen und Situationen liegt bzw. der Art und Weise, wie die Figuren mit den Erfahrungen, die sie machen, umgehen. Dadurch werden diese vielschichtig und interessant. Feinsinnig und sprachlich unglaublich gewandt und clever, schafft Natalie Buchholz es, die großen Themen des Lebens in diese Geschichte hineinzuweben, die nichtsdestotrotz so kompakt bleibt, dass man sie an einem Tag verschlingen kann. Trotzdem - oder vielleicht auch aus genau diesem Grund - hat es bei mir nicht ganz geklickt. Ich hätte mir gewünscht, mehr von allem zu erfahren. Es gab einige Figuren, deren Motive ich nicht ganz verstanden habe, einige Szenen, die zu früh und abrupt endeten und insgesamt fühlte ich mich viel zu schnell aus Adams Leben wieder herausgerissen, um richtig in das Geschehen und in Adams Leben einzutauchen.

Doch das tut diesem interessanten Debütroman in meiner Gesamtwertung nicht allzu großen Abbruch, denn all die anderen genannten Aspekte haben mich durchaus überzeugt und mit großer Spannung hoffe ich auf weitere Romane von Natalie Buchholz.

Bewertung vom 19.05.2018
Wenn's einfach wär, würd's jeder machen / Hamburg-Reihe Bd.5
Hülsmann, Petra

Wenn's einfach wär, würd's jeder machen / Hamburg-Reihe Bd.5


ausgezeichnet

Annika Paulsen ist Lehrerin am Werther-Gymnasium in Hamburg. Hier unterrichtet sie Musik und Geographie. Das ist zwar nicht gerade ihr Plan A im Leben gewesen, aber trotzdem ist sie zufrieden: ihre Kollegen und Kolleginnen sind nett und sie ist beliebt bei den Schülern und Schülerinnen. Doch ausgerechnet an ihrem 27. Geburtstag bekommt sie die Nachricht, dass sie zeitweise an eine andere Schule versetzt wird - eine Brennpunktschule im absoluten Problembezirk. Annika fällt aus allen Wolken, als sie es mit Mobbing und Schülerinnen und Schülern zu tun hat, die kein Interesse am Unterricht haben. Für Annika gibt es nur ein Ziel: möglichst schnell wieder zurück an ihre alte Schule zu kommen. Dafür hat sie sich einen Plan ausgedacht. Sie gründet eine Musical AG, mit der sie den Hamburger Schultheaterpreis gewinnen will. Aber das ist alles schwieriger als gedacht und alleine kaum zu stemmen. Deshalb sucht sich Annika Hilfe bei ihrem ehemaligen Schwarm Tristan, der heute Theaterregisseur ist. Fortan geht es nicht nur auf der Bühne drunter und drüber, sondern auch in Annikas Privatleben.

Wer Petra Hülsmanns andere Romane mag, der wird auch „Wenn’s einfach wär, würd’s jeder machen“ mögen - so viel ist klar. Annika Paulsen ist wieder eine Identifikationsfigur, mit der wir mitleiden, mitlachen und mitfiebern können - auch (oder gerade weil?) sie etwas verschroben ist. Dazu kommt das sympathische Ensemble an Nebenfiguren: manchmal recht schrullig, aber immer sehr liebenswert und teilweise mit gleichermaßen lockeren wie auch klugen Sprüchen auf der Zunge.

Mir hat das Schul-Setting in diesem Buch auch besonders gut gefallen. Immer wieder werden auch aktuelle Probleme angesprochen und Themen berührt, die wichtig sind - und trotzdem bleibt die Geschichte mitreißend und lustig, was einfach auch Petra Hülsmanns schlagfertiger, einfühlsam und authentischer Stimme zu verdanken ist.

Natürlich weiß man bei einem Roman wie diesem schnell, wie er ausgehen wird, aber als Leser oder Leserin wird man hier dennoch mit Charakterentwicklungen, einigen kleinen Lebensweisheiten, jeder Menge Witz und einer Liebesgeschichte zum Wohlfühlen belohnt - aber es fehlte auch nicht an Drama und kleinen Twists, die das Lesen immer spannend und stellenweise wirklich emotional machten. Eine Lektüre, die man nicht aus der Hand legen mag.

Bewertung vom 29.04.2018
Der Zopf
Colombani, Laëtitia

Der Zopf


ausgezeichnet

Der Zopf von Laetitia Colombani ist einer kleiner Schatz. In diesem Roman geht es um das Leben dreier Frauen: Smita, Sarah und Giulia. Sie alle leben in unterschiedlichen Teilen der Welt (in Indien, Kanada und Italien), führen ein ganz unterschiedliches Leben und doch sind sie alle miteinander verbunden. Durch ihr Haar, aber auch durch ihre Stärke und die unbändige Willenskraft, ihr Schicksal zu meistern und ihren eigenen Weg zu gehen.

In diesen Roman sollte man sich einfach hineinwerfen, in den Bann ziehen und berühren lassen, ohne zuvor zu viel über den Inhalt zu wissen. Laetitia Colombani schreibt authentisch, bildhaft und spannend, und webt in einer wunderbaren, gleichzeitig bestürzenden und motivierenden Art und Weise die Geschichten der drei Frauen zusammen, legt die Erzählstränge vorsichtig übereinander wie Strähnen eines Zopfes. Ein tolles Debüt mit einer Geschichte, die noch lange nachhängt und zum Nachdenken anregt.

Bewertung vom 23.04.2018
Alles Begehren
Jones, Ruth

Alles Begehren


ausgezeichnet

Im Jahr 1985 lernte der damals 39-jährige und glücklich verheiratete Lehrer Callum die wilde, betörend attraktive und 17 Jahre jüngere Kate kennen - und fast hätte die gewaltige Anziehungskraft und das leidenschaftliche Begehren der beiden sein Leben zerstört. Rückblickend ein unglaublich beschämender Egotrip, der tiefe Furchen in seine Ehe gegraben hat. Doch trotz mehrerer gebrochener Herzen hat sich Callum für seine Familie entschieden, hart daran gearbeitet, dass einstige Vertrauen wieder aufzubauen und 17 Jahre lang sein gemeinsames Leben mit seiner Frau Belinda und ihren drei gemeinsamen Kindern gelebt.

Kate, inzwischen eine berühmte Schauspielerin, und ebenfalls Ehefrau und Mutter, hat es nach der Affäre nicht so leicht geschafft, über Callum hinwegzukommen. Und als sie 17 Jahre später gebeten wird, ihre alte Schule in Edinburgh zu besuchen, trifft sie nach all der Zeit wieder auf ihn. Und auch nach all der Zeit ist die zerstörerische Anziehungskraft zwischen den beiden nicht verschwunden.

Mein erster Gedanke nach ein paar Seiten des Buches war: Eine Geschichte über zwei Menschen, die fremdgehen und damit eine Ehe und Familie zerstören? Wie soll ich diese Geschichte mögen, wenn mir die Hauptfiguren von Grund auf so unsympathisch sind? Aber ich habe mich getäuscht. Schon ein paar weitere Seiten später konnte ich das Buch kaum noch aus der Hand legen. Nicht, weil ich Kate oder Callum sympathisch fand, sondern weil Ruth Jones sowohl mit den Haupt- als auch den Nebenfiguren fantastisch und bewundernswert runde, authentische Personen erschaffen hat, die zwar wirklich voller Fehler, aber dadurch auch sehr nahbar und menschlich sind. Vor allem aber beschönigt oder romantisiert Ruth Jones Fehlverhalten nicht, sondern beschreibt es in all seinen Konsequenzen - emotional, voller Witz und Weisheit, Leidenschaft, Traurigkeit, Liebe und Wärme.

„Alles Begehren“ von Ruth Jones ist ein Pageturner wie er im Buche steht, wunderbar und klug geschrieben, und mit großartigen, komplexen Figuren, die einen sogar in den Nebenhandlungssträngen die Seiten nur so verschlingen lassen.