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Benutzername: 
Julian
Wohnort: 
Frankfurt

Bewertungen

Bewertung vom 07.10.2020
Am Gewinn ist noch keine Firma kaputtgegangen
Simon, Hermann

Am Gewinn ist noch keine Firma kaputtgegangen


schlecht

Ich bin selbst Berater und hatte mir von dem Buch erhellende Einblicke in die Arbeit der geschätzten Kollegen von SKP erhofft.

Leider ist man am Ende der Lektüre genauso klug wie nach dem Klappentext. Die These des Autors ergibt sich schon aus dem Titel und wird auf den folgenden 250 Seiten nur durch immer neue, zusammenhanglose Spekulationen flankiert. Stellenweise hat man direkt Mitleid mit dem Autor, etwa wenn er laut darüber nachgrübelt, ob die (vermeintliche) Gewinnschwäche der deutschen Unternehmen nicht vielleicht auch etwas mit Steuervermeidung und Mentalität zu tun haben könnte. Belegt oder verworfen werden diese Thesen aber leider nicht, sodass sie einsame Selbstgespräche bleiben. Bestenfalls kramt er noch eine Anekdote heraus und verweist auf einen namentlich nicht genannten Unternehmer, der ihm 1970 mal ein Zitat zugerufen habe. Das ist weder erhellend noch unterhaltsam, sondern mitleiderregend.

Zusätzliche Zusammenfassungen und Zwischenfazits nach jedem Kapitel fassen die Wiederholung dann nochmals zusammen, was nach einer Weile richtig nervig wird - hier sollten offenbar nur Seiten bedruckt werden. Leider hat auch das Lektorat geschlafen, mir fielen mind. 10 Tippfehler auf und eine alternative Interpunktion zum guten alten Punkt war auch nicht im Angebot: Dabei sind gelegentliche Doppelpunkte oder gar Gedankenstriche doch auch was Feines.

Selbst das wissenschaftliche Niveau ist für einen Autor, der sich immerhin als "Prof. Dr. Dr. h.c. mult." bezeichnen lässt, erschreckend dünn. Direkt der erste Satz des Vorworts postuliert einen Dreisatz, der das Blut in den Adern gefrieren lässt: "In Deutschland gibt es 3,3 Mio. Unternehmen [Stand Ende 2018], in den letzten Jahren mussten 1,4 Mio. Unternehmen Insolvenz anmelden, das sind 42%." Jeder Siebtklässler weiß, dass der korrekte Anteil 1,4 / (3,3 + 1,4) = 29,8% lauten sollte, falls man Bestands- mit Verlaufsdaten überhaupt vergleichen dürfte (was unrealistisch erscheint, da in den letzten 10 Jahren sicherlich noch weitaus mehr Unternehmen neu gegründet wurden). So geht es munter weiter, Datenpunkte werden überhaupt nicht kritisch hinterfragt, sondern wild aus dem Zusammenhang gerissen und als Scheinbegründung für die gerade passende Anekdote verwendet.

Bleibt zu hoffen, dass der Autor keinesfalls Mathematik lehrt und sich lieber bald einen Hund kauft.