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Brombeere

Bewertungen

Insgesamt 170 Bewertungen
Bewertung vom 17.07.2024
Mitternachtsschwimmer
Maguire, Roisin

Mitternachtsschwimmer


gut

habe einige Kritik

Worum geht es?
Evan flieht vor Job und Situation in der Familie an die irische Küste, kurz darauf kommt der Lockdown. Zwischen Kinderbetreuung und merkwürdigen Dorfbewohner*innen versucht er, seinen Verlust zu verarbeiten.

Worum geht es wirklich?
Schuld, Selbstbestimmung und Freiheit.

Lesenswert?
Nein, hat mir tatsächlich aus mehreren Gründen nicht gefallen. Positiv ist definitiv das tolle Cover und auch das Setting an der irischen Küste. Das Dorf Ballybrady wird ein wenig schrullig und liebenswert beschrieben, genau so wie die Menschen, die dort leben. Grace, die alleinstehend lebt und sich nach niemandem richtet, kommt mit Familienvater Evan in Kontakt, auf dessen Schultern viel Schuld und schwere Entscheidungen ruhen und der seinen Lebenswillen verloren hat.
Grace hat mir als Figur ganz gut gefallen, ich mochte ihre schroffe aber liebenswerte Art und ihre Standfestigkeit.
Leider war mir Evan absolut nicht sympathisch, merkwürdig lethargisch lässt er sich von einer Umwelt herumschubsen und scheint in seinem Leid verharren zu wollen.
Dann kommen aber immer wieder Bewertungen der Frauenkörper um ihn herum (die Ehefrau seines Arbeitskollegen, Grace, die anderen Frauen im Dorf) und mir scheint, es gibt nur drei Typen von Frauen: Heiß, jung und nervig, älter und wie eine Art Mutter. Es war mir einfach viel zu viel, dazu kommt dann noch Fatshaming bei dickeren Menschen. Wird einmal das Gewicht erwähnt, geht es ab dann immer um die weichen Körperteile, die dicken Körperteile, die Masse.
Da es in dieser Richtung keine positive Entwicklung gab und nonstop das Äußere bewertet wurde, ist mir Evan zunehmend unsympathisch geworden.
Evans Sohn, der zunehmend in den Mittelpunkt gerät, ist ein tauber Junge, der sich mit seinem Vater in Gebärdensprache unterhält. Es ist mir negativ aufgestoßen, dass Evan dringend eine OP für sein Kind haben will, um ihn quasi zu heilen und die Mutter einfach nur als Übermutti dargestellt wird, die ihrem Kind die OP verwehrt. Meiner Meinung nach wird hier nicht sensibel mit dem Thema umgegangen, auch wenn ich es toll finde, dass eine taube Person eine so große Rolle in dem Buch spielt.
Die Rauheit der Natur und auch die Sprache gefielen mir gut, aber irgendwie scheint es immer um romantische Interaktion zwischen Mann und Frau zu gehen, wirkliche Freundschaft wird eher wenig gezeigt.
Allgemein hat mir das Buch leider weniger gut gefallen als erhofft.

Bewertung vom 17.07.2024
Georgine - Der lange Weg zu mir selbst
Kellermann , Georgine

Georgine - Der lange Weg zu mir selbst


sehr gut

Worum geht es?
Georgine, erzogen worden als Junge, erzählt von ihrer Identitätsfindung, den Menschen um sich herum und ihrer langjährigen Arbeit beim WDR.

Worum geht es wirklich?
Freude, Selbstfindung und dass es nie zu spät ist.

Lesenswert?
Ja, ein wirklich interessantes Buch. Bisher wusste ich wenig über Frau Kellermann, kannte sie nur vom Namen und ihre Geschichte nur ganz grob. Das späte Outing, die Offenbarung, erregte dabei vermutlich recht viel Aufmerksamkeit, vor allem im Zusammenspiel mit dem Job als Studioleitung beim WDR.
Sehr offen und gefühlvoll berichtet die Autorin davon, dass sie selbst sich schon viel länger ihrer Identität bewusst ist und auch nicht wenige Menschen eingeweiht waren. Trotzdem spielt die lange Jahre Georg, den Reporter, weil sie ihren Beruf nicht gefährden möchte und in dieser Rolle auch eine tolle Karriere hinlegte.
Zum einen ist es berührend zu sehen, wie lange Georgine sich schon gefunden hat, mit welchen Punkten sie hadert und zeitgleich natürlich auch traurig, dass sie nicht früher der Welt verkünden konnte, wer sie ist. Hierbei zeigt sie sich recht verletzlich und offenbart sehr viel von sich, was sie unglaublich sympathisch in ihrer ganzen Art macht.
Gerade älteren Menschen unterstellen wir ja vielleicht, dass sie nicht plötzlich eine andere Identität / Sexualität / … (das betrifft ja viele Bereiche) haben können oder ihre Entscheidung im Alter lächerlich sei. Dabei übersehen wir als Gesellschaft wohl leider oft, dass wir diese Menschen Jahrzehnte zu Lügen nötigen, weil wir sie nicht akzeptieren würden.
Man erfährt viel über die Reportagen und den beruflichen Werdegang, was ich aus geschichtlichen Gründen super interessant fand. Gerade Ereignisse in den letzten zwanzig Jahren werden einem beim Lesen nochmal sehr präsent.
Der Schreibstil ist angenehm und gut lesbar. Man merkt, dass der Aufbau der Geschichte gut durchdacht ist.
An ein paar Sollen hätte ich mir vielleicht ein kritischeres Bild gewünscht oder die Erkenntnis, dass andere Personen durchaus an Hürden stoßen, die Georgine so nicht kennt. (Beispielsweise schildert sie sehr wohlwollen und positiv die Kommunikation mit der Polizei, was vermutlich vielen trans Menschen nicht so geht und für Menschen of Colour erst recht nicht gilt.)
Wohlwollend und berührend sind all die positiven Szenen, die Georgine im Laufe ihres Lebens erlebt, die sympathischen Mitmenschen und wie sehr man ihre Freude spürt, dass sie nun endlich der Welt verkünden konnte, wer sie wirklich ist.
Das Buch ist vermutlich nicht die richtige Wahl, wenn man viel über Transidentität erfahren möchte, aber eine super Lektüre, wenn man sich mit dem Leben von älteren queeren Menschen befassen möchte.

Bewertung vom 22.06.2024
Eine kurze Geschichte queerer Frauen
Loehr, Kirsty

Eine kurze Geschichte queerer Frauen


gut

Worum geht es?
Um viele queere Frauen in der Geschichte, die unsichtbar gemacht werden oder deren Queerness unter den Tisch fällt.

Worum geht es wirklich?
Sichtbarkeit, Vielfältigkeit und Patriarchat

Lesenswert?
Jein. Ich finde das Thema des Buches großartig und sehr wichtig, daher hat mich der Titel direkt angesprochen.
Das Buch ist anekdotenhaft aufgebaut, man lernt sehr viele Namen und Persönlichkeiten kennen. Viele Namen sind einem vielleicht ein Begriff, aber man kennt die sexuelle Vielfalt dahinter nicht.
Da generell schon Frauen in der Geschichte weniger sichtbar sind, gilt dies für queere Frauen noch viel mehr. Umso schöner, wenn man in der heutigen Zeit weiß, dass es diese Frauen natürlich schon vor hunderten von Jahren gab - auch wenn sie dort anders bezeichnet wurden oder es kein Wort für sie gab.
Positiv ist mir die Vielfalt aufgefallen, dass es auch um trans Frauen und Frauen of Color geht. Historische Begebenheiten werden immer wieder angeschnitten und zum Verständnis hinzugefügt.
Die Aufmachung des ganzen Buches wirkt recht seriös und klassisch. Sprachlich erwartet einen dann aber sehr viel Umgangssprache, lustig gemeinte Floskeln und Sprüche, die wie Comedy wirken. Das hat mich tatsächlich eher verwirrt als erheitert und negativ überrascht.
Eventuell könnte die Zielgruppe des ganzen aber auch junge Erwachsene sein und vielleicht ist der Schreibstil dann passender.
Natürlich kann man das Thema aufgelockert betrachten, aber es war eben nicht das, was ich erwartet habe. Bemühter Humor ist stets ein wenig anstrengend und nicht einfach zu ertragen. Die eher derben Begriffe und sexuelle Schwerpunktsetzung machen das ganze nicht unbedingt ernsthafter.
Alles in allem inhaltlich lohnenswert und interessant, sprachlich aber nicht für jede Person ein guter Treffer. Ich würde daher eine Leseprobe vor dem Kauf empfehlen.

Bewertung vom 22.06.2024
Wie wir uns Rassismus beibringen
Sahebi, Gilda

Wie wir uns Rassismus beibringen


ausgezeichnet

Worum geht es?
Um den erlernten Rassismus in den Köpfen der Menschen, um unsere Sozialisation und die Folgen von rassistischem Denken.

Worum geht es wirklich?
Gesellschaft, Politik und Eigenverantwortung

Lesenswert?
Ja, sehr bereichernd. Keine leichte Lektüre, aber ich denke den Anspruch darf man bei einem solchen Thema auch nicht haben.
Umfassen und ausführlich recherchiert (mit Quellenangaben im Anhang) zeigt die Autorin auf, wie Rassismus in unserer Gesellschaft verankert ist, welche Abwehrhaltung es bereits gegen diese Benennung gibt und wie er dennoch den Umgang mit unseren Mitmenschen bestimmt. Es geht dabei nicht nur um unsere aktuelle Situation in Deutschland, sondern auch unsere Geschichte und den Umgang mit geflüchteten Menschen vor mehreren Jahrzehnten. Schnell zeigt sich, dass wir wiederkehrende Debatten führen und die Politik oftmals keinen neuen Input liefert und sich Dinge immer wieder wiederholen. Hier war vieles für mich neu und ich fand dieses ganze Wissen sehr bereichernd und lehrreich.
Zeitgleich geht es auch um die Benennung von rassistischen Aussagen und unsere Weigerung, Rassismus als solchen auch zu benennen und anzuerkennen. Sahebi führt viele Beispiele aus den Medien an und verdeutlicht den unterschiedlichen Umgang einzelner Medien und Journalist*innen mit der identischen Situation. Auch das war sehr eindrücklich und hat nochmal gezeigt, warum es für jede einzelne Person eine entscheidende Rolle spielt, welche Medien man konsumiert.
Immer wieder gibt es auch Erläuterungen zur politischen Situation und Zitate einzelner Politiker*innen, die eingeordnet werden und an Hand derer man auch sieht, wie sich Themen im Laufe der Zeit verändert haben oder immer noch gleich bleibend sind.
Das Buch ist einerseits wirklich gut verständlich und andererseits sehr lehrreich (ohne belehrend zu sein). Man kann viel für seine eignen Handlungen mitnehmen, obwohl es natürlich eher um das gesellschaftliche Problem geht.
Dennoch wird aufgezeigt, warum klare Werte und Menschenwürde, Widerspruch gegen Hass und Hetze, eine große Rolle spielen können und gerade eine schweigende Mehrheit auch ein Problem darstellt. Es kann uns passieren, dass wir rassistisch handeln und denken. Das kann man auch benennen und ansprechen. Man kann Fehler machen und daraus lernen.
Trotzdem kann jeder von uns entscheiden, ob wir gerne in einer Gesellschaft leben wollen, die die Menschenwürde respektiert und Menschen inkludiert statt ausgrenzt.

Bewertung vom 22.06.2024
Der Profi
Isaka, Kotaro

Der Profi


gut

Worum geht es?
Ein Profikiller gerät zunehmend in Schwierigkeiten, seinen geheimen Job, seinen richtigen Job und sein Familienleben mit Frau und Sohn unter einen Hut zu bekommen. Aber ein Ausstieg scheint nicht möglich zu sein.

Worum geht es wirklich?
Flucht, Verrat und Familie

Lesenswert?
Ja, war unterhaltsam. Aber ganz anders als erwartet. Das Buch stammt von dem identischen Autor wie das Werk „Bullet Train“, welches auch verfilmt wurde. Ab und an findet man in dem aktuellen Buch verweise auf das andere Buch, aber man muss es definitiv nicht vorher gelesen haben.
Sprachlich ganz angenehm, aber distanziert und sachlich, sodass man immer eine außenstehende Person bleibt und den Figuren nicht näher kommen kann. Daher kann man den Protagonisten auch oft nicht einordnen. Gerade seine Beziehung zu seiner Frau fand ich höchst anstrengend und die Ehefrau sehr klischeehaft überzeichnet als meckernde Frau. Diese Szenen waren teilweise eher störend, weil beide Figuren sehr unsympathisch dabei waren und überspitzt dargestellt wurden.
Ich habe allgemein wesentlich mehr Spannung erwartet und einen Thriller, stattdessen ist die Handlung humorvoll und oft auch unrealistisch, Dinge werden öfters wiederholt und wirken dadurch lustig. Die unrealistischen Szenen kann man trotzdem ganz gut akzeptieren und sie stören die Handlung nicht.
Der Handlungsaufbau ist eher ungewöhnlich, zumindest im Vergleich mit europäischen Werken, und an einigen Stellen mit überraschendem Cliffhanger. Generell wusste ich auch während des Lesens gar nicht, was mich erwartet und wurde mehrfach überrascht und auch auf falsche Fährten geführt.
Das Buch könnte gut geeignet sein, wenn man ein bisschen Spannung ohne den klassischen Thriller-Aspekt haben möchte oder auch, wenn man sich auf andere Erzählformen einlassen möchte. Auf jeden Fall eine her ungewöhnliche Leseerfahrung, die ich jedoch empfehlen kann.

Bewertung vom 03.06.2024
Die neue Schule der Demokratie
Weisband, Marina

Die neue Schule der Demokratie


gut

Worum geht es?
Sehr viel um das Projekt AULA, das Weisband auf die Beine gestellt hat. Darüber hinaus um Demokratie und junge Menschen.

Worum geht es wirklich?
Gesellschaft, Werte und Engagement

Lesenswert?
Ja, schon. Allerdings hat das Buch einen komplett anderen Schwerpunkt als ich es erwartet hatte.
Ca. 80-90% des Buches geht es um das o.g. Projekt und wie junge Menschen dadurch demokratische Werte ausprobieren und somit quasi erlernen können. Es werden verschiedene Stufen der Projekte und auch potentielle Probleme sowie den Umgang damit dargestellt.
Allerdings wirkt das Buch größtenteils dadurch wie eine Handreichung oder Werbeveranstaltung für das Projekt. An sich klingt es sehr spannend und nach einer super Lösung, die an viel mehr Schulen oder auch in Vereinen etc. benötigt wird. Den Gedanken kann man nur unterstützen.
Die „verschiedenen Projekte“, die im Klappentext erwähnt werden, finden alle mit AULA statt und somit lernt man auch nicht verschiedene Beispiele kennen, wie Menschen Demokratie näher gebracht werden kann, sondern größtenteils eine Option mit verschiedenen Beispielen.
Das Buch ist gut lesbar und es hat mir schon etwas gebracht, über dieses Projekt zu erfahren. Allerdings würde ich mir das auch im Klappentext klarer wünschen.
Spannend ist, dass man nebenbei noch einiges über die Autorin und ihre Werte erfährt und die beispielhaften Projekte durchaus inspirierend sein können.
In den letzten 10-20% des Buchs geht das ganze dann eher in die Richtung, die ich erwartet habe. Es folgen dort konkrete Vorschläge, wie man sich einbringen kann, warum Mitarbeit auf kommunaler Ebene sinnvoll ist und welchen Mehrgewinn das für die Einzelperson und die Gemeinschaft bringt.
Alles in allem eine gute Lektüre, wenn man denn vorher weiß, dass AULA im Mittelpunkt steht.
Dieses Projekt einmal näher kennenzulernen, kann ich dabei auf jeden Fall empfehlen.

Bewertung vom 03.06.2024
Was ihr wollt
Karig, Friedemann

Was ihr wollt


sehr gut

Worum geht es?
Um Proteste, wie sie funktionieren und bereits funktioniert haben. Worauf es ankommt und wann sie erfolgreich sein können.

Worum geht es wirklich?
Veränderung, Eigenverantwortung und Gesellschaft.

Lesenswert?
Ja, wenn auch nicht immer ganz einfach zu verstehen.
Karig erläutert in seinem Buch, wie viele Menschen an einem Protest beteiligt sein müssen, ab wann die Politik es nicht mehr ignorieren kann und in welchen Situationen dies schon geholfen hat.
Dabei beleuchtet er diese Situation sowohl in Demokratien als auch in Autokratien.
Man erfährt von historischen Protesten und Kipppunkten, die zu einer Veränderung geführt haben. Sowohl in anderen Ländern als auch in Deutschland.
Hierbei werden auch aktuelle Situationen besprochen und gegenüber gestellt. Beispielhaft die Bäuer*innenproteste 2024 und die Aktionen der Letzten Generation in den vergangenen Jahren. Auch die Organisation einzelner Gruppen wird ein Thema und bietet überraschende Infos.
Das Cover passt definitiv, wenn man die Interpretation dahinter kennt, dass leichte Schwankungen immer mehr anstoßen können bis es schließlich große Wellen gibt. Ich glaube aber nicht, dass das auf Anhieb jeder Person klar ist - und dann ist das Cover wieder zu unscheinbar.
Karigs thematischer Aufbau hat mir zwar gefallen, aber zeitgleich fiel mir auch die gehobene Sprache eines gebildeten Menschen auf, die möglicherweise nicht jede interessierte Person erreichen könnte.
Das Buch ist keine einfache Beschreibung von Tatsachen, sondern regt konkret dazu an, an Protesten teilzunehmen - und das nicht nur in Ausnahmefällen. Der Autor steht dem ganzen sehr positiv gegenüber und ermutigt dazu, aktiv zu werden. Denn prozentual benötigt es gar nicht so viele Protestierende, damit eine Reaktion gefordert werden kann. Karig kritisiert, dass Menschen lieber in ihrem gemütlichen Dasein verharren, als sich für essentielle Dinge einzusetzen. Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Wenn man sich zu lange in ihr ausruht und nur Rechte und keine Pflichten wahrnimmt, kann sie auch wieder verschwinden.
Ich habe aus diesem Buch viel Wissen und auch Input und Mut mitgenommen, warum es sich lohnt für Menschenrechte u.ä. laut zu werden.
Trotzdem glaube ich, dass dieses Buch nur für schon vorher interessierte geeignet ist. Aber vielleicht kann man dann besser im Bekanntenkreis argumentieren, warum es sich lohnt, wählen zu gehen oder zu protestieren.

Bewertung vom 22.05.2024
Mein Name ist Lilith
Marmery, Nikki

Mein Name ist Lilith


gut

mittelmäßig

Worum geht es?
Lilith, die erste Frau Adams, verlässt das Paradies und streift Jahrtausende über die Erde. Sie erlebt Götterwechsel und Unterdrückung, sowie viele biblische Ereignisse.

Worum geht es wirklich?
Gleichberechtigung, Anbetung und Gewalt.

Lesenswert?
Jein, ich bin mir nicht sicher. Den Beginn fand ich eher nicht so gut und einige sexuelle Szenen auch verstörend. Daher kann ich mir vorstellen, dass einige Menschen die Lektüre hier abbrechen. Später tritt das in dieser Form nicht mehr auf, sodass ich die Handlung dort auch ganz anders empfand. Zu Beginn sind die Dialoge umgangssprachlich und wirken unpassend zu den sonstigen Beschreibungen, die mich stellenweise an Bibeltexte erinnert haben.
Dies ist jedoch ebenfalls nur am Anfang der Fall, die Umgangssprache findet später nicht mehr in dem Maße statt und die Beschreibungen der Situationen rücken in den Vordergrund.
Interessant sind auch die erklärenden Kapitel am Ende des Buches, die die eigentliche Geschichte erläutern.
Das Cover finde ich super schön und das Thema spannend. Jedoch erschließt sich mir nicht so richtig, was das Ziel dieses Buches ist. Es geht sehr viel um die Unterdrückung der Frau auf Grundlage der Religion, viel um den Monotheismus und Gewalt für den Glauben.
Die Sprache geht viel auf Natur, Gegenstände und Tiere ein, erinnert auch dabei immer wieder an biblische Textstellen. Ich glaube ab und zu gibt es auch konkrete Anspielungen, die man ohne Vorkenntnisse aber nicht erkennen wird.
Da ich das Buch schon eher speziell finde, sowohl vom Thema als auch von der Sprache her, würde ich interessierten Menschen auf jeden Fall zu einer Leseprobe raten und auch nicht nur den Beginn des Buches, sondern eher eine Seite im weiteren Verlauf des Buches.

Bewertung vom 22.05.2024
Trial of the Sun Queen / Die Artefakte von Ouranos Bd.1
Tuli, Nisha J.

Trial of the Sun Queen / Die Artefakte von Ouranos Bd.1


weniger gut

Tribute von Panem trifft Trash-TV

Worum geht es?
Um einen Wettbewerb voller interessierter junger Frauen, die alle die nächste Sonnenkönigin werden möchten. Mit dabei auch Lor, eine gewöhnliche Sterbliche, die bis vor kurzem noch in einem Gefängnis fest saß und sich nun inmitten von Fae behaupten soll.

Worum geht es wirklich?
Macht, Anziehung und Familie.

Lesenswert?
Nein, es war zwar irgendwie unterhaltsam, aber nicht unbedingt auf eine gute Art und Weise. Vorab: Ich hätte dieses Buch als NA Romantasy eingeordnet, irgendwo wurde aber auch von Jugendbuch gesprochen. Und genau dazwischen bewegt es sich.
Die Protagonistin Lor habe ich als anstrengend und unsympathisch empfunden, weil sie ein hitziger Dickkopf ist, die aus ihren Fehlern nicht lernt. Ihre innere Stimme aber eigentlich weiß, dass sie so nicht handeln sollte.
Sie wird also von einem Tag auf den anderen in diesen Wettbewerb geworfen und macht optisch erst einmal nichts her. Das wird immer wieder unangenehm betont und die Rundungen der anderen Teilnehmerinnen gelobt. Ausgehungert durch das Gefängnis trifft sie auf Reichtum, Hülle und Fülle und muss sicher 5-10 Mal in dem Buch vor Genuss ob ihres Essens stöhnen. Das mag ja vereinzelt zutreffen. Aber hat sich denn niemand dieses Buch als ganzes durchgelesen? Wie kann das so oft auftauchen.
Auch sonst gibt es einige Klischees, zum Beispiel das gemeine Biest, dass sich die Haare immer über die Schulter wirft oder der Duft der Protagonisten voller Gischt, Zedernholz und Wohligkeit.
Dieses Buch wirft einfach so viele Aspekte anderer Bücher zusammen und hakt zeitgleich jegliche Klischees für Romantasy ab. Das war einfach zu viel.
Zeitgleich datet der Sonnenkönig die Frauen einzeln und verspricht ihnen da die Welt, kommt ihnen körperlich nahe und gibt ihnen kleine Tipps. Bachelor lässt grüßen? Was für eine unsympathische Veranstaltung. Zudem fand ich den Vibe zwischen den beiden gar nicht gut oder treffend. Stattdessen war da ja mehr Spannung und Gefühl zwischen zwei anderen Personen. Soll das so? Versehen?
Die Prüfungen hingegen sind knallhart und die Gewalt nicht gerade gering.
Das Cover gefällt mir, der Schreibstil an sich ist auch nicht schlecht. Das Buch ist aber einfach eine wilde Mischung an schon dagewesene Themen mit nervigen Protagonist*innen.
Die Andeutungen in der zweiten Hälfte werden nicht aufgelöst. Bitte lass das jetzt nicht alle vier Bände das geheimnisvolle Thema sein, das gefühlt mit dem Zaunpfahl angedeutet wird.
Uff! Ich glaube schon, dass das Buch Fans finden wird. Aber mir hat es echt nicht gefallen.

Bewertung vom 22.05.2024
Männer, die die Welt verbrennen
Stöcker, Christian

Männer, die die Welt verbrennen


ausgezeichnet

Worum geht es?
Um die Faszination von Menschen, Dinge zu verbrennen und sich daran zu bereichern und um das Aufrechterhalten der Privilegien.

Worum geht es wirklich?
Macht, Geld und Gewissenlosigkeit.

Lesenswert?
Ja, eine lehrreiche und wütend machende Lektüre. Ich finde den Titel höchst ansprechend und das Buch behandelt genau dieses Thema. Warum sind es Männer und nicht generell Menschen? Weil eben die meiste zentrierte Macht weltweit noch immer bei Männern (und deren Unternehmen) liegt.
Die Menschen, um die es hier geht, sind reich und mächtig und wollen noch mehr oder zumindest den Ist-Zustand aufrecht halten. Dafür lügen, manipulieren und bestechen sie gewissenlos.
Stöckers Schreibstil ist angenehm und gut verständlich, man kann ihm auch ohne viel Vorwissen folgen. Die Kapitel sind thematisch geordnet, eine Lektüre nach der vorgegebenen Reihenfolge scheint die beste Wahl zu sein.
Ich würde generell eine gewisse Offenheit gegenüber Kritik an fossilen Brennstoffen empfehlen, wenn man dieses Buch lesen will. Ist man dem grundsätzlich absolut abgeneigt, werden einen die Worte und Erkenntnisse vermutlich nicht erreichen und eher verärgern. Für diejenigen, die aber mehr über die Zusammenhänge weltweit verstehen wollen, die sich für Hintergründe und Verstrickungen interessieren, für die könnte diese Lektüre genau das richtige sein. Sie ist auf jeden Fall sehr bereichernd und bringt viel Erkenntnis mit sich für Entscheidungen, die man sonst nie nachvollziehen konnte.
Es geht um Lobbyarbeit, Journalismus, verschiedene Parteien (mit Fokus auf Europa und USA) und dem großen Geldverdienen. Stöcker lässt hierbei keine Alternativen zu, sondern fordert kompromisslos ein Umdenken, wenn wir unsere Gesellschaft weiter aufrecht erhalten wollen.
Mich lässt sie Lektüre wütend, aber nicht hoffnungslos zurück. Stöcker schafft es, einen schönen erzählenden Bogen zu schlagen, zu einem Ausblick, der auch positive Aspekte beinhaltet und Mut macht. Die Feststellung, hinter wie vielen Entscheidungen einfach nur Geldgier steckt und welche Personen oder Unternehmen eng verbunden sind, macht bei der Lektüre jedoch fassungslos.