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LitTour
Wohnort: 
Wiehl

Bewertungen

Insgesamt 11 Bewertungen
12
Bewertung vom 02.09.2024
Pineapple Street
Jackson, Jenny

Pineapple Street


gut

Jenny Jackson, die selbst im angesagten Broklyn Heights lebt, bringt in ihrem Debutroman viel Lokalkolorit aus eigener Erfahrung ein.
Die Stocktons, deren Vermögen durch Immobilienverkäufe beträchtlich ist, bewegen sich in der oberen Gesellschaftschicht New Yorks: Chip das durchaus gutmütige und liebevolle Familienoberhaupt sorgt für geregelte Finanzen, während seine Frau Tilda in erster Linie gesellschaftliche Kontakte pflegt, Sport treibt sowie ausgefallene Events plant und durchführt. Sie ist sehr auf Außenwirkung bedacht, ihre Dominanz und ihre enge Bindung zu den erwachsenen Kindern Darley, Georgina und Cord sorgt oftmals für Probleme in deren Privatleben. So wundert es nicht, dass Sasha, Cords Ehefrau aus der middle class und Malcolm, Darleys aufstrebender, aber auch nicht dem Geldadel entstammender Ehemann, die Stocktons als NMF (not my family) ansehen.
Darley widmet sich hauptsächlich ihren Kindern und lebt sorgenfrei, vom Reichtum geprägt, bis das Karriere-Aus ihres Mannes ihr Leben und Denken auf den Kopf stellt.
Georgina arbeitet für eine gemeinnützige Institution und erlebt dort ihre erste Liebe, die jedoch tragisch verläuft. Sie ist in einer Selbstfindungsphase, möchte fernab von Tennisplatz, ausgefallenen Partys und teuren Restaurantbesuchen mit ihrem Vermögen etwas Sinnvolles bewirken. Curtis McCoy, ebenfalls ein Millenial (Nutznießer eines generationenübergreifenden Vermögens) ist daran nicht ganz unbeteiligt.
Sasha ist das bodenständigste und teils sehr unglückliche Familienmitglied als "Eingeheiratete", die von den Stockton-Frauen zunächst sehr herablassend behandelt wird.
Aber wie heißt es so schön: Geld ist nicht alles ... und so bröckelt der sorgfältig errichtete Fassadenputz und gibt Raum Nähe und Toleranz.

Eine leicht lesbare, otmals witzige, teils auch ironische Lektüre mit gesellschaftskritischen Ansätzen.

Bewertung vom 05.06.2024
Man sieht sich
Karnick, Julia

Man sieht sich


ausgezeichnet

Frie, alias Friederika, bereitet sich auf ihr dreißigjähriges Abitreffen in 2022 vor. Eigentlich interessiert sie dort nur eine Person wirklich: Robert, ihr bester Freund in Schultagen, der allerdings nicht zugesagt hat. Doch dann sitzt er am Kai... In mehreren Rückblenden erzählt Julia Karnick die Geschichte von Frie und Robert, beginnend mit ihrer Schulzeit in der Jahrgangsstufe 11, die sie trotz oder gerade wegen ihrer unterschiedlichen sozialen Familienverhältnisse zusammengebracht hat. Frie, nach außen hin sehr selbstbewusst, und Robert, eher zurückhaltend und beobachtend, werden beste Freunde, die sich vieles anvertrauen, aber auch oft aneinanderecken. Robert entwickelt bald mehr Gefühle für das "Entenmädchen" mit den großen Füßen, bleibt für Frie aber nur der Fels in der Brandung. Auch nach dem Abi kreuzen sich ihre Wege mehrmals, Frie genießt zunächst ihre Freiheit auf Reisen und studiert dann, Robert jobbt und leistet seine Zivildienst ab. Frie bekommt eine Tochter, die sie bald allein erzieht und arbeitet in einer Anwaltskanzlei, Robert genießt sein freies Leben mit wecheselnden Beziehungen, ist noch nirgends angekommen. Sein einziger Fixpunkt ist ein älterer wohlhabender Herr, den er als Zivi betreut hat und Frie, die ihm nicht aus dem Kopf geht. 2002 kommen sie sich für kurze Zeit ganz nah, aber beide geben ihrer Beziehung keine Zukunft. Beim Wiedersehen in 2022 lädt Robert Frie zu sich nach Südtirol ein, wo beide ihre Beziehung aufarbeiten...
Julia Karnick ist es gelungen, eine spannende und auch authentisch wirkende Beziehungsgeschichte zu schreiben. Der Titel "Man sieht sich", Roberts Bemerkung nach seinem ersten Treffen mit Frie in der Schule, passt hervorragend zum Roman. Man sieht sich, man verliert sich wieder - es ist vielleicht lapidar dahingesagt, aber in den mehrmaligen Wiederholung schwingt auch immer so etwas wie Hoffnung mit, die Hoffnung, dass die Freundschaft auch nach Schwierigkeiten miteinander bestehen bleibt. Die Einbettung der Beziehungsentwicklung über Jahre hinweg in die erzählerische Gegenwart, den Zeitpunkt des Abitreffens und des Besuchs in Südtirol in 2022 ist sehr gelungen.
Die auktoriale Erzählerin lässt die Protagonisten sehr lebendig werden mit ihren Träumen, aber auch Ängsten, seien sie alterungs- oder existenzbedingt. Durch den Wechsel zwischen kurzen, dann aber wieder längeren, verschachtelten Sätzen, erstere meist bei Beobachtungen von Handlungsabläufen, die zweiten meist bei Einblicken in die Gedankenwelt der Charaktere, ist der Roman sehr gut lesbar und abwechslungsreich.
Das Cover rundet das positive Bild ab: gemeinsam, aber auch vereint? - Der vertikale Strich deutet Brüche in der Beziehung an.
Ein empfehlenswerter Roman, nicht nur für Ü50-Leser:innen.

Bewertung vom 19.05.2024
Die Kranichfrauen
Greil, Renate

Die Kranichfrauen


ausgezeichnet

Ein starker Roman über die stürmischen Nachkriegsjahre dreier Frauen am Ammersee Träume, Hoffnungen und Ängste bestimmen das Leben der 19jährigen Anna, der 20jährigen Paula und der Enddreißigerin Hedi. Letztere ist Paulas Tante und seit dem Krieg quasi alleinerziehende Mutter zweier Mädchen, da das Schicksal ihres Mannes noch unbekannt ist. Für Anna, Tochter eines in ärmlichen Verhältnissen lebenden Porträt- und Schildermalers, die eine Lehre als Bootsbauerin machen möchte, hat die Mutter eine Ausbildung zur Schneiderin vorgesehen. Paula, die gesundheitlich etwas labile Tochter einer ehemals reichen Unternehmerfamilie soll die Finanzlage durch eine Geldheirat retten, was sie, die von einer Ausbildung zur Lehrerin träumt, rigoros ablehnt. Alle drei Frauen eint die Liebe zum Segeln, besonders die Liebe zur Kranich, einem Segelboot, das vor dem Krieg Paulas Familie gehört hat, die auch den Yachtclub Ammersee gegründet hatte. Dieser ist nun von Amerikanern besetzt, die unter Leitung von Captain Bill wieder etwas Neues aufbauen möchten. So erhalten die beiden jungen Frauen, die als Kinder zusammen gesegelt sind, die Möglichkeit, in einem von den Amerikanern geplanten German Youth Activity Center (GYA) tatkräftig mitzuhelfen. Captain Bill möchte deutschen Kindern die Möglichkeit zu sinnvoller Freizeitbeschäftigung geben und ihnen demokratische Werte beibringen. Nach einigem Widerstand in den jeweiligen Familien gelingt es Paula und Anna gemeinsam, ihre Fähigkeiten und ihre Kreativität im Unterrichten bzw. bei der Restaurierung der beschädigten Boote sowie in der Anleitung zum Segeln und Schwimmen einzubringen und sich auch gegenüber den amerikanischen Soldaten durchzusetzen. Sie erhalten bald Unterstützung durch die beiden deutschen Kriegsheimkehrer Wolf und Dietrich, doch ist einer von ihnen nicht der, der er vorgibt zu sein. Paula und Anna erneuern ihre Freundschaft aus Kindertagen, genießen es, ihren Mann zu stehen und wieder Seeluft zu schnuppern, erleiden aber auch Rückschläge in ihren Vorhaben und der Anerkennung ihres Stellenwertes. Schließlich wagen sie einen gefährlichen Schritt, um ihr geliebtes Segelboot, die Kranich, vor dem Zugriff der Amerikaner zu retten und erhalten dabei tatkräftige Unterstützung von Hedi. Mit Gewitztheit und Mut umschiffen sie dabei mögliche gravierende Konsequenzen. Am Ende ermöglicht ihnen der Wind der Freiheit einen Neubeginn und die Realisierung ihrer Träume die Freiheit ihr Leben selbstbestimmt in die Hand zu nehmen. Starke Frauenfiguren, glaubhafte Charakterzeichnung aller, auch der Nebenfiguren, gut recherchiert, interessant und spannend bis zum Schluss. Ein zu empfehlender historischer Roman über die ersten Nachkriegsjahre. Interessant und vorstellbar wäre ein 2. Band.

Bewertung vom 06.05.2024
OTTO fährt los - Ein Sommer in Italien
Ottenschläger, Madlen

OTTO fährt los - Ein Sommer in Italien


ausgezeichnet

Wie bereits der Vorgänger "Otto fährt los" - Ein Sommer in Schweden ist auch dieses neue Urlaubsabenteuer nach und in Italien textlich und gestalterisch wieder sehr gelungen. Dieses Mal dürfen Emmi und Paul sowie Mama Mira und Bonus-Papa Leo mit Otto allerhand entdecken.
Sehr schön, dass hier auch der Diversität von Familien Rechnung getragen wird!
Wieder gibt es eine Wimmel-Seite, auf der es viel zu entdecken gibt und die gute Sprachanlässe bietet. Auch hier haben die Kinder wieder mit einigen Problemen zu kämpfen, bei denen Otto, der Zauberbus, ihnen zur Seite steht: Emmi ist zu klein, Paul hat Heimweh nach seinem Papa und seinen Freunden. Aber Otto hilft auch allen anderen: Er ist Schattenspender, Eiskühler und Apfeltransporter. Doch beinahe hätte Otto mit seiner Hilfsbereitschaft auch ein großes Malheuer verursacht, wollte er doch den Schiefen Turm von Pisa gerade rücken!
Spielerisch lernen die Kinder Landschaft, Natur, Sehenwürdigkeiten, Feste, Leute und auch ein wenig die Sprache (besonders die Namen der italienischen Leckereien) des Urlaubslandes kennen.
Und wer taucht außerdem noch in Italien auf? Ottos Familie aus dem Schwedenabenteuer. Tja, manchmal trifft man auch Freunde in der Fremde.
Wie das erste Otto-Abenteuer für viele kleine Leser*innen wieder ein Lieblingsbuch, das auch den Vorleser*innen Freude bereitet.
Äußerst empfehlenswert!
Wie bereits der Vorgänger "Otto fährt los" - Ein Sommer in Schweden ist auch dieses neue Urlaubsabenteuer nach und in Italien textlich und gestalterisch wieder sehr gelungen. Dieses Mal dürfen Emmi und Paul sowie Mama Mira und Bonus-Papa Leo mit Otto allerhand entdecken.
Sehr schön, dass hier auch der Diversität von Familien Rechnung getragen wird!
Wieder gibt es eine Wimmel-Seite, auf der es viel zu entdecken gibt und die gute Sprachanlässe bietet. Auch hier haben die Kinder wieder mit einigen Problemen zu kämpfen, bei denen Otto, der Zauberbus, ihnen zur Seite steht: Emmi ist zu klein, Paul hat Heimweh nach seinem Papa und seinen Freunden. Aber Otto hilft auch allen anderen: Er ist Schattenspender, Eiskühler und Apfeltransporter. Doch beinahe hätte Otto mit seiner Hilfsbereitschaft auch ein großes Malheuer verursacht, wollte er doch den Schiefen Turm von Pisa gerade rücken!
Spielerisch lernen die Kinder Landschaft, Natur, Sehenwürdigkeiten, Feste, Leute und auch ein wenig die Sprache (besonders die Namen der italienischen Leckereien) des Urlaubslandes kennen.
Und wer taucht außerdem noch in Italien auf? Ottos Familie aus dem Schwedenabenteuer. Tja, manchmal trifft man auch Freunde in der Fremde.
Wie das erste Otto-Abenteuer für viele kleine Leser*innen wieder ein Lieblingsbuch, das auch den Vorleser*innen Freude bereitet.
Äußerst empfehlenswert!

Bewertung vom 06.05.2024
Was der See birgt / Ermittlungen am Gardasee Bd.1
Koppelstätter, Lenz

Was der See birgt / Ermittlungen am Gardasee Bd.1


sehr gut

Gianna Pitti, Investigativreporterin, ist persönlich in einen Mordfall am Gardasee involviert und stürzt sich unmittelbar parallel zur Polizei in die Ermittelungsarbeit, um mehr über den getöteten Filippo zu erfahren, mit dem sie den Vorabend verbracht hatte. Sie kannte ihn von einer früheren Veranstaltung für Journalisten, dann war er plötzlich am Gardasee aufgetaucht, interessierte sich augenscheinlich für den ehemaligen Wohnsitz d'Annunzios, schenkte ihr einen Fischanhänger und Schmetterlinge im Bauch Doch was wollte er wirklich am Gardasee? War er selber in dunkle Machenschaften verwickelt? Nach und nach findet sie Unterstützung in ihrer Chefin Elvira und ihrem Onkel, dem Marchese, die zumindest beide mehr über die Symbolik des Fisches und die dahinterstehende Organisation wissen. Auf der Vespa und im Porsche ihres Onkels geht es von Riva aus an die unterschiedlichsten Schauplätze am Gardasee entlang, u.a. zum Camping dei Fiori oder nach Salò zu einem Tauchlehrer und Geschäftsmann, der auch Verbindungen zum Vittoriale degli Italiani hat. Koppelstätter bringt mit diesen Ausflügen nicht nur neue Aspekte im Kriminalfall auf, er gewährt auch Einblicke in die Schönheit und Natur des Gardasees und seiner Städtchen mit Raum für Kritik am Tourismus mit seinen negativen Seiten. Das Vittoriale rückt immer mehr in den Fokus der Ermittlungen und damit letztendlich auch eine Freimaurerloge, die sich als Nachfolger des Dichters d'Annunzio sieht. Doch bald schon steht fest, es geht um mehr als Freigeistigkeit. Gianna, Elvira und der Marchese geraten in brenzlige Situationen bei ihrer Suche nach der Wahrheit. Wen und was verbergen die Masken bei einer Versammlung der "Jünger d'Annunzios", einer Splittergruppe der Loge? Fast alle offenen Fragen des Falls werden gelöst, bis auf die eine: Was ist mit Giannas Vater Arnaldo geschehen, dem Investigativreporter schlechthin? Vielleicht wird dieses Geheimnis im Folgeband gelöst.

Neben dem reinen Kriminalfall ist dieser Roman eine Hommage an den Gardasee und die investigative Pressearbeit, die dabei hilft, wirtschaftliche und politische Winkelzüge zu vereiteln.

Lesenswert, wenn auch mit kleinen Schwächen!

Bewertung vom 16.04.2024
Natürlich sauber
Kern, Doris

Natürlich sauber


ausgezeichnet

Ein tolles Buch mit wertvollen Tipps zur Schonung der Umwelt und des Geldbeutels

Bereits das Cover reduziert sich auf das Wesentliche - sehr schön in den pastelligen Farben - und macht neugierig auf Reinigungsmöglichkeiten mit Seife, Zitrone, Efeu ... Genauso positiv geht es im Buch weiter: In der Einleitung erfahren wir etwas über die Morivation der Autorin, die sich bereits länger mit den Ressourcen der Natur für Kosmetik und Reinigungsmittel auseinandersetzt. Für Einsteiger hilfreich ist das Grundlagenkapitel über Zusammensetzung, Umwelt- und Hautverträglichkeit herkömmlicher und alternativer Mittel. Was Großmutter
noch wusste, praktiziere ich bereits selber mit Essig, Zitrone und Kastanien, werde nun aber auch mithilfe der anschaulichen Rezepte einmal zu Efeu, Soda, Asche und Kastilienseife greifen. Wer den Duft nicht missen mag, findet in den Anleitungen für Wasch- und Reinigungsmittel aller Art auch Tipps zu passenden ätherischen Ölen. Nicht nur unseren eigenen oökologischen footprint können wir so verbessern - mit einem selbst hergestellten Kissenspray, Gelerfrischer oder selbst konzipierten Duftkerzen können wir als besondere Geschenke auch im Fanilien- oder Freundeskreis zu einer Initialzündung beitragen.Das Büchlein im sehr ansprechenden Format, mit gelungenen passenden Fotos und kleinen Illustrationen ist selbst eine sehr schöne Geschenkidee. Rundum zu empfehlen - nach der Lektüre macht das Reinigen vielleicht sogar etwas mehr Spaß

Bewertung vom 15.04.2024
The Happiness Blueprint
Zetterberg, Ally

The Happiness Blueprint


sehr gut

Unterhaltsam, witzig, nachvollziehbar, mit überraschenden Twists - mehr als eine Beziehungsgeschichte

Klara, Immobilienagentin in London, sieht sich genötigt, für einige Zeit in ihre Heimat Schweden zurückzukehren, um ihren Vater während seiner Krebsbehandlung geschäftlich zu entlasten. Ohne Vorkenntnisse übernimmt sie die Leitung des Fliesengeschäfts, dem sie ein moderneres Gesicht verpassen möchte, muss sich aber diversen Schwierigkeiten stellen. Diese basieren auf gesellschaftlichen Unterschieden zwischen England und Schweden, Problemen mit männlichen Angestellten und der Auseinandersetzung mit ihrer - wie sie glaubt - eigenen Unzulänglichkeit. Doch Hilfe ist nah: Alex, ein handwerklich begabter Allrounder, der einen Weg aus der Trauer um seinen kürzlich verstorbenen Bruder zu finden versucht, entpuppt sich nicht nur als zuverlässige Arbeitskraft! Beide, sowohl Klara als auch Alex, müssen sich jedoch erst ihrer Vergangenheit stellen, bevor sie den Weg zueinander finden. - Eine packende Entwicklungs- und Beziehungsgeschichte, die Ally Zetterberg alternierend aus der Perspektive von Klara und Alex entwickelt. Unterhaltsam, aber nicht flach, familiäre Beziehungsgeflechte, glaubhafte Trauerbewältigung, gut entwickelte Darstellung von Selbst- und Fremdrezeption (Klara: Minderwertigkeitsgefühle) sowie Krankeitsbilder (Diabetes, Autismus) einbeziehend, ist dieser Roman ein wahrer pageturner. Sehr gelungen auch diverse witzige Situationen, der Sprachwitz und die Kommunikation über ein digitales Tagebuch mit To-do-Liste von Alex. Ein Buch mit vielen Facetten - nicht nur, aber auch für Schwedenliebhaber*innen wie mich!

Bewertung vom 27.11.2023
Lichterzauber in Schweden
Lindqvist, Anna

Lichterzauber in Schweden


sehr gut

Winterliebe in Lappland - ein Gesamtpaket von romantischem Traum und harter Wirklichkeit
Die anheimelnde Teetasse des Covers lädt, auch wenn ich die Farben des Covers insgesamt nicht so ansprechend finde, ein, in diese Wintergeschichte einzutauchen. Zumal wenn man ein großer Schwedenfan ist! Und das war für mich auch das Faszinierendste an der Story: Man erfährt sehr viel über Kultur und Alltagsleben der Sámi, sowie über Profitgier mächtiger internationaler Unternehmen, die sich über Tradition und wichtige Lebensräume für Fauna, Flora und Menschen hinwegsetzen.

Die Liebesgeschichte zwischen Lilje - etwas naiv und unbedarft - und Juha - ein "echter"Kerl, der für seine und die Ziele des Sámi-Volkes einsteht - ist eine nette Zugabe, die einigen Hindernissen trotzen muss. Lilje, überraschenderweise als Reisejournalistin des Online-Magazins Traumziele in den Norden Schwedens anstatt .in die Karibik abbeordert, hadert immer noch mit ihrem Schicksal, als sie zu allem Überdruss erfährt, dass sie sich nun auch noch mangels Unterkünften Zimmer und Bett mit dem Wissenschaftler Juha teilen muss. Doch bald lernt sie den Zauber der schwedischen Weihnachtszeit kennen sowie Natur und BewohnerInnen zu schätzen. Juha, der zwar in Stockholm lebt, seine Wurzeln aber in einer Rentierzüchterfamilie von Jokkmokk hat, nähert sich Lilje auf eine angenehm zurückhaltende Art immer mehr an und trotz einiger Wirren kommt es, wie es kommen muss: Die beiden so unterschiedlichen Charaktere finden zueinander und einen Ort für ein behagliches Ferienhaus. Und so endet der in Jookmokk mit einem "Vintermarknad" begonnene Roman an "midsommar" mit einem fröhlichen Fest an einem nordschwedischen Waldsee.

Der Roman ist schon ein Pageturner. Durch die Perspektivwechsel in den Kapiteln, mal erzählt Lile, mal gibt Juha seine Eindrücke wieder, wirkt das Ganze sehr lebendig und man erfährt als LeserIn auch wichtige Details durch unterschiedliche Personen. Stilistisch sehr gelungen! Leider gibt es aber auch in diesem Buch wieder Ortographie- und Grammatikfehler.

Bewertung vom 03.10.2023
Die Akte Madrid / Lennard Lomberg Bd.2
Storm, Andreas

Die Akte Madrid / Lennard Lomberg Bd.2


sehr gut

Man nehme: bellas artes, política y criminalidad - Krimi oder Politthriller?
Zu Beginn geschehen zwei mysteriöse Morde im Jahre 1982. Wo mag die Geschichte wohl hingehen? Ins Drogenmilieu? Und wer ist die ermordete Unbekannte? Stück für Stück werden Identität und Rolle der Ermordeten in Rückblenden ins Jahr 1928 und später sowie ERzählungen und Berichten anderer Figuren des Romans offenbart. Die Rahmenhandlung, Rückführung des gestohlenen Beutekunstobjektes "Una Tormenta en ciernes" aus der Zeit des Franco-Regimes, spielt sich innerhalb von knapp zwei Monaten im Jahr 2016 ab. Im Zusammenspiel von Kunsthistorikern, Kunst- und Beutekunstexperten, (ehemaligen) BKA-Beamten, (angehenden) Journalisten, aber auch in Konkurrenz zueinander, kommen die Protagonisten Lennard Lomberg und Carl Deveraux zurückliegenden Verbrechen während der NS-Zeit und des Franco-Regimes auf die Spur. "Una Tormenta en ciernes" erweist sich nicht nur als Beweisstück zurückliegender, sondern auch gegenwärtiger Korruption und Verbrechen. Wer aber steckt hinter dem Diebstahl des Gemäldes und welche Beweggründe führen zur Erpressung des deutschen Verteidigungsministers, der auf dem Sprung zur Ernennung des NATO-Generalsekretärs ist? - Ein gelungener Mix aus Fiktion und Wirklichkeit mit einem sehr gut recherchierten historischen Hintergrund, der den Krimi-Aspekt etwas zurücktreten lässt. Eher ein gut aufbereiteter Politthriller, der immer mehr Fahrt aufnimmt.

Bewertung vom 09.08.2023
Mattanza
Fabiano, Germana

Mattanza


ausgezeichnet

Geheimnisvoll, verträumt, sehnsüchtig, so lädt uns die junge hübsche Frau auf dem Cover ein, in Nora Lombardos Geschichte und die der Insel Katria einzutauchen. Sie spiegelt für mich viele der Gefühle Noras wider.
Als Fehler Gottes - es wurde sehnsüchtig ein Junge als Nachfolger des Raís, der Führungspersönlichkeit im Thunfischfang, erwartet - wird Nora geboren und von ihrem Großvater, dem derzeitigen Raís auf ihre Rolle vorbereitet. Sie muss ihren Abscheu vor dem Meer ablegen und nimmt, von der Bevölkerung Katrias einerseits auf Abstand gehalten, andererseits wie ein Schatz behütet, ihre schicksalhafte Bestimmung an.
Wir begleiten Nora von 1960 bis 2012 auf ihren Wanderungen über die Insel, bei ihren wortkargen Begegnungen mit anderen, auf ihren Mattanzas und ihrem übrigen sich langsam wandelnden Lebensweg. Sie dirigiert wie einst ihr Großvater den Thunfischfang. Es ist faszinierend, wie jahrtausendealtes Wissen um die Lebensweise der Thunfische und Strömungen des Meeres sowie harte Arbeit einen erfolgreichen Fang garantieren und das Leben auf der Insel bestimmen. .
Die traditionellen Abläufe werden allerdings im letzten Drittel des Buches durch konkurrierende Fischfangflotten, Toruismus und Flüchtlingswellen erschüttert. Können Nora und die anderen Bewohner Katrias die sozialen und ökonomischen Krisen überwinden?
Germana Fabiano, in Palermo geboren und heute auch noch teilweise auf Sizilien lebend, lässt ihre Charaktere sehr authentisch agieren. Sie öffnet mit der vom Thunfischfang abhängigen Insel Katria einen kleinen Kosmos diverser Persönlichkeiten. Diese leben zwar meist einfach, sind aber sehr lebensklug und achten, ja schützen notfalls auch die Bedürfnisse dieser kleinen Gemeinschaft.
Ich war nach der Leseprobe sehr gespannt auf Nora und die Art und Weise, wie sie in eine von Mänern dominierte Welt hineinwächst und als starke Frau ihren Mann steht. Die Schilderung der Mattanza hat mich wider Erwarten auch sehr gefesselt, wenngleich ich die Abschlachtung der Thunfische grauenvoll fand - in Hinblick auf die Existenzsicherung allerdings notwendig. Nach Erhalt des Buches habe ich es regelrecht verschlungen, was neben der Zeichnung und Entwicklung der Charaktere auch der teils poetischen Sprache zu verdanken ist. Katria und seine Charaktere nahmen förmlich Gestalt an. Ich empfehle das Buch gerne auf jeden Fall weiter!

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