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Benutzername: 
ekau
Wohnort: 
Ulm

Bewertungen

Insgesamt 2 Bewertungen
Bewertung vom 11.10.2022
Nachtleben
Tambrea, Sabin

Nachtleben


weniger gut

Sabin Tambrea “Nachtleben”
In diesem Roman geht es um das Thema “Liebe und Tod”; die Protagonisten sind Anno und Anna. Mittels einer interessanten Collage-Technik wird die Handlung - zeitlich und räumlich versetzt - auf verschiedenen Strängen beschrieben. Allerdings verliert sich hier der Autor derart darin, dass es dem Leser stellenweise unmöglich ist, dem Ablauf zu folgen und so etwas wie einen “roten Faden” zu erkennen. Dies ist das alles andere als eine Liebesgeschichte in der Tradition der großen Romantiker, wie es der Klappentext verheißt. Es finden sich sehr häufig überlange Sätze, welche kaum lesbar sind - welch ein Unterschied zu den Meistern dieses Metiers wie T. Mann oder M. Proust. Die Sprache wirkt manieriert und keinesfalls genial. Die üblichen Regeln der Grammatik werden vielfach ignoriert; eine besondere Vorliebe hat der Autor in einem eigenwilligen Gebrauch reflexiver Verben. Die ausführliche Beschreibung von Toiletten und Erbrechen ist Geschmackssache und gewiss nicht jedes Lesers Fall. Im Mittelteil tritt Paul als ein Quasi-Äquivalent zu Beatrice in der comedia divina auf mit einer kruden Mischung aus Philosophie, Esoterik, Astrophysik und Umweltschutz. Auch das wirkt aufgesetzt und künstlich. Ich war mehrmals kurz davor, die Lektüre vorzeitig abzubrechen und kann nicht nachvollziehen wie der Autor zu dem Schluss gelangt, dass zukünftig viele Leser seinem Werk ihre Aufmerksamkeit schenken werden.

Bewertung vom 21.04.2022
Dunkle Materie
Anderl, Sibylle

Dunkle Materie


weniger gut

Das Buch wendet sich nicht an Fachleute, sondern aufgrund der Einführung an interessierte Laien mit einem naturwissenschaftlichen Hintergrund. Der erste Teil beschreibt verschiedene experimentelle Beobachtungen, die auf die Existenz dunkler Materie hindeuten. Der folgende Teil beschäftigt sich mit möglichen Kandidaten für diese Art der Materie, wie MACHOs oder WIMPs und wird dann gefolgt mit einer Diskussion zweier kosmologischer Theorien, ΛCDM und MOND. Ein Epilog stellt die Problematik in den Hintergrund wissenschaftphilosophischer Betrachtungen. Die Autorin tut sich oftmals schwer, Zusammenhänge anschaulich zu erklären: So ist auf Seite 52 der Mikrolinseneffekt zum Aufspüren von MACHOs beschrieben “...Das liegt daran, dass sich der Raumwinkel, unter dem die Lichtquelle erscheint, durch die Lichtablenkung verändert, während der Strahlungsfluss der Quelle gleichbleibt. Dadurch, dass sich die relative Position von Beobachter, Quelle und Hintergrundobjekt verschiebt, wird die Quelle daraufhin heller und wieder dunkler, und zwar in Form einer in der Zeit symmetrischen Kurve”. Wer soll so etwas verstehen, insbesondere im Kontext der zugehörigen Abbildung 7? Anschaulichkeit ist gefragt und das funktioniert z.B. sehr gut bei der Beschreibung der kalten dunklen Materie auf Seite 46. Aber so etwas ist leider die Ausnahme. Viele Abbildungen sind vom Layout nicht gut gelungen – Abbildung 6, Seite 45 ”geistert” herum, ohne Bezug im Text und ohne Beschreibung. Zwischendurch werden dann kleine Anekdoten aus der Welt der Wissenschaft eingestreut (z.B. Seite 36, oben) - aber so etwas heitert kaum den Leser in diesem insgesamt schwerfälligen Text auf. Die Autorin ist Astrophysikerin und möchte sicherlich den Leser für diesen spannenden Stoff begeistern. Aber wo ist die Anschaulichkeit angelsächsischer Bücher zum Thema? Alles Mögliche wird erwähnt und der geneigte Leser muss dieses name dropping ehrfurchtsvoll hinnehmen, ohne es wirklich verstehen zu können: Seite 95 ”...dass etwas mit der Analyse der kosmischen Hintergrundstrahlung nicht stimmt – die auf dem ΛCDM Modell beruht. Sie könnte etwa die Existenz einer neuen Art von Neutrinos nahelegen.” Wie soll dieser Schluss aus dem Text nachvollzogen werden? Ähnlich auf Seite 71 – hier wird zur Lösung eines Problems im Standardmodell mal eben ein rechtshändiges Neutrino eingeführt - erklärt wird das nicht. In Kapitel 1.13 wird die Entstehung der chemischen Elemente beschrieben; auch hier keine gute, das Verständnis unterstützende Abbildung; sondern nur ein schwer lesbarer Fließtext. Auf Seite 8 werden Baryonen ohne jede Notwendigkeit erwähnt - erklärt wird dieser Begriff dann erst auf Seite 48. Es wäre sinnvoll an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass später in Kapitel 3.9 dieser Begriff nicht nur auf sichtbare Materie bezogen wird. In der wichtigen Abbildung 8 zu den Elementarteilchen taucht das zuvor im Text erwähnte Positron gar nicht auf. Das Higgs Teilchen ist mal ein Bosson und dann wieder ein Boson. SUSY auf Seite 68 als Abkürzung für Supersymmetrie wird als selbstverständlich eingeführt. Auf das Hubble Diagramm von 1929 in Abbildung 9 wird im Text kein Bezug genommen; die Achsenbeschriftung ist auf Englisch und schlecht lesbar. Die vier Grundkräfte sollten früh und übersichtlich erklärt werden. Beispiele dieser Art finden sich viele. Man fragt sich, wie so etwas das Lektorat passieren konnte. Im Schlussteil werden Bezüge zur Wissenschaftsphilosphie hergestellt. Dieser Abschnitt ist sehr gelungen - man merkt, dass die Autorin auch gelernte Philosophin ist. Ich habe das Buch aus dem Interesse an dieser spannenden Thematik erstanden und würde dem Leser andere, bessere Formate (digital, Buch) aufgrund der erwähnten Probleme empfehlen. Der vorgelegte Band hinterlässt nur einen gefrusteten und ratlosen Leser.

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