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Circlestonesbooks.blog

Bewertungen

Insgesamt 87 Bewertungen
Bewertung vom 24.04.2019
Die Weisheit alter Hunde
Radinger, Elli. H.

Die Weisheit alter Hunde


ausgezeichnet

„Wenn Shira einen Kalender designen müsste, dann würde sie auf jedes einzelne Kalenderblatt JETZT schreiben. Denn das ist es, was fär sie zählt.“ (Zitat Seite 188)

Inhalt:
Die Autorin, Wolfs- und Hundeexpertin, schreibt über das Leben mit Hunden, im Wissen, dass die Lebenserwartung von Hunden im Normalfall weit unter jener der Menschen liegt.
Im Mittelpunkt stehen Geschichten über den Alltag mit Shira, der inzwischen dreizehn Jahre alten Labradorhündin der Autorin, sowie über Lady, die Vorgängerin von Shira, die fünfzehn Jahre alt geworden war.

Thema und Genre:
Dieses Buch ist weit mehr als nur ein Sachbuch über alte Hunde. Es geht nicht um Tipps betreffend die Ernährung, Krankheiten und ähnliche Themen, die man in jedem Hundebuch finden kann. In diesem Buch geht es um das Leben selbst, um Lebensqualität, Lebensfreude und das Zusammenleben mit einem alternden Tier. Themen sind Vertrauen, Liebe und die Gelassenheit, mit der die Hündin Shira ihre Tage füllt. Natürlich geht es auch um Sorgen, Loslassen, Trauer, Verlust, um das Wissen des Unvermeidlichen. Ein Hund denkt nicht über das Alter nach, sondern darüber, wie schön das Heute ist, genau jetzt. Hier zeigt die Autorin auf, was wir Menschen von unseren Hunden lernen können, indem wir unser Leben entschleunigen und öfter innehalten und einfach den Augenblick genießen.
Die einzelnen Kapitel sind gleichzeitig in sich abgeschlossene Geschichten, jeweils zu einem
besonderen Gedanken, Anregung und Thema. Forschungsergebnisse ergänzen die einzelnen Aussagen.
Am Ende des Buches findet sich ein Quellenverzeichnis mit entsprechenden Lesetipps.

Fazit:
Dieses Buch bietet eine Fülle von Gedanken und Anregungen, nicht nur für das Leben mit dem vierbeinigen Gefährten, sondern auch für die eigene Einstellung zum Leben und vor allem zum Älterwerden. Einfühlsam und mit Humor geschrieben, ist es nicht nur eine Liebeserklärung an unsere Fellnasen, sondern an das Leben selbst. Ein Buch, das man immer wieder gerne zur Hand nehmen wird.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.04.2019
Archipel
Mahlke, Inger-Maria

Archipel


sehr gut

„Seitdem hat sich der Füllstand der Straßen zu einem verlässlichen Barometer für die Zerbrechlichkeit oder Stabilität der Verhältnisse auf der Insel entwickelt.“ (Zitat Seite 387)

Inhalt:
Rosa Bernadotte Baute bricht ihr Kunststudium ab und kehrt in ihre Heimat zurück, auf die Insel Teneriffa. Dort gehören die Bernadottes zur einflussreichen Oberschicht. Rosas Mutter ist Politikerin, Rosas Großvater mütterlicherseits, Julio Baute, lebt im Asilo La Laguna, wo er mit 96 Jahren noch Pförtnerdienste innehat. Er hat die politische Geschichte Teneriffas in den beinahe einhundert Jahren seines Lebens miterlebt, aktiv gegen die Faschisten im Bürgerkrieg, dann ihr Gefangener. Rosas Vater Felipe Bernadotte ist Historiker. Er hatte ein Forschungsprojekt gestartet, das auch die Aufarbeitung die Rolle seiner Familie unter Diktator Francisco Franco beinhaltet hätte, doch eine Kollegin wurde mit der Leitung beauftragt, worauf er sich vor elf Jahren ins Privatleben zurückgezogen hatte.

Thema und Genre:
Dieser Roman ist eine Mischung aus Generationen- und Familienroman und arbeitet gleichzeitig die Geschichte Teneriffas im 20. Jahrhundert auf. Daher sind neben Themen wie Familie, gesellschaftliche Strukturen und Grenzen, auch die Politik und der Widerstand ein Schwerpunkt. Die Geschichte spielt auf Teneriffa.

Charaktere:
Drei Familien stehen im Mittelpunkt dieses Romans: die adeligen, privilegierten Bernadottes, die Frauen Morales Ruiz, arme Unterschicht, Haushaltshilfen bei den Bernadottes, und die gutbürgerliche Familie Baute. Diese unterschiedlichen Familien sind durch die Ereignisse dieser einhundert Jahre, durch ihr Umfeld oder auch durch die Liebe miteinander verbunden. Julio Baute, geboren 1919, ist der stille Hauptprotagonist dieses Romans, denn er allein hat dies alles er- und überlebt, es ist auch seine Geschichte, die hier erzählt wird.

Handlung und Schreibstil:
In dieser Geschichte bilden kurze Rückblenden nur einen erklärenden Hintergrund. Erzählt wird die Handlung in einem einzigen Strang, dieser ist eingeteilt in Kapitel mit Zeitangabe. Eher ungewöhnlich ist es, dass die Geschichte von der Gegenwart in die Vergangenheit erzählt wird. Sie beginnt im Jahr 2015 und endet schließlich im Jahr 1919. Dennoch hält der Spannungsbogen den Leser gefangen, denn statt wie üblich zu erfahren „was passiert“, ist hier die interessante Frage „wie ist es dazu gekommen“.
Die Sprache erfasst viele Details, ergänzt durch Schilderungen und Beschreibungen, auch die Charaktere sind sehr stimmig entwickelt. Ein Glossar am Buchende erklärt spanische Bezeichnungen, beschränkt sich leider auf die gängigen Wörter und Wortverbindungen, die man ohnedies kennt, auch wenn man die Sprache nicht spricht.

Fazit:
Ein zeitgeschichtlicher Generationen- und Familienroman, erzählt am Beispiel von drei Familien. Es geht vor allem um das Leben der einzelnen Menschen, beeinflusst durch die Ereignisse, die sich durch die politische Situation ergaben. Einhundert Jahre, interessant und spannend erzählt „im Rückwärtsgang“, von 2015 bis 1919.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.04.2019
Korrosion
Beck, Peter

Korrosion


ausgezeichnet

„Die Frage war der Bluthund der Intelligenz.“ (Zitat Seite 55)

Inhalt:
1971 stirbt ein Bäcker in seinem Backofen. Mehr als vierzig Jahre später wird seine Witwe während der Weihnachtstage ermordet. Ihr Aktiendepot in zweistelliger Millionenhöhe wird seit Jahrzehnten von einer angesehenen Schweizer Privatbank verwaltet. Ihre Anweisungen für den Todesfall legen fest, dass ihr Testament erst vollstreckt werden darf, wenn geklärt ist, welches ihrer drei Kinder damals für den Tod ihres Ehemannes verantwortlich war. Tom Winter, dem erfahrenen Sicherheitschef der Bank fällt die schwierige Aufgabe zu, die drei möglichen Erben zu finden und den Sachverhalt zu klären.

Thema und Genre:
In diesem spannenden Buch, einzuordnen zwischen Roman und Thriller, geht es um aktuelle, wichtige Themen wie Flüchtlinge, Missbrauch und Umwelt, aber auch um Familie. Eine Kernfrage dreht sich um Ursache und Wirkung und den Graubereich zwischen Schuld und Gerechtigkeit. Die Finanzwelt bleibt im Hintergrund.

Charaktere:
Tom Winter ist ein erfahrener Ermittler und sein Einsatz bewegt sich zwischen psychologischen und körperlichen Herausforderungen, die ihn an seine Grenzen bringen. Private Befindlichkeiten setzt der Autor maßvoll und nur dort ein, wo es für die Handlung wichtig ist.

Handlung und Schreibstil:
Orte der Handlung sind neben der Schweiz die Azoren, England und Deutschland und der Handlungszeitraum erstreckt sich über wenige Wochen zwischen Ende Dezember und Ende Januar. In einem zweiten Handlungsstrang wird der abenteuerliche Weg eines Flüchtlings aus dem Sudan bis nach Europa beschrieben. Beide Erzählstränge sind trotz der intensiven Schilderungen knapp und rasant geschrieben, was die Geschichte dicht und packend macht.

Fazit:
Ein anspruchsvoller Thriller mit Tiefgang und Themen, die den Leser nachdenklich stimmen. Dazu eine spannende Handlung mit rasanten Abläufen und einem smarten Ermittler, eine sehr gelungene Kombination.

Bewertung vom 13.04.2019
Söldner des Geldes
Beck, Peter

Söldner des Geldes


ausgezeichnet

„Die Strömungen der Luft und des Geldes waren nicht sichtbar.“ (Zitat Seite 135)

Inhalt:
Bei einem Helikopterabsturz in den Schweizer Bergen kommt Anna, Mitarbeiterin und persönliche Vertraute von Tom Winter, Sicherheitschef einer Schweizer Privatbank, ums Leben. Mit ihr der erfahrene Pilot, sowie ein arabischer Scheich, ein extrem vermögender, einflussreicher Kunde der Bank. Es war definitiv kein Unfall. Die erste Spur führt Winter nach Kairo. Als dort ein Geschäftspartner des Ermordeten ebenfalls bei einem Anschlag umkommt, ist Winter klar, dass jemand die geplanten weltweiten Investitionen mit allen Mitteln verhindern will. Eine deutliche Botschaft an Winters Chef lautet: Raushalten aus dem Nahen Osten. Gemeinsam mit der ägyptischen Geschäftsfrau Fatima macht sich Winter auf eine lebensgefährliche Spurensuche, die sie quer durch Europa, nach Amerika und zurück in die Schweiz führt.

Thema und Genre:
Dieser packende Thriller beschäftigt sich mit dem System der internationalen Finanzmärkte. Es geht um diskrete Banken, Anlagestrategien, Investmentfonds und unvorstellbar hohe Geldsummen, die hier zu verdienen sind.

Charaktere:
Winter ermittelt ziel- und lösungsorientiert. Seine Ausbildung bei einer Spezialeinheit der Polizei ist bei körperlichen Angriffen hilfreich. Er ist verschwiegen und hat Humor.
Fatima, die intelligente ägyptische Geschäftsfrau kennt die Zusammenhänge im Nahen Osten und unterstützt Winter dort, wo er als Europäer vor verschlossenen Türen stehen würde.

Handlung und Schreibstil:
Die straffe Handlung erstreckt sich über etwa 14 Tage, der Hauptprotagonist Winter muss unter enormem Zeitdruck ermitteln, was für den Leser intensive Spannung bedeutet. Dennoch nimmt sich der Autor Zeit für Beschreibungen der unterschiedlichen Handlungsschauplätze und auch das fröhliche Feiern am 1. August, dem Bundesfeiertag der Schweiz wird erwähnt. Diese Schilderungen erhöhen das Vergnügen beim Lesen, ohne jedoch die Spannung zu unterbrechen. Der trockene Humor des Autors zeigt sich in Sätzen wie „Die arabischen Flüche krachten beeindruckend“ und ebenso beeindruckend ist der Ideenreichtum, mit dem der Autor Winter handeln lässt. Auf Seite 275 zum Beispiel beginnt eine Szene, bei der ich schallend gelacht habe, so genial sind die Bilder, die man sich bei dem gekonnt geschilderten Ablauf sofort vorstellt.

Fazit:
Dieser spannende Thriller ist das erste von bisher drei Büchern über die internationale Welt der Hochfinanz und den smarten Sicherheitschef Tom Winter, doch die Reihenfolge spielt keine Rolle. Sicher ist jedoch, sobald man eines der Bücher gelesen hat, will man die anderen auch lesen. Dieser niveauvolle, auch sprachlich großartige Wirtschaftsthriller ist ein packender Pageturner, der überzeugt und Spaß macht.

Bewertung vom 02.04.2019
Invisible / Salomon & Buchholz Bd.2
Poznanski, Ursula;Strobel, Arno

Invisible / Salomon & Buchholz Bd.2


gut

„Jeder könnte das nächste Opfer sein und jeder der nächste Täter.“ (Zitat Seite 69)

Inhalt:
Ein angesehener, sehr bekannter Gefäßchirurg betritt einen OP-Raum in einem Hamburger Krankenhaus und rammt dem Patienten ein Skalpell ins Herz. Dann lässt er sich ohne Widerstand festnehmen. Dies ist nur der Auftakt zu einer Serie von weiteren brutalen Morden. Alle Täter sagen aus, dass sie das Opfer nicht kannten, von diesem aber per Email beschimpft, verfolgt und in ihrer Existenz bedroht worden seien und dies habe sie schließlich unendlich wütend gemacht. Die Ermittler Salomon und Buchholz stehen unter Zeitdruck und suchen unermüdlich nach irgendeiner Verbindung zwischen den Tätern, den Opfern und brauchen dringend Resultate, um weitere Morde verhindern zu können.

Thema und Genre:
In diesem Thriller geht es um die Frage, wie weit man Menschen manipulieren kann und um sehr aktuelle, reale Möglichkeiten. Ein Thema, das nachdenklich stimmt.

Charaktere:
Die beiden Ermittler Nina Salomon und Daniel Buchholz sind in diesem neuen Fall auch stark mit ihrem Privatleben und persönlichen Problemen beschäftigt. Dies beeinflusst das gute Einvernehmen im Team und auch ihre Tätigkeit als Ermittler.

Handlung und Schreibstil:
Die Geschichte spielt in Hamburg und wird abwechselnd von Salomon und Buchholz geschildert, wodurch manche Szenen aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet werden. Beide Sichtweisen ergänzen einander, sodass sich für den Leser ein klarer Ablauf der Ereignisse ergibt. Leider überwiegen in der ersten Hälfte des Buches die Schilderungen der persönlichen Befindlichkeiten der Ermittler, es wird mit zahlreichen Hints gearbeitet, obwohl man als Leser ohnedies bald die Zusammenhänge vermutet. Dies nimmt der Handlung die Spannung. Erst etwa im letzten Drittel des Buches wird es richtig packend und man liest auch gerne weiter.

Fazit:
Ich hatte mich nach dem großartigen ersten Fall dieser Reihe um die Ermittler Salomon-Buchholz sehr auf diesen zweiten Band gefreut. Doch leider kommt dieser nicht an „Anonym“ heran. Die langatmigen Schilderungen der privaten Probleme der Ermittler, insbesondere von Daniel Buchholz, führen dazu, dass sich die Spannung nur langsam aufbaut. Ein sehr gut durchdachter, realistischer Thriller zu einem aktuellen Thema, aber mit einigen Schwächen.

Bewertung vom 28.03.2019
This is not a love song
Blondel, Jean-Philippe

This is not a love song


sehr gut

„Ich werde mir ein Quäntchen schmalzige Wehmut gönnen und die Zärtlichkeit in den Augen tragen, die ich meinem Leben gegenüber empfinde.“ (Zitat Seite 49)

Inhalt:
Vincent ist Franzose, lebt aber mit seiner Frau Susan und den zwei kleinen Töchtern in London, wo er eine erfolgreiche Restaurantkette gegründet hat. Susan fährt mit den Kindern eine Woche zu ihren Eltern und Vincent wird in dieser Woche seine Eltern und seinen Bruder in Frankreich besuchen. Rasch entwickelt sich dieser Besuch zu einer Belastung für alle, besonders für ihn selbst, obwohl er dies vorausgesehen hatte. Er ist nicht sicher, ob er auch seinen besten Freund Etienne treffen soll, mit dem er bis zu seiner Übersiedlung nach London eine Wohnung geteilt hatte. Irgendwie hat er in den Jahren seither nie Zeit gefunden, sich bei Etienne zu melden.

Thema und Genre:
Es ist ein kurzer Roman über Familie, Freundschaft und die Veränderungen und Verantwortung des Erwachsenwerdens. Es geht auch um Flucht aus der konservativen Enge eines Familiengefüges und Ortes, sowie die zeitlos gültige Frage des „Was wäre gewesen, wenn“.

Charaktere:
Als Leser fühlt man mit Vincent, versteht seine Situation, andererseits machen Vincents Vorurteile und Überheblichkeit ihn nicht unbedingt sympathisch. Dennoch ist er ein interessanter Charakter und auch die anderen Protagonisten, besonders sein Bruder Jerome und dessen Frau Celine, überraschen im Lauf dieser wenigen Tage, in denen die Handlung spielt.

Handlung und Schreibstil:
Vincent erzählt in der „Ich-Form“ von dieser Urlaubswoche in seiner früheren Heimat Frankreich, die er längst nicht mehr als Heimat sieht. Durch Susan konnte er nach London übersiedeln, wo sein Leben eine nicht vorhersehbare Wende zum Positiven nahm. Nun wird er nicht nur mit der eigenen Entwicklung konfrontiert, sondern auch mit der seiner Freunde. Daraus ergeben sich einige nicht vorhersehbare Ereignisse für den Protagonisten und somit auch für den Leser. Rückblenden in Form von Erinnerungen vervollständigen das Gesamtbild.
Der Autor schreibt erzählend, leise, mit psychologischer Tiefe und eindringlichen Beschreibungen.

Fazit:
Ein nachdenkliches Buch und die Geschichte, die uns der Autor erzählt, ist komplex und vielschichtig. Einerseits ist es die Bilanz einer Flucht nach vorne, unbequeme Erinnerungen eingeschlossen, andererseits geht es um Entscheidungen, die rückblickend richtig waren, aber ihren Preis hatten.

Bewertung vom 27.03.2019
Die Spur des Geldes
Beck, Peter

Die Spur des Geldes


ausgezeichnet

„Haben Sie schon einmal versucht, einen Pudding an die Wand zu nageln?“ (Zitat Seite 151)

Inhalt:
Otto Harnisch, Brunnenmeister der Berliner Wasserwerke, wird tot in einem tiefen Schacht gefunden, ermordet. Ein Kontoauszug führt zu einer Schweizer Privatbank und Tom Winter, ehemaliges Mitglied einer Polizei-Sondereinheit und jetzt Sicherheitschef dieser Bank, wird mit den Nachforschungen beauftragt. Rasch muss er erkennen, dass der Mord in Berlin nur ein Puzzleteil einer international drohenden Gefahr von unvorstellbarem Ausmaß ist. Die Gegner sind kaum fassbar, skrupellos, und die Zeit drängt.

Thema und Genre:
In diesem packenden Wirtschafts- und Wissenschaftsthriller geht es um moderne Technologien und Forschungen, global vernetzte Syndikate und die entsprechenden Unternehmensstrukturen. Auch biologische Kampfmittel sind ein Thema.

Charaktere:
Hauptprotagonist ist Tom Winter, ein vielschichtiger Charakter, teilweise zurückhaltend, distanziert, hat er auf jeden Fall Charisma. Er kann zuhören und erfährt dadurch, was er wissen will. Seine enge Mitarbeiterin Leonie ist für alles zuständig, das mit den modernen Medien und Informationstechnologien zu tun hat. Sie versteht ihren Job und fragt nicht viel, sondern macht - rasch und effizient. Tom kann sich auf sie verlassen. In Berlin trifft Tom auf Anika, eine junge Frau, unkompliziert wie ihre kaum zu bändigende Strubbelfrisur. Sie ist zielstrebig und erstaunlich hart im Nehmen, nicht nur mental. Diese drei Hauptprotagonisten sind absolut ehrlich und das macht sie dem Leser sympathisch. Insgesamt nimmt sich der Autor Zeit, seine Charaktere zu entwickeln, zu beschreiben und entsprechend agieren zu lassen. Dies trifft nicht nur für die Hauptprotagonisten zu, sondern er findet für jede einzelne Figur besondere Merkmale.

Handlung und Schreibstil:
Die packende Handlung führt den Protagonisten von der Schweiz nach Deutschland, London, Russland und Istanbul. Der straffe Zeitrahmen erhöht die Spannung zusätzlich.
Der Schreibstil ist rasch beschrieben: Lesevergnügen. Der aktionreichen Handlung angepasst, rasant, aber nie übertrieben dramatisch. Dazwischen nimmt sich der Autor Zeit für Beschreibungen, die sofort das Kopfkino zum Laufen bringen, das lebendige Istanbul, der Hafen von Noworossijsk, ein Waldboden, warm in der Sonne, und dann wieder die humorvollen Dialoge der Protagonisten.

Fazit:
Dies ist eine jener Geschichten, wo man als Leser denkt "das könnte durchaus Realität werden, nichts daran ist wirklich unmöglich". Ein Thriller, wie er sein sollte: ein brandaktuelles Thema, harte Szenen, aber nicht detailverliebt in Blut watend. Kurz gesagt: ein Pageturner.

Bewertung vom 23.03.2019
Vaticanum / Tomás Noronha Bd.3
Dos Santos, José R.

Vaticanum / Tomás Noronha Bd.3


ausgezeichnet

„Zwar waren manche der Prophezeiungen vage genug verfasst, um sich nahezu beliebig interpretieren zu lassen, aber andere trafen derart präzise zu, dass es ihn fast schon erschreckte. Sollte der heilige Malachias tatsächlich in die Zukunft gesehen haben?“ (Zitat Seite 87)

Inhalt:
Professor Tomás Noronha wurde vom Vatikan beauftragt, alle Grabstätten unter dem Vatikan aufzulisten. Hintergrund ist die Suche nach den Gebeinen des Hl. Petrus, die in einem Reliquiar unter dem Petersdom ruhen sollen, aber nie gefunden wurden. Gerade macht er eine aufregende Entdeckung, als er zu Papst Franziskus gerufen wird. Es geht um die Malachias-Prophezeiung, wonach er der letzte Papst der katholischen Kirche ist. Der Papst bittet Tomás um Hilfe, denn im Vatikan ist unter mysteriösen Umständen eingebrochen worden, vor allem aber gibt es aktuelle Drohungen des IS gegen ihn. Catherine Rauch, die französische Wirtschaftsprüferin und Leiterin der Kommission COSEA soll ihn dabei unterstützen. Kurz danach wird der Papst von Mitgliedern des IS entführt und soll binnen weniger Stunden hingerichtet werden.

Thema und Genre:
Auf dem Buchcover ist „Roman“ zu lesen, doch auch bei dieser packenden Geschichte um den Historiker Tomás Noronha handelt es sich um einen Thriller. Thema ist diesmal die katholische Kirche mit ihrem weitreichendes Netz von Verbindungen zu den Mächtigen der Welt. Thema ist vor allem der IOR, die „Vatikanbank“ und die in den letzten Jahren zumindest teilweise aufgedeckten finanziellen Machenschaften des Vatikans.

Charaktere:
Tomás Noronha ist Wissenschaftler, Historiker und im Grunde kein Held. Doch seine präzise Recherchearbeit und die damit verbundenen Ermittlungen bringen ihn in Lebensgefahr. Persönlich etwas genervt durch seine Verlobte Maria Flor, die sich den gemeinsamen Aufenthalt in Rom etwas anders vorgestellt hatte, steht für ihn das Leben des Papstes an oberster Stelle und er lässt sich nicht beirren. Unterstützt wird er durch die toughe, sympathische Catherine Rauch.

Handlung und Schreibstil:
Die dichte Handlung findet innerhalb von wenigen Stunden statt, was für zusätzliche Spannung sorgt. Im Zuge seiner fieberhaften Suche nach Hinweisen auf die Entführer und den Ort, wo der Papst gefangen gehalten werden könnte, erhält Tomás Noronha Einblick in geheime Archive und Akten und so erfährt auch der Leser zahlreiche interessante Informationen über die Geschäfte und politischen Verflechtungen des Vatikans und der Päpste. Der Autor hat die bereits bekannten Tatsachen sehr genau recherchiert, sodass sich ein schlüssiges Gesamtbild ergibt, auch dort, wo die Handlung Fiktion ist.
Der Schreibstil ist spannend und sehr interessant geschrieben, auch die Finanz- und Bankenwelt ist verständlich beschrieben.

Fazit:
Ein packender Thriller, hervorragend recherchiert und geschrieben. Wer bereits Bücher dieses Autors gelesen hat, wird auch von diesem neuen Abenteuer von Tomás Noronha nicht enttäuscht. Da die Romanserie auf Deutsch in einer anderen Reihenfolge erscheint, als die Originale, kann jedes der drei bisher veröffentlichten Bücher auch einzeln gelesen werden. Intelligente, sehr spannende Unterhaltung, die begeistert.

Bewertung vom 21.03.2019
Das Haus der Verlassenen
Gunnis, Emily

Das Haus der Verlassenen


ausgezeichnet

„They said it was good all the records had been destroyed, because it was time to move on.“ (Quotation pos. 2149, englische Originalausgabe "The Girl in the Letter"

Inhalt:
Die junge Journalistin Sam, Mutter der vierjährigen Emma, zieht nach einem heftigen Streit mit ihrem Ehemann für eine Zeit zu ihrer Großmutter „Nana“. Ihr Großvater war vor weniger als einem Jahr verstorben und Nana zeigt Sam ein Bündel mit Briefen, das sie gefunden hatte. Diese wurden von einem Mädchen namens Ivy vor langer Zeit geschrieben, der erste im September 1956. Ivy war schwanger geworden und in ein katholisches Heim für ledige Mütter geschickt. Sam ist von dieser traurigen, beeindruckenden Geschichte von Ivy und ihrem Baby Rose tief berührt und will herausfinden, was damals wirklich passiert ist. Dazu bleiben ihr allerdings nur zwei Tage Zeit, da das alte viktorianische Gebäude, in dem dieses Heim, St. Margart’s, untergebracht war, abgerissen wird. Niemand ist wirklich bereit, mit ihr über damals zu reden. Gleichzeitig entdeckt Sam eine Reihe von rätselhaften, plötzlichen Todesfällen, die irgendwie mit St. Margaret’s zusammenzuhängen scheinen.

Thema und Genre:
Dieser spannende Roman handelt von der Situation von schwangeren, ledigen jungen Mädchen und Frauen, meistens aus armen Verhältnissen, die damals von ihren eigenen Familien in katholische Einrichtungen abgeschoben wurden. Oft wurden die Babys dann zur Adoption freigegeben, meistens gegen den Willen ihrer Mütter. Diese Geschichte spielt in einem fiktiven Heim in England, doch sie beruht auf inzwischen bekannten Tatsachen über die Zustände in katholischen Institutionen dieser Art in Irland.

Charaktere:
Samantha ist eine moderne Frau, die sich um Anerkennung als seriöse, investigative Journalistin bemüht. Einerseits hat sie als berufstätige Mutter ein schlechtes Gewissen, weil sie ihre kleine Tochter so oft bei Nana lässt, andererseits ist sie nicht gewillt, ihre Recherchen rund um Ivy’s Geschichte aufzugeben.
Ivy hat einen starken Willen, selbst unter den schlimmsten Bedingungen hilft sie den anderen, wo sie kann und gibt nicht auf, um ihr Baby zu kämpfen.

Handlung und Schreibstil:
Die packende Handlung hat viele überraschende Wendungen und eine Reihe von Charakteren, die von der Vergangenheit bis heute in die Geschehnisse verwickelt sind. Es gibt zwei übergeordnete Erzählstränge, nämlich Ivy’s Briefe ab 1956, und Sam’s Geschichte 2017. Doch auch in den Jahren dazwischen gibt es zusätzliche Ereignisse in Rückblenden, Episoden im Leben von Personen, die schon 1956 in die Geschichte verwickelt waren. Auch wenn man als Leser von einem bestimmten Zeitpunkt an einige Zusammenhänge vermutet, bleibt die Geschichte spannend bis zum Schluss.

Fazit:
Eine spannende, berührende Geschichte, mit viel Einfühlungsvermögen geschrieben – ein Buch, das man nicht aus der Hand legen kann.