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Lena

Bewertungen

Insgesamt 7 Bewertungen
Bewertung vom 20.11.2021
Teufelsnetz / Jessica Niemi Bd.2
Seeck, Max

Teufelsnetz / Jessica Niemi Bd.2


ausgezeichnet

Der zweite Teil der Jessica-Niemi-Reihe beginnt rätselhaft: erst wird die Protagonistin bei Joggen überfallen, dann verschwinden zwei Instagram-Stars und eine junge Frau wird tot aufgefunden. Als klar wird, dass es zwischen dem Verschwinden und dem Tod der Frau einen Zusammenhang geben könnte, beginnt das Team um Jessica Niemi unter neuer Leitung zu ermitteln. Es gibt viele Ermittlungsansätze, doch welcher führt zum Ziel?

Wie auch schon im ersten Band lässt sich hier wunderbar miträtseln und die Auflösung liegt nicht von Anfang an auf der Hand. Trotzdem ist das Ende schlüssig und rückblickend lassen sich kleine Hinweise erkennen.
Ebenfalls gut gefallen hat mir, dass der Autor sich mit den Gefahren der sozialen Medien auseinandersetzt ohne dabei den Zeigefinger zu erheben oder das Thema zu sehr in den Mittelpunkt zu rücken.
Die Charaktere und die zwischenmenschlichen Entwicklungen sind gut gelungen. Durch verschiedene Perspektivwechsel kann man als Leser Empathie für viele der handelnden Personen aufbauen, ohne dass Jessica ihre Stellung als Protagonistin verliert. Dabei hat mir auch gefallen, dass alle Personen ihre positiven und negativen Seiten haben, was das ganze noch interessanter und glaubhafter macht.
Die Kapitel haben eine gute Länge und der Schreibstil ist packend, sodass ich das Buch schnell durchgelesen habe.
Die Gestaltung des Buchs hat mir sehr gut gefallen: das Format und der rote Buchschnitt, das passende Cover und die Übersichtskarte im Einband passen sehr gut zusammen.

Meiner Meinung nach ist die Fortsetzung von Hexenjäger sehr gut gelungen. Der packende Schreibstil und die Perspektivwechsel sind ein perfekter Rahmen für die ausgeklügelte Geschichte, in die Jessica verwickelt wird. Eine klare Leseempfehlung für alle, die komplexe Thriller mögen.

Bewertung vom 12.09.2021
Das Mädchen mit der lauternen Stimme
Daré, Abi

Das Mädchen mit der lauternen Stimme


ausgezeichnet

Adunni wächst in einem kleinen Dörfchen in Nigeria auf. Als sie 14 Jahre alt ist, verheiratet ihr Vater sie mit dem viel älteren Morufu. Adunni versucht dies zu verhindern – ihr Traum ist es Bildung zu erlangen, um ein besseres und unabhängiges Leben führen zu können, so wie ihre verstorbene Mutter es gewollt hätte. Als sie Morufu trotzdem heiraten muss und seine dritte Frau wird, beginnt ein schwer zu ertragender Lebensabschnitt für sie. Nach einigen Komplikationen flieht Adunni und landet in Lagos, wo sie weiterhin versucht Zugang zu Bildung zu erlangen und für diesen Traum kämpft, denn sie möchte das Mädchen mit der lauternen Stimme werden.

Das Buch hat mir einen Einblick in eine mir fremde Kultur gewährt und mir aufgezeigt, wie schwer es Mädchen und junge Frauen in anderen Teilen der Welt haben.
Adunni wirkt dabei insbesondere durch den Sprachstil sehr authentisch. Etwas naiv und unwissend klingt sie, doch keinesfalls unintelligent. Mit ihrer naiven Art bringt sie Sachen oft treffender und einfacher auf den Punkt, als manch scheinbar gebildeter Mensch.
Sie vertritt mit ihrem Verlangen nach Bildung und Selbstständigkeit ein modernes Weltbild. Dieses wird mit den Einstellungen von anderen Figuren kontrastiert und führt einem deutlich vor Augen, was wir hier in Deutschland als Selbstverständlichkeit hinnehmen: den Zugang zu Bildung und die Bedeutung für die Eigenständigkeit.
Gut gefallen hat mir der Aufbau des Buches, die Kapitellängen waren perfekt und auch die teilweise eingebauten Fakten über Nigeria zu Beginn der Kapitel dienten als Übersicht zu dem Kapitelthema aber auch als faktische Hintergrundinfo.

„Das Mädchen mit der lauternen Stimme“ hat mir sehr gut gefallen. Es erlaubt einen Einblick in die nigerianische Kultur und die unterschiedlichen Lebens- und Wertevorstellungen. Neben diesem kulturellen Background fiebert man aber auch immer mit Adunni mit und drückt ihr unentwegt die Daumen, dass sie ihr Lebensziel erreicht.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für dieses Buch, das einen zum Nachdenken bringt.

Bewertung vom 09.08.2021
Ein neuer Morgen für Samuel
Druart, Ruth

Ein neuer Morgen für Samuel


ausgezeichnet

Der historische Roman Ein neuer Morgen für Samuel spielt in der Zeit ab dem zweiten Weltkrieg und beginnt in Paris.
Jean-Luc, ein junger Gleisarbeiter, muss für die Deportationen die Gleise in Schuss halten. Auch wenn er das nicht gutheißt und er über Sabotage nachdenkt, bleibt ihm kaum eine andere Wahl. Bei seinem ersten Sabotageversuch verletzt er sich und kommt ins Krankenhaus. Da trifft er auf die junge Charlotte, die behütet aufgewachsen ist. Die beiden verlieben sich und teilen ihre geheimen Gedanken über die politische Situation. Als Jean-Luc dann von einer Jüdin kurz vor ihrer Deportation einen Säugling in die Arme gedrückt bekommt, ist schnell klar, dass er mit Charlotte und dem kleinen Samuel fliehen muss.

Anfangs dreht sich die Geschichte um Jean-Luc und Charlotte, wie die beiden Paris im zweiten Weltkrieg erleben und wie sie zueinander finden. Sobald der kleine Samuel ins Spiel kommt, wird ihr Leben auf den Kopf gestellt und die gefährliche Flucht beginnt. Immer wieder gibt es auch Passagen, die einige Zeit später spielen und weitere Protagonisten ins Spiel bringen. Jean-Luc und Charlotte haben es mit Samuel bis nach Amerika geschafft und sich dort ein Leben aufgebaut. Doch nach und nach werden die drei von der Vergangenheit eingeholt und müssen sich den Schrecken des zweiten Weltkriegs, des Verlusts aber auch der Liebe stellen.

Die Autorin hat einen fließenden Schreibstil und beschreibt die Geschehnisse sehr einfühlsam. Die Personen wurden sehr authentisch dargestellt, man konnte sich durch Perspektivwechsel in jeden Protagonisten hineinversetzen und sein Handeln nachvollziehen. Dadurch wird man zum Nachdenken angeregt: wie hätte man in der Situation gehandelt, was ist richtig und was ist falsch, was ist fair? Das sind Fragen die moralisch, aber auch emotional sehr schwierig sind. Das hat mich als Leserin sehr mitgenommen und dazu geführt, mich mit dem Thema intensiver auseinander zu setzen und immer zu überlegen, wie die Geschichte ein gutes Ende finden kann.
Durch die kurzen Kapitel, die verschiedenen Perspektiven und Zeitebenen hat das Buch mich gefesselt und ich habe es ziemlich schnell durchgelesen.
Gut finde ich, dass hier die Geschichte um Samuel und seine Eltern mit den Erfahrungen von jüdischen und nichtjüdischen Menschen in einem von Deutschland besetzten Land kombiniert werden.

Dieses Buch bekommt von mir eine klare Leseempfehlung. Die Geschichte um das Leben des kleinen Samuels, der bei seinen Zieheltern aufwächst, nachdem seine Mutter ihn vor ihrer Deportation in letzter Verzweiflung einem Gleisarbeiter anvertraute, ist packend und einfühlsam zugleich erzählt. Sie regt den Leser dazu an, Stellung zu beziehen und bringt einem die Lage im und nach dem zweiten Weltkrieg aus der Sicht von jüdischen und nichtjüdischen Parisern auf bewegende Weise näher.

Bewertung vom 07.07.2021
SCHULD! SEID! IHR! / Liebisch & Degenhardt Bd.2
Thode, Michael

SCHULD! SEID! IHR! / Liebisch & Degenhardt Bd.2


sehr gut

Der Thriller SCHULD! SEID! IHR! von Michael Thode ist der zweite Band rund um Hauptkommissar Rolf Degenhardt und Kommissarin Jana Liebisch, lässt sich meiner Meinung nach aber auch gut ohne Vorkenntnisse lesen.

Der Gehängte, wie sich der Täter nennt, begibt sich auf einen Rachefeldzug. Als erstes trifft es den Obdachlosen Martin Stelter. Er stirbt an einer Überdosis Strychnin, weshalb die Polizei einige Zeit braucht, um einen Selbstmord auszuschließen. Außerdem wird am Tatort eine Tarotkarte gefunden. Als eine ähnliche Karte bei einem zweiten Todesfall auftaucht, beginnen die Ermittlungen. Die beiden Opfer scheinen bis auf die Tarotkarte keine Berührungspunkte gehabt zu haben und so beginnt die Suche nach dem Motiv und dem Täter.
Durch die verschiedenen Perspektiven, Täter-, Opfer- und Ermittlerperspektive, ist der Leser immer nah am Geschehen. Neben den Parts aus Täterperspektive werden auch die künftigen Opfer genau beschrieben und sehr menschlich dargestellt. Als Gegenpart zum Täter gibt es auch Abschnitte aus Ermittlersicht, sodass sich hier nach und nach ein komplexes Handlungsgefüge mit multiperspektivischer Betrachtung ergibt. Neben der gegenwärtigen Handlung gibt es auch immer wieder Rückblenden. So setzen sich die zeitlich und perspektivisch unterschiedlichen Abschnitte nach und nach zu einem Bild zusammen und lassen einen die Beweggründe des Täters nachvollziehen.

Auch wenn die Reihe sich um die Ermittler Degenhardt und Liebisch dreht, wird den anderen handelnden Personen viel Platz eingeräumt. Dies hat mir gut gefallen. Die handelnden Personen waren sehr vielfältig, authentisch und menschlich. Durch die Perspektivwechsel ist man den Ermittlern einen Schritt voraus und fiebert am Ende mit, ob der Rachefeldzug noch gestoppt werden kann, allerdings sind dem Leser so auch Infos über dem Täter bekannt bevor die Ermittler diese herausfinden. Mich hat das jedoch nicht gestört.
Die Aufklärung hat mir auch gut gefallen, meiner Meinung nach wurde alle wichtigen Fragen geklärt und ein paar offene Konflikte machen neugierig auf den Nachfolgerband.
Das Buch ist sehr schön aufgemacht. Sowohl die Covergestaltung als auch der Aufbau des Buchs passen sehr gut zur Geschichte. Durch die kurzen Kapitel bleibt die Spannung hoch und man ist in einem guten Lesefluss. Es gibt zwischendurch kleine Einschübe, wie z.B. als Tatortbefundbericht, die das ganze auflockern und interessanter gestalten.

Meiner Meinung nach ist SCHULD! SEID! IHR! ein lesenswerter Thriller mit besonderem Augenmerk auf die verschiedenen Perspektiven. Der Autor schildert die Handlung abwechselnd aus Täter-, Opfer- und Ermittlerperspektive, was das Ganze meiner Meinung besonders interessant macht und einen mitfiebern lässt. Ein lebendiger und spannender Thriller zum Thema Rache.

Bewertung vom 06.06.2021
Bittersüßer Tod / Adria mortale Bd.1
Giovanni, Margherita

Bittersüßer Tod / Adria mortale Bd.1


sehr gut

Der Kriminalroman „Adria Mortale – Bittersüßer Tod“ wurde von der Autorin Brigitte Pons unter ihrem Pseudonym Margherita Giovanni verfasst.
Wir begleiten die beiden jungen Frauen Elke und Sonja, die aus Deutschland zu ihrem ersten Urlaub alleine nach Italien aufbrechen und im Dorf Pesaro del Monte piccolo Catolica landen. Sie genießen den italienischen Flair des urigen Dorfes in den 50er Jahren und lernen die Bewohner nach und nach kennen. Die Idylle wird dann durch den Tod des Dorflehrers durchbrochen und plötzlich benimmt sich jeder im Dorf irgendwie verdächtig. Als Federica Pellegrini, eine Zugezogene und Besitzerin der Pension, misstrauisch wird und die Polizei einschaltet, beginnen zähe Ermittlungen, die durch persönliche Interessen der Dorfbewohner nicht gerade erleichtert werden.

Der Kriminalroman wird aus den verschiedenen Perspektiven der Dorfbewohner und -besucher erzählt, es gibt keine eindeutigen Protagonisten. Wem das Merken von Namen schwer fällt, dem sei hier empfohlen eine Liste anzulegen, da die Anzahl der handelnden Personen doch recht hoch ist.
Mir hat das aber gut gefallen, denn so erfährt man nach und nach von Geheimnissen, Motiven und möglichen Affären jedes Einzelnen, sodass man oft das Gefühl hat, dass bei der gerade beschriebenen Person etwas nicht stimmt. Dabei bleibt aber zunächst offen, ob das nun wirklich etwas mit dem Fall zu tun hat – so konnte ich die ganze Zeit über wunderbar miträtseln und haufenweise Theorien zur Täterschaft aufstellen!

Die typische Dorfstruktur wurde meiner Meinung nach sehr gut dargestellt – es herrscht ein generelles Misstrauen gegenüber „Fremden“ (so auch gegenüber Federica, obwohl die schon jahrelang dort wohnt), es gibt Klatsch und Tratsch, der sich verselbstständigt und so zu interessantesten Versionen der Wahrheit führt. Dies erleichtert dem Ermittler Lorenzo Garibaldi die Aufklärung der Tatumstände nicht gerade.
Die Charaktere haben mir sehr gut gefallen, sie waren alle auf ihre Art einzigartig, manchmal klischeehaft, aber trotzdem authentisch. Insbesondere auch die Vielzahl der liebevoll ausgestalteten Charaktere hat mir zugesagt, von sympathisch bis unausstehlich ist alles dabei.

Das Erzähltempo ist eher gemächlich und passt zum Fortgang der Ermittlungsarbeiten, die durch die sturen Dorfbewohner erschwert werden. Dabei wird es aber auf keinen Fall langweilig, denn man ist ganz drin in der italienischen Idylle, in diesem Beziehungsgefüge eines Dorfes und dem Rätseln um die Täterschaft.
Das Buch nimmt (vor allem zum Ende hin) an Fahrt auf und führt zu einer überraschenden Auflösung. Das ist meiner Meinung nach gut gelungen, da die Auflösung nachvollziehbar ist, man schon vorher Hinweise in diese Richtung hatte und das Ganze trotzdem unerwartet war. Einige falsche Fährten wurden am Ende nicht aufgeklärt. Da diese aber schlussendlich doch nichts mit dem Fall zu tun haben, fand ich das total in Ordnung.

Giovannis Erzählstil ist sehr bildlich, das zeigt sich u.a. im Prolog aus der Vogelperspektive, der im Epilog dann seine Entsprechung findet. Außerdem gibt es sehr viele Andeutungen des Unglücks, wie z.B. eine Begegnung mit einer schwarzen Katze. Für mich waren diese Andeutungen super eingearbeitet, sodass man es beim unaufmerksameren Lesen wahrscheinlich gar nicht wahrnimmt.

Alles in allem hat mir das Buch sehr viel Spaß gemacht. Mich haben die verschiedenen Perspektiven der Dorfbewohner und -besucher mit in eine typische Dorfstruktur und die italienische Urlaubsatmosphäre von Pesaro del Monte piccolo Catolica genommen – mit all den Vorurteilen und Gerüchten, aber auch dem Lebensgefühl und dem Flair der damaligen Zeit. So machte mir das Erwägen der verschiedensten Theorien hier besonders viel Spaß. Davon hatte ich viele, aber keine davon stellte sich als gänzlich richtig heraus.
Für mich ist „Adria Mortale – Bittersüßer Tod“ ein wunderbar gelungener Cosy Crime mit klarer Empfehlung für Leser*innen, die gerne Miträtseln und ins Italien der 50er Ja

Bewertung vom 01.05.2021
Mord auf Provenzalisch
Kent, Serena

Mord auf Provenzalisch


weniger gut

Das Autorenduo Serena Kent schafft mit „Mord auf provenzalisch“ die Fortsetzung zum ersten Band „Tod in Saint Merlot“.
Penny, die in die Provence ausgewandert ist, wird auf einer Vernissage Zeugin eines Zusammenbruchs von einem der Künstler. Als Penny vom späteren Tod von diesem erfährt, stürzt sie sich in ihre privaten Ermittlungen und befragt die Dorfbewohner, um dem Täter auf die Schliche zu kommen. Dabei gibt es immer wieder Abstecher in die nähere Umgebung: Städte, Landschaften und Kulinarik spielen eine wichtige Rolle!

Die Ermittlungen spielten bei dem ganzen Drumherum leider eine eher untergeordnete Rolle und auch wenn ich einen Cosy Crime erwartet habe, ging es mir doch anfangs viel zu gemächlich zu. Das erste Drittel des Buches erschien mir wie eine Einleitung. Dann nahm die Geschichte ein bisschen Tempo auf und auf den letzten Seiten ging alles plötzlich so schnell, dass ich einige Stellen zweimal lesen musste. Trotzdem sind viele Fragen offen geblieben und auch die Logik der Handlung hat sich mir am Ende nicht erschlossen.
Einige Handlungsstränge waren meiner Meinung nach auch überflüssig. Sie halfen weder bei der Täterfindung noch brachten sie die sonstige Geschichte voran. Gewünscht hätte ich mir mehr Szenen oder Infos zu den Ermittlungen der örtlichen Polizei, sodass die beiden voneinander profitieren oder vielleicht ein Wettkampf um die Auflösung entsteht.
Die Charaktere wirkten auf mich eher flach. Viele Personen sind mir bis zum Ende hin ein Rätsel geblieben und ich konnte mit ihnen nicht so viel anfangen. Selbst mit Penny bin ich nicht wirklich warm geworden, obwohl sie mir von den Charakteren am Besten gefiel.
Das Buch ließ sich vom Schreibstil recht flüssig lesen und wer die Handlung nicht so sehr hinterfragt und sich mit schönen Städte-, Landschafts- und Essensbeschreibungen (teils auf französisch) in die Provence träumen möchte, liegt mit diesem Buch wahrscheinlich nicht so falsch.

Mich konnte das Buch leider nicht überzeugen. Die Charaktere sind mir am Ende genauso fremd wie am Anfang und das sehr unterschiedliche Erzähltempo trägt leider nicht zur Verständlichkeit der Handlung bei. Die Lücken in der Endauflösung sind für mich der größte Störfaktor und ließen mich unzufrieden zurück.

Bewertung vom 03.04.2021
Eine Sehnsucht nach morgen / Ruhrpott Saga Bd.3
Völler, Eva

Eine Sehnsucht nach morgen / Ruhrpott Saga Bd.3


sehr gut

„Eine Sehnsucht nach morgen“ ist der dritte Band der Ruhrpott-Saga der Autorin Eva Völler. Für den zweiten Teil der Saga „Ein Gefühl von Hoffnung“ gewann Eva Völler 2021 den DELIA-Literaturpreis und mit dem dritten Band findet die Reihe nun ein Ende.

1968 kehrt Bärbel Hamburg den Rücken zu und lässt eine gescheiterte Beziehung und einen guten Job als Ärztin hinter sich. Sie zieht zurück zu ihrer Familie nach Essen und wagt dort einen Neuanfang. Hierbei begegnet sie immer wieder ihrer Vergangenheit: ihre Jugendliebe Klaus wohnt direkt nebenan und auch wenn sie enttäuscht vom Ausgang ihrer damaligen Beziehung ist, kann sie sich nicht gegen die Anziehungskraft wehren, die zwischen den beiden noch immer zu spüren ist. Klaus ist jedoch mittlerweile verheiratet und hat eine kleine Tochter.
Es geht in dem Buch aber nicht nur um Bärbel und Klaus, sondern auch um die anderen Familienmitglieder der beiden Familien. Persönliche Rückschläge, neue Liebesbeziehungen, die Wünsche und Ziele der einzelnen Charaktere werden aus verschiedenen Perspektiven dargestellt. Es geht um die Arbeit unter Tage, politisches Engagement, schulische Probleme und zwischenmenschliche Beziehungen. Immer wieder fließen Themen wie die Rolle der Frau in der damaligen Gesellschaft oder der Contergan-Skandal in die Geschichte mit ein und geben dem Ganzen Tiefe.

Anhand des Klappentexts habe ich erwartet, dass die Geschichte hauptsächlich von Bärbel und ihrer Beziehung zu Klaus handelt. Mir hat dann umso mehr gefallen, dass das Buch aus verschiedenen Perspektiven geschildert wird und die Entwicklung zwischen den beiden nur ein Handlungsstrang von vielen war. Die Handlung ist vielschichtiger und facettenreicher als ich es anfangs erwartet habe.
Die Bezüge zu den damaligen Ereignissen bringen dem Leser das Zeitgefühl und die Beweggründe der Menschen im Ruhrpott näher. Auch wenn man selbst zu der Zeit nicht gelebt hat, kann man sich sehr gut in die einzelnen Charaktere hineinversetzen und bekommt einen Eindruck vom damaligen Lebensgefühl.
Bärbel, die die Rolle der Frau in den 60ern immer wieder hinterfragt, hat mir sehr gut gefallen, da dieses Thema noch immer aktuell und wichtig ist!
So spiegelt das Buch mit seinen zahlreichen Verweisen zum Zeitgeschehen der 60er-Jahre das Zeitgefühl der Menschen im Ruhrpott anhand der Familien Wagner und Rabe wider.
Die Handlung gewinnt zum Ende hin an Tempo und es wird alles recht schnell auf den letzten Seiten aufgelöst. Hier hätte meiner Meinung nach eine etwas ausführlichere Erläuterung gut getan, denn der Rest des Buches ist ebenso ausführlich.

Mit „Eine Sehnsucht nach morgen“ gibt Eva Völler dem Leser das Gefühl ein Teil der Familie Wagner und der 60er Jahre zu sein. Die Charaktere und deren Geschichten sind authentisch und liebevoll aufgebaut und man bekommt einen detailreichen Einblick in die damalige Zeit.
Lesenswert für jeden, der mehr über die 60er im Ruhrpott erfahren oder diese wieder aufleben lassen möchte!