Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Lesens_werte
Wohnort: 
Erfurt

Bewertungen

Insgesamt 36 Bewertungen
Bewertung vom 26.05.2025
Teddy
Dunlay, Emily

Teddy


ausgezeichnet

Zwischen Glamour und Geheimdienst

Teddy stammt aus gutem Hause. Ihre texanische Familie hat es sowohl zu viel Geld geschafft, als auch Einfluss in der Politik. Nur Teddy bleibt hinter den Erwartungen, die an ihre Person gestellt werden, zurück. Doch dann heiratet sie überraschend David, der für einige Zeit nach Rom gehen soll, um im diplomatischen Dienst für den amerikanischen Botschafter zu arbeiten. Was Teddy als Chance auf das europäische Glamour-Leben sieht, endet für sie im Desaster mit Verstrickungen zum Geheimdienst.

Ich bin begeistert von diesem Buch! Aus meiner Sicht vereint es alles, was ein aufregender Sommerroman bieten sollte: starke Charaktere, sommerliches Setting und eine Handlung, die den Spannungsbogen aufrecht erhält. Autorin Emily Dunlay hat mit ihrer Hauptfigur Teddy eine kontroverse Person geschaffen, in die ich mich gut einfühlen konnte. Dass die Geschichte in den 1960er Jahren spielt, macht zusätzlich nochmal einen besonderen Reiz aus und gibt eine außergewöhnliche Atmosphäre. Besonders erwähnenswert ist auch die Haptik des Buches selber, das sowohl vom Cover auf dem Schutzumschlag als auch dem Hardcover in Metallicoptik besonders edel und hochwertig wirkt.

Bewertung vom 23.05.2025
Die Garnett Girls
Moore, Georgina

Die Garnett Girls


sehr gut

Tragische Familie

In jeder normalen Familie gibt es mal Streit und Unstimmigkeiten. Die Garnetts sind aber keine normale Familie. Das Verhältnis zwischen Mutter Margo und ihren drei erwachsenen Töchtern ist immer angespannt, obwohl oder vielleicht gerade weil zu jeder Gelegenheit sehr viel Alkohol fließt. Vater Richard ist weg, keiner weiß wirklich wo er ist oder was er macht. Obwohl Margo sich für ihre Töchter gute Partner wünscht, scheint die jüngst stattgefundene Verlobung von Imogen mit William auch nicht ins Schwarze getroffen zu haben.

Was nach einem leichten Sommerbuch aussieht, wartet inhaltlich mit einer viel komplexeren Geschichte als ursprünglich gedacht auf. "Die Garnett Girls" erzählt die Familiengeschichte rund um die drei Schwestern Imogen, Sasha und Rachel. Auch wenn mir die Charaktere der Figuren nur wenig sympathisch waren, hat Autorin Georgina Moore sie sehr authentisch dargestellt. Es geht im wesentlichen um schwierige innerfamiliäre Beziehungen, verletzten Stolz und das mühsame Wahren einer Fassade, die an allen Ecken und Enden bröckelt. Stetes Allheilmittel ist der Alkohol, zu dem nahezu alle Figuren in allen Kapiteln gerne und häufig greifen.
Ein tiefgreifendes Buch über eine tragische Familie, das doch noch Luft nach oben gehabt hätte.

Bewertung vom 15.05.2025
Das Licht in den Wellen
Mommsen, Janne

Das Licht in den Wellen


ausgezeichnet

Ein Leben lang

Die Insel Föhr im Norden Deutschlands ist für Inge mehr als nur Heimat, sie gibt ihr Halt und Rückzugsort zugleich. Und dennoch hat sie nach dem Krieg dort keine Perspektive. Mit Anfang 20 macht sie sich auf die Reise nach New York, weit weg von Familie, Freunden und ihrem Zuhause.
Heute, mit fast 100 Jahren, reist sie mit Enkelin Swantje auf gleichem Weg über den Atlantik in die Stadt, die ihr alles gegeben und gleichzeitig alles genommen hat und spricht über ihre ältesten Geheimnisse.

"Das Licht in den Wellen" ist ein Buch, das mit voller Empathie die Lebensgeschichte und persönlichen Schicksale einer starken Frau erzählt, die auf ein bewegtes langes Leben zurückblickt.
Janne Mommsen setzt dabei eine unaufgeregte und gleichzeitig tief emotionale Art und Weise ein, um die ergreifende Geschichte der jungen Inge zu verdeutlichen. Sie musste sich dem gesellschaftlichen Druck und ihren eigenen Gefühlen beugen, hat sich deshalb in unbekanntes Fahrwasser begeben und am Ende für sich gewonnen. Die beiden Zeitstränge - damals und heute - lockern die Erzählung angenehm auf und sorgen dafür, dass die einzelnen Passagen nicht zu langatmig werden. Einige Stellen hätten für mich kürzer gehalten sein können, aber die angedeuteten Geheimnisse aus der Vergangenheit machen immer wieder neugierig auf den Fortgang der Geschichte.

Bewertung vom 05.05.2025
Die Magie der Konsequenz
Böhm-Reithmeier, Inga

Die Magie der Konsequenz


gut

In die Tiefe gehend

Bei der Erziehung und Ausbildung von Hunden kommt es auf ein konsequentes Verhalten der Bezugspersonen an. So lautet die These von Inga Böhm-Reithmeier, die mit ihrem Ratgeber-Buch "Die Magie der Konsequenz" ihre Ansichten umfangreich darlegt. Dieses umfasst immerhin 288 Seiten, die sich in aller Ausführlichkeit dem Thema widmen.

Für mich ist dies ein Kritik- und Pluspunkt in einem. Dieses Buch ist durch seinen Umfang sowohl für Einsteiger in der Tierhaltung als auch für erfahrene Hundebesitzer geeignet. Wobei letztere sicher auf einige Passagen hätten verzichten können und sich über prägnantere Zusammenfassungen freuen würden. Theorieabschnitte wechseln sich mit exemplarischen Beispielen und praktischen Übungsvorschlägen ab und auch die für den Kosmos-Verlag so typischen Hochglanzfotostrecken sind vorhanden. Ein gutes Buch für alle, die gerne in die Tiefe gehen, für ein kompaktes Nachschlagewerk aber sicher etwas zu massig geraten.

Bewertung vom 15.04.2025
Der Duft des Wals
Ruban, Paul

Der Duft des Wals


sehr gut

Gesellschaftskritik

Celeste ist Flugbegleiterin. Die Fluggäste bringen sie oft an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. In einem der Ferienflieger begleitet sie auch das Ehepaar Judith und Hugo sowie deren Tochter Ava auf dem Weg in ihren Cluburlaub nach Mexiko. Sie hatten die fixe Idee ihre bröckelnde Ehe mit zehn Tagen am Strand und guter Laune kitten zu können. Doch im vermeintlichen Paradies angekommen, stinkt es den Neuankömmlingen gewaltig. Die Ursache ist der mächtige Kadaver eines gestrandeten Wals.

"Der Duft des Wals" ist eine kurzweilige Geschichte über den misslungenen Aufenthalt verschiedener Personen im vermeintlichen Urlaubsparadies. Der Klappentext verspricht einen "absurd-komischen Roman". Das kann ich so nicht bestätigen. Ich finde die Story weder absurd - sondern eher tragisch und leider nah an der Realität - noch komisch, denn die Geschehnisse werden eher nüchtern erzählt. Nichtsdestotrotz macht dieses Buch vor allem eins: es übt Gesellschaftskritik aus. Dabei geht es sowohl um Kritik im Kleinen, an Eltern, die sich in den Vordergrund drängen und dabei kaum noch ihre Tochter sehen, als auch im Großen in Form von Umwelt- und Klimathemen. Der gestrandete Wal und die verzweifelten Versuche der Hotelangestellten seine unangenehmen Hinterlassenschaften zu beseitigen, sind für mich in erster Linie eine Metapher für unsere aktuelle Idiotie. Dieses Buch ist keine launige Unterhaltung für den Sommerurlaub, aber ein Grund zur Selbstreflexion!

Bewertung vom 11.04.2025
Unsere Suche nach Zärtlichkeit
Ehrenhauser, Martin

Unsere Suche nach Zärtlichkeit


ausgezeichnet

Suchen und Finden

Im trüben Brüssel verbringt Sebastien Dumont seine Nächte häufig bei der Telefonseelsorge um Menschen in Not zu helfen. Nicht immer gelingt ihm das und nicht immer gibt Dumont diese Hilfe für andere ein gutes Gefühl für sich selbst. Als er eines nachts mehrmals eine weinende Frau am Telefon hat, von der er nur bruchstückhafte Informationen erhält, setzt er sich zum Ziel diese Frau zu finden. Er macht sich auf die Reise nach Antibes an der französischen Küste um die Stecknadel im Heuhaufen zu finden. Dort trifft er auf die rätselhafte Florence. Schon bald nähern die beiden sich an, doch Florence verbirgt ein schwer wiegendes Geheimnis vor Dumont...

Dieses Buch lässt mich sehr zwiegespalten zurück. Da ist einerseits mein erster Eindruck, der bis ca. Seite 50 Bestand hatte und wo ich nur schleppend durch die Geschichte kam. Andererseits nahm danach die Geschichte Fahrt auf und erzählt auf eindringliche Weise die Entwicklung der Liebe zwischen Dumont und Florence ohne ins romantisch-kitschige abzurutschen. Man wird abgeholt und mitgenommen, fühlt den Sommerwind und die Magie zwischen den beiden. Gleichzeitig liegt auch eine dumpfe Schwere in der Beziehung, die sich am Ende entpuppt als Dumont das Geheimnis lüftet. Es geht um Moral, den Wunsch anderen lieb gewonnenen Menschen zu helfen und füreinander einzustehen.

Bewertung vom 31.03.2025
Halbinsel
Bilkau, Kristine

Halbinsel


ausgezeichnet

Berührende Geschichte

Nach dem frühen und plötzlichen Tod ihres Mannes hat Annett ihre Tochter Linn alleine in dem kleinen Häuschen auf der Halbinsel an der Nordsee groß gezogen. Geld war nie viel da, aber Liebe und Geborgenheit, ein Zuhause, ein Rückzugsort und Ankerplatz für die beiden Frauen. Jetzt ist Linn erwachsen, engagiert sich für Umweltschutz und Aufforstung. Als sie bei einem Vortrag einen Zusammenbruch erleidet, nimmt ihre Mutter sie wieder bei sich zu Hause auf und lernt ihr Kind auf eine neue Art und Weise kennen.

"Halbinsel" ist ein berührender und tiefgehender Roman über eine Mutter-Tochter-Beziehung und die Probleme und Hürden des Lebens, vor die wir alle mehr oder weniger täglich gestellt werden. Autorin Kristine Bilkau gelingt es in einer leichten und schwingenden Sprache die alltäglichen Herausforderungen zweier Frauen zu erzählen und dabei trotzdem nicht nur an der Oberfläche zu kratzen, sondern weit in die Tiefe zu gehen. Ich denke nahezu jeder kann sich in den vermittelten Emotionen wiederfinden und einfühlen. Es ist interessant die persönliche Entwicklung der beiden Hauptfiguren mitzuerleben und zu verfolgen, wie sich ihre Beziehung zueinander verändert. Beide lernen auf besondere Weise dem eigenen Empfinden zu vertrauen und auf ihre innere Stimme zu hören. Die Verbundenheit zu den eigenen Wurzeln hat ihnen dabei geholfen und Halt gegeben. Dieses Buch animiert dazu sich treu zu bleiben und gibt dem Leser eine gewisse Leichtigkeit und eine große Portion Selbstvertrauen mit.

Bewertung vom 29.03.2025
Hier draußen
Behm, Martina

Hier draußen


ausgezeichnet

Keine Dorfromantik

Lara und Ingo wollen raus aus der Großstadt, mehr Zeit für sich haben und für die Kinder. Mehr Platz, mehr Ruhe, gesünder leben - das alles denken sie hier draußen zu finden. Dazu haben sie einen alten Resthof im holsteinischen Fehrdorf gekauft. Während Ingo fast täglich zu seinem Start-up nach Hamburg pendelt, kümmert sich Lara um Haus, Hof und Kinder und versucht nebenbei als freiberufliche Illustratorin zu arbeiten. Aber der Einstieg im Dorf ist nicht einfach als Zugezogene. Als Ingo auf der Heimfahrt eine weiße Hirschkuh anfährt, erzählen die Fehrdorfer von alten Geschichten, die besagen, dass derjenige der für ihren Tod verantwortlich ist, nunmehr nur noch ein Jahr zu leben hat...

"Hier draussen" ist ein eindringlicher Roman über den Traum vom Landleben. Es wird nicht nur die Geschichte von Lara und Ingo erzählt, sondern man lernt auch einige der alteingesessenen Dorfbewohner und ihre Geschichten kennen. Dabei wird das Landleben keinesfalls romantifiziert, sondern auch von geplatzten Träumen, Existenznot und dem verpassten Glück erzählt. Egal ob Hühnermastbetrieb, Schweinezucht oder Hippie-Kommune - sie alle hatten eine Vorstellung vom Landleben, die nicht immer realitätskonform war.
Autorin Martina Behm gelingt der Spagat viele Lebensentwürfe kritisch zu betrachten, ohne irgendjemanden anzuklagen und Vorwürfe zu machen. Fakt ist, sie alle können und wollen nicht ohne ihr Dorf leben und trotzdem bleibt am Ende für einige immer noch die Hoffnung auf einen Neuanfang übrig.

Bewertung vom 23.03.2025
Flusslinien
Hagena, Katharina

Flusslinien


ausgezeichnet

Jahreshighlight

Margrit Raven ist 102 Jahre alt. Ihren Lebensabend verbringt sie in einer Hamburger Seniorenresidenz nahe der Elbe. Im Kopf ist sie noch ganz klar, nur der Körper wird schnell müde und die Kräfte lassen nach. Fahrer Arthur unterstützt sie. Täglich bringt er Margrit in den Römischen Garten, er hilft ihr nicht nur körperlich sondern auch mental durch ihre erfrischenden Gespräche. Dabei trägt auch Arthur mit seinen 24 Jahren schon eine persönliche Bürde mit sich herum. Und auch Margrits Enkelin Luzie steht am Scheideweg. Sie hat das Abitur abgebrochen und versucht ein Trauma zu bewältigen.

Katharina Hagena hat mit "Flusslinien" einen lebensklugen und wortgewaltigen Roman erschaffen. Die Elbe schlängelt sich als Sinnbild ruhig und stetig durch Margrits langes Leben. Sie ist Rückzugsort und Bezugspunkt in einem. Das trifft auch auf Luzie und Arthur zu, die ihre Kraft in und am Wasser finden. Es geht um Familien und deren Rückhalt, zu lernen nicht mit der Vergangenheit zu hadern, sondern sie anzunehmen, daraus zu lernen und dafür die Zukunft mitzubestimmen.
Auf eine sanfte und melancholische Art erfährt man mehr von diesen drei so verschiedenen Leben. Vor allem Margrit mit ihrer erfrischenden und altersweisen Art, ihren teils ironischen und direkten Antworten, wächst einem schnell ans Herz und macht dieses Buch aus. Für mich ein unaufgeregtes Jahreshighlight!

Bewertung vom 23.03.2025
Die Kurve
Schmidt, Dirk

Die Kurve


sehr gut

Problemlöser

In Neapel wird versucht einen Altmafioso zu erledigen. Seine Tochter kann das im letzten Moment verhindern. An wen wendet man sich in so einem Fall? Natürlich an Carl. Carl findet für alle Probleme eine Lösung beziehungsweise er hat für jedes Problem jemanden, der er es lösen kann. Da ist Ridley, mit einer Vorliebe für Drogen aller Art und teure Hotels. Schneider, der Unsympath und eiskalte Killer. Oder Betty, die aber eigentlich mehr mit ihren eigenen Problemen zu tun hat.

"Die Kurve" beginnt sehr sprunghaft. Zunächst werden verschiedene Schauplätze und die dortigen Geschehnisse vorgestellt, die erstmal zusammenhangslos erscheinen. Alle Handlungsstränge laufen jedoch bei Carl zusammen und nach und nach bekommt man eine Vorstellung von seinem Team und der persönlichen Hintergründe seiner Leute. Die Erkenntnisse, die man erhält, liegen irgendwo zwischen atemberaubend und schockierend. Alles in allem hofft man, dass es sich bei diesem Thriller um reine Fiktion hält, aber ich fürchte es gibt Welten, in denen so etwas möglich ist.
Ich habe ein bisschen gebraucht, bis ich richtig in der Geschichte drin war, dann hat sie mich aber gefesselt und abgeholt.