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lustaufbuch

Bewertungen

Insgesamt 186 Bewertungen
Bewertung vom 26.03.2025
Amerikas unwahrscheinlicher Sieg
Bremm, Klaus-Jürgen

Amerikas unwahrscheinlicher Sieg


sehr gut

„We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness.“

Der Beginn der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten vom 04. Juli 1776 ist neben der sog. Boston Tea Party das einzige, was ich noch aus meiner Schulzeit über die Entstehung der Vereinigten Staaten von Amerika wusste. Anlass genug, um sich mit dem Buch tiefer in das Geschehen der Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg zu begeben.
Wie komplex die vielen Auseinandersetzungen, Angriffe und Belagerungen zwischen den dreizehn Kolonien und der britischen Kolonialmacht innerhalb des acht Jahre währenden Kriegs waren, war mir nicht bewusst. Mit fortschreitender Lektüre entstehen dann auch vermehrt Parallelen zu anderen gleichzeitig stattfindenden gesellschaftlichen Ereignissen.
Zudem erfährt man neben dem Kriegsgeschehen auch einiges über die wichtigsten Gründerväter der USA.

Auf jeden Fall ist es geglückt, mehr über diese spannende Thematik und Amerikas Weg zur Unabhängigkeit zu erfahren. Dennoch war das Buch zugleich eine relativ anspruchsvolle Lektüre, insbesondere wenn man sich noch so gar nicht mit den Ereignissen auskennt.
Gleich der Anfang hat mich überfordert, da mir die vielen Namen großteils noch überhaupt nichts gesagt haben und das Buch direkt ins Geschehen eingestiegen ist.
Das soll nicht heißen, dass es kein gutes Buch war, ganz und gar nicht. Es ist bloß für Laien, wie ich es einer bin, bedingt zu empfehlen, da ein gewisses Vorwissen durchaus von Vorteil ist.

Auch wenn das Buch mich wirklich gefordert hat, gibt es wahrscheinlich kein besseres und detailliertes Überblicksbuch über Amerikas Weg zur Unabhängigkeit, welches ergänzend noch einige Bilder der wichtigsten Ereignisse enthält.

Bewertung vom 17.03.2025
Air
Kracht, Christian

Air


sehr gut

»Weißt Du, wer alle Dinge in seinem eigenen Selbst sieht, und sein eigenes Selbst in allen Dingen, der verliert alle Furcht.«

Christian Kracht ist einer der Autoren, dessen Bücher ich langsam, Satz für Satz, lese, um keines der vielen versteckten Details zu überlesen. So auch bei diesem Roman.
Es beginnt mit Paul, einem Schweizer Dekorateur, der eigentlich Wohnungen einrichtet, damit sich diese besser verkaufen lassen. Doch als er von seinem Lieblingsmagazin Kūki einen Auftrag bekommt, der darin besteht das perfekte, das einmalige Weiß zu finden, begibt er sich auf eine Reise nach Norwegen, die ganz anders endet, als er es erwartet hätte.
Für nichts anderes als für ein riesiges Data Center soll er den gewünschten Farbton finden. Also fährt er mit Cohen, dem Verleger der Zeitschrift, dorthin.
Eine außergewöhnliche Sonneneruption, dessen Strahlung einige Minuten später die Erde erreichte, löste in den Datenbanken, in denen Paul sich eben befand, einen Stromausfall aus. Kurz darauf war er nicht mehr da.
Er findet sich in einer ganz anderen Welt wieder, in der er gleich zu Beginn fast erschossen wird.

Krachts neuer Roman ist eine absurde Reise in andere Welten, in dem einige Motive, wie ein ominöses Ölgemälde oder die Zeitschrift Kūki, die gleich zu Beginn eindrücklich beschrieben werden und neugierig machen, was noch kommen wird, eine besondere Rolle spielen.
Anfangs fühlt man sich etwas verloren und muss sich zuerst noch orientieren, doch mit der Zeit erschließt sich immer mehr ein Gesamtbild, auch wenn am Ende noch einige Fragen, besonders solche die jegliche Vorstellungskraft überschreiten, übrig bleiben. Doch genau das macht den Reiz an dem Buch aus und ist definitiv eine Stärke, neben dem bewussten Stil.
Gerne wäre ich noch länger in der Welt verblieben, die Kracht in diesem Buch erschaffen hat.

Letztlich ist es jedoch fast unmöglich diesem Roman durch eine Rezension ansatzweise gerecht zu werden, man muss ihn selbst lesen und sich seine eigene Meinung dazu bilden.

Bewertung vom 17.03.2025
Gunzenhausen
de Moor, Piet

Gunzenhausen


ausgezeichnet

»Ich bin J.D. Salinger. Ich wurde am 1. Januar 1919 in New York geboren. Ich bin Amerikaner, fünfundzwanzig Jahre alt.«

Der Autor Piet de Moor wagt sich an eine fiktive Autobiografie über J.D. Salinger, welche sich jedoch überwiegend mit seiner Zeit als Geheimdienstoffizier im fränkischen Gunzenhausen beschäftigt. Dort wird er mit Bürgern konfrontiert, die jegliche Schuld und alles Wissen über die Verbrechen während des Dritten Reichs von sich weisen. Salinger verzweifelt daran und kann es nicht fassen. Er weiß, zu welchen Taten die Deutschen fähig waren, schließlich sah er es mit eigenen Augen.

In diesem Buch geht es um viele Liebschaften aus dem Leben des Schriftstellers, besonders um eine Beziehung zu Oona O‘Neill, welche ihn für Charlie Chaplin – in ihren Augen die bessere Wahl – verließ und Sylvia, die er in Gunzenhausen kennenlernte und später heiratete.
Dabei sind unzählige weitere sog. Fraternisierung mit deutschen Frauen mehr als fragwürdig. Gleichfalls werden Salinger höchst misogyne Ansichten angedichtet, die ihn nicht eben als sympathischen Zeitgenossen erscheinen lassen, sondern viel mehr als narzisstischen und neurotischen Exzentriker.
Viele Zweifel plagen ihn, über sich selbst, sein Leben und Verhalten anderen gegenüber, aber auch über den Krieg.
Dabei kommt er oft sehr nachdenklich und verletzlich rüber und denkt über sein Buch „Der Fänger im Roggen“ nach.

Der dritte Teil des Buches fungiert abschließend als großer Rückblick auf das Leben des mittlerweile einundneunzigjährigen Salingers.

Ich bin mir sicher, dass dieses Buch nicht für jeden etwas ist, da man sich auf die Atmosphäre einlassen und die vielen Anekdoten wirken lassen muss. Für mich war es aber ein besonderes Buch, das selbst den Rang eines Klassikers verdient hätte. Man bekommt ein eindrückliches Bild von Gunzenhausen, kurz nach der deutschen Kapitulation.
Was jedoch Fiktion und was Wahrheit ist, kann ich nicht beurteilen, da mir dafür schlichtweg die benötigten Kenntnisse fehlen.

»Ich stelle nur fest, dass die Deutschen ihre Vergangenheit so schnell wie möglich begraben möchten.«

Bewertung vom 27.02.2025
Auf den Spuren von Thomas Mann
Tarnowski, Wolfgang

Auf den Spuren von Thomas Mann


ausgezeichnet

Ihr mögt die Werke Thomas Manns und seid fasziniert von dieser mehr als nur außergewöhnlichen Familie?
Oder möchtet ihr euch erst noch mit dem Leben und Werk beschäftigen?
Ganz egal! Sofern ihr euch für Thomas Mann interessiert und z.B. beim nächsten Urlaub oder Städtetrip auf seinen Spuren wandeln wollt, um Orte seines Lebens aufzusuchen, bietet das Buch mit dem zielführenden Titel eine Art Kompass.
Es hält alles bereit – benötigtes Vorwissen und Adressen –, um sich auf die Spuren des geborenen Lübeckers zu begeben. Einen kurzen Abriss über die wichtigsten Stationen seines Lebens und seine bedeutendsten Werke sowie etliche Fotos diesbezüglich wichtiger Orte sind ebenfalls enthalten. Dabei sei anzumerken, dass nicht ausschließlich die bekannteren Fotografien abgedruckt sind, sondern auch einige, die selbst ich noch nicht kannte. Also wahrhaftig kleine Schätze.
Aber ein Gewinn ist das Buch durch dessen liebevolle und anschauliche Gestaltung sowieso!

Um den Titel alle Ehre zu machen, findet sich nach der in wichtige Stationen untergliederten Kurzbiografie, noch eine Zeittafel und anschließend eine Auflistung mehrerer Gedenkstätten, insbesondere Wohnhäuser und Archive, die Manns Leben geprägt haben oder am Leben halten und welche man noch heute besuchen oder gar besichtigen kann. Darunter bekanntere Erinnerungsorte wie das Thomas-Mann-Archiv der ETH Zürich, sein Wohnhaus sowie das Familiengrab in Kilchberg oder natürlich das Buddenbrookhaus in Lübeck.

Wer sich also im Jubiläumsjahr auf die Spuren von Thomas Mann begeben möchte, dem kann dieses Buch sicher ein hilfreicher Ratgeber sein! Aber auch unabhängig davon eignet es sich super als erste prägnante Biografie über den Nobelpreisträger von 1929!

Bewertung vom 27.02.2025
Thomas Mann - 1949
Marx , Friedhelm;Voloj, Julian

Thomas Mann - 1949


ausgezeichnet

»Ich kenne keine Zonen. Mein Besuch gilt Deutschland selbst, Deutschland als Ganzem, und keinem Besatzungsgebiet.«

Thomas Mann, der 1938 nach Amerika emigrierte, begab sich 1949 auf eine Europareise. 16 Jahre waren vergangen, seitdem er Deutschland verlassen hatte und nun führte ihn diese Reise durch mehrere deutsche Städte. Der Höhepunkt war jedoch die „Ansprache zum Goethejahr“, welche er am 25. Juli in der Frankfurter Paulskirche und am 1. August im Weimarer Nationaltheater hielt. Dabei wurde er durchaus bejubelt. Doch nicht von allen wurde sein Deutschlandbesuch positiv aufgefasst, besonders der Besuch beider Goethe-Städte wurde kritisiert. Dennoch ließ sich Thomas Mann nicht davon abbringen, schließlich gab es für ihn keine Zonen.
Dieser Graphic Novel, entstanden aus einer Zusammenarbeit des Autors Julian Voloj, der Illustratorin Magdalena Adomeit und dem Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Friedhelm Marx, entführt die Lesenden in das von Krieg zerstörte Deutschland im Jahr 1949 und schildert Eindrücke dieser Reise deutlich. Dabei gibt es gleich zu Beginn und auch während des Weiteren Verlaufs Rückblenden, die zwar anfangs etwas verwirren, aber unfassbar gut gelungen und sogleich notwendig sind, um die Hintergründe der Reise nachvollziehen zu können.
So erfährt man von Klaus Mann, der als Berichterstatter für die U.S. Army tätig war, dass die „Poschi“ – Manns Münchner Haus in der Poschingerstraße, welches zwanzig Jahre sein Zuhause war – während der Herrschaft der Nationalsozialisten beschlagnahmt und als sog. „Lebensborn“ missbraucht wurde. Auch die Fortsetzung der Reise, nachdem man über den Suizid des ältesten Sohnes informiert wurde, wird ebenfalls thematisiert.
Darüberhinaus findet auch die Wagner-Verehrung der Nationalsozialisten sowie Erika Manns Arbeit als Korrespondentin Erwähnung.

Eine wirklich tolle gelungene Graphic Novel, die mich sehr begeistert hat und hoffentlich vielen weiteren Lesenden Thomas Manns wichtigste Reise durch Deutschland näher bringt.

Bewertung vom 23.02.2025
Deutsche Ansprache. Ein Appell an die Vernunft. [Was bedeutet das alles?]
Mann, Thomas

Deutsche Ansprache. Ein Appell an die Vernunft. [Was bedeutet das alles?]


ausgezeichnet

»Wohin aber der Nationalsozialismus uns führen würde, das wissen wir aus dem einfachen Grunde nicht, weil er es selber nicht weiß - weshalb denn auch an der Aufrichtigkeit seines Willens zur Macht die Zweifel sich täglich verstärken.«

Es war der 17. Oktober im Berliner Beethoven-Saal. Der Ort, an dem Thomas Mann bereits acht Jahre zuvor seine Rede „Von deutscher Republik“ hielt und damit, nach seinen unsäglichen nationalen und antidemokratischen „Betrachtungen eines Unpolitischen“, sein Bekenntnis zur Weimarer Republik und somit zur Demokratie aussprach.
Nun folgte ein erneutes Bekenntnis und zwar ein noch deutlicheres gegen den Nationalsozialismus und für die Sozialdemokratie. Mit dieser Rede antwortete er öffentlich auf die Wahlen des Vormonats, bei welcher die NSDAP erstmals die zweitmeisten Stimmen erhielt und versuchte sich an einer Analyse für das rasante Erstarken des Faschismus.
Dabei war Manns Ansprache, wie Bisky es im Nachwort deutlich schreibt, „eine genaue Analyse des Moments“. Schließlich ging er so konkret wie selten zuvor auf das aktuelle Tagesgeschehen ein und endete seinen Appell mit klarer sozialdemokratischer Überzeugung!

Doch nicht nur 20 SA-Männer, getarnt in Abendgarderobe, sondern auch einige Schriftsteller, darunter Ernst Jünger oder Arnolt Bronnen, störten diesen Vortrag massiv durch Zwischenrufe! Der Fakt, dass sich Jünger nie dazu geäußert hat, untermauert seinen fragwürdigen Charakter nur noch mehr. Trotz aller Störungen brach Thomas Mann seinen Vortag nicht ab!
Sein Freund, der Dirigent Bruno Walter, brachte ihn nach dessen Beendigung sicher davon.

Da ich diese Ausgabe gar nicht auf dem Schirm hatte, bin ich dem Verlag umso dankbarer, dass er die Aktualität der Rede erkannt und sie, durch Anmerkungen und ein Nachwort des Herausgebers Jens Bisky ergänzt, nun herausgegeben und mir unerwarteterweise ein Exemplar davon zugeschickt hat.

Bewertung vom 23.02.2025
Mai 1945: Das absurde Ende des 'Dritten Reiches'
Paul, Gerhard

Mai 1945: Das absurde Ende des 'Dritten Reiches'


sehr gut

»Als einige englische Soldaten dann unsere Fahne vom Dach holten, begriffen wir, dass das ›Dritte Reich‹ nun tatsächlich zu Ende war.«

Am 8. Mai 1945 erfolgte die bedingungslose Kapitulation, doch das ›Dritte Reich‹ unter der Nachfolgeregierung des Großadmirals Karl Dönitz blieb noch einige Tage, bis zum 23. Mai, bestehen. Dieser Tag markierte, mit der Verhaftung von 420 Mitglieder dieser Regierung sowie etwa 5000 Wehrmachtssoldaten durch die Briten, das Ende.

Doch was genau zwischen Hitlers Selbstmord, der Kapitulation und dem 23. Mai geschah, dem widmet sich der Historiker Gerhard Paul in diesem Buch.
Es war eine Zeit großen Umbruchs. Nicht wenige wechselten ihre Identitäten, während andere Suizid begingen, darunter Goebbels, der gemäß Hitlers Testament als neuer Reichskanzler vorgesehen war.
Trotz Verbots aller nationalsozialistischen Symbole und Hitlers Tod, blieben Hakenkreuz und Hitlergruß fester Bestandteil.
Dabei verlegten sich die Dienstsitze der Regierung nach Flensburg, insbesondere auf das Gelände der Marinekriegsschule des Stadtteils Mürwik.
Auch wenn man anderes vermutet, gab es nach der Kapitulation weiterhin viele Ermordungen, auch von Soldaten innerhalb der eigenen Reihen, da diese ihren Dienst, anders als ihre Befehlshaber, bereits als beendet sahen.
Und was passierte eigentlich mit den unendlich vielen Waffen zu Ende des Zweiten Weltkriegs? Teilweise wurden diese, von den Deutschen und später den Briten, einfach in Gewässern, besonders in der Ostsee, versenkt. Nach einer Schätzung des Umweltbundesamts befinden sich noch immer mehr als 1,6 Millionen Tonnen konventioneller Munition und 5000 Tonnen chemischer Kampfstoffe in der Nord- und Ostsee und stellen eine große Gefahr dar!

Anfangs war mir das Buch teils zu detailliert, zu ausschweifend und etwas zu trocken, doch je mehr ich davon las, desto interessanter empfand ich die jeweils genauer beleuchteten Episoden und konnte neben vielen interessanten Fakten noch einiges lernen, was mir so noch nicht bekannt war!

Bewertung vom 09.02.2025
Fun
Felsenheimer, Bela B

Fun


ausgezeichnet

»Unser freier Raum ohne Konventionen und Gesetze funktioniert nur, wenn keiner von ihm weiß«

Bereits während der wenigen Seiten des Prologs überkommt einen ein mulmiges Gefühl, es wird klar, in welche Richtung der Roman zielt und es erinnert deutlich an Rammstein. Dennoch soll der Roman, auch wenn es wirklich viele entsprechende Parallelen, wie z.B. die lyrisch, düsteren Texte, ein orchestrales Intro oder die Rekrutierung von Frauen, gibt, nicht ausschließlich auf diese Band zurückzuführen.
Vielmehr beschäftigt sich dieser mit dem Machtmissbrauch in der Musikindustrie und wie z.B. das, was auf AfterShow-Partys passiert, geheim halten werden soll.

Im Wesentlichen geht es auch um allgemeine patriarchale Strukturen, die überall zu finden sind. Dies macht der Autor deutlich, indem er neben der Rockband eine Familie in das Setting des Romans platziert, die teilweise mit den Musikern aufeinandertrifft und andererseits der Familienvater selbst seine Machtposition ausnutzt. Zudem wird deutlich wie aus anfangs einvernehmlichen Handlungen plötzlich solche werden, die es nicht mehr sind und wie schwierig es für Betroffene ist, damit umzugehen, geschweige denn dagegen vorzugehen.
Noch dazu werden wir mit misogynen Polizisten konfrontiert, die lieber – da sie selbst Fans sind – mit der Band Fotos machen und sich auf die Gästeliste setzen lassen, anstatt die Anliegen der Betroffenen ernst zu nehmen.
Nichts wird beschönigt, vielmehr ist es inhaltlich wirklich krass und nicht leicht zu lesen!
Bela B. selbst sagte in einem Spiegel-Interview (Nr. 5/ 2025) über solchen Machtmissbrauch auf Konzerten, dass man es hätte entdecken können, wenn man hätte hinschauen wollen.

Einzig mit den häufigen Perspektivwechseln und den vielen Namen der Band sowie der Crew, hatte ich einige Probleme und wusste öfters nicht, wer jetzt welche Position inne hat. Darüber hinaus hätte ich mir das Ende nicht allzu offen gewünscht.
Trotz der Kritikpunkte ist es ein wichtiger Roman, der unbedingt gelesen werden sollte!!!

»FUN! Ganz egal, wie hoch der Preis ist, den andere dafür zahlen.«

Bewertung vom 09.02.2025
Das Höcker-Album

Das Höcker-Album


ausgezeichnet

Wir sehen Bilder von lachenden Menschen, Männern in SS-Uniformen und schick angezogene Frauen. Genüsslich werden Blaubeeren gegessen oder die Zeit auf der sog. „Solahütte“ genossen. Auch Höckers liebevoller Umgang mit seinem Schäferhund „Favorit“ ist in diesem Album zu sehen.
Es ist schön, Menschen in so einer gemütsvollen Runde zu sehen. Betrachtet man jedoch den Hintergrund dieser Fotografien und das, was direkt nebenan passierte, so wirken diese einfach nur absurd und wie ein Hohngelächter. Noch dazu erschaudert man beim Betrachten dieser Fotos geradezu!
Wie konnten diese Menschen sich so fröhlich amüsieren, während von ihnen gleichzeitig solche Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt wurden?
Zudem reden hier von NS-Größen, wie dem Lagerarzt Josef Mengele oder Rudolf Höß.

Der Kern dieses Buchs ist zwar das erst 2006 veröffentlichte Höcker-Album, doch wird dieses, um ein besseres Verständnis und die nötigen Hintergrundinformationen zu erlangen, durch einige eindringliche Aufsätze ergänzt.
Einer davon beschäftigt sich mit der Leben Karl Höckers und der Geschichte dieses Albums, während ein anderer explizit die Entwicklung Auschwitz’ zu einem Vernichtungslager aufzeichnet und sich dabei dem Prozess der Vergasung und dem (Auf-)Bau dieser Kammern widmet.
Im letzten Text befasst sich Tilman Taube mit der Rolle seines Großvaters, der ebenfalls auf den Bildern zu sehen ist.

Die Lektüre war bedrückend, wie es nur wenige Bücher sind und noch dazu habe ich lange dafür gebraucht, weil man diese Texte und Fotos auf sich wirken lassen muss, auch wenn alles bekannt ist.
Umso wichtiger, sich dieser Grausamkeiten immer bewusst zu sein und sich hin und wieder selbst damit zu beschäftigen und zu konfrontieren.
Es ist so absurd, dass es gar nicht wahr sein kann – doch leider ist es das.
Ganz sicher werde ich diese Bilder und die Lektüre nicht mehr vergessen!

Bewertung vom 29.01.2025
Unsere kleine Welt
Arenz, Ewald;Arenz, Sigrun;Arenz, Helwig

Unsere kleine Welt


ausgezeichnet

»Wenn es so weitergeht, bleibt mir irgendwann nur noch die Familie.«

Was wäre man ohne Familie? Für viele ein Albtraum. Doch auch der Alltag mit der Familie ist oftmals nicht eben einfach, manchmal anstrengend und nervenaufreibend. Andererseits fühlt man sich nicht selten wie in einer Sitcom gefangen und fragt sich, unauffällig den Raum absuchend, wo denn die Kameras seien?

Solche Situationen schildern die drei der Geschwister Ewald, Sigrun und Helwig Arenz in diesem Buch auf amüsante und unterhaltsame Weise.
Es geht um Umzüge, unerwartet kuriose Geschenke, mit denen man konfrontiert wird und ratlos ist sowie die Frankfurter Buchmesse. Auch die wahre Bedeutung des sog. „Fastenbrechens“ wird wortwörtlich herausgefunden.
Pannen des Alltags und nicht ausschließlich kommunikative Schwierigkeiten innerhalb der Familie sind garantiert!
Die Figuren Heinrich, Katharina und Jörg sind dabei Alter Egos der drei Autor*innen.

Diese kurzen Kolumnen umfassen meist nicht mehr als drei Seiten, beginnen langsam und finden ein pointiertes Ende.
Nicht nur deshalb ist es die perfekte Lektüre für zwischendurch. Diese knappen Episoden helfen auch alle Gedanken, u.a. an die schrecklichen Geschehnisse, die sich tagtäglich ereignen, für eine kurze Zeit vergessen zu können.
Darüberhinaus stehen die Geschichten der Geschwister einander in nichts nach, sondern sind allesamt gleichermaßen unterhaltsam.