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cloudy

Bewertungen

Insgesamt 6 Bewertungen
Bewertung vom 22.12.2022
Die tausend Verbrechen des Ming Tsu
Lin, Tom

Die tausend Verbrechen des Ming Tsu


ausgezeichnet

Ein wirklich ganz außergewöhnlicher Roman,den ich eben zu Ende gelesen habe…
Wer den Debutroman „Die tausend Verbrechen des Ming Tzu“ von Tom Lin in eine Genre-Kategorie pressen möchte,macht es sich zu einfach und der Roman ist meiner Meinung nach alles andere als ein Thriller,wie es auf dem Cover erscheint.
Doch der Reihe nach..

Ming Tsu ist ein amerikanischer Ganove und Revolverheld chinesischer Abstammung und ist auf einer Mission.Er möchte seine große Liebe und Ehefrau Ada zurückerobern,die ihm brutal von Adas Vater und seinen Hintermännern entrissen wurde.
Ming Tsu schwört auf Rache und schießt sich dabei entlang der Cenral Pacific Road gen Westen und eliminiert einen Hintermann nach dem anderen,um am Ende Ada in Sacramento in die Arme schließen zu können.
Auf seinem blutigen Weg durch die Wüste schließt er sich gemeinsam mit seinem Weggefährten „den Propheten“ einer Wanderzirkusgruppe an.
Wird es die Gruppe über die karge Wüstenlandschaft in den nächsten Ort schaffen und wird Ming Tsu seine große Liebe zurückerobern können?

Die Handlung hört sich zuallererst brutal an und das ist sie über weite Strecken des Romans auch.Doch mitnichten ist es nur ein blutiger „Peng-Peng Western“ ohne Sinn und Verstand.
Tom Lin gönnt dem Leser zwischen den brutalen Szenen Verschnaufpausen,in dem er beispielsweise in einem leisen poetischen Ton die atmosphärische Wüstenlandschaft beschreibt.
Die Charakterzeichnung des Ming Tsu ist ihm auch ganz hervorragend gelungen.Hinter diesem knallharten Verbrecher steckt eine menschliche und zerbrechliche Seite und man hat während des Lesens den Eindruck bekommen,dass Ming Tsus Rachefeldzug letztendlich eine Reise zu sich selbst ist und was ihn als Menschen ausmacht.
Dabei trägt die sehr spannende und mystische Rolle des Propheten einen wesentlichen Teil dazu bei….aber lest es selbst.
Fazit: Dieser außergewöhnliche Roman verdient meiner Meinung nach verdient das Prädikat „wertvoll“.

Bewertung vom 05.12.2022
Die Stunde der Hyänen
Groschupf, Johannes

Die Stunde der Hyänen


ausgezeichnet

Ein Feuerteufel geht um in Berlin-Kreuzberg und zündet Nachts immer wieder Autos an.
Radek,ein ehemaliger Fernfahrer und Säufer der in seinem Bulli haust,überlebt den Brandanschlag nur knapp und feiert sich fortan als geläuteter „polnischer Messias“ in der lokalen Presse.
Wir lernen außerdem Maurice kennen,der als Postbote in Ausbildung durch den Kiez streift und dabei nur ein Ziel hat: seiner große Liebe Britta,die genauso wie er Mitglied einer Sekte ist,seine Liebe gestehen und ihr einen Heiratsantrag machen.
Währenddessen setzt die ins Branddezernat strafversetzte Romina Winter alles daran den Feuerteufel zu fassen,wird aber von ihren männlichen Kollegen nicht ernst genommen und kämpft gegen Windmühlen an.
Schnell hat sich im Kiez eine Bürgerwehr formiert,die sich von der Polizei in Stich gelassen fühlt und daher Nacht für Nacht auf Kreuzbergs Straßen patrouilliert.
Auf diesen Streifzügen lernt Romina die Journalistin Jette kennen,die einen Artikel über Radek geschrieben hat.Die Frauen freunden sich an und merken bald,dass sie auch ermittlungstechnisch ein gutes Team sind und gute Chancen haben gemeinsam den Täter zu stellen,der den Kiez in Atem hält.

Nach „Berlin Heat“ ist dies nun mein zweiter Roman von Johannes Groschupf und genau wie in seinem Vorgänger nimmt uns der Autor mit auf eine düstere und brandgefährliche Reise in die quirligen Straßen Berlins.
Dabei legt der Autor bei seiner Erzählung ein atemloses Tempo vor,dass man die Lektüre gar nicht mehr aus der Hand legen mag und unbedingt weiterlesen muss.
Groschupf ist ein großartiger Beobachter und schafft es mit einer einfachen und klaren Sprache seine Protagonisten lebendig werden zu lassen und die einzigartige Atmosphäre der Haupstadt einzufangen.
Fazit: Ein temporeicher Noir-Krimi,den ich nicht aus der Hand legen konnte.

Bewertung vom 27.11.2022
Was nicht war, kann ja noch werden
Schmölzl, Lydia

Was nicht war, kann ja noch werden


gut

Freya ist 30 Jahre alt,wohnt in Hamburg und steht Mitten im Leben.
Sie ist erfolgreich in ihrem Job,steht kurz vor der Beförderung,sie hat einen Freund mit dem sie zusammenwohnt und der sie über alles liebt und eine Freundin auf die man sich verlassen kann.Also insgesamt führt sie ein glückliches Leben,wären da nicht die Pläne ihres Freundes den nächsten Schritt zu wagen und eine Familie zu gründen inklusive Hochzeit und Haus.Freya blockt diese Themen entschieden ab,ihr geht das alles viel zu schnell.
Als Freyas beste Freundin ihr eines Abends freudestrahlend eröffnet,dass sie schwanger ist und Freya bei ihrer Beförderung übergangen wird,flieht sie Hals über Kopf zu ihren Eltern nach Werne.
Dort trifft sie überraschend auf ihre Jugendliebe Chris und überwältigt von ihren Gefühlen beschließt sie mit Chris die „guten alten Zeiten“nochmal aufleben zu lassen und genauso zu leben,wie vor 10 Jahren-ohne Ängste,ohne Sorgen und beschließt die Sache mit dem Erwachsen-werden aufs Eis zu legen.
Doch je länger Freya und Chris in ihren Erinnerungen an früher schwelgen,desto klarer wird,dass nicht alles Friede,Freude,Eierkuchen war.Freya muss sich eingestehen,dass sie die Vergangenheit verklärt und viel negatives verdrängt hat und es an der Zeit wird sich der Vergangenheit zu stellen mit all seinen Höhen und Tiefen.

Der Roman hat mich über weite Teile gut unterhalten.Den Einstieg fand ich sehr amüsant und man wird in Freyas chaotisches Leben regelrecht hineinkatapultiert.Doch je länger ich mit Freya auf Reise in ihre Vergangenheit ging,desto genervter war ich irgendwann von ihr und konnte ihre Entscheidungen nicht nachvollziehen.Auch ihre Art mit Menschen umzuspringen wie es ihr gerade passt,trug nicht dazu bei Sympathiepunkte zu sammeln.Leider plätscherte dann auch storymäßig der Mittelteil vor sich hin und ich habe mich durch diesen Teil des Buches gequält.
Gegen Ende nimmt die Story doch noch etwas an Fahrt auf und der Leser erfährt,was alles in der Vergangenheit falsch gelaufen ist und es erklärte für mich auch die ein oder andere Verhaltensweise von Freya,die sie an den Tag legte.
Alles in allem war der Roman recht durchwachsen und launig,mit einem gelungenen Einstieg,aber einem recht zähen Mittelteil,dem ein paar Seiten weniger sicherlich gut getan hätten.Der Schluss hat mich dann doch noch versöhnlich gestimmt.

Bewertung vom 27.11.2022
Die Meerjungfrau von Black Conch
Roffey, Monique

Die Meerjungfrau von Black Conch


ausgezeichnet

Es gibt Erzählungen die einen vom ersten Moment an fesseln,die einem nah gehen,weil sie etwas im Herzen berühren.
So erging es mir bei diesem Roman,der so vielschichtig ist und für mich schon jetzt ein moderner Klassiker ist.

Der junge Fischer David Baptiste fährt zum Angeln in die „Murder Bay“,als er dort zum ersten Mal die Meerjungfrau Aycayia erblickt,die in ihm eine Mischung aus Faszination,Begehren aber auch Erfurcht weckt.
Unglücklicherweise sind auch zwei amerikanische Touristen zum Hochseeangeln rausgefahren und haben die Meerjungfrau am Haken.Als sie Aycayia an Bord ziehen,können sie ihren Augen kaum trauen,wittern aber bald das große Geld und planen die Meerfrau an Land zu bringen um sie in die USA mitzunehmen und dort zu verkaufen.
In einer Nacht-und Nebelaktion rettet David die Meerjungfrau und versteckt sie bei sich zu Hause.Dort verwandelt sie sich nach und nach in eine „normale“Frau.Beide fühlen sich zueinander hingezogen,doch auf Aycayia lastet ein alter Fluch,der sie zu ewiger Einsamkeit verbannt hat.
Kann ihre Liebe den Fluch brechen und kann Aycayia ihre innere Freiheit bei David wiedererlangen?

Monique Roffey ist mit „Die Meerjungfrau von Black Conch“ein modernes Märchen gelungen,das von der ersten Seite an fesselt.Alleine die Beschreibung,wie die Amerikaner die Meerjungfrau aus dem Wasser angeln ist höchstspannend und erinnert zuweilen an Klassiker wie „Moby Dick“.Durch den einzigartigen Schreibstil,an dieser Stelle ein großes Kompliment an die Übersetzerin Gesine Schröder,wirkt die Erzählung absolut authentisch und gibt dem Roman einen ganz eigenen Sound,der auf mich als Leser exotisch und mystisch wirkt.
Die Meerjungfrau Aycayia ist so anders,als man es von kitschigen Disney Versionen kennt.Sie ist riesig mit ihrer Schwanzflosse und stark und hat etwas unzähmbares und wildes an sich.Sie gehört dem Volk der Taino an,welches als ausgerottet gilt.Sie löste als junges Mädchen bei den Männern ein unbändiges Verlangen aus und wurde deshalb von eifersüchtigen Frauen verflucht und als Meerfrau in die einsamen Tiefen des Meeres verbannt.
David ist der erste Mann bei dem sie zum ersten Mal Zärtlichkeit und Liebe erfährt.Doch er muss erkennen,dass er Aycayia nicht an sich binden kann.

Dieser Roman ist auf so vielen Ebenen mehr als eine Liebesgeschichte.Es geht um Freundschaft,Habgier,Eifersucht und um das zerstörerische Wesen des Menschen.Es wird auch auf die blutige Kolonialgeschichte der Karibik von der auf Trinidad geborenen Autorin hingewiesen,um Andersartigkeit ,was uns einerseits abstößt aber auch fasziniert.

Insgesamt ist dieses Werk ein kleines Wunder,was mich als Leser auf ganz vielen Ebenen berührt hat und ich kann es jedem uneingeschränkt zum Lesen weiterempfehlen.

Bewertung vom 08.07.2021
Die Morgenröte - Sie nehmen dir dein Leben
Richter, Noah

Die Morgenröte - Sie nehmen dir dein Leben


ausgezeichnet

„Die Morgenröte“ von Noah Richter ist einer dieser Romane die man einfach nicht aus der Hand legen kann,da er einfach sehr spannend und flüssig geschrieben ist und sich brandaktuellen politischen Themen widmet.
Dies alles passiert in einem rasenden Tempo und lässt den Leser atemlos zurück.
Ein charismatischer Popstar,eine gelangweilte Adelige und ein abgebrühter Wahlkampfmanager haben sich zusammengefunden,um die Bewegung „Die Morgenröte“ ins Leben zu rufen und das Establishment richtig aufzumischen.
Der erfolgreiche YouTuber Georg Herzfeld mitsamt Team soll die junge Wählerschaft erreichen,indem sie manipulierte auf den Wähler zugeschnitten Fotos und Videoclips auf Facebook und co. verbreiten.
Finanziert wird das Ganze von einem dubiosen russischen Oligarchen.
Klingt fürs erste natürlich sehr dick aufgetragen und überzeichnet,aber wenn man das aktuelle politische Geschehen mitverfolgt,sind leider viele Szenen der politischen Machtergreifung ziemlich realistisch.
Da geht es um Manipulation,um „alternative Fakten“,eine Gemeinschaft,mit der sich die frustrierten wütenden Bürger identifizieren können.
Am Ende ist dem Trio jedes Mittel recht,um an die Macht zu gelangen und man ist schockiert von ihrer Skrupellosigkeit und Kaltblütigkeit.
Die Hauptfigur Georg Herzfeld ist sehr authentisch gezeichnet.Man fühlt beim Lesen mit ihm mit,dass er da in etwas großes hineingeraten ist und er sich immer weiter in die Misere reitet.
Auch Georgs Neffin Nellie,die als Jounalistin tätig ist,hat mit als Charakter gut gefallen.Sie lässt sich nicht einschüchtern und kämpft für die Wahrheitsfindung und geht über ihre Grenzen hinaus.
Einziger Minuspunkt: Das Buch endet im spannendsten Moment.Es sind noch sehr viele Fragen offen und es lässt den Leser etwas unbefriedigt zurück.Eventuell ist da eine Fortsetzung geplant?
Ich werde auf jedenfall zukünftig meine Augen offen halten nach der Fortsetzung des Romans.

Bewertung vom 02.05.2021
Möwensommer
Römer, Lotte

Möwensommer


ausgezeichnet

Zur Inhaltsangabe:
Lina hat als Floristin ihren Traumberuf gefunden und auch sonst fühlt sich die waschechte Insulanerin auf ihrer Heimatinsel Norderney pudelwohl.

Besonders glücklich ist sie,wenn sie Zeit mit ihrem Jugendfreund Mattis verbringt, in den sie heimlich verliebt ist.
Leider scheint Mattis Linas Gefühle nicht zu erwidern und nach einer gemeinsamen Nacht,woraufhin er am nächsten Morgen abgehauen ist,ist Linas Herz etwas ramponiert und es fällt ihr schwer sich auf einen Mann einzulassen.

Da taucht plötzlich Bent,der schnuckelige neue Standesbeamte,auf und flirtet mit Lina.
Sie öffnet sich Bent und ist überglücklich einen tollen Mann gefunden zu haben,der scheinbar auch noch verrückt nach ihr zu sein scheint.

Mattis wiederum hat ebenfalls eine Frau gefunden die zu ihm passt und er plant einen Tanzkurs mit seiner Susanne zu machen.
Dabei soll Lina erst mal als Test-Tanzpartner herhalten und mit ihm eine Tanzstunde besuchen.

Die Tanzstunde öffnet Lina allerdings die Augen in jeglicher Hinsicht und sie schlittert von da an in ein stürmisches Gefühlschaos,bei dem man als Leser mitfiebert.

Mein Fazit:

Dies war mein erster Roman von Lotte Römer.
Mir hat ihre angenehme unangestrengte flüssige Schreibweise sehr gut gefallen.
Die Hauptfigur Lina war mir direkt sympathisch und authentisch und ich habe mich mit ihr gefreut und habe auch mit ihr gelitten.
Auch die anderen Charaktere waren gut gezeichnet und man konnte sich von jedem einzelenen ein gutes Bild machen.
Das Cover des Buches ist wunderschön geworden und hat mich total angesprochen.Man bekommt sofort gute Laune,wenn man es sich anschaut und möchte das Buch nicht mehr aus der Hand nehmen.
Auch der Schauplatz der Geschichte Norderney kam nicht zu kurz und man konnte sich anhand der lebhaften Bildern ein gutes Bild von der Insel machen,falls man noch nicht da gewesen ist.
Ich konnte letztes Jahr im Rahmen eines Bildungsurlaubs die Insel ein wenig kennenlernen und durch die Erwähnung einiger Bars und Restaurants in denen ich auch gewesen bin,fühlte ich mich gleich auf diese schöne Insel zurückversetzt.
Auch die Story konnte mich fesseln und überzeugen,obwohl relativ schnell klar war in welche Richtung Linas Liebesabenteuer gehen wird.
Am Ende hatte ich ein wohlig warmes Gefühl in meiner Bauchgegend und es ist klar,dass dies nicht das letzte Buch der Autorin gewesen ist.

Klare Leseempfehlung(und nicht nur als Urlaubslektüre auf Norderney;))