Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Manja
Wohnort: 
Harz

Bewertungen

Insgesamt 2 Bewertungen
Bewertung vom 25.08.2017
Am Ende der Welt ist immer ein Anfang (Ungekürzt) (MP3-Download)
von Blumencron, Maria

Am Ende der Welt ist immer ein Anfang (Ungekürzt) (MP3-Download)


gut

Die Autorin, Filmemacherin, Abenteurerin und Grenzgängerin Maria scheint am Tiefpunkt zu sein – gefangen in einer schrecklichen Beziehung mit einem Fast-schon-Mafiosi, in einer WG mit ihrem Sohn und Ex-Mann lebend und auf einem Berg Steuerschulden sitzend…. Sie hat es wahrlich nicht leicht. Eine Veränderung muss her….
Dieses autobiografische (Hör)Buch, welches ich bei einer Verlosung gewonnen habe und in einer „Online-Leserunde“ gemeinsam mit anderen Teilnehmern und der Autorin selbst diskutieren und erleben durfte, erzählt die Geschichte von Maria von Blumencron, einer starken Frau auf der Suche nach sich selbst und dem eigenen Glück.

Zu Beginn muss man sich ein wenig an die Erzählweise gewöhnen, es wirkt zum Teil etwas erzwungen kindlich und mystisch. Mit der Zeit hat man sich da aber „eingehört“. Die Autorin liest die Geschichte selbst, somit passt es irgendwie auch zum Geschehen – schließlich ist es ja die eigene Vergangenheit der Autorin/Sprecherin, die hier erzählt wird. Da ich das Hörbuch außerdem als Autofahrbegleitung auf dem Weg zur Arbeit gehört habe, war die Stimmung auch ganz nett – so ist es mir tausend mal lieber, als wenn mich mein Radio während der Fahrt anbrüllt :D

Inhaltlich wechseln sich tieftraurige und erschütternde Abschnitte mit spirituellen Empfindungen der Protagonistin ab. Ersteres wirkt umso bewegender, da man weiß, dass dies eben keine fiktive Geschichte ist, sondern die Autorin und Sprecherin all dies selbst durchlebt hat. Die spirituelle Seite (die sehr viel Raum einnimmt) ist definitiv Geschmackssache, man sollte sich also darauf einlassen (wollen), sonst wird man nicht viel Spaß mit dem (Hör)buch haben. Das habe ich jedoch versucht und zu weiten Teilen tatsächlich meinen Gefallen daran gefunden. Außerdem ist es bei einem solch ruhelosen und von Entbehrungen und Schicksalsschlägen geprägten Leben wie Maria es führt kein Wunder, dass sie sich in Religiosität und Spiritualität „flüchtet“, dieses Überirdische kann einem in schweren Zeiten sicherlich viel Kraft geben und somit gehört es einfach zur Geschichte dazu!
Auch nahezu komödiantische Elemente treten auf (ohne hier spoilern zu wollen, erwähne ich einfach mal das Wort „Rollator“ – achtet mal darauf, urkomisch!), die mich sehr erheitert haben. Dennoch habe ich mir inhaltlich, auch laut „Klappentext“ etwas anderes erhofft. So nimmt die Zeit in Indien und die Abenteuer Marias eher wenig Raum ein und die Geschichte ist an vielen Stellen für meinen Geschmack zu stark geprägt von Religiosität, Spiritualität und Esoterik. Das finde ich schade.

Nichtsdestotrotz erhält das Hörbuch von mir 3 Sterne, auch wenn es nicht wirklich meinen Nerv getroffen hat und auch nicht viel „nachhallt“. Schließlich ist es eine Erzählung die sicherlich viel Mut gekostet hat. Maria ist eine beeindruckende Frau, die sehr viel erlebt (und durchlebt) hat. Man bewundert ihren Mut und die Kraft, immer weiter zu kämpfen, so schwer das Leben auch sein mag. Gern begleitet man sie ein Stück auf ihrem chaotischen Lebenspfad und lernt sie dabei Stück für Stück näher kennen und versteht so manche ihrer scheinbar willkürlichen und impulsiven Handlungen. Ich mag es, dass sie sich letztendlich nicht unterkriegen lässt, obwohl sie schon so viele Rückschläge und Tiefpunkte durchleben musste. Das (Hör)Buch erzählt definitiv eine bemerkenswerte Lebensgeschichte und ist eine schöne Abwechslung zu den zahlreichen fiktiven Geschichten. Ungeschont und ohne in Selbstmitleid zu verfallen, erzählt Maria hier von ihrem Leben. Das verdient Anerkennung und Respekt!

Bewertung vom 25.08.2017
Wo noch Licht brennt
Özdogan, Selim

Wo noch Licht brennt


ausgezeichnet

Bereits das tolle Cover des Buches hätte mich in der Buchhandlung wohl schon dazu bewegt, das Werk in die Hand zu nehmen. Und der äußere Eindruck wird auch im Inneren fortgeführt.

Der Roman „Wo noch Licht brennt“ von Selim Özdogan erzählt die Geschichte von Gül, einer warmherzigen Frau, welche vor vielen Jahren aus der Türkei nach Deutschland auswanderte, zurückkehrte und nun doch wieder in dem ihr unbekannten Land ankommt. Er erzählt eine Familiengeschichte, geprägt von Heimweh und Akzeptanz, aber auch von Sehnsucht, Fremdheit und Trennung. Man kann die Melancholie an vielen Stellen förmlich greifen.

Doch nicht nur die Geschichte an sich ist anrührend, vor allem der Erzählstil und die Wortwahl machen dieses Buch zu etwas besonderen und zeigen, welch großartiges literarisches Talent der Autor hat: wunderschöne und zugleich traurige Bilder werden in einem hervorgerufen, Emotionen bildlich dargestellt... Wahnsinn! Nur selten habe ich den Schreibstil eines Autors so bewusst wahrgenommen und erlebt.

"Der Stift in ihrer Hand hat Sorgen, das Papier vor ohr hat Sorgen, der Umschlag hat Sorgen, die Briefmarken haben Sorgen, nichts hat Leichtigkeit" (S. 8)
oder
"Gül fragt sich, ob alles aus Sehnsucht entstanden ist, die Telefone, die Ferneseher, die Fotoapparate, ist das alles erfunden worden, weil ein Mensch sich einem anderen näher fühlen wollte. Ist die Sehnsucht die Kraft, die alles antreibt?" (S. 25).

Wer jedoch glaubt, diese Melancholie könnte für den Leser erdrückend wirken, der irrt. Ich selbst habe dieses Buch in einer Leserunde gelesen und diskutiert. Dort meinte jemand, dass man „ein sonniges Gemüt für diese Geschichte braucht“ und vielleicht ist auch ein Fünkchen Wahrheit daran. Für mich vermitteln jedoch die Sprache und die Poesie dieses Buches ein wenig diese Sonne, man hält inne und denkt über diese schönen Worte nach, taucht in sie ein. Auch wenn Güls Welt in manchen Momenten grau erscheinen mag, so viel Leid und Kummer, die sie mit sich trägt, so erscheint mir die Farbe der Geschichte jedoch in einem warmen, tiefen rot.
Absolute Lesemepfehlung!