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Benutzername: 
Aitutaki
Wohnort: 
Zürich

Bewertungen

Insgesamt 28 Bewertungen
Bewertung vom 06.06.2024
Die Frauen der Familie Carbonaro / Die Carbonaro-Saga Bd.2
Giordano, Mario

Die Frauen der Familie Carbonaro / Die Carbonaro-Saga Bd.2


sehr gut

Das Buch «Die Frauen der Familie Carbonaro» erzählt eine historische Familiensage aus der Sicht dreier Frauen der Familie. Pina, Anna und Maria, alle drei sind miteinander verwandt, stehen stellvertretend für alle Familien des 20. Jahrhunderts, welche ähnliche Tragödien, Chancen, Glück und Unglück erleben haben. Das patriarchalische altmodische und von Männern geführte Sizilien ringt den Frauen einiges ab. Doch sie kämpfen für ihre Wünsche, sind willensstark, mutig und lassen sich nicht so schnell entmutigen. Und jede von ihnen wird der Liebe verfallen, sich ihrem Mann einerseits unterwerfen und andererseits doch nicht. Man spürt die Kultur, die in diesen Frauen und Männern steckt, spürt Sizilien Und immer sitzen die Geister der Vergangenheit mit am Tisch. Auch die Mafia spielt eine nicht unwesentliche Rolle. Und trotzdem erlebt man auch einen Hauch von Aufbruch….

Eine unbeschönigte Geschichte, die auf ihre Art und Weise zu begeistern vermag und einem das ganze hautnah miterleben lässt.

Bewertung vom 06.06.2024
James
Everett, Percival

James


ausgezeichnet

«James» von Percival Everett umschreibt eine Neuinterpretation des amerikanischen Klassikers «Huckleberry Finn». In seinem Buch wird die Geschichte aus der Perspektive des afroamerikanischen Protagonisten James (auch «Jim» genannt) erzählt. Jim ist ein gebildeter Sklave, kann lesen und schreiben und flieht zusammen mit Huck, einem weissen Jungen, dem Mississippi entlang Richtung Norden.

Die Sprache ist scharfsinnig und Everett behandelt Themen wie Rassismus, Freiheit und Identität auf eine Art und Weise, die den Lesen nachdenklich stimmt. Besonders fand ich z.Bsp., dass er James, sobald dieser mit Weissen redet – einen sprachlichen «Sklavenfilter» aufsetzt. Aus der gebildeten Sprache James wird dann ein Slang, um die Erwartungshaltung des weissen Gegenübers zu entsprechen. Für mich ein unvergessliches Leseerlebnis!

Bewertung vom 27.09.2023
Das Restaurant der verlorenen Rezepte / Die Food Detectives von Kyoto Bd.1
Kashiwai, Hisashi

Das Restaurant der verlorenen Rezepte / Die Food Detectives von Kyoto Bd.1


sehr gut

Verlorene Rezepte
Ich mag japanische Schriftsteller und ihre besondere Art von Geschichten sehr. Auch das Buch von Hisashi Kashiwai «Das Restaurant der verlorenen Rezepte» ist für mich eine Geschichte, die typisch japanisch ist. Keine aufwirbelnde Story, aber feinfühlig und berührend erzählt.
Nagare und seine Tochter Koishi betreiben in Kyoto ein kleines, unscheinbares Restaurant – das Kamogawa Café. Nebst den traditionellen Gerichten, die sie für ihre Gäste kochen, bieten die beiden einen besonderen Service an: Sie kochen verloren gegangene Gerichte nach. Es sind Rezepte, die ihre Gäste einfach nicht vergessen können. Rezepte, welche die Gäste den beiden so gut es geht, beschreiben. In sechs Kapiteln kommen Gäste mit ihren unterschiedlichen Speisewünschen zu den beiden. Der Ablauf der «Ermittlungen» ist immer gleich: Nach den Befragungen der Gäste versucht Nagare die verlorenen Rezepte aufzufinden. Er findet das geliebte Lokal, in dem man dieses Gericht essen konnte, bringt in Erfahrung, welche Art von Udon Nudeln die verstorbene Ehefrau jeweils für ein besonders leckeres Gericht verwendet hat. Welche speziellen Gewürze jeweils verwendet wurden, welche Art von Fisch, etc. Danach werden die Gäste mit dem gewünschten Rezept bekocht. Die beiden schenken damit viel Trost oder beschwören verschüttete Erinnerungen an eine grosse Liebe oder die vermissten Eltern herauf.
In sehr leicht lesbarem Schreibstil skizziert der Autor die einzelnen Kunden und ihr Problem, zeigt, wie das sympathische Vater-Tochter-Duo an den jeweiligen Fall herangeht, wie die Tochter durch geschicktes Fragen die grösstmögliche Menge an Informationen aus den Klienten herauskitzelt und der Vater dann sein überragendes detektivisches Geschick zum Einsatz bringt. Und Nagare als hervorragender Koch, zaubert das vermisste Gericht auf den Tisch! Keiner der Gäste wird enttäuscht und jeder verlässt das Lokal mit neuer Zuversicht.
Eine tolle Idee für ein Buch, denn auch ich wünschte mir manchmal ein bestimmtes Gericht meiner Kindheit zurück. Ich wünschte mir allerdings, dass man die Suche nach den Rezepten noch etwas vertieft und ausführlicher darüber gerichtet hätte. Auch wäre es toll, die einzelnen Rezepte danach im Detail im Buch beigefügt hätte. Ein warmherziger, gut unterhaltsamer Roman, der Lust auf japanisches Essen macht.

Bewertung vom 11.09.2023
Kleine Probleme
Pollatschek, Nele

Kleine Probleme


schlecht

Sehr gelungenes und schönes Buchcover und auch der entsprechende Klappentext dazu haben mich neugierig auf das Buch gemacht.

Aber auch nach 4 Kapiteln habe ich keinen Zugang zum Buch gefunden!

Lars, der Protagonist dieser Story, wird ausführlich beschrieben und die gesamte Geschichte ist in der Ich-Form erzählt. Am Silvestertag erstellt er eine Liste mit all den Dingen, die er unbedingt vor Jahresende noch abarbeiten möchte (z.Bsp. ein IKEA-Bett zusammenzubauen). Punkt für Punkt beginnt er mit der Erledigung der Pendenzen und nimmt den Leser mit in seine Gedankenwelt und gibt Einblicke in sein Umfeld. Manches davon ist eher verwirrlich. Für mich waren die Sätze sehr langatmig und mühsam zu lesen. Oftmals habe ich den Faden mittendrin verloren und musste nochmals von vorne beginnen. Störend fand ich auch, dass viele Sätze mit «also…» begannen. Auch den Zugang zum Humor der Autorin blieb mir irgendwie verwehrt. Ich fand es schlicht nicht witzig oder unterhaltsam.

Nach 4 Kapiteln habe ich kapituliert und das Buch beiseitegelegt. Sorry, ist einfach nicht meine Lektüre. Vielleicht gefällt es anderen Lesern besser.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.05.2023
Abschied auf Italienisch / Commissario Grassi Bd.1
Bonetto, Andrea

Abschied auf Italienisch / Commissario Grassi Bd.1


ausgezeichnet

Neu in Ligurien

Commissario Vito Grassi’s Vater, der in Ligurien lebte, ist verstorben und hinterlässt seinem Sohn ein Haus. Und nachdem es in der Beziehung des Commissarios aktuell auch nicht eben rund läuft, beschliesst er, die Gelegenheit zu nutzen und sich vom geschäftigen Rom in die ruhige, beschauliche Provinz Liguriens versetzen zu lassen. Sein Start am neuen Arbeitsort ist alles andere als leicht und easy, gibt es doch schon nach wenigen Tagen zwei Tote, die ihm viel Arbeit bescheren. Zudem wird auch seine kantige und direkte Art und Weise nicht von allen Kollegen gleich gut aufgenommen und geschätzt.

Ein Cosy-Krimi mit viel Regionalflair, welcher es bestens versteht, eine eher unbekannte Region Italiens dem Leser schmackhaft zu machen. Allein das Lesen macht schon Lust auf eine Reise in die Cinque Terre. Insgesamt hat mir die Handlung gut gefallen, war unterhaltsam und spannend und das Ende des Krimis eben typisch italienisch… Auch die Hauptpersonen sind sympathisch und interessant und für eine gewisse zwischenmenschliche Spannung ist gesorgt.

Fazit: Toller Ferienkrimi mit bestem Unterhaltungswert und auch ein Folgeband würde ich lesen.

Bewertung vom 05.05.2023
Der treue Spion / Offizier Gryszinski Bd.3
Seeburg, Uta

Der treue Spion / Offizier Gryszinski Bd.3


ausgezeichnet

Historisch kriminalistisch interessant

Europa 1896, alle Zeichen stehen auf Krieg. In München verschwindet ein französischer Diplomat und der Sonderermittler der bayrischen Polizei, Major Gryszinski soll den Fall übernehmen. Er stuft den Fall vorerst als wenig problematisch ein, doch schnell wird klar, die Sache ist komplizierter als gedacht und führt den Sonderermittler quer durch Europa.

Parallel dazu erzählt Gryszinskis Sohn Fritz die Geschichte 20 Jahre später, während in Europa der 1. Weltkrieg herrscht. Er stösst dabei auf neue spannende Indizien zu diesem Fall.

Ute Seeburg ist eine spannende Mischung aus historischem Roman und spannendem Krimi gelungen. Sie vermag es ausgezeichnet, die charakteristischen Eigenschaften der Menschen zu beschreiben und die Lebensweise jener Zeit. Die historischen Fakten scheinen sehr genau recherchiert zu sein. Spannend auch die Einsicht in die frühen Methoden der Kriminalistik.

Für meinen Geschmack eine tolle Lektüre, die mich sowohl im historischen Bereich als auch im kriminalistischen Bereich zu faszinieren vermag! Lesenswert und gut verständlich auch ohne Vorkenntnisse von Band 1 und 2.

Bewertung vom 25.04.2023
Dschomba
Peschka, Karin

Dschomba


ausgezeichnet

Fremdartig, anders....
Was mir als erstes aufgefallen ist am Buch von Karin Peschka ist das stilisierte Cover. Für einmal etwas anderes als all die romantischen Bilder, die man aktuell auf vielen Buchcover findet. Klare Farben und Konturen, ohne grossen Schnickschnack.
Und genauso eigensinnig wie das Buchcover ist auch ihr Schreibstil. Prägnante, kurze Aussagen, wenige Worte, dafür wortgewandt und eindrücklich. Man muss sich zunächst etwas daran gewöhnen. Karin Peschka macht sich in „Dschomba“ Gedanken über Menschen, beschreibt ihre Eigenheiten und auch Unarten, erzählt von ihren Wünschen und Werten. Sie beobachtet dabei genau und macht sich eigene Gedanken über das Erzählte.
Dabei erzählt sie auch über Eferding, dem Ort wo sie aufgewachsen ist. Sie erzählt wie sie ihren Eltern in der Wirtschaft mithalf. Schon damals hat sie schnell realisiert, dass Menschen sehr unterschiedlich sind. Manch einer mehr aus sich machen könnte als er ist, andere nicht so sind, wie sie eigentlich sein sollten. Und was geschieht als plötzlich ein Fremder - Dragon Dzomba – im Dorf auftaucht und sich zunächst sehr auffällig verhält, als er auf dem Friedhof tanzt? Die Gerüchteküche beginnt zu brodeln und jeder leistet einen Beitrag dazu. Dem Eindringling wird Neugierde, aber auch Interesse und eine gehörige Portion Abwehr entgegen. Doch Dzomba gelingt es, mit seiner unverblümten, direkten Art immer öfter das Vertrauen der Bewohner zu gewinnen. Und plötzlich wird ein dynamisches Miteinander im Dorf in Bewegung gesetzt.
Alles in allem ein Buch, das nicht ganz einfach zu lesen ist, aber noch lange nachhallt und über das eigene Verhalten nachdenklich macht.

Bewertung vom 25.04.2023
Die Mauersegler
Aramburu, Fernando

Die Mauersegler


sehr gut

365 Tage im Leben eines Antihelden
„Der Mauersegler“ von Fernando Aramburu ist mit seinen 800 Seiten nicht in zwei Tagen gelesen (zumindest nicht von mir…), doch der Aufwand lohnt sich allemal! Ihm ist es gelungen, einen zeitgenössischen, epischen Roman zu schreiben, der sowohl Geschichte als auch Politik zusammen mit spannenden Charakterstudien zu verbinden vermag.

365 Tagen soll das Leben unseres Antihelden Toni noch dauern, danach soll Schluss sein. Er ist seines öden Lebens als Philosophielehrer an einem Madrider Gymnasium überdrüssig und so beschliesst er, Mitte Fünfzig sein Leben zu beenden. Während seines letzten Lebensjahres führt er eine Art Tagebuch, in welchem er allerlei Einträge macht: Er berichtet über vergangene Erlebnisse, über Aktuelles und so gewinnen wir Schritt für Schritt Einblick in sein Leben. Wie war das Verhältnis zu seinen Eltern und seinem Bruder, warum ist seine Ehe gescheitert, über seinen Sohn und seien Freundschaft zu Agueda. Mit jeder Erzählung hat man das Gefühl, Toni entledigt sich einer Last, schreibt sich seinen Frust von der Seele und plötzlich wird auch sein Leben wieder emotionaler und sozial vielseitiger. Und obwohl ich Toni zu Beginn nicht eben als Sympathieträger wahrnahm, versteht man ihn immer besser und kann eine Verbindung zu ihm aufbauen.

Eine sehr berührende Geschichte und Fernando Aramburu vermag durch seine besondere Schreibweise zum Nachdenken anzuregen. Vielleicht an einigen Stellen etwas langatmig, aber mehr als nur lesenswert, vorausgesetzt man ist gewillt, sich auf die Geschichte einzulassen.

Bewertung vom 27.02.2023
Meine Bar in Italien
Maiwald, Stefan

Meine Bar in Italien


ausgezeichnet

«Meine Bar in Italien – Warum uns der Süden glücklich macht» von Stefan Maiwald, entführt den Leser in die heitere Welt einer kleinen Bar in Italien. Pinos Bar - Stefan Maiwald’s Wohlfühloase in Grado, seinem Wohnort. Dabei erzählt der Autor liebevoll kleine Anekdoten der unterschiedlichsten Gäste dieser Bar. Am Ende jeder Anekdote zieht er jeweils die unterschiedliche Lebensweisheiten aus dessen Tun und Wirken. Mal ist es eine typisch italienische Charakterstärke oder ein kulinarischer Höhepunkt oder auch Fragen zur inneren Haltung und Lebenseinstellung. Immer unterhaltsam erzählt, mit einem Augenzwinkern und einer guten Prise Humor.
Ich mochte die Geschichten sehr und auch der lebendige, kurzweilige Schreibstil hat mich bestens unterhalten. Es macht Lust auf eine Reise nach Italien – nach Grado in Pinos Bar – um all das einmal selber zu erleben und wieder einmal die Leichtigkeit des Lebens zu spüren, und dass man nicht alles so todernst nehmen sollte. Man sollte sich darauf einlassen und die Gedanken reisen lassen!
Besonders erwähnenswert auch das angenehme Äussere - der Leineneinband - des Büchleins. Allein schon das macht es zu etwas Besonderem!
Meine wärmste Lese- und Genussempfehlung!

Bewertung vom 20.01.2023
Schlangen im Garten
vor Schulte, Stefanie

Schlangen im Garten


ausgezeichnet

Trauerbewältigung, was ist richtig oder falsch?

Trauer und die Bewältigung derselben bilden das zentrale Thema des Romans von Stefanie vor Schulte. Johanne Mohn, Ehefrau und Mutter von drei Kindern ist verstorben. Irgendwie muss die Familie Mohn mit diesem Verlust klarkommen und das tut sie auf ganz eigene Art und Weise.

Zu Beginn geht jedes Familienmitglied eigene Wege, um mit der Trauer fertig zu werden. Micha, der Jüngste der Familie, besucht heimlich eine alte Dame im Seniorenheim und liest ihr vor. Steve, der Älteste der Kinder versucht krampfhaft, das Familienleben zusammenzuhalten. Und Johanne’s Mann Adam verfällt in Lethargie.
Durch ihre Trauer werden die Mohns zu Aussenseitern der Gesellschaft. Die Erwartungen der «andern», wie man richtig zu trauern hat, lassen die Kluft der Mohns zu ihrer Umwelt immer grösser werden. Sie versinken in ihren Erinnerungen an Johanne und beginnen ein Leben in einer Parallelwelt.

Doch die Autorin hat einen Ausweg bereit für die Trauernden: Sie lässt die Familie Geschichten über die Verstorbene erzählen. Es sind tröstliche Lügenmärchen, mit denen sie sich vor dem Zugriff der Aussenwelt entzieht. So wird der Mutter auf besondere Art und Weise gedacht.

Auch mir hat sich die Frage gestellt: Gibt es eine richtige oder falsche Art zu trauern? Ich glaube, in erster Linie ist es wichtig, dass man gemeinsam trauert, die Nähe der andern spürt und sich so niemand alleingelassen fühlt.

Keine leichte Lektüre, die einem gelegentlich einen Kloss in den Hals treibt. Aber trotzdem ist das Buch genussvoll! Die Sprache von vor Schulte trägt den Leser durch die Seiten und ist von betörender Schönheit. Ein tolles Buch, das lange nachhallt!