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Benutzername: 
SusanK
Wohnort: 
Osnabrück

Bewertungen

Insgesamt 224 Bewertungen
Bewertung vom 13.04.2025
Licht und Schatten / Montmartre Bd.1
Lacrosse, Marie

Licht und Schatten / Montmartre Bd.1


ausgezeichnet

Am 20. Juni 1866 werden im Pariser Stadtteil Montmartre zwei Mädchen geboren: Elise Lambert, Tochter einer Wäscherin, wächst in Armut auf und muss mit harter Arbeit früh zum Einkommen beitragen; Valérie Dumas, Tochter eines angesehenen Kunsthändlers, kennt keine Geldsorgen und wächst behütet auf. Doch beide vereinen die großen Träume, die die Mädchen haben:: Elise möchte Tänzerin werden, die begabte Valérie strebt nach einem Studium an der Kunstakademie. Beide Frauen kämpfen für ihr Glück, während ihnen immer wieder Steine in den Weg gelegt werden, Kummer und Bedrängnis und selbst die Liebe ihren Weg zu Selbstbestimmung und Ruhm behindern.

Marie Lacrosse, Synonym der deutschen Autorin Marita Spang für ihre historischen Romane, legt mit "Montmartre - LIcht und Schatten" den ersten Teil einer Dilogie über zwei starke Frauen vor, die im ausgehenden 19. Jahrhundert ihren Träumen folgen und dabei einige Schicksalsschläge überwinden müssen - LIcht und Schatten eben.

Im Mittelpunkt der Dilogie steht der zunächst noch ländliche Pariser Stadtteil Montmartre, der erst 1859 von Paris eingemeindet wurde. DIeser zog neben Bürgern aus der Pariser Kernstadt, die sich hier amüsieren wollten, auch zahlreiche Künstler an, die sich ein freieres und billigeres Leben als im Zentrum der Stadt versprachen, wie Vincent Van Gogh, Suzanne Valadon, Paul Gauguin, Edgar Degas und viele mehr. Und auch der Bau des Wahrzeichens dieses Viertels, die Basilika Sacré-Cœur, der 1876 begann, fließt in die Geschichte ein.
Hier, in diesem Bezirk, lagen bittere Armut und wohlhabendes Leben in krassem Gegensatz direkt nebeneinander.

Marie Lacrosse hat hervorragend recherchiert und verwebt unglaublich viel Detailwissen trotz einer Themenfülle zu einer vollauf harmonischen und sehr gut und flüssig lesbaren Story. So ist "Montmartre" ein Sittengemälde seiner Zeit, das das Pariser Leben vor gut 150 Jahren greifbar macht und gleichzeitig eine Geschichte der Kunst und ihrer Ausübenden seiner Zeit; spannend, wie der akademische Realismus abgelöst wurde von - oder auch verteidigt gegen - neue Stile wie dem bekannteren Impressionismus,, dem Post-Impressionismus, Cloisonismus, dem Synthetismus, dem Pointillismus usw. Immer wieder hatte ich das Bedürfnis, die im Buch genannten Künstler und ihre Werke im Internet nachzuschlagen, um sie mit eigenen Augen sehen zu können.
Daneben spielt auch der Tanz, der neu aufkommende Cancan (und diesbezüglich die Sittenwächter), Prostitution und andere "Vergnügungen" eine Rolle. Nicht zu vergessen zahlreiche andere Entwicklungen, die die Welt im Kleinen und Großen veränderten, wie beispielsweise die Weltausstellung 1900 mit dem eigens hierfür entworfenen Eiffelturm, der Bau des Suez- und Panamakanals, die architektonischen Umwälzungen durch den Stadtplaner Georges-Eugène Haussmann, ja sogar der politische Gedanke der Anarchie und viele weitere, so dass ich neben der höchst unterhaltsamen Lektüre auch eine Menge lernen konnte!

Die im Zentrum stehenden jungen Frauen Elise und Valérie sind authentisch und mehrdimensional ausgearbeitet und ich konnte sehr gut mit ihnen fühlen, mitfiebern und mitleiden. Doch auch die weiteren Figuren sind anschaulich und in mehreren Facetten gezeichnet, so dass ich sie fast schon selbst zu kennen glaubte. Das feine Gespür der Autorin für ihre Figuren und deren Handlungen schafft einen wahren Genuss bei der Lektüre. Gut gefiel mir auch, wie die Autorin immer mehr Berührungspunkte schaffte zwischen den Frauen aus so unterschiedlicher Herkunft und Geschichte. und so aus Gegensätzen Gemeinsamkeiten wurden.

Abgerundet wird der Roman von einer Karte des Montmartre um 1880, einem Personenverzeichnis, in dem die historischen Personen gekennzeichnet wurden (und sogar genannt wurde, an welche historischen Personen fiktive angelehnt sind, großes Kompliment dafür), einer Gegenüberstellung von Wahrheit und Fiktion von der Autorin, einer kurzen Erklärung der im Buch erwähnten Stilrichtungen der Malerei, einer Liste der erwähnten Kunstwerke, einem Quellenverzeichnis und einiger Zitate berühmter Persönlichkeiten im ZUsammenhang mit Themen des Romans. Gerade diese zusätzlichen (Hintergrund-)Informationen machen einen historischen Roman für mich erst richtig wertvoll. Ein besonderes Dankeschön hierfür an Marie Lacrosse!

Mich konnte "Montmartre - LIcht und Schatten" vollauf begeistern und ich freue mich schon sehr auf den zweiten abschließenden Teil der Dilogie "Montmartre - Traum und Schicksal", der für November 2025 angekündigt ist.
Fünf Sterne und eine klare Leseempfehlung von mir.

Bewertung vom 06.04.2025
Tod im Samtmantel
Wynne, Sarah

Tod im Samtmantel


ausgezeichnet

Die 13jährige Grace kauft in einem Secondhand-Laden einen wunderschönen Samtmantel - und wird plötzlich von VIsionen heimgesucht, in denen sie durch die Augen eines gleichaltrigen Mädchen in die Vergangenheit schauen kann. Als sie zusehen muss, wie das Mädchen ermordet wird, macht sie sich sogleich daran, in Sachen dieses "Cold-Case" zu ermitteln und gerät dabei selbst in Lebensgefahr ...

Sarah Wynne ist eine englische Autorin, die über 10 Jahre als Grundschulpädagogin gearbeitet hat - und so verwundert es nicht, dass sie sich mit der Gefühlswelt von KIndern und Jugendlichen gut auskennt - und bei genauem Hinsehen auch einige pädagogische Hinweise einstreut.

"Tod im Samtmantel" ist ein überaus spannender Mysterie-Thriller mit einer gelungenen Spannungskurve und einem dramatischen Showdown, bevor es zu einem Ende kommt, in dem alle Fragen geklärt werden. Die Mysterie-Elemente passen zur Geschichte, ohne zu übertreiben und bringen die Handlung voran.

Sarah Wynne schreibt in einem anschaulichen, locker-leichten Stil; die Kapitel sind kurz. Die eigentliche Handlung ist unterbrochen von kursiven gestalteten Einschüben aus Verbrechersicht. Das Geschehen ist nachvollziehbar und wirkt in jeder Hinsicht authentisch.Es gibt Freundschaften, aber auch Mobbing und Schulprobleme sowie eine durch Arbeit oft abwesende Mutter, was aber nie zu einem Drama führt.

Die Figuren sind nachvollziehbar beschrieben und die beiden Mädchen Grace und ihre Freundin Suzy hatte ich sofort ins Herz geschlossen. Mir gefällt sehr, dass Grace sicher sehr clever und mutig ist, aber ihr Verhalten und ihr Umfeld realistisch und nicht abgehoben ist.

Obwohl es sich um ein Jugendbuch handelt, konnte "Tod im Samtmantel" auch mich fesseln und ich empfehle es gerne weiter!

Bewertung vom 06.04.2025
Hatokos wunderbarer Schreibwarenladen
Ogawa, Ito

Hatokos wunderbarer Schreibwarenladen


sehr gut

Hatoko, die ohne Eltern und von ihrer strengen Großmutter aufgezogen wurde, kehrt nach deren Tod in ihre Heimatstadt Kamakura zurück, um den Schreibwarenladen und das Amt der öffentlichen Schreiberin zu übernehmen. Während sie Briefe für verschiedenste Anlässe schreibt, wird sie immer mehr Mitglied einer Gemeinschaft, findet nach und nach zu sich selbst und versöhnt sich mit ihrer Vergangenheit.

Die japanische Autorin Ito Ogawa (geb. 1973) nimmt ihre Leser*Innen mit nach Kamakura, dem ehemaligen japanischen Regierungssitz Japans, der besonders für die zahlreichen gut erhaltenen Tempel und Schreine, aber auch seinen Strand bekannt ist und dem geneigten Leser viel über japanische Kultur vermittelt. DIe Karte am Anfang des Buches war eine gute Ergänzung,

Im Mittelpunkt steht (neben der Hauptfigur Hatoko) die Kunst der Kalligrafie und die auch heute noch vorhandenen öffentlichen Schreiber; japanische Original-Briefe (aber auch ihre Übersetzungen) unterbrechen die Handlung und führen ihre besonderen Fertigkeiten vor Augen. Die Ausführungen hierzu (sorgfältig ausgewähltes Papier, die Farbe der Tinte, die Weichheit oder der Nachdruck eines Pinselstrichs, die Schreibweise in hiragana oder Kanji und sogar eine individuelle Briefmarke ) haben mich ungemein beeindruckt. Überhaupt kommt das japanische Lebensgefühl abseits der Großstädte gut zum Ausdruck.

DIe Schreibweise ist poetisch, sehr sanft und ruhig, Spannung sucht man hier vergeblich; dafür lässt sich gut verfolgen, wie Freundschaften entstehen und Hatoko nach und nach ihren Frieden mit sich und der vormals so verhassten Großmutter, die sie lange Zeit nur "ihre Vorgängerin" nennen kann, finden kann. Das Ende ist versöhnlich und schön, aber offen, was mich bei diesem Buch in keinster Weise gestört hat, sondern Platz für eigene Gedanken bot.

DIe Figuren sind unglaublich liebenswert gezeichnet und mir ging das Herz auf beim Lesen. Insbesondere in die Nachbarin Barbara und die 5jährige QP hatte ich mich schnell verliebt, aber auch die überaus empathische Hatoko, die sich selbst in jeden geschriebenen Brief einbringt, hat nun einen Platz in meinem Herzen.

Nicht nur durch die geschriebenen Briefe werden die verschiedensten Themen angesprochen, wie Liebe, Freundschaft und sogar Tod und Trauer.

Ich habe mich gerne auf dieses sanfte Buch eingelassen, das mich wie ein stiller Fluss begleitete und mit dem ich zur Ruhe kam.

Bewertung vom 01.04.2025
Die Garnett Girls
Moore, Georgina

Die Garnett Girls


sehr gut

Margo und Richard verband einst eine leidenschaftliche LIebe, aus der die Töchter Rachel, Imogen und Sasha hervorgegangen sind. Doch als Richard spurlos verschwindet, verfällt Margot dem Trübsinn und dem Alkohol und überlässt die jungen Mädchen sich selbst - ohne jemals über die Vergangenheit sprechen zu wollen. DIe Geheimnisse wirken sich jedoch auf die ganze Familie und ihre Beziehungen aus....

DIe britische PR-Fachfrau legt mit "Die Garnett Girls" ihren Debütroman vor; ein Familienroman, der tief hinter die Kulissen der Garnett-Verwandtschaft blickt.

Georgina Moore hat ein Auge für Beziehungen, ihre Dramatik und Verpflichtungen, die aus ihnen erwachsen. Es gelingt ihr, die Gefühle der Figuren genau zu beschreiben, ihre jeweiligen Probleme sowie ihr oftmals schwieriges Verhältnis untereinander und die Folgen, die auch unüberlegte Handlungen auf andere haben. Trotz der ernsten Themen schreibt Moore mit leichter Hand und schönem Stil, so dass ich von der Geschichte mitgerissen wurde.

DIe Figuren sind mehrdimensional ausgearbeitet; ihre Zweifel und Komplikationen nachvollziehbar und höchst authentisch. Ich habe mit allen vier Frauen mitgelitten und auf eine zufriedenstellende Lösung ihrer Probleme gehofft. Durch die wechselnden Perspektiven konnte ich mich gut in die unterschiedlichen Positionen einfühlen.

Auch, wenn hinter allem die Frage steht, was aus Richard, dem Vater der drei Mädchen, geworden ist und hierdurch eine Spannungskurve entsteht, die letztlich befriedigend aufgelöst wird, lebt der Roman von den Spannungen der Figuren untereinander und den Veränderungen in ihren Beziehungen. Mir hat sehr gut gefallen, wie alle (!) sich weiterentwickeln zu starken Frauen, die ihren Weg finden und gehen.

Der Plot, in und rund um das Sommerhaus der Familie auf der Isle of Wight gelegen, ist sicher ebenso ein Höhepunkt dieses Romans und ich habe die wunderschönen Beschreibungen sehr genossen.

Ich empfehle den Roman sehr gerne an Frauen weiter, die sich mit den Themen Frausein, Familie und Selbstfindung beschäftigen mögen und sich auf unterhaltsame Weise spannenden Konflikten stellen.

Bewertung vom 10.03.2025
Die Brücke von London
Arth, Julius

Die Brücke von London


ausgezeichnet

1749. Die Tuchhändlerin Juliana Hamley, die ihr Geschäft auf der London Bridge betreibt, steht bereits mit einem Bein im Schuldnergefängnis, weil ihr verstorbener Mann ihr nichts als Schulden hinterlassen hat. Zusammen mit dem Waisenjungen Alder, den sie vor dem Ertrinken aus der Themse rettet, steigt sie ins Schmugund war überraschglergeschäft ein und überwindet alle moralischen Bedenken, denn ein dubioser Geldverleiher und die vor der Fertigstellung stehende Westminster Bridge machen ihr das Leben schwer. Und dann ist da auch noch Oliver, der im Dienst des Bridge Houses steht und für Sicherheit und Ordnung auf der Brücke sorgen muss....

Der deutsche Autor Julius Arth hat, fasziniert von der alten London Bridge, hervorragend recherchiert und einen höchst unterhaltsamen Roman über das Leben rund um das faszinierende Bauwerk im Jahre 1749 geschrieben.

Die London Bridge galt unter Zeitgenossen als Achtes Weltwunder mit ihrer auf ihr liegenden Stadt und dem Autor gelingt es, dieses besondere Bauwerk auch seinen Leser*Innen ins Herz zu schreiben. Natürlich musste ich mir im Internet Bilder dazu anschauen - und ich kann nur sagen, dass Julius Arth diese Brücke hervorragend beschrieben hat!

Arth schreibt seine Geschichte aus drei Perspektiven: Neben der eigentlichen Hauptfigur Juliana Hamley werden auch die Geschicke der Waisenkinder-Gang um den gewieften Alder beleuchtet als auch des vermeintlichen Gegenspielers Oliver, der Gehilfe des Brückenmeisters ist. Doch damit nicht genug: Es gibt auch einen zweiten Zeitstrang von der Erbauung der London Bridge im Jahre 1202, in der die weisen Frauen Estrid und Sybilla eine wichtige Rolle spielen. Diese beiden Zeitebenen laufen lange Zeit nebeneinander her und verbinden sich erst gegen Ende zu einem schlüssigen Ganzen. Doch ich habe trotz dieser Wechsel zu keiner Zeit den Überblick verloren, denn Arth gelang es vortrefflich, die Geschichte flüssig zu erzählen.

Der Schreibstil ist flüssig und anschaulich und Arth gelingt es, die Leser*Innen auch emotional in den Bann zu ziehen. Die historischen Fakten verbinden sich mit einer fiktiven Erzählung über die Schicksale höchst unterschiedlicher Figuren, die alle mit diesem besonderen Ort verbunden sind, zu einer mitreißenden Story, in der Freundschaft, Zusammenhalt, Liebe, aber auch finanzielle Nöte, Skrupellosigkeit, Mord und Aberglaube zu einem perfekten Ganzen zusammenfinden.
Die Figuren selbst sind authentisch und mehrdimensional gezeichnet und bestechen durch ihre Weiterentwicklung, und ich habe mit jeder einzelnen mitgefiebert und mitgelitten und war überrascht und traurig, wie schnell das Buch trotz seiner 560 Seiten zu Ende gelesen war.

"Die Brücke von London" ist ein höchst kurzweiliger historischer Roman rund um ein faszinierendes Bauwerk, den ich interessierten Leser'*Innen wärmstens empfehlen kann.

Bewertung vom 24.02.2025
Das Dinner - Alle am Tisch sind gute Freunde. Oder?
Rudolf, Emily

Das Dinner - Alle am Tisch sind gute Freunde. Oder?


gut

In einem abgelegenen Restaurant kommen fünf (ehemalige) Freunde zusammen, um ein Krimidinner zu spielen. Der sechste Stuhl bleibt leer, denn Maria ist vor fünf Jahren auf einem Musikfestival, das die sechs Freunde gemeinsam besuchten, spurlos verschwunden. Schnell wird klar, dass die Geschichte des Krimidinners keine fiktive ist, sondern starke Parallelen zu den Vorgängen um Marias Verschwinden aufweist. Offensichtlich möchte eine*r der Freund*Innen mit dem Krimidinner einen Mord aufklären - und einen Mörder im Freundeskreis enttarnen....

"Das Dinner" ist bereits der zweite Thriller der jungen deutschen Autorin (*1998) nach "Die Auszeit".

DIe Idee um das aufdeckende Krimidinner hatte mir sehr gefallen; die Umsetzung ist meiner Meinung nach aber nur suboptimal gelungen.

Sehr schön empfand ich die Locked-Room-Atmosphäre im Jetzt in dem abgelegenen Fine-Dining-Restaurant und die Verbindung der Geschichte mit einer Speisekarte.

Während die Geschichte spannend beginnt, machen einige Verwirrungen um die Namen der Protagonisten und größere und kleinere Längen das Lesen einigermaßen beschwerlich. Nach einigen unerwarteten Wendungen nimmt die Handlung dann aber noch einmal richtig FAhrt auf und führt zu einem erschreckenden Ende.

Erzählt wird in zwei Zeitebenen: zum einen wird das Krimidinner gespielt, in dem die fünf Figuren allsamt auch noch einen zweiten Spiel-Namen tragen und mir manches Mal der Überblick verloren ging, als auch im "Früher", als die sechs Freunde am Musikfestival teilnahmen, so dass man die Figuren allesamt gut kennenlernen konnte.

Alle Figuren waren mir ausgesprochen unsympathisch; offenbar waren alle in ihrer KIndheit traumatisiert und litten unter schwerwiegenden Folgen. Alkohol, Drogen und Sex sowie großer Egoismus spielen eine nicht unerhebliche Rolle. Relativ früh fragte ich mich, ob ich diese Zusammenkunft von fünf bzw. sechs Menschen überhaupt als Freunde bezeichnen kann, da von gegenseitiger Sympathie und Vertrauen nichts zu spüren war.

Und gerade darin lag für mich der Grund, warum mir das Lesen kein großes Vergnügen bereitete: DIe Erzählweise war recht einfach und in so gut wie jedem Satz fand sich das F***-Wort. Überhaupt drehte sich so gut wie alles um dieses Thema und ansonsten wurde eben unflätig geflucht damit, was ich als sehr eindimensional in der Ausdrucksweise der Autorin empfand.

Leider kann ich den Hype um diesen Thriller nicht wirklich verstehen und vergebe wohlwollende drei Sterne.

Bewertung vom 22.02.2025
Blutrote Grazien
Pamer, Benno

Blutrote Grazien


gut

Im Darknet foltert ein Unbekannter junge Mädchen auf brutalste Weise und verkauft die Rechte an den Bildern seinen "Jüngern", die den Täter, der jedes seiner Opfer mit einem Gedicht verbindet, frenetisch feiern. Aron Fischer vom Kommissariat Meran ermittelt mit seiner jungen, attraktiven Kollegin Marie, die offensichtlich auch Kontakte zur Halbwelt hat. Als weitere Opfer entdeckt werden und der Druck der Öffentlichkeit wächst, werden den Aron und Marie weitere Ermittler zur Seite gestellt - und dann verschwindet auch Aron....

Benno Pamer, hauptberuflich CEO eines international tätigen Unternehmens, schreibt in seiner Freizeit spannende Thriller; "Blutrote Grazien" ist bereits sein viertes Werk, in dem er die Abgründe des Darknets thematisiert - und den Kindesbrauch (an Schutzbefohlenen). Schon aufgrund dieser hochaktuellen und wichtigen Themen lohnt sich die Lektüre!

Im Mittelpunkt des fesselnden Thrillers steht das Kommisaariat Meran, und Pamers Liebe zu seiner Heimat Südtirol ist deutlich zu erkennen. Mir hat dieses Setting sehr gefallen.

"Blutrote Grazien" ist ein Thriller, der die Leser*Innen gleich zu Beginn packt und bis zur letzten Seite nicht mehr los lässt; überraschende Wendungen und ein Finale mit einer logischen Aufklärung halten in Atem. Leider hat mir gerade dieses Ende überhaupt nicht gefallen, die Gründe kann ich bedauerlicher Weise hier nicht darlegen ohne zu spoilern; für mich ist die Täterschaft in Verbindung mit der vorausgegangenen Ermittlungsarbeit unrund. Dies ist jedoch mein eigener Geschmack und führt daher zu keinem Punktabzug.

Der bildhafte und detailreiche Erzählstil führt dazu, dass gerade die ausführlich geschilderten, brutalen Folterszenen nicht leicht zu ertragen und sicher nicht für jeden geeignet sind zu lesen. Meiner Meinung nach sind diese blutigen Gewaltszenen jedoch wichtig für den Fortgang der Story und keinesfalls übertrieben.
Dadurch, dass im Wechsel von den Ermittlungen und dem Vorgehen und den Gedanken des Täters geschrieben wird, entsteht ein umfassendes Bild und es erklärt die Motive, die dennoch unentschuldbar bleiben.

Mit den Figuren hingegen bin ich nicht wirklich warm geworden, lediglich der Hacker Juri konnte mich begeistern.
Insbesondere das Frauenbild lässt mich hadern: Gerade Marie, die eigentlich eine starke Frau sein sollte, die - auch in ihrer Freizeit - gegen das Böse kämpft, wird stets als aufreizend gekleidet beschrieben, flirtet alle Männer an und geht recht wahllos mit jedem ins Bett. und Arons Ehefrau ist die ewig nörgelnde Hausfrau. Überhaupt gibt es viel Sex und Alkoholexzesse im Buch.
Aron als HAupt-Ermittler ist mir zutiefst unsympathisch und ich haderte mit seinem Vorgehen.

Manchmal hätte ich doch lieber noch etwas mehr über die eigentliche Ermittlungsarbeit gelesen und das Miteinander der Ermittler, die ein wenig im leeren Raum stehen bleibt.

Für mich ist "Blutrote Grazien" ein Thriller, der durchaus polarisieren kann; ich vergebe 3,5 Sterne.

Bewertung vom 21.02.2025
Die Farben der Revolution. Éléonore und Robespierre (eBook, ePUB)
Limbeck, Jeanette

Die Farben der Revolution. Éléonore und Robespierre (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die Französische Revolution dauert bereits einige Jahre, als die Schwestern Éléonore und Babette Duplay nur knapp dem Tod bei dem berüchtigten "Massaker auf dem Champ de Mars" entgehen. SIe flüchten in den Jakobinerclub, dem ihr Vater angehört und Èléonore begegnet zum ersten Mal dem charismatischen Revolutionsführer Maximilien de Robespierre. DIeser zieht als Mieter in das Haus der Familie Duplay und beide verlieben sich ineinander. Während Éléonore sich für Freiheit und Gleichheit der Frau einsetzt und ihrem Traum, Malerin zu werden, folgt, unterstützt und streitet sie mit ihrem späteren Verlobten ....

"Die Farben der Revolution" ist das zweite Werk der deutschen Autorin Jeanette Limbeck, deren KIndheitstraum es bereits war, über die Französische Revolution zu schreiben. Das Initial hierzu gab schließlich ihr Besuch im Pariser Musée Carnavalet, wo sie zwei nebeneinander hängende Portraits von Èléonore und Maximilien entdeckte und dieses Erlebnis auch als kleine Rahmenhandlung der historischen Geschichte beigefügt hat.

Jeanette Limbeck hat außergewöhnlich akribisch recherchiert und verbindet ein höchst umfangreichen Geschichtswissen mit einer lebendig und mitreißend erzählten Geschichte, die ihre Leser*Innen nicht nur schnell in die Geschichte hineinzieht, sondern auch viele Informationen und Erkenntnisse vermittelt. So kann ich von mir durchaus behaupten, dass mir durch die Lektüre viele Details und HIntergründe verdeutlicht wurden, ohne dass ich jemals mit trockenen Fakten zu kämpfen hatte.

Limbeck gelingt es wie kaum einem anderen, die historischen Personen zum Leben zu erwecken, so dass man meint, man wäre live dabei gewesen bei den großen Ereignissen der Weltgeschichte und hätte aktiv an der Französischen Revolution teilgenommen. Insbesondere der offiziell zumeist als grausam und rücksichtslos dargestellte Revolutionsführer ist durch die Autorin so mehrdimensional dargestellt, dass auch andere Facetten in den Vordergund treten, wie seine Bescheidenheit, seine Unbestechlichkeit und vor allem seine Forderung nach absoluter Gerechtigkeit. Für mich erschien, gerade durch die Augen seiner willensstarken Verlobten betrachtet, Robespierre in einem völlig neuen LIcht und ich lernte ihn als eine spannende Persönlichkeit kennen, die durchaus verkannt wurde.
Aber auch die real existierende Èléonore Duplay, von der ich vorher niemals gehört hatte, wuchs mir ans Herz, ohne dass ich sie rundum sympathisch fand. Sie war eine absolut willensstarke Persönlichkeit, die offen ihre Ansichten vertrat und damit durchaus Feindschaften entstehen ließ. Mit ihrer Forderung nach Freiheit und Gleichheit für die Frauen war sie ein Vorbild der Emanzipation und stieß gerade damit bei den Revolutionären auf Widerstand, die den Frauen wenig bis gar keine Rechte zubilligten. Ganz nebenbei ist durch ihre Figur auch noch eine Menge über die Malerei und die Künstler zur Zeit der Romantik (und die untergeordnete Stellung von Künstlerinnen) zu erfahren.

Ein Personenverzeichnis (mit Kennzeichnung der fiktiven Charaktere), ein Glossar, Quellennachweise, eine Bibliografie und vor allem Anmerkungen zur historischen Genauigkeit runden das Buch auf perfekte Weise ab.

Selten hat mich ein historischer Roman, der dermaßen vor HIstoriografie strotzt, dermaßen gepackt und ich empfehle ihn uneingeschränkt weiter. Für mich ein "außergewöhnlich" mit 5 Sternen.

Bewertung vom 18.02.2025
Campion. Tödliches Erbe
Allingham, Margery

Campion. Tödliches Erbe


sehr gut

Eher unerwartet tritt Albert Campion in das Leben von Val Gyrth, der Sohn der alteingesessenen Familie Gyrth, die einen Stastsschatz, einen über tausend Jahre alten Kelc,h in einem angeblich türlosen Zimmer hütet, denn dieser soll gestohlen werden. Dank der hervorragenden Kombinationsgabe und der zahlreichen Beziehungen des Kriminalisten sind Campion und sein Schützling den Verbrechern immer einen Schritt voraus....

Die britische Autorin Margery Allingham (*20.05.1904, †30.06.1966) gehört neben Agatha Christie, Dorothy L. Sayers und Ngaio Marsh zu den „Queens of Crime“, den vier bedeutendsten Autorinnen von klassischen Detektivromanen des Goldenen Zeitalters. "Campion. Tödliches Erbe" erschien bereits 1931 unter dem Titel "Look to the Lady / The Gyrth Chalice Mystery" als dritter Band der Reihe um den unscheinbaren Detektiv Albert Campion (die insgesamt 34 Bäne umfasst), und wurde fast 95 Jahre nach dessen Erstveröffentlichung im Jahr 2025 neu aufgelegt.

Natürlich ist es keinesfalls verwunderlich, dass wir dabei in eine völlig andere Zeit entführt werden, in der Adel und Großgrundbesitzer noch einen anderen Stellenwert hatten als heute, das "fahrende Volk" mit Argwohn beachtet, die Erbfolge männlich beherrscht wurde und die Frauen noch ausschließlich Kleider trugen. Und selbstredend ist auch die blumige, ausdrucksvolle Sprache anders als in modernen Werken. Doch wer sich darauf einlässt, findet einen höchst charmanten und unterhaltsamen Krimi in feinster klassischer Manier vor.
Auch Rätselhaftes und Unerklärliches spielt eine große Rolle.

Campion, der Meisterdetektiv mit dem meist dümmlichen Gesichtsausdruck, hat es faustdick hinter den Ohren und ist Freund und Feind immer einen Schritt voraus. So gibt es ständige Wendungen und miträtseln lässt sich kaum, weil immer wieder Neues offenbar wird. Er überrascht nicht nur seinen Schützling immer wieder, sondern auch die Leser*Innen mit seinen Schachzügen im Hintergrund.
Und auch die anderen Figuren sind bestrickend bildhaft gezeichnet und passen selbstredend in die Zeit.
Für mich war es wohltuend, einmal von klassischen Schurken zu lesen, Schmugglern, Taschendieben, Raufbolden, die einer handfesten Polizei, gebildeter Professorenfamilie und verarmten Landadel gegenüberstehen.

Ein angenehmer Spannungsbogen führt zu einem befriedigenden Ende; nur das Rätsel, von welchem Geld Campion eigentlich seine AUsgaben bestreitet, wird nicht gelöst.

Der einnehmende Schreibstil, aussagekräftige Kommunikation und feiner britischer Humor machen das Leseerlebnis zu etwas Besonderem; und auch eine Prise Mystik darf nicht fehlen.

Wer sich auf einen klassischen Krimi einlassen kann, wird mit einem wahren Meisterwerk aus den Anfängen der Schriftstellerinnen und der ehrwürdigen Detektivkunst belohnt.

Bewertung vom 09.02.2025
Die Villa
Ryder, Jess

Die Villa


ausgezeichnet

Die zukünftige Braut Aoife und ihre Freundinnen Dani, TIff, Beth und und Celine reisen nach Marbella, wo sie eine abgelegene Villa gemietet haben und mit viel Alkohol und ohne Hemmungen einen zügellosen Junggesellinnenabschied feiern - und am Ende ist Aoilfe tot und die mit ihr aufgefundene Dani ist zu zugedröhnt, um sich an irgendetwas zu erinnern. Um den Dingen auf die Spur zu kommen und endlich abschließen zu können, lockt sie drei Jahre später die anderen drei wieder nach Marbella. Während sie Nachforschungen anstellt, kommen die alten Spannungen wieder ans Tageslicht und auch von in Marbella lebenden Auswanderern werden sie gewarnt, tiefer zu graben....

Die preisgekrönte Londoner Fernsehproduzentin und Autorin Jess Ryder geht ihrer Leidenschaft für spannende Psychothriller nach und öegt mit "Die Villa" einen mitreißenden Spannungsroman vor, der mich absolut packen konnte. Obgleich ich schon schnell einen Verdacht hatte, führten zahlreiche Wendungen, die diesen zunächst bestätigten, zu einem unvorgergesehen Schluss, der mich in jeder Hinsicht zufriedenstellen konnte.

FÜr die große Party haben die jungen Frauen die südspanische Küstenstadt Marbella an der Costa del Sol ausgesucht, die allgemein als der Jet Set Hotspot Europas bekannt ist und darüber finden sich auch so ziemlich alle (Vor-?) Urteile im Buch wieder. Auf jeden Fall das passende Ambiente für eine ausgelassene Party ohne Grenzen.

Der Thriller wird erzählt in zwei Zeitsträngen: "damals", als die Party so ein schreckliches Ende nahm und "heute", als Dani auf eigene Faust ihre Erinnerungen wieder zum Vorschein bringen will und in eigener Sache ermittelt. Überwiegend erzählt ein personaler Erzähler über Dani, ergänzt wird seine Sicht jedoch durch die Ich-Erzählperspektiven der anderen Haupt-Figuren, wodurch die Spannungen immer deutlicher zu Tage treten.

Die Figuren sind durchaus mehrdimensional dargestellt und alles andere als transparent in ihrem Verhalten; alle haben ihre Geheimnisse und Animositäten untereinander. Wirklich sympathisch war mir keine und zusammenfassend gilt der alte Spruch: Wenn man solche Freundinnen hat, braucht man keine Feinde. Sie wirkten jedoch authentisch auf mich und ich fühlte mich gut unterhalten damit, sie zu beobachten.

Es liegt wohl in der Natur der Sache, dass in der Schilderung der riesengroßen Party eine Menge Alkohol getrunken, Drogenmissbrauch thematisiert und sexuelle Handlungen durchgeführt werden. Wer nicht darüber lesen möchte, sollte die Hände von diesem Roman lassen.

Auch, wenn mir das Thema des Junggsellinnenabschieds und der ausufernden Partys fern liegt, konnte mich dieser spannungsgeladene Thriller absolut mitreißen und ich vergebe volle fünf Sterne.