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Benutzername: 
minjo
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Reutlingen

Bewertungen

Insgesamt 49 Bewertungen
Bewertung vom 13.12.2024
Im Namen der Barmherzigkeit
Lind, Hera

Im Namen der Barmherzigkeit


ausgezeichnet

Die Geschichte erinnerte mich im ersten Moment an die "Schwabenkinder", die schon als kleine Kinder von ihren Berghöfen losziehen mussten, um bei Bauern zu schuften. Damals hörte ich zum ersten Mal davon, dass Familien ihre Kinder aus der Not heraus weggaben, weil sie selbst so arm waren, dass sie kaum für sie aufkommen können. Was die Kinder oft erleiden mussten, mag man sich kaum vorstellen. Manche hatten Glück, viele leider nicht.

Auch mit Heimkindern wurden bis in die 80-er Jahre so verfahren, wie die Autorin recherchiert hat. Lange wurde dieses Thema schön unter den Teppich gekehrt, doch früher oder später kommt alles ans Tageslicht, wenn es auch für die Kinder zu spät war, denn die traumatischen Auswirkungen auf ihr weiteres Leben konnte niemand wieder gut machen.

So geschah es auch der kleinen Steffi, die 1970 mit gerade einmal 2 1/2 Jahren auf den Hof der steirischen Bauernfamilie Kellerknecht kommt. Sie ist das jüngste von mehreren Pflegekindern und lernt schnell, dass sie für die kargen Mahlzeiten hart arbeiten muss und es kein Erbarmen gibt... und erst recht keine Liebe. Noch bevor sie zehn Jahre alt ist, vergeht sich der Bauer regelmäßig an ihr und als sie mit 15 von ihm schwanger wird, wird sie in ein Kloster abgeschoben.

Die Geschichte von Steffi - als stellvertretendes Schicksal so vieler anderer - geht wirklich unter die Haut. Nicht allein deshalb, weil Hera Lind es versteht, sie so zu erzählen, dass man nicht anders kann, als mitzuleiden und sich gleichzeitig immer wieder zu fragen, wie es sein konnte, dass diese Machenschaften so lange unter den Teppich gekehrt wurden. Was für ein erbärmliches, liebloses Leben hatten diese Kinder und wie erging es den meisten, wenn sie erwachsen wurden? Ihr Schicksal macht mich traurig und wütend zugleich und wird noch lange in mir nachhallen.

Ich mochte die Bücher von Hera Lind früher nicht so sehr, doch in den den letzten paar Jahren hat sich dies geändert, weil mich die Schicksale, die sie beschreibt, immer sehr berühren und mich lange beschäftigen.

Fazit: Eine Geschichte, die unter die Haut geht - und im Herzen bleibt.

Bewertung vom 23.10.2024
Die Mitford Schwestern / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.6
Benedict, Marie

Die Mitford Schwestern / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.6


gut

Zu wenig Tiefe durch zu viele Erzählperspektiven

Zum Inhalt:
Die sechs Mitford-Schwestern gehören dem alten Adel Englands an, auch wenn sie durch Fehlinvestitionen und der Wirtschaftskrise bei weitem nicht mehr so vermögend sind. Die Eltern bemühen sich, Traditionen beizubehalten und jedem ihrer Töchter einen guten Start zu ermöglichen. Allerdings haben alle sechs Schwestern ihren ganz eigenen Kopf und sind schon früh politisch interessiert, die einen fühlen sich vom Faschismus angezogen, die andere vom Kommunismus. Da ist zum einen Nancy, die spitzzüngig und sehr wortgewandt ihre Meinungen in ihre Romane einfließen lässt – meist sehr zum Missfallen ihrer Familie. Diana ist der schillernde Star unter den Mitford-Schwestern, hinreißend schön und geheimnisvoll ist sie stets der Mittelpunkt jeder Gesellschaft. Sie hat einen äußerst vermögenden Spross der Guinness-Dynastie geheiratet und ist bereits Mutter zweier Söhne, als sie sich in den charismatischen Anführer der British Union of Fascists (BUF) Oswald Mosley „M“ verliebt und für ihn ihren Mann verlässt – ein Skandal zu jener Zeit, der ihren Stern danach nicht mehr ganz so strahlend funkeln ließ.
Unity ist trotz ihrer beachtlichen Körpergröße anfangs noch die Unscheinbarste – allerdings nur auf den ersten Blick, denn sie ist extrem eigenwillig und weiß früh, was und vor allem wen sie will: niemanden geringeren als Hitler möchte sie näherkommen und schafft es durch Beharrlichkeit und klugem Handeln schließlich, ihrem Ziel ganz nahe zu kommen. In der Folge radikalisiert sie sich immer mehr und gerät in einen gefährlichen Wahn. Im weiteren Verlauf der Weltgeschichte geraten auch die Beziehungen der Schwestern zueinander immer mehr zwischen die Fronten.


Zum Buch:
Marie Benedict hat sich mit ihren Büchern über bedeutende Frauen im Schatten der Weltgeschichte einen Namen gemacht, so schrieb sie z.B. „Lady Churchill“, „Frau Einstein“ und „Mrs Agatha Christie“, um nur einige wenige Frauen zu nennen, die oft erst im Nachhinein zu Anerkennung, Ruhm und Bedeutung kamen. Nun also die Mitford-Schwestern, die viele vermutlich nicht auf dem Schirm hatten, da ihre Bedeutung und ihr Ruf in Deutschland vermutlich weniger bekannt ist als in England. Die Autorin schreibt sehr ausführlich, wie sich die Familie Mitford immer mehr spaltet, wie die faschistische Ideologie zunehmend ihr Leben bestimmt und wie Macht und Manipulation in Kombination mit weiblicher Raffinesse und Charme schließlich einer Ideologie der Vernichtung folgt. In verhältnismäßig kurzen Kapiteln wechseln die Erzählperspektiven hauptsächlich zwischen der Hauptfigur Nancy (aus der Ich-Perspektive erzählt) und ihrern Schwestern Diana und Unitiy, die anderen drei Schwestern sowie der Bruder Tom und die Eltern sind eher Nebenfiguren. Als Leser erlebt man mit, wie aus einer anfänglichen Begeisterung und Faszination immer mehr ein Sog – man kann auch sagen: ein Wahn – entsteht und die Fronten zwischen den Schwestern immer verhärterter werden, bis es schließlich zu der Situation kommt, dass Nancy sich zwischen Familie und ihrem Land entscheiden muss.

Persönliche Meinung:
Im Gegensatz zu ihrern anderen Büchern ist es mir hier wirklich schwergefallen, in die Geschichte einzutauchen und mich auf die Schwestern einzulassen, sowie ihre Motivationen und Fasziniationen nachzuvollziehen. Vermutlich waren es eben einfach zu viele unterschiedliche Erzählperspektiven, die hier aufeinander abgestimmt werden mussten. Der ständige Perspektivwechsel und die zeitlichen Sprünge ließen die ganze Geschichte sehr abgehackt wirken und es ist mir dadurch leider bis zum Schluss nicht gelungen, den Schwestern wirklich näherzukomme oder gar mitzufühlen. Auch fand ich es oft sehr langatmig und ermüdend und habe mehr als einmal mit dem Gedanken gespielt, das Buch vorzeitig abzubrechen. Geschichtlich fand ich es trotzdem sehr interessant, die NS-Zeit einmal aus der englischen Perspektive zu betrachten, allerdings wurde auf die Gräueltaten der Nazis meiner Meinung nach viel zu oberflächlich eingegangen.

Fazit:
Durchaus interessanter Blick auf das Leben und Wirken der englischen Mitford-Schwestern und ihre Rolle am damaligen Weltgeschehen. Für mich leider zu viele Erzählperspektiven, zu wenig Emotionen, zu viele Zeitsprünge, zu wenig Tiefe, zu viel Oberflächlichkeit in der Darstellung der NS-Zeit... Meiner Meinung nach der schwächste Band aus Marie Benedict's bisher überzeugender Starke Frauen-der Weltgeschichte-Reihe.

Bewertung vom 07.10.2024
Blutbuße / Hanna Ahlander Bd.3
Sten, Viveca

Blutbuße / Hanna Ahlander Bd.3


ausgezeichnet

Die Vergangenheit ruht nie ... Eiskalte Spannung am Polarkreis

Zum Inhalt:
im kleinen, beschaulichen Wintersportort Åre tummeln sich vor Ostern viele Urlauber. Auch die Immobilienentwicklerin Charlotte Wretlind aus Stockholm ist hier und belegt eine Suite im besten Hotel im Ort, wo sie kurz darauf auf grausame Weise getötet wird. Viele Hotelgästen brechen ihren Urlaub daraufhin ab und fahren nach Hause, denn der Mörder ist zunächst nicht bekannt. Ein neuer Fall für Hanna Ahlander sowie ihren Kollegen Daniel Lindskog, die umgehend die Ermittlungen aufnehmen. Diese führen sie in ein verlassenes Hotel außerhalb von Åre, welches vom Opfer abgerissen und durch ein schickes Luxushotel ersetzt werden sollte. Ist dies der Grund für ihren gewaltsamen Tod? Alles deutet zunächst darauf hin, zumal diese das Hotel noch aus ihrer Kindheit kannte. Doch so einfach ist die Lösung natürlich nicht und als ein zweiter Mord geschieht, beginnt ein Wettlauf mit der Zeit...

Zum Buch:
"Blutbuße" ist der dritte Band der beliebten Bestseller-Autorin Viveca Sten mit der Hauptprotagonistin Hanna Ahlander. Die Handlung spielt in Åre, einem beliebten Skiort im Norden Schwedens, nahe der Grenze zu Norwegen. Die Spannung baut sich kontinuierlich bis zum fesselnden Ende hin auf. Wie es sich für einen guten Krimi gehört, legt die Autorin verschiedene Fährten aus und somit gibt es gleich mehrere Verdächtige, die ein Motiv gehabt haben könnten, Charlotte Wretlind zu töten. Wie im wahren Leben auch, ist nichts so, wie es auf den ersten Blick erscheint und die wahren Hintergründe - und menschlichen Abgründe - entblättern sich nach und nach und zeigen, dass die Vergangenheit nie wirklich vergangen ist. Das Ermittlerteam besteht aus Hanna Ahlander, die immer noch recht neu in der Dienststelle ist, sich aber bereits gut integriert hat. Daniel Lindskog ist ihr Vorgesetzter, mit dem sie eng zusammenarbeitet und die Ermittler Raffe und Anton vervollständigen das starke Kleeblatt. Die atmosphärische Dichte kommt bei Viveca Sten ebenfalls nie zu kurz: angefangen vom stimmigen Cover schafft sie es, die Schönheit der Natur und die Unbarmherzigkeit der eisigen, schneereichen Tage und Nächste im hohen Norden zu beschreiben, was der Story noch das gewisse Extra an Stimmung verleiht. Durch die Zeitform Präsens ist alles sehr direkt und unmittelbar und durch die kurzen Kapitel wird das Tempo der Geschichte deutlich forciert. Durch eine weitere Erzählperspektive erhält man als Leser zwischen den einzelnen Kapiteln noch Rückblicke ins Jahr 1973 und versteht dadurch nach und nach die Hintergründe.


Persönliche Meinung:
Mit Hanna hat die Autorin eine sympathische Figur geschaffen: auf den ersten Blick wirkt sie etwas introvertiert, doch je besser man sie kennenlernt, umso mehr erwärmt man sich für sie, denn sie hat das Herz auf dem rechten Fleck und ein sicheres Bauchgefühl. Auch der Ermittlungsleiter Daniel Lindskog ist einer der Hauptfiguren und wie Hanna ein Charakter mit Ecken und Kanten. Man fühlt mit, wie er den Spagat zwischen junger Familie und der zügigen Auflösung dieses Falles hinzubekommen versucht. Hanna und Daniel sind schnell zu einem Team zusammengewachsen und ergänzen sich sehr gut. Insgeheim fühlt Hanna sich aber mehr zu Daniel hingezogen und auch Daniel scheint langsam Gefühle für sie zu entwickeln. Doch er hat noch mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen, die sich immer wieder in heftigen Wutausbrüchen Bahn brechen. Auch Anton hat mich schon im letzten Band beschäftigt: wann wird er endlich zu seiner Orientierung stehen? Das Privatleben von Hanna, Daniel und auch Anton nehmen recht viel Raum ein. Das ist sicher nicht jedermanns Sache bei einem Krimi, bei dem es in erster Linie um Opfer, Täter und Motive geht. Dennoch mag ich persönlich gerade das sehr gerne, da auch Polizisten schließlich nur Menschen sind und somit menschlich (und nicht immer rational) handeln.
Übrigens: wer die ersten beiden Bände nicht gelesen hat, dürfte trotzdem problemlos mitkommen, da die wesentlichen Dinge, die das Verständnis erleichtern, im vorliegenden Band gut eingearbeitet wurden.
Ich habe mich wieder bestens unterhalten gefühlt und hoffe, die Forsetzung lässt nicht allzu lange auf sich warten. Auch kann ich mir eine Verfilmung dieser Serie jetzt schon gut vorstellen. Mir ist diese Serie inzwischen wirklich ans Herz gewachsen und ich freue mich schon auf den nächsten Fall.

Fazit:
Fesselnder und komplexer Krimi von einer Autorin, die ihr Handwerk versteht wie kaum eine andere. Spannende und unterhaltsame Lesestsunden sind garantiert.
Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 18.08.2024
Letzte Lügen / Georgia Bd.12
Slaughter, Karin

Letzte Lügen / Georgia Bd.12


ausgezeichnet

GBI Special Agent Will Trent und Gerichtsmedizinerin Dr. Sara Linton sind frisch verheiratet und wollen ihren Honeymoon auf einer hochgelegenen Lodge in den Bergen Georgias verbringen. Doch schon in der ersten Nacht dringt ein gellender Hilfeschrei über den See und Will findet die sterbende Mercy McAlpine grausam zugerichtet am Seeufer. Da die Ferienanlage weit abgelegen der nächsten Stadt liegt und zudem ein schweres Unwetter aufzieht, sind Will und Sara zunächst auf sich selbst gestellt und versuchen herauszufinden, wer der Mörder ist. Dabei sehen sie sich einem jahrzehntealten Netz von Geheimnissen konfrontiert, welches sie mühsam zu entwirren versuchen und sind schockiert über die Kälte und Gefühlslosigkeit, die in der McAlpine-Familie herrscht. Doch die Zeit tickt, der noch unbekannte Mörder ist noch nicht fertig ...

Zum Buch:
Dies ist der zwölfte Fall der seit Jahren bestehenden "Georgia"-Reihe um GBI Special Agent Will Trent, die inzwischen auch schon sehr erfolgreich verfilmt wurde. Für mich ist es erst der zweite Fall und obwohl ich die Vorgeschichte von Will und Sara nicht bis ins letzte Detail kenne, bin ich mühelos mitgekommen, da die Wissenslücken auch im vorliegenden Buch clever geschlossen werden. Die Hauptfiguren sind mit sehr viel Liebe zum Detail ausgearbeitet und sind mir sehr schnell ans Herz gewachsen. Allen voran natürlich Will mit seiner Vergangenheit als Heimkind, aber auch Sara ist nicht minder liebenswert. Und auch Will's "partner in crime" Faith Mitchell mit ihrer ganz besonderen Art ist schnell zu einer Lieblingsfigur geworden.

Die Spannung ist von Anfang an greifbar und baut sich bis zum Ende kontinuierlich auf. Durch die gründliche und detailverliebten Beschreibungen entsteht schnell eine atmosphärisch dichte Geschichte, die dem Kopfkino richtig Spaß macht. Verschiedene Erzählperspektiven machen die Story noch lebendiger. Briefe von Mercy an ihren Sohn Jon zeigen die Eskalation über die Jahre sehr intensiv und emotional auf.
Was jedoch besonders schockiert, ist die Kälte innerhalb der Familie, die aber sehr glaubhaft dargestellt wird. Wer so eine Familie hat, braucht wahrlich keine Feinde mehr! Die Kapitel waren recht lange, so dass man das Buch einfach nicht zwischendurch zur Seite legen konnte. Bis zum Ende kann man sich nicht wirklich sicher sein, wer nun der Täter ist, denn nicht nur die Familie, sondern auch die Gäste in den anderen Ferienlodges hatten sowohl Motiv als auch die Gelegenheit zur Tat. Das Thema, welches sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht, kann ich hier nicht benennen, da es zuviel verraten würde. Die Geschichte der Familie geht wirklich unter die Haut und lässt einen nicht mehr so schnell los!

Der einzige Kritikpunkt betrifft das Cover: Wieso muss wieder einmal eine schwarze Katze als Symbol für das Böse, Gefährliche herhalten, zumal sie mit dem Inhalt wirklich überhaupt nichts zu tun hat?

Letztendlich zählt aber das, was zwischen den Buchdeckeln steckt und das ist ein absolut gelungener, sehr spannender Krimi. Ich freue mich schon auf den nächsten Fall von Will, Sarah und Faith. Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 20.07.2024
Unlock My Heart / Golden Heights Bd.1
Louis, Saskia

Unlock My Heart / Golden Heights Bd.1


ausgezeichnet

Ja, die junge Studentin Lexie ist wahrlich nicht mit dem goldenen Löffel zur Welt gekommen, sondern hat früh die Schattenseiten des Lebens kennengelernt. Auch jetzt verdient sie sich neben ihrem Kellnerin-Job durch den Verkauf gefälschter Ausweise und Prüfungsantworten etwas dazu, um über die Runden zu kommen und ihr Studium zu finanzieren. Dadurch fällt sie auf dem Campus-Gelände schließlich ausgerechnet dem reichen und zudem viel zu gut aussehenden Milliardärssohn Logan Maxx auf, der ihre Fähigkeiten für einen ganz bestimmten Auftrag braucht. Obwohl sie diesen eigentlich nicht annehmen will, bleibt ihr nichts anderes übrig. Lexie und Logan, zwei Welten treffen aufeinander, die kaum unterschiedlicher sein könnten ...

Zugegeben, das klingt ganz nach Klischees und der Wiederholung einer bereits oft erzählten Story: Arm trifft auf Reich, beide mögen sich anfänglich nicht und dennoch entwickelt sich bald mehr, als sie den anderen besser kennen- und verstehen lernen. Dann kommt noch das gewisse kribbeln dazu - voilà, fertig ist die Lovestory. Doch es kommt ja immer darauf an, wie das ganze Paket verpackt wird und wieviel Spaß es macht, den Inhalt zu entdecken, nicht wahr?
Kurzum: ich hatte sehr viel Spaß daran! Obwohl ich keine allzu großen Erwartungen hatte, weil ich es voreilig in die Schublade "oberflächliche New Adult-Lovestory, für die ich wahrscheinlich eh schon zu alt bin" gesteckt hatte, wurde ich positiv überrascht.

Die Charaktere:
Mir haben die Charaktere Lexie und Logan sehr gut gefallen, beide sind interessant, witzig, einfalls- und facettenreich - ich habe beide schon nach kurzer Zeit in mein Herz geschlossen. Genauso wie die Nebendarsteller: Aiden, der Brot & Kekse-backende Quarterback. Die quirlige Kunststudentin Carly, die ihren Kühlschrankinhalt nach Haltbarkeit und Farben ordnet. Ty, der seine Pflichten als großer Bruder von Lexie sehr ernst nimmt. Mace, der grummelige Barbesitzer mit dem Herz am rechten Fleck, bei dem Lexie und Ty arbeiten. Die Autorin hat allen ihre Figuren Leben eingehaucht und sie mit liebenswerten Ecken und Kanten versehen, z.B. Logan's Schrauben-Sammlung.

Die Story:
Von Anfang bis Ende abwechslungsreich und niemals langweilig. Obwohl der Roman sehr dialoglastig ist, die sich oftmals über viele Seiten am Stück erstrecken, habe ich diese nie als zu ausufernd empfunden, was hauptsächlich an dem witzigen Schlagabtausch liegt ... und an den Gesprächen über Herkunft sowie Zukunft und alles, was dazwischen liegt. Hier habe ich immer wieder über die Tiefe gestaunt, die trotz des scheinbaren Geplänkels erreicht wird.
Einige Wendungen sind natürlich etwas konstruiert, aber alles in allem dennoch eine runde und stimmige Story. Auch das gewisse Knistern und die Romantik kommen keinesfalls zu kurz, was bei einer Liebesgeschichte selbstverständlich nicht fehlen darf.

Schreibstil:
Flüssig und bildstark. Sehr lange, aber unterhaltsame Dialoge. Schwierige Themen wie Adoption, Ablehnung durch leibliche/Adoptiveltern, unerfüllbar scheinende Wünsche und Lebensziele, falsche Erwartungen/Vorverurteilungen anderer uvm. werden scheinbar mühelos vermittelt.
Es gibt mit Lexie und Logan zwei alternierende Erzählperspektiven, so dass man beide noch persönlicher und jeweils aus der Sicht des anderen kennenlernen kann.
Es gibt leider sehr viele Wortwiederholungen, wie z.B. Fuck, Shit, lächerlich, dumm/blöd, Alter, er/sie schnaubte, usw. Teilweise spiegelt es natürlich die Alltagssprache der jungen Leute wider, was mich als Ü50-jährige aber nicht sehr gestört hat.

Tja, Lexie, Logan und ihre Freunde haben mich um den Finger gewickelt und da ich wissen möchte, wie es mit ihnen weitergeht, habe ich mir den 2. Band "Unlock my Truth", der im Februar 2025 erscheint, schon vorbestellt.

Ach ja, und das Cover mit dem passenden Farbschnitt und der stimmigen Innengestaltung waren natürlich noch ein schönes Extra. Dieses Buch macht sicher auch als Geschenk was her, denn es überzeugt von innen und von außen.

Fazit:
Sehr unterhaltsame, witzige, dennoch tiefgründige Lovestory mit der richtigen Mischung aus Romance, Humor und Spannung, die man nur schwer aus den Händen legen kann. Klare Leseempfehlung!

Lexie:
"Es ist okay, dass es hart ist, Logan. Das Leben darf schwer sein! Es darf mich müde machen. Es darf mich verzweifeln lassen. Ich bin es gewohnt, dass mein Weg steiniger ist als der vieler anderer. Aber solange ich glückliche Momente habe. Solange ich Menschen habe, auf die ich zählen kann. Die mich lieben und die ehrlich zu mir sind und mir den Rücken stärken. Solange ist es okay. Solange kann das Leben trotz allem wunderschön sein. Nur weil manche Menschen mehr haben als ich, heißt das nicht, dass sie >mehr< haben als ich. Es kommt nur immer auf die Kategorien an, in die man sein Leben einteilt. Und ich wähle die guten Kategorien. Die richtigen."

Bewertung vom 11.07.2024
Die Verlierer
Hammesfahr, Petra

Die Verlierer


gut

Ich mag die Bücher von Petra Hammesfahr eigentlich sehr gerne, zumindest die früheren ihrer Werke. Ihre zuletzt erschienenen Bücher fand ich recht durchwachsen und auch "Die Verlierer" lässt mich etwas ambivalent zurück, hier gibt es für mich ziemlich viel Licht und Schatten. Vieles hat mir gefallen, aber einges fand ich auch nicht sehr gelungen.

Was mir gut gefallen hat:
Mir gefällt der Schreibstil der Autorin, der flüssig und bildstark zu lesen ist.
Die Charaktere haben Ecken und Kanten, die einen beschäftigen und an denen man sich reiben kann.
Man kann sich über das vermutete Ende nicht zu früh sicher sein, denn es gibt
überraschende Wendungen und Fährten, die ins Leere führen.
Die Story ist (wie immer bei Petra Hammesfahr) bewegend und realitätsnah, man kann sich gut in die Geschichte hineinversetzen und mit den Betroffenen mitfühlen.

Was mir weniger gefallen hat:
Es gibt hier ziemlich viele handelnde Personen, mehrere Handlungsstränge und damit stetig wechselnde Schauplätze, dazu wiederkehrende Rückblenden in die Vergangenheit. Der ständige Perspektivwechsel zwischen der ermittelnden Hauptkommissarin Rita Voss und dem mutmaßlichen Täter sowie dessen Rückblende auf seine eigene Geschichte könnte eigentlich die Spannung anheizen, aber das Gegenteil ist hier der Fall: die Geschichte verliert an Tempo und der Spannungsbogen verläuft sehr flach.
Leider konnte mich die Darstellung der meisten Charaktere und eben auch die von Rita Voss zu keiner Zeit wirklich überzeugen. Das ständige Klein-Klein zwischen Rita Voss und ihrem Vorgesetzten (und aufgrund ihrer schwierigen Art eigentlich mit jedem ihrer Kollegen) nimmt zu viel Raum und Bedeutung ein und nervt schließlich nur noch. Eine Hauptkommissarin, die zudem ständig Rat bei ihrem Mentor und Bestätigung von ihrem Vorgesetzten sucht, ist für mich wenig glaub- und vertrauenswürdig.
Das Motiv von Carli fand ich zwar nachvollziehbar, wenn man seine Geschichte kennt, doch seine (oder eher: ihre) Umsetzung ist recht ... kreativ.
Durch viele ausufernde und unnötige Passagen dauert es extrem lange, bis die verschiedenen Handlungsstränge zusammenfinden und man die Zusammenhänge und Motive erkennt, was sich wiederum negativ auf die Spannungsentwicklung auswirkt.
Die erzählte Geschichte hat durchaus Tiefe, doch ein Großteil ihres Potentials geht in zu vielen Schauplätzen und den unübersichtlichen Ermittlungsansätzen verloren, die die Story eher träge dahinplätschern lassen.

Tja, leider überwiegen hier für mich persönlich die Schattenseiten, auch wenn das Thema interessant und unterhaltsam ist. "Psycho-Spannung", wie auf dem Cover angekündigt, ist es für mich aber nicht.

Bewertung vom 06.06.2024
Der 1. Patient / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.4
Schwiecker, Florian;Tsokos, Michael

Der 1. Patient / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.4


gut

Dr. Sasha Müller ist eine angesehende Gefäßchirurgin und setzt sich deutschlandweit für den Einsatz von KI im medizinischen Bereich ein. So arbeitet sie bereits mit KI-Unterstüzung bei Operationen im Klinikum Spreehöhe in Berlin - eine Entwicklung, die von einigen kritischen Medizinern in Deutschland argwöhnisch betrachtet wird, die nur auf einen fatalen Fehler warten. Und dieser geschieht schließlich auch, denn einer ihrer Patienten überlebt den Eingriff nicht. Doch wer hat nun Schuld daran, ist es der Mensch, also die nun angeklagte Dr. Müller, oder doch eher die KI?

Zum Buch:
Mit "Der 1. Patient" setzt das Autorenduo Schwiecker und Tsokos seine bereits etablierte Serie fort und fokussiert in diesem Fall die Rolle der KI in medizinischen Bereichen wie hier als Unterstützung während einer OP. Ein spannendes Thema, welches die Gesellschaft oft in Befürworter und Gegner spaltet, was auch in dieser Geschichte deutlich zum Ausdruck kommt. Wie bei einem Justiz-Krimi üblich, liegt der Schwerpunkt auf der Gerichtsverhandlung und wie clever Staatsanwaltschaft und Verteidiger ihre Karten ausspielen. Mit den Hauptfiguren Rocco Eberhardt, Gerichtsmediziner Justus Jarmer und dem Ermittler Tobias Baumann haben die Autoren durchaus interessante Akteure geschaffen, denen man mit Interesse und Spannung folgt. Die Spannung baut sich langsam, aber kontinuierlich auf und man hofft natürlich auf einen spektakulären Showdown mit mitreißenden Plädoyers vor Gericht. Die medizinischen und rechtlichen Fakten werden leserfreundlich vermittelt und man bekommt so einen kleinen Einblick in die Welt der "Medical Intelligence". Die Kapitel sind von angenehmer Länge und enden oft mit einem Cliffhanger. Einzig die Figuren sind recht oberflächlich gezeichnet, vor allem die der Angeklagten Dr. Sasha Müller. Hier wäre eine weitere, ausführlichere Erzähl-Perspektive aus Sicht der Angeklagten wünschenswert gewesen, um mehr über sie als Mensch zu erfahren. Dies wäre vor allem in Bezug auf das doch recht überraschende Ende hilfreich gewesen. Nicht nur Anwalt und Gerichtsmedizinier sollten in einem Justiz-Krimi die Hauptrolle spielen - auch die Angeklagte(n), um deren Fall sich schließlich alles dreht!

Persönliche Meinung:
Ich hatte überwiegend Spaß beim lesen und fand den Fall und den Verlauf auch durchaus spannend. Dennoch habe ich mich zunehmend an für mich nicht nachvollziehbaren Herangehensweisen gestört. Vielleicht habe ich auch einfach schon zu viele Justiz-Krimis anderer Autoren gelesen und reagiere deshalb zu kritisch, wer weiß... Abgesehen davon gab es aber zahlreiche Kapitel, wo es einfach an Tiefe und auch Raffinesse gefehlt hat. Vielleicht kann man bei einem Umfang von 344 Seiten auch nicht mehr erwarten, dennoch hat mich vor allem das Ende mit seiner für mich recht kurz abgehandelten und ziemlich unglaubwürdigen Auflösung doch überrascht und enttäuscht. Leider kann ich hierzu nicht näher darauf eingehen, da ich dadurch zuviel verraten und somit spoilern würde, aber ich fand das Motiv zu sehr konstruiert, damit es zum Thema des Buchs passt. Logisch und nachvollziehbar fand ich es nicht und gerade hier wäre eine weitere durchgängige Erzählperspektive aus Sicht des Täters nötig gewesen, um die Nachvollziehbarkeit und Glaubwürdigkeit zu erhöhen.
Was mich zudem noch gestört hat, waren zahlreichen Wiederholungen wie z.B. Rocco machte "seinem besten Freund" einen Espresso... "der (beste) Freund" kam in gefühlt jedem Kapitel einmal vor, was nicht nur unnötig, sondern irgendwann auch nervig war. Rocco Eberhardt, Justus Jarmer und Tobias Baumann sind die makellosen Helden dieser Krimi-Serie, sie stehen im ruhmbringenden glorreichen Spotlight, was einfach etwas too much ist, ein paar Macken, Ecken und Kanten hätte ihnen mehr Authentizität verliehen. Hätten die Autoren sich lieber etwas mehr Mühe gegeben, die Figuren ihres Krimis detailgetreuer zu skizzieren und nicht alle mehr oder weniger in die Schubladen Freund oder Feind zu packen. Gerade die Angeklagte Sasha Müller blieb mir dadurch bis zum Schluss leider fremd und unnahbar, es gelang mir daher nicht, Mitgefühl für sie aufzubringen bzw. für sie als Angeklagte mitzufiebern.

Fazit:
Ein interessanter Fall, der einem zudem auch die "Medical Intelligence" etwas näher bringt. Ich kann dieses Buch Lesern empfehlen, die Justiz-Krimis mögen und nicht zu kritisch mit den namhaften Autoren ins Gericht gehen.

Bewertung vom 19.05.2024
Krähentage / Gruppe 4 ermittelt Bd.1
Cors, Benjamin

Krähentage / Gruppe 4 ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Ein Thriller-Highlight 2024

Schon der erste Tag der neu gegründeten Abteilung "Gruppe 4" hat es in sich. Nicht nun der brutale Überfall einer jungen Frau in ihrer eigenen Wohnung schreit nach schneller Aufklärung, auch zwei kurz aufeinander folgende grausame Morde an einer alten Frau und einem jungen Studenten, die beide nach ihrem Tod noch gesehen wurden, gibt Rätsel auf. Schnell wird klar, dass der nächste Krähenmord nicht lange auf sich warten lassen wird, denn der Täter gibt ein unbarmherziges Tempo vor. Was hat es mit den Krähen auf sich, die am jeweiligen Tatort zurückgelassen werden und den Ermittlern jeweils ein Bild des Grauens bescheren? Jakob Krogh und Mila Weiss haben keine Zeit, sich gegenseitig und ihr neu zusammengewürfeltes Team erst einmal in Ruhe kennenzulernen und die Rollen untereinander aufzuteilen, denn die Uhr tickt...

Zum Buch:
"Krähentage" von Benjamin Cors ist der erste Thriller um die Ermittler Jakob Krogh und Mila Weiss. Er hat bereits eine beliebte Serie von Krimis veröffentlicht, die in der Normandie spielen, doch mit dieser Story betritt er die düstere Bühne des Thriller-Genres. Und chapeau, er kann auch Thriller! Der Spannungsbogen wird bereits gleich zu Beginn strammgezogen und baut sich von Kapitel zu Kapitel immer mehr auf. Die Kapitel sind von angenehmer Länge, mal kurz, mal länger, aber meistens mit einem Cliffhanger am Ende, der es dem Leser sehr schwer macht, das Buch aus der Hand zu legen. Der Schreibstil und die Dialoge sind lebendig und bildstark, die Geschichte an sich nachvollziehbar und glaubhaft, wenn auch natürlich ziemlich abgefahren, was Motiv und die Krähen anbelangt. Aber gut, man(n) muss sich ja auf dem weiten Feld der Thrillerwelt ja auch etwas einfallen lassen, was noch nicht völlig ausgelutscht ist. Die Erzählperspektive wechselt häufig, was die Geschichte noch facettenreicher macht, die Spannung steigert und das Tempo hoch hält. Die Charaktere sind angenehm kantig und interessant - manchmal vielleicht etwas übertrieben kantig bzw. eher stachlig, aber man lernt im Laufe der Story auch die verletzlichen Seiten besser kennen, was einem die Protagonisten immer mehr ans Herz wachsen lässt. Auch der Rest des Teams um Jakob und Mila sind spannend und es zeigt sich wieder einmal auf's Neue: Der Spaßfaktor an einer gute Serie steht und fällt mit den Ermittlern und ihrem Team. Es geht nicht klar hervor, ob dies der Auftakt einer neuen Thriller-Serie sein soll, doch der Epilog lässt stark vermuten, dass die Geschichte noch nicht auserzählt ist und in einem nächsten Buch seine Fortsetzung finden wird.

Persönliche Meinung:
Ich hatte schon lange keinen Thriller mehr in der Hand, der mich von Beginn bis Ende so gefesselt hat. Mag sein, dass ich schon zu viele gelesen habe und dadurch etwas "abgestumpft" bin, doch diese Geschichte konnte ich kaum aus der Hand legen, da ich unbedingt wissen wollte, wie es weiterging. Auch die Charaktere haben mich überzeugt, wobei es bei Mila etwas gedauert hat, bis der Funke übergesprungen ist, da ich ihre stachlige Art gerade am Anfang ziemlich übertrieben fand. Auch die anderen Teammitglieder fand ich gelungen skizziert und bin schnell mit ihnen warmgeworden, auch wenn ich so manche ihrer Handlungsweisen nicht ganz nachvollziehen konnte. Mit den Krähen spielt der Autor zudem gekonnt mit dem Unbehagen und leichten Gruseln, die viele Menschen diesen oft als "Boten des Todes" verrufenen Vögeln entgegenbringen,
Ich hoffe, dass es ein Wiedersehen bzw. Wiederlesen gibt und dies der Auftakt einer neuen Thriller-Serie wird.

Fazit:
Ein Thriller, wie er sein soll: frisch, knackig, gruslig und spannend bis zum Schluss mit interessanten Ermittlern und einem ziemlich abgründigen Täter. Eines der Thriller-Highlights 2024!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.04.2024
Meeresfriedhof / Die Falck Saga Bd.1
Nore, Aslak

Meeresfriedhof / Die Falck Saga Bd.1


gut

Während des Zweiten Weltkriegs wird nahe der Lofoten das Hurtigrutenschiff "Prinsesse Ragnhild" mit norwegischen Zivilisten und deutschen Soldaten an Bord scheinbar von einer Mine getroffen und sinkt. Hunderte Menschen kommen ums Leben, so auch der Unternehmer und Reeder Thor Falck. Seine junge Frau, die junge Schriftstellerin Vera Falck, und ihr 3 Monate alter Sohn Olav werden wie durch ein Wunder gerettet. So die offizielle Version...
Fünfundsiebzig Jahre später begeht Vera Selbstmord. Ihre Familie sucht zunächst vergeblich nach dem Testament, welches Vera sich am Tag vor ihrem Tod hat aushändigen lassen. Ihr Sohn Olav, der Patriarch der Familie und Vorsitzender der einflussreichen SAGA-Stiftung, ist besorgt: hat seine Mutter etwa das Testament in letzter Sekunde geändert und den ungeliebten Bergenser Zweig der Familie bedacht? Und wo steckt Vera's Manuskript "Meeresfriedhof", welches nach Fertigstellung in den 70er-Jahren vom norwegischen Staatsschutz beschlagnahmt worden war? Olavs Tochter Alexandra Falck, die bisher immer auf seiner Seite war, ist entschlossen, die Wahrheit herauszufinden, auch wenn sie sich damit gegen ihren mächtigen Vater stellen muss. Mit Hilfe des Biografen John Omar Berg, der seinerseits mit Olav noch eine Rechnung offen hat, forscht sie nach, was sich vor 75 Jahren tatsächlich ereignet hat und welche Folgen diese Geschehnisse für Vera und ihre Familie hatte...

Zum Buch:
"Meeresfriedhof" ist der erste Teil einer Trilogie um die norwegische Reederfamilie Falck. Der Autor Aslak Nore hat hier historische Fakten wie den Untergang des Hurtigrutenschiffes mit einer fiktiven Story verwoben, die im Kriegsjahr 1940 beginnt und sich im ersten Band bis ins Jahr 2015 erstreckt. Eine der Hauptfiguren, die Schriftstellerin Vera Lind, lernt man hierbei hauptsächlich in den Passagen ihres Manuskripts "Meeresfriedhof" besser kennen, welches in drei Teilen im Buch untergebracht ist. Weitere Hauptfiguren sind Vera's Sohn Olav Falck und seine Tochter Alexandra (Sasha), sowie der Elitekämpfer und Biograf John Omar Berg und Hans Falck, das Familienoberhaupt des Bergenser Familienzweigs. Ein Stammbaum vor dem Prolog hilft zu Beginn, sich mit den familiären Verzweigungen zurechtzufinden. Es geht um deutsche Widerständler im zweiten Weltkrieg, verdeckte Aktionen des norwegischen Geheimdienstes im nahen Osten, Vertuschung und Machtspiele. Die Geschichte braucht aufgrund der komplexen Zusammenhänge und diversen Erzählstränge eine sehr lange Anlaufzeit, bis sich langsam ein Bild ergibt, wohin die Reise gehen könnte. Dennoch ist es eine abwechslungsreiche Reise in verschiedene Regionen, Zeitebenen und Perspektiven

Persönliche Meinung:
Von der Geschichte des deutschen Widerstands im zweiten Weltkrieg, als die Deutschen Norwegen besetzten, bis zu den Kämpfen und den Krisenherden im Nahen Osten ... es fiel mir über weite Strecken schwer, einen roten Faden zu erkennen, der alle Teile logisch miteinander verknüpft. Was mich aber wirklich gestört hat, ist, dass ich zu wirklich keiner Figur eine emotionale Verbindung aufbauen konnte und einige zudem geradezu unsympathisch empfand. Ganz besonders ist es mir mit Sasha (Alexandra Falck) so ergangen, die am Anfang der Geschichte noch die Familie über alles stellt, aber schon beim ersten Zweifel beginnt, gegen ihren Vater zu arbeiten. Das tut sie u.a. mit der Hilfe von John Berg, zu dem sie sich sehr hingezogen fühlt. Zwischendurch lässt sie sich von ihrem Vater wieder in die Spur bringen, nur um kurz darauf wieder in der Vergangenheit weiterzugraben usw. Ihre Persönlichkeit ist sehr ambivalent, auch wenn man am Ende konkret erfährt, was sie wirklich im Schilde führt (was allerdings schon recht früh erkennbar war).
Ich hoffe sehr, dass der Schwerpunkt in den nächsten zwei Bänden auf anderen Familienmitgliedern liegt und die Machenschaften von Olav und Sasha ihnen zum Verhängnis werden. Alleine deshalb würde ich mir vielleicht die Fortsetzung, die im Mai 2025 erscheinen wird, gönnen.
Der Roman war gut geschrieben, aber ganz sicher kein Thriller oder gar ein Pageturner, wie es im Einband versprochen wird. Das Cover ist stimmig zur Geschichte und gefällt mir sehr gut.

Fazit:
Wer gerne komplexe Geschichten um Gedeih und Verderb mächtiger Familien inclusive Spionage und vielen Geheimnissen mag, ist hier sicher richtig. Man braucht aber etwas Durchhaltevermögen, da es erst im letzten Drittel wirklich interessant wird.

Bewertung vom 05.04.2024
REMIND Dein Gehirn kann viel mehr, als du glaubst
Diewald, Yvonne

REMIND Dein Gehirn kann viel mehr, als du glaubst


sehr gut

"Im ersten Viertel unseres Lebens entwickeln wir unsere Denk-, Gefühls- und Verhaltensmuster. In den letzten drei Vierteln kämpfen wir gegen sie an."
Yvonne Diewald

Zum Inhalt:
Wer kennt es nicht; dieses Gefühl, wieder einmal versagt zu haben, wenn die guten Vorsätze schon nach wenigen Wochen scheitern und damit der gefühlt tausendste Versuch einer Verbesserung auch schon wieder fehlschlägt. Unweigerlich geben wir uns selbst die Schuld daran, weil wir uns zu disziplinlos oder schwach halten. Was die meisten von uns nicht ahnen: wir sind hier ein Spielball von automatisch ablaufenden Programmierungen, die vor Jahren in unserem Gehirn angelegt und die durch wiederholtes Abspielen mit der Zeit so verstärkt wurden, dass es sehr schwer ist, aus diesem Hamsterrad einfach auszusteigen. Die neuronale Programmierung kann hier Abhilfe schaffen, indem sie neue Programmierungen aufbaut, verstärkt und "falsche", unliebsame Programmierungen im Gehirn wieder abbauen lässt. Das alles passiert natürlich nicht von heute auf morgen, doch die Autorin Yvonne Diewald verspricht mit ihrer erprobten REMIND-Methode eine Lösung für unsere individuellen Probleme.

Zum Buch:
Die Autorin Yvonne Diewald ist nicht nur studierte Neuwissenschaftlerin, sondern hat ihr umfangreiches Wissen über Jahrzehnte in der Praxis angewandt. Durch einen persönlichen Schicksalsschlag hat sie sich immer mehr mit der Funktionsweise des Gehirns und was es wirklich zu leisten imstande ist, beschäftigt und kann so auch aus persönlicher Erfahrung zu diesem großen Wissensbereich beitragen. Im ersten Teil berichtet sie von ihren persönlichen Erfahrungen und erklärt in den nachfolgenden Kapiteln in verständlicher Sprache - ohne Fachchinesisch - die Funktionen unserer internen Schaltzentrale. Sie gibt viele Beispiele und schließt die Kapitel jeweils mit einer Aufgabe ab, die jeden Leser dazu bringen solllte, sein eigenes Problem zu reflektieren, welche man gerne bearbeiten und auf Dauer loswerden möchte.

Persönliche Meinung:
Da ich mich vorher noch nie mit neuronaler Programmierung bzw. Gehirnentwicklung beschäftigt habe, folgte in diesem Buch ein Aha!-Moment nach dem anderen. Es ist ein faszinierendes Thema mit unglaublich spannenden Facetten, welches von der Autorin logisch aufbereitet und vermittelt wird. Ihre Erfahrungen mit ihrem Sohn lässt sie dabei immer wieder einfließen und gibt dem Inhalt eine wertvolle persönliche Note. Ganz besonders spannend fand ich die Einflüsse, die noch vor unserer Geburt und im Baby- und Kleinkindalter auf unser Gehirn einwirken und uns für den Rest unseres Lebens prägen. Mit diesen Informationen konnte ich wirklich etwas anfangen und habe inzwischen auch schon eine konkrete Ahnung, wo mein eigenes Problem herrührt. Mit der REMIND-Methode soll es gelingen, diese eingefahrenen Denk- und Verhaltensmuster wieder aufzulösen und durch neue Programmierungen zu ersetzen. Man bekommt schon beim lesen eine Ahnung, dass dies mit Arbeit verbunden sein wird und sich nicht nur duch die bloße Lektüre des Buches zum besseren ändert. Ich denke, wenn sich wirklich etwas bewegen soll, werde ich das Buch noch öfters zur Hand nehmen müssen. Nun ja, Rom ist ja auch nicht an einem Tag erbaut worden...

Fazit:
Sehr gut und leicht verständlich geschriebener Einstieg in die faszinierende Welt der neuronalen Programmierung. Es erweitert den Horizont ungemein, wenn man sich bisher noch nie mit diesem Thema auseinandergesetzt hat. Der Schlüssel zur dauerhaften positiven Veränderung liegt aber im "machen", deshalb liegt es an jedem selbst, ob man willens ist, mithilfe des Buches an sich zu arbeiten. Es könnte eine spannende Reise werden, auf der man viel über sich und seine Schaltzentrale lernt - und das sollten wir uns doch wirklich wert sein.