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Monika

Bewertungen

Insgesamt 2 Bewertungen
Bewertung vom 29.09.2024
Reden ist Silber, Schreiben ist Gold
Brezina, Thomas

Reden ist Silber, Schreiben ist Gold


ausgezeichnet

Wenn ich die Möglichkeit habe einen Schreibratgeber zu lesen, bin ich sofort dabei. Dieses gebundene und sehr hochwertig aufgemachte Büchlein ist dabei für mich ein Star unter vielen, denn es hat mich auf Grund der sympathischen und persönlichen Ansprache durch den Autor sofort gepackt. Herr Brezina schreibt an einer Stelle, dass es sein Anliegen ist, so zu schreiben, als würde er neben dem Erzähler sitzen und mit ihm sprechen. Ich würde sagen, das ist ihm gelungen. Einerseits bin ich durch dieses Buch angeregt, auch seine weiteren Bücher zu lesen (ob es alle 600 werden, bezweifle ich, aber sicherlich das eine oder andere für Erwachsene), andererseits hat er in mir genau diesen Wunsch geweckt; das möchte ich auch. Und dann zieht sich dieser wohlwollende und motivierende Faden quer durch das ganze Buch; auf der ersten zufälligen Seite, die ich aufschlug, stand: TU ES! TU ES !TU ES! Ja, es ist so. Man kommt mit dem Schreiben nur voran, wenn man schreibt. Hierzu gibt es allerlei interessante Hinweise, Tipps und Erfahrungen, auf die sich Herr Brezina stützt, untermalt mit autobiografischen Blicken in sein eigenes Schaffen, sowie in die Fallbeispiele anhand der Werke anderer Autoren.

Ich fühlte mich beim Lesen sehr gut aufgehoben, der optimistische Grundton gefällt mir. Es wird klar darauf hingewiesen, dass Schreiben und (erfolgreiches) Veröffentlichen Arbeit ist; viel Arbeit, dass es aber auch Mittel und Wege gibt, die andere bereits gegangen sind und von denen man lernen kann, um mit seinem eigenen Schreiben voranzukommen. Ich danke für den Lesegenuss und kann das Buch von Herzen weiterempfehlen.

Bewertung vom 01.07.2024
Point of Slow Return
Suer, Karin

Point of Slow Return


ausgezeichnet

Point of Slow Return ist ein Briefroman und eine Rückblende, erzählt von der namenlosen, einhundertjährigen Protagonistin, die im Jahre 2077 ihre Erinnerungen an das Weltgeschehen und ihre Erlebnisse niederschreibt. Ein Weltgeschehen, das alle Menschen in die Zange nimmt. Sie beginnt in unserer heutigen Zeit und hält auf erzählerische Weise dem Leser den Status quo vor. Der Leser muss sich zwangsläufig eingestehen, dass es nicht fünf vor, sondern nach zwölf ist. In fein gesponnenen Übergängen nimmt die Autorin Bezug auf all den globalen Irrsinn, legt die Schwächen der Politik bloß, zeigt die Ungerechtigkeit des Kapitalismus auf, entblößt die Scheinheiligkeit und Unmenschlichkeit im Umgang mit Flüchtenden. Im Verlauf der Memoiren erkennt der Leser, dass die Kinder, an die sich der Brief richtet, Gerettete sind, dass die Protagonistin eine stille Untergrundkämpferin ist, deren Waffen Mitgefühl und Gerechtigkeitssinn sind, aber auch Mut und Entschlossenheit. Die beschriebene nahe Zukunft ist ein faschistischer Albtraum, der unter den aktuellen Zuständen europaweit absolut glaubhaft gezeichnet wird. Die Geschichte hält dem Leser vor Augen, wo wir tatsächlich stehen und was in naher Zukunft durchaus denkbar ist. Karin Suer beschreibt die Folgen der Erderwärmung, der Pandemien, die fatalen Auswirkungen einer alles überwachenden KI, die gnadenlose Gewalt gegenüber den selbst ausgelösten Flüchtlingsströmen, sowie die Manipulation und Einschüchterung der Massen. Doch es gibt auch Hoffnung, eine Insel inmitten des Albtraums, eine Keimzelle von Menschen, die es besser machen wollen. Ich hoffe, dass dieses Bild, das die Autorin hier zeichnet, möglichst viele Leser erreicht, dass sie den Mut haben sich vor Augen halten zu lassen, wo wir stehen, dass wir alle gefragt sind, jeder von uns, dass dieser Albtraum schon bald durchaus zu unserer Realität werden kann. Ist es erst einmal soweit, gibt es im System des Terrors keine Schlupflöcher, keine Boni und keine Sonderbehandlung. Ein ungewöhnliches Buch, das ich in dieser Form noch nie gelesen habe; gnadenlos ehrlich, Furcht einflößend, aber auch Mut machend.