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lustaufbuch

Bewertungen

Insgesamt 183 Bewertungen
Bewertung vom 27.02.2025
Auf den Spuren von Thomas Mann
Tarnowski, Wolfgang

Auf den Spuren von Thomas Mann


ausgezeichnet

Ihr mögt die Werke Thomas Manns und seid fasziniert von dieser mehr als nur außergewöhnlichen Familie?
Oder möchtet ihr euch erst noch mit dem Leben und Werk beschäftigen?
Ganz egal! Sofern ihr euch für Thomas Mann interessiert und z.B. beim nächsten Urlaub oder Städtetrip auf seinen Spuren wandeln wollt, um Orte seines Lebens aufzusuchen, bietet das Buch mit dem zielführenden Titel eine Art Kompass.
Es hält alles bereit – benötigtes Vorwissen und Adressen –, um sich auf die Spuren des geborenen Lübeckers zu begeben. Einen kurzen Abriss über die wichtigsten Stationen seines Lebens und seine bedeutendsten Werke sowie etliche Fotos diesbezüglich wichtiger Orte sind ebenfalls enthalten. Dabei sei anzumerken, dass nicht ausschließlich die bekannteren Fotografien abgedruckt sind, sondern auch einige, die selbst ich noch nicht kannte. Also wahrhaftig kleine Schätze.
Aber ein Gewinn ist das Buch durch dessen liebevolle und anschauliche Gestaltung sowieso!

Um den Titel alle Ehre zu machen, findet sich nach der in wichtige Stationen untergliederten Kurzbiografie, noch eine Zeittafel und anschließend eine Auflistung mehrerer Gedenkstätten, insbesondere Wohnhäuser und Archive, die Manns Leben geprägt haben oder am Leben halten und welche man noch heute besuchen oder gar besichtigen kann. Darunter bekanntere Erinnerungsorte wie das Thomas-Mann-Archiv der ETH Zürich, sein Wohnhaus sowie das Familiengrab in Kilchberg oder natürlich das Buddenbrookhaus in Lübeck.

Wer sich also im Jubiläumsjahr auf die Spuren von Thomas Mann begeben möchte, dem kann dieses Buch sicher ein hilfreicher Ratgeber sein! Aber auch unabhängig davon eignet es sich super als erste prägnante Biografie über den Nobelpreisträger von 1929!

Bewertung vom 27.02.2025
Thomas Mann - 1949
Marx , Friedhelm;Voloj, Julian

Thomas Mann - 1949


ausgezeichnet

»Ich kenne keine Zonen. Mein Besuch gilt Deutschland selbst, Deutschland als Ganzem, und keinem Besatzungsgebiet.«

Thomas Mann, der 1938 nach Amerika emigrierte, begab sich 1949 auf eine Europareise. 16 Jahre waren vergangen, seitdem er Deutschland verlassen hatte und nun führte ihn diese Reise durch mehrere deutsche Städte. Der Höhepunkt war jedoch die „Ansprache zum Goethejahr“, welche er am 25. Juli in der Frankfurter Paulskirche und am 1. August im Weimarer Nationaltheater hielt. Dabei wurde er durchaus bejubelt. Doch nicht von allen wurde sein Deutschlandbesuch positiv aufgefasst, besonders der Besuch beider Goethe-Städte wurde kritisiert. Dennoch ließ sich Thomas Mann nicht davon abbringen, schließlich gab es für ihn keine Zonen.
Dieser Graphic Novel, entstanden aus einer Zusammenarbeit des Autors Julian Voloj, der Illustratorin Magdalena Adomeit und dem Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Friedhelm Marx, entführt die Lesenden in das von Krieg zerstörte Deutschland im Jahr 1949 und schildert Eindrücke dieser Reise deutlich. Dabei gibt es gleich zu Beginn und auch während des Weiteren Verlaufs Rückblenden, die zwar anfangs etwas verwirren, aber unfassbar gut gelungen und sogleich notwendig sind, um die Hintergründe der Reise nachvollziehen zu können.
So erfährt man von Klaus Mann, der als Berichterstatter für die U.S. Army tätig war, dass die „Poschi“ – Manns Münchner Haus in der Poschingerstraße, welches zwanzig Jahre sein Zuhause war – während der Herrschaft der Nationalsozialisten beschlagnahmt und als sog. „Lebensborn“ missbraucht wurde. Auch die Fortsetzung der Reise, nachdem man über den Suizid des ältesten Sohnes informiert wurde, wird ebenfalls thematisiert.
Darüberhinaus findet auch die Wagner-Verehrung der Nationalsozialisten sowie Erika Manns Arbeit als Korrespondentin Erwähnung.

Eine wirklich tolle gelungene Graphic Novel, die mich sehr begeistert hat und hoffentlich vielen weiteren Lesenden Thomas Manns wichtigste Reise durch Deutschland näher bringt.

Bewertung vom 23.02.2025
Deutsche Ansprache. Ein Appell an die Vernunft. [Was bedeutet das alles?]
Mann, Thomas

Deutsche Ansprache. Ein Appell an die Vernunft. [Was bedeutet das alles?]


ausgezeichnet

»Wohin aber der Nationalsozialismus uns führen würde, das wissen wir aus dem einfachen Grunde nicht, weil er es selber nicht weiß - weshalb denn auch an der Aufrichtigkeit seines Willens zur Macht die Zweifel sich täglich verstärken.«

Es war der 17. Oktober im Berliner Beethoven-Saal. Der Ort, an dem Thomas Mann bereits acht Jahre zuvor seine Rede „Von deutscher Republik“ hielt und damit, nach seinen unsäglichen nationalen und antidemokratischen „Betrachtungen eines Unpolitischen“, sein Bekenntnis zur Weimarer Republik und somit zur Demokratie aussprach.
Nun folgte ein erneutes Bekenntnis und zwar ein noch deutlicheres gegen den Nationalsozialismus und für die Sozialdemokratie. Mit dieser Rede antwortete er öffentlich auf die Wahlen des Vormonats, bei welcher die NSDAP erstmals die zweitmeisten Stimmen erhielt und versuchte sich an einer Analyse für das rasante Erstarken des Faschismus.
Dabei war Manns Ansprache, wie Bisky es im Nachwort deutlich schreibt, „eine genaue Analyse des Moments“. Schließlich ging er so konkret wie selten zuvor auf das aktuelle Tagesgeschehen ein und endete seinen Appell mit klarer sozialdemokratischer Überzeugung!

Doch nicht nur 20 SA-Männer, getarnt in Abendgarderobe, sondern auch einige Schriftsteller, darunter Ernst Jünger oder Arnolt Bronnen, störten diesen Vortrag massiv durch Zwischenrufe! Der Fakt, dass sich Jünger nie dazu geäußert hat, untermauert seinen fragwürdigen Charakter nur noch mehr. Trotz aller Störungen brach Thomas Mann seinen Vortag nicht ab!
Sein Freund, der Dirigent Bruno Walter, brachte ihn nach dessen Beendigung sicher davon.

Da ich diese Ausgabe gar nicht auf dem Schirm hatte, bin ich dem Verlag umso dankbarer, dass er die Aktualität der Rede erkannt und sie, durch Anmerkungen und ein Nachwort des Herausgebers Jens Bisky ergänzt, nun herausgegeben und mir unerwarteterweise ein Exemplar davon zugeschickt hat.

Bewertung vom 23.02.2025
Mai 1945: Das absurde Ende des 'Dritten Reiches'
Paul, Gerhard

Mai 1945: Das absurde Ende des 'Dritten Reiches'


sehr gut

»Als einige englische Soldaten dann unsere Fahne vom Dach holten, begriffen wir, dass das ›Dritte Reich‹ nun tatsächlich zu Ende war.«

Am 8. Mai 1945 erfolgte die bedingungslose Kapitulation, doch das ›Dritte Reich‹ unter der Nachfolgeregierung des Großadmirals Karl Dönitz blieb noch einige Tage, bis zum 23. Mai, bestehen. Dieser Tag markierte, mit der Verhaftung von 420 Mitglieder dieser Regierung sowie etwa 5000 Wehrmachtssoldaten durch die Briten, das Ende.

Doch was genau zwischen Hitlers Selbstmord, der Kapitulation und dem 23. Mai geschah, dem widmet sich der Historiker Gerhard Paul in diesem Buch.
Es war eine Zeit großen Umbruchs. Nicht wenige wechselten ihre Identitäten, während andere Suizid begingen, darunter Goebbels, der gemäß Hitlers Testament als neuer Reichskanzler vorgesehen war.
Trotz Verbots aller nationalsozialistischen Symbole und Hitlers Tod, blieben Hakenkreuz und Hitlergruß fester Bestandteil.
Dabei verlegten sich die Dienstsitze der Regierung nach Flensburg, insbesondere auf das Gelände der Marinekriegsschule des Stadtteils Mürwik.
Auch wenn man anderes vermutet, gab es nach der Kapitulation weiterhin viele Ermordungen, auch von Soldaten innerhalb der eigenen Reihen, da diese ihren Dienst, anders als ihre Befehlshaber, bereits als beendet sahen.
Und was passierte eigentlich mit den unendlich vielen Waffen zu Ende des Zweiten Weltkriegs? Teilweise wurden diese, von den Deutschen und später den Briten, einfach in Gewässern, besonders in der Ostsee, versenkt. Nach einer Schätzung des Umweltbundesamts befinden sich noch immer mehr als 1,6 Millionen Tonnen konventioneller Munition und 5000 Tonnen chemischer Kampfstoffe in der Nord- und Ostsee und stellen eine große Gefahr dar!

Anfangs war mir das Buch teils zu detailliert, zu ausschweifend und etwas zu trocken, doch je mehr ich davon las, desto interessanter empfand ich die jeweils genauer beleuchteten Episoden und konnte neben vielen interessanten Fakten noch einiges lernen, was mir so noch nicht bekannt war!

Bewertung vom 09.02.2025
Fun
Felsenheimer, Bela B

Fun


ausgezeichnet

»Unser freier Raum ohne Konventionen und Gesetze funktioniert nur, wenn keiner von ihm weiß«

Bereits während der wenigen Seiten des Prologs überkommt einen ein mulmiges Gefühl, es wird klar, in welche Richtung der Roman zielt und es erinnert deutlich an Rammstein. Dennoch soll der Roman, auch wenn es wirklich viele entsprechende Parallelen, wie z.B. die lyrisch, düsteren Texte, ein orchestrales Intro oder die Rekrutierung von Frauen, gibt, nicht ausschließlich auf diese Band zurückzuführen.
Vielmehr beschäftigt sich dieser mit dem Machtmissbrauch in der Musikindustrie und wie z.B. das, was auf AfterShow-Partys passiert, geheim halten werden soll.

Im Wesentlichen geht es auch um allgemeine patriarchale Strukturen, die überall zu finden sind. Dies macht der Autor deutlich, indem er neben der Rockband eine Familie in das Setting des Romans platziert, die teilweise mit den Musikern aufeinandertrifft und andererseits der Familienvater selbst seine Machtposition ausnutzt. Zudem wird deutlich wie aus anfangs einvernehmlichen Handlungen plötzlich solche werden, die es nicht mehr sind und wie schwierig es für Betroffene ist, damit umzugehen, geschweige denn dagegen vorzugehen.
Noch dazu werden wir mit misogynen Polizisten konfrontiert, die lieber – da sie selbst Fans sind – mit der Band Fotos machen und sich auf die Gästeliste setzen lassen, anstatt die Anliegen der Betroffenen ernst zu nehmen.
Nichts wird beschönigt, vielmehr ist es inhaltlich wirklich krass und nicht leicht zu lesen!
Bela B. selbst sagte in einem Spiegel-Interview (Nr. 5/ 2025) über solchen Machtmissbrauch auf Konzerten, dass man es hätte entdecken können, wenn man hätte hinschauen wollen.

Einzig mit den häufigen Perspektivwechseln und den vielen Namen der Band sowie der Crew, hatte ich einige Probleme und wusste öfters nicht, wer jetzt welche Position inne hat. Darüber hinaus hätte ich mir das Ende nicht allzu offen gewünscht.
Trotz der Kritikpunkte ist es ein wichtiger Roman, der unbedingt gelesen werden sollte!!!

»FUN! Ganz egal, wie hoch der Preis ist, den andere dafür zahlen.«

Bewertung vom 09.02.2025
Das Höcker-Album

Das Höcker-Album


ausgezeichnet

Wir sehen Bilder von lachenden Menschen, Männern in SS-Uniformen und schick angezogene Frauen. Genüsslich werden Blaubeeren gegessen oder die Zeit auf der sog. „Solahütte“ genossen. Auch Höckers liebevoller Umgang mit seinem Schäferhund „Favorit“ ist in diesem Album zu sehen.
Es ist schön, Menschen in so einer gemütsvollen Runde zu sehen. Betrachtet man jedoch den Hintergrund dieser Fotografien und das, was direkt nebenan passierte, so wirken diese einfach nur absurd und wie ein Hohngelächter. Noch dazu erschaudert man beim Betrachten dieser Fotos geradezu!
Wie konnten diese Menschen sich so fröhlich amüsieren, während von ihnen gleichzeitig solche Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt wurden?
Zudem reden hier von NS-Größen, wie dem Lagerarzt Josef Mengele oder Rudolf Höß.

Der Kern dieses Buchs ist zwar das erst 2006 veröffentlichte Höcker-Album, doch wird dieses, um ein besseres Verständnis und die nötigen Hintergrundinformationen zu erlangen, durch einige eindringliche Aufsätze ergänzt.
Einer davon beschäftigt sich mit der Leben Karl Höckers und der Geschichte dieses Albums, während ein anderer explizit die Entwicklung Auschwitz’ zu einem Vernichtungslager aufzeichnet und sich dabei dem Prozess der Vergasung und dem (Auf-)Bau dieser Kammern widmet.
Im letzten Text befasst sich Tilman Taube mit der Rolle seines Großvaters, der ebenfalls auf den Bildern zu sehen ist.

Die Lektüre war bedrückend, wie es nur wenige Bücher sind und noch dazu habe ich lange dafür gebraucht, weil man diese Texte und Fotos auf sich wirken lassen muss, auch wenn alles bekannt ist.
Umso wichtiger, sich dieser Grausamkeiten immer bewusst zu sein und sich hin und wieder selbst damit zu beschäftigen und zu konfrontieren.
Es ist so absurd, dass es gar nicht wahr sein kann – doch leider ist es das.
Ganz sicher werde ich diese Bilder und die Lektüre nicht mehr vergessen!

Bewertung vom 29.01.2025
Unsere kleine Welt
Arenz, Ewald;Arenz, Sigrun;Arenz, Helwig

Unsere kleine Welt


ausgezeichnet

»Wenn es so weitergeht, bleibt mir irgendwann nur noch die Familie.«

Was wäre man ohne Familie? Für viele ein Albtraum. Doch auch der Alltag mit der Familie ist oftmals nicht eben einfach, manchmal anstrengend und nervenaufreibend. Andererseits fühlt man sich nicht selten wie in einer Sitcom gefangen und fragt sich, unauffällig den Raum absuchend, wo denn die Kameras seien?

Solche Situationen schildern die drei der Geschwister Ewald, Sigrun und Helwig Arenz in diesem Buch auf amüsante und unterhaltsame Weise.
Es geht um Umzüge, unerwartet kuriose Geschenke, mit denen man konfrontiert wird und ratlos ist sowie die Frankfurter Buchmesse. Auch die wahre Bedeutung des sog. „Fastenbrechens“ wird wortwörtlich herausgefunden.
Pannen des Alltags und nicht ausschließlich kommunikative Schwierigkeiten innerhalb der Familie sind garantiert!
Die Figuren Heinrich, Katharina und Jörg sind dabei Alter Egos der drei Autor*innen.

Diese kurzen Kolumnen umfassen meist nicht mehr als drei Seiten, beginnen langsam und finden ein pointiertes Ende.
Nicht nur deshalb ist es die perfekte Lektüre für zwischendurch. Diese knappen Episoden helfen auch alle Gedanken, u.a. an die schrecklichen Geschehnisse, die sich tagtäglich ereignen, für eine kurze Zeit vergessen zu können.
Darüberhinaus stehen die Geschichten der Geschwister einander in nichts nach, sondern sind allesamt gleichermaßen unterhaltsam.

Bewertung vom 29.01.2025
Deutsche Hörer!
Mann, Thomas

Deutsche Hörer!


ausgezeichnet

»Deutsche, ihr sollt es wissen.«

In insgesamt 59 Rundfunkansprachen, die zwischen Oktober 1940 und November 1945 gesendet wurden, sprach der emigrierte Nobelpreisträger Thomas Mann aus seinem amerikanischen Exil direkt zu den deutschen Hörern und leistete damit wichtige Aufklärungsarbeit.
Dabei zeigt er sich von einer ganz anderen Seite – er ist direkter als je zuvor, lässt seiner Wut teils freien Lauf und scheut sich auch nicht vor beschimpfenden Worten über NS-Größen. Noch dazu sind diese Reden persönlicher, schließlich richten sie sich – als eine Stimme der Vernunft – direkt an die deutschen Bürger und ab der fünften Sendung, im März 1941, sprach er diese sogar selbst ein.
Thomas Mann berichtete über das Ausmaß der Zerstörung, warnte und klärte über Kriegsverbrechen, den Holocaust, Bombardements und Aktionen des Widerstands auf. Seine antifaschistische Haltung und sein Widerstand waren einzigartig und gab es in dieser Form kein zweites Mal von anderen Emigranten! Unter dem Gesichtspunkt, dass er diese Reden nicht hätte schreiben müssen – er war privilegierter als die allermeisten –, sondern er sich freiwillig engagierte und sich deutlich gegen Hitler und den gesamten Nationalsozialismus stellte, ist beachtenswert!
Während er in den ersten Reden noch strikt zwischen den Deutschen und den Nationalsozialisten differenzierte, schwächt diese Trennung im Verlauf der Zeit vermehrt ab.

Doch was interessieren uns heute noch diese Reden, fragt man sich. Sie bieten nicht nur in Zeiten des aufkommenden Hasses leider wieder aktuelle Parallelen, sondern widerlegen ebenfalls die oft verwendete Ausrede, dass man davon ja nichts wusste.

Diese Radioansprachen sind ein ganz besonderes Dokument, welche in dieser Ausgabe durch ein Vor- und ein Nachwort von Mely Kiyak auf den Punkt gebracht ergänzt werden und eine unbedingte Leseempfehlung sind!

Bewertung vom 16.01.2025
Heimweh im Paradies
Mittelmeier, Martin

Heimweh im Paradies


sehr gut

»Zuhause ist, wo er schreiben kann.«

Martin Mittermeier nimmt uns mit auf eine Reise ins amerikanische Exil Thomas Manns. Genauer gesagt von 1938 bis zu seiner Rückkehr nach Europa.

Wie lebt man im Exil, so fernab der eigentlichen Heimat, umgeben von einer ganz anderen Kultur? Konnte Thomas Mann sich mit diesen Umständen arrangieren und seinem gewohnten Schreibrhythmus nachgehen?
Immerhin haben sich einige befreundete Schriftsteller und andere bekannte Persönlichkeiten in unmittelbarer Umgebung niedergelassen. Kontakte auf geistiger Augenhöhe waren somit allemal geboten!

In Mittelmeiers Buch begegnet man auch anderen Schriftstellern wie Franz Werfel, Alfred Döblin, Lion Feuchtwanger oder Bertolt Brecht. Dementsprechend liegt der Schwerpunkt zwar auf Thomas Mann – vom Autor als König der Emigranten bezeichnet –, dennoch wird das Leben im amerikanischen Exil grundsätzlich beschrieben und beschränkt sich nicht nur auf ihn.
Sie alle haben ihre Heimat verloren und mal mehr und mal weniger eine neue gefunden, doch bedrücken die allgegenwärtigen Auswirkungen des Dritten Reichs alle.

Auch als der Krieg nun vorbei war, wusste er, dass er nie wieder dauerhaft nach Deutschland zurückkehren wird. So fand er seine letzte Stätte in der benachbarten Schweiz, die ihm schon zu Beginn seines Exils, ein Zuhause war:
»Deutschland hat er ja in sich, das äußere erträgt er nicht.«

Natürlich finden auch die Werke, an denen Mann zur jeweiligen Zeit aktuell geschriebene hat, Erwähnung.
Es geht u.a. über den vierten Band der Joseph-Tetralogie, den „Erwählten“, aber besonders um den „Doktor Faustus“ und sein diesbezügliches Verhältnis zu Adorno und Schönberg.

Zu Beginn empfand ich das Buch manchmal zu langatmig und zu abschweifend, doch je mehr ich las, desto besser gefiel es mir, auch wenn es von einer sprunghaften Dynamik bestimmt wurde. Zwischen mal humorvollen und dann wieder ernsteren Abschnitten wechselnd, erzählt Martin Mittelmeier eine punktuelle biografische Annäherung Thomas Manns, ausgehend von seinen amerikanischen Jahren.

Bewertung vom 16.01.2025
Für Polina
Würger, Takis

Für Polina


ausgezeichnet

»Ich dachte immer, du bist der eine Mensch, bei dem es keine Lügen gibt«

Erst zwölf Tage des Jahres waren verstrichen, als ich diesen Roman beendete und trotzdem wusste ich schon während der Lektüre, dass es für sämtliche andere Bücher, die ich dieses Jahr noch lesen werde, äußerst schwer werden wird, diesen Roman – in jeglicher Hinsicht – zu überbieten.
Ich habe auch die bisherigen vier Bücher von Takis Würger gelesen, mochte sie allesamt gerne und freute mich dementsprechend auf seinen neuen Roman, doch was mich erwarten würde, damit hätte ich wirklich nicht gerechnet!

Hannes Prager ist verliebt in Polina, doch möchte er ihre Freundschaft nicht aufs Spiel setzen, noch dazu schwärmt sie ständig von anderen Jungs. Um ihr dennoch seine Gefühle zu offenbaren spielt er ihr eine Melodie auf dem Klavier vor. Als jedoch kurz darauf seine Mutter bei einem Unfall verstirbt, überlässt Hannes seine Leidenschaft des Klavierspielens der Vergangenheit.
Noch dazu trennen die Wege des Erwachsenwerdens beide immer mehr voneinander, obwohl sie sich mehr bräuchten, als sie es sich selbst eingestehen möchten.
Einige Jahre vergehen und Hannes überdenkt sein Leben. Er realisiert, dass er alles, was ihm wirklich wichtig war, verloren hat – Polina und seine Liebe zur Musik.
Eine bewegende Liebesgeschichte über Verfehlungen, das Missachten bestimmter Zeichen und über all das, was im Leben wirklich wichtig ist.
Zugleich eine Liebeserklärung an die Schönheit und Kraft der Musik!

Während des Lesen habe ich mir gewünscht, dass keiner außer mir diesen Roman je lesen würde, weil er mich so berührt hat. Es sollte etwas persönliches sein. Und doch wünsche ich jetzt, dass es die ganze Welt liest, weil Würgers großartiger und bisher bester Roman kein egoistisches Gehabe braucht, sondern unzählige Leser!

Wenn ihr, nur um ein paar Referenzen zu nennen, die Bücher von Benedict Wells, Ewald Arenz oder den Roman „Der Gesang der Flusskrebse“ von Delia Owens mögt, dann lest – nein, ich kann es nicht anders sagen: ihr müsst – dieses Buch lesen!!!