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Top-Rezensenten Übersicht

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Edda246
Wohnort: 
Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 66 Bewertungen
Bewertung vom 10.11.2024
Der König
Nesbø, Jo

Der König


ausgezeichnet

Sehr vielschichtig, meisterlich aufgebaut!

„Der König“ ist Teil 2 der Geschichte über die Brüder Roy und Carl kann sehr gut auch für sich stehen.
Wie im ersten Band ist auch dieser Roman aus Sicht von Roy, dem älteren der beiden erzählt. Schauplatz ist der kleine Ort Os in Norwegen. Dieser ist umgeben von einer beeindruckenden Landschaft, eine Inspiration, die Roys und Carls Wunsch erwecken, Touristen in diesen abgelegenen Ort zu führen, denn das macht reich. Carl durch ein Wellness Hotel; Roy hat die Absicht, eine Holzachterbahn zu bauen.
Ziele müssen finanziert werden und Hindernisse, wie ein geplanter Tunnel, der die Touristenströme verhindern würde, beseitigt werden. Roy ist gewitzt und weiß Vorteile für sich zu nutzen. Er setzt eigene Regeln ein, seine Ziele zu erreichen, denn er kennt die Bürger dieses Ortes genau, kennt deren Sehnsüchte und Handlungsweisen.
Er jongliert mit seinem Wissen, überschreitet moralische Grenzen und dieses Tempo mit schnellen Wendungen erzeugt im Ort eine eigene, nicht vorhergesehene Dynamik. Dies zu lesen ist rasant wie auf einer Achterbahn und bringt Spaß. Roy will das beste für sich und seinen Bruder. Eine dunkle Vergangenheit schweißt die Brüder zusammen. Doch als Carl erfährt, dass die Grenzüberschreitungen seines Bruders auch ihn betreffen, werden die Brüder zu Gegenspielern. Es wird deutlich, es kann nur einen König geben.

Virtuos aufgebaut und intelligent und mit Humor erzählt. Die Sympathie, die sich für Roy entwickelt, bleibt auf einem distanzierten Level, so dass Staunen und Überraschung durch die unerwarteten Wendungen garantiert sind. Trotz einiger Längen ein aufregender, spannender Kriminalroman mit dem hervorragenden und raffiniert aufgebauten Schreibstil von Jo Nesbo. In dem zweiten Band kann man gut einsteigen, da Vorangegangenes im Laufe der Erzählung noch einmal im Zusammenhang gut erklärt wird, auch hilfreich für Leser, die den Roman „Ihr Königreich“ schon nicht mehr deutlich vor Augen haben.
Ein hervorragender Krimi, Geschichte, Aufbau, vielschichtige Darsteller, gekonnter Schreibstil – herausragend! In der Absurdität, doch nahe der Realität, ein echtes Lesevergnügen!

Bewertung vom 09.11.2024
Black Forest / Georg Dengler Bd.11 (2 MP3-CDs)
Schorlau, Wolfgang

Black Forest / Georg Dengler Bd.11 (2 MP3-CDs)


ausgezeichnet

Politisch brisantes Thema - spannend und unterhaltsam!

Dengler, der Privatermittler, ist aufgewachsen auf einem Bauernhof in Altglashütten, einem Dorf im Schwarzwald. Sein 11. Fall wird ihn zurückführen in diesen, seinen Heimatort.
Denglers Mutter, über 80, lebt noch allein auf dem Hof im Schwarzwald und Dengler zweifelt vorerst an ihrem Verstand, denn sie berichtet von Gestalten, die über den Hof huschen und bemerkt einen kuriosen Diebstahl. Dengler fährt in sein Heimatdorf und erfährt, die Mutter ist verwoben in eine Angelegenheit um Windräder, die auf ihrem Grundstück aufgestellt werden sollen. Dengler, wie immer, intelligent, menschlich, sympathisch, betrachtet und entwirrt die Situation. Mächtige Wirtschaftsinteressen stellen sich gegen Klimaaktivisten. Doch, wie ist die Mutter darin verwoben? Die beherzte alte Dame entpuppt sich keineswegs als senil oder dement und verteidigt ihre Meinung - es soll alles beim Alten belassen werden. Doch auch Dengler weiß: „Stimmt das Verhältnis von Lüge und Wahrheit nicht mehr, gerät alles aus den Fugen“. Und da ist noch der aufgeklärte Enkel mit seiner Freundin, die einiges an Informationen zu berichten haben. Dengler begegnet seiner Jugendliebe und findet in der Scheune Unterlagen seines verstorbenen Vaters und bekommt einen umfassenderen Einblick in seine Herkunft.

Wie immer ein hochspannender Dengler Krimi, der seine sehr gute Recherche dem Leser spannend darbringt.
Ich hatte Anfangsschwierigkeiten, mich in den badischen Dialekt der Mutter einzufühlen, trotz des hervorragenden Lesers, Frank Arnold. Nach einigem Durchhalten und Gewöhnung war der Dialekt integriert, und auch die Geschichte legte an Tempo zu und fesselte. Als dann endlich auch Olga auftauchte, meine Lieblingsmitspielerin in den Dengler Krimis, war ich zufrieden.
Wieder ein gediegener Dengler Krimi, für mich nicht der beste, dennoch sehr empfehlenswert, bestens recherchiert und politisch Brisantes höchst unterhaltsam vermittelt.

Bewertung vom 30.10.2024
Blutrotes Karma
Grangé, Jean-Christophe

Blutrotes Karma


ausgezeichnet

Rasante Aktion, bestechendes Zeitkolorit

Im Mai 1968 wird Paris durch die Studentenaufstände durcheinandergewirbelt, es herrscht das blanke Chaos. Nicht nur ideologische oder politische Gruppierungen und Strömungen fordern Aufmerksamkeit, auch zerstörerische Kräfte nutzen die Lage. Ein Student, Hervé und ein Polizist, Jean-Louis, betrachten, analysieren und agieren inmitten des Geschehens, einer „kriegerischen und gleichzeitig euphorischen Atmosphäre“. Es sind Brüder - so unterschiedlich sie sein könnten, sie sind eng verbunden. Hervé der schöngeistige Geschichts- und Philosophiestudent und Jean-Louis, der Bulle und Kriegsveteran, der nicht zimperlich handelt, wenn er meint es sei nötig. Jean-Christophe Grangés Thriller beginnt turbulent und erfordert größte Konzentration, beschreibt er doch sehr detailliert das unruhige Paris, das Teil von der in die Geschichte eingehende 68ger Bewegung sein wird. Dieser Zeitabschnitt wird deutlich und lebendig. Doch, ein Mörder nutzt diese chaotische Situation – die Polizei ist mehr als überfordert – und tötet auf bestialische Weise zwei junge Studentinnen und hinterlässt sie in Yogaposen. Hervé, der die erste, Suzanne, findet, alarmiert seinen älteren Bruder Jean-Louis. So beginnt das Abenteuer, das die beiden nebst einer Freundin, nach Kalkutta und später nach Rom führen soll. Hier geht es um Tarot, Mystik, religiöse Eiferer... und um die persönliche Geschichte der beiden Brüder, die sich nach und nach entwirren soll.
Besonders gut haben mir die Beschreibungen der damaligen Zeit gefallen, als ob man dabei wäre, im Pariser Chaos wie in Kalkutta zu der Zeit, wo Armut, Angst, das Kastensystem, religiöse Gruppierungen das Land beherrschten. Gerade diese Durcheinander lassen Spielraum für extreme Taten, die vorerst verschwiegen verschleiert, aber durch das beherzte Trio aufgedeckt werden. Ein Thriller nach der Manier Grangés, der besticht durch die rasante Handlung und die detaillierten, hervorragend recherchierten und dicht beschriebenen Szenerien, die Einblicke geben in diesen Zeitabschnitt. So sagt eine Wahrsagerin, die von Jean-Louis konsultiert wird treffend: „Ein Ereignis muss immer aus der Zeit heraus betrachtet werden“.
Der Roman ist keine einfache Lektüre, wenn man sich auf die über 600 Seiten einlässt: ein Highlight!

Bewertung vom 14.10.2024
L wie Lafer
Lafer, Johann

L wie Lafer


ausgezeichnet

Beeindruckendes und hochwertiges Kochbuch!

Gräfe und Unzer haben mit „L wie Lafer“ ein sehr hochwertiges Grundkochbuch herausgebracht. Der österreichische Profikoch, Johann Lafer, stellt detailliert und umfangreich seine 100 Lieblingsrezepte vor.
Das Kochbuch beeindruckt schon durch die hochwertige Gestaltung. Es ehrt den bekannten Koch, der einmal bester Patissier Deutschlands war, Sterne für sein Restaurant auf der Stromburg im Hunsrück bekam und vielen bekannt als Fernsehkoch ist. Dies schwere, hochwertige Kochbuch in den Händen zu halten ehrt den Profikoch und macht neugierig. Man wird nicht enttäuscht - nach einer kurzen Einleitung erwarten
sehr schöne Fotografien des Gerichts und ausführliche fotografierte Anleitungen über die Zubereitung den Leser. Die Rezepte sehen alle lecker aus, ob Suppe, Hauptgericht oder Dessert. International oder heimisch. Die meisten Zutaten sind leicht zu beschaffen, die Rezepte sind einfach und verständlich beschrieben. Tipps vom Chefkoch persönlich runden die Rezepte ab. Im Anhang gibt es ein Rezeptregister zum Auffinden einzelner Zutaten und Rezepte.
Ein Buch, dass man gerne auch so durchlesen kann, um sich zu inspirieren. Wenn ich an das damals in meiner Familie übliche Dr. Oetker Schulkochbuch denke, mit dem ich aufgewachsen bin, dann bin ich hoch erfreut, wie sich die Kochrezeptvielfalt in einem Grundkochbuch verändert und international bereichert hat.
Großen Respekt zolle ich Johann Lafer, dessen Rezepte in diesem Buch von traditionell zu modern, gesund und ausgefallen den Appetit schon beim Lesen anregen und dem Verlag Gräfe und Unzer, die dies so ansprechend umgesetzt haben. Es gibt immer wieder Überraschungen über die Feinheiten der Kochkunst, die hier aufgezeigt werden. Zum Beispiel für Anfänger eine genaue Anleitung zur Pizza Margherita oder wie man ein Rumpsteak zubereitet ( nicht nur in der Pfanne, auch im Ofen) - Johann Lafers 100 Lieblingsgerichte haben es in sich! Ich werde jetzt auf jeden Fall als erstes zum Herbst mit den gebratenen Süßkartoffeln mit Walnüssen anfangen – ich bin gespannt.
Fast zu schade, das Kochbuch einfach so neben den Herd beim Zubereiten zu legen. Ein großartiges Geschenk an Köche und die, die es werden wollen, denn das Buch ist für Anfänger sowie Fortgeschrittene.
Eine außerordentlich umfangreiche Rezeptesammlung und feine Darstellung, ich bin beeindruckt!

Bewertung vom 28.09.2024
Von Norden rollt ein Donner
Thielemann, Markus

Von Norden rollt ein Donner


ausgezeichnet

Vielschichtig und nachhallend!

Der 19-jährige Jannes ist Schäfer, wie sein Vater und sein Großvater vor ihm. Ein Traditionsbetrieb seit Generationen. Der Roman ist aus Sicht von Jannes erzählt. Er lebt mit der Familie und dem Großvater in einem Mehrgenerationenhaus.
Wie komplex ist der Beruf eines Schäfers, welche Herausforderungen gibt es? Markus Thielemann beschreibt dies detailliert. Doch dann tauchen Spuren eines Wolfes auf,
der eine unheimliche Hintergrundsbedrohung darstellt, doch nie zu sichten ist. Vater und Großvater reagieren, treffen Entscheidungen. Ein neuer Nachbar wird aktiv. Jannes trägt schon in seinem Alter eine große Verantwortung für die Heidschnucken, fühlt sich manchmal „wie der angebundene Bock, der am Rande seiner Weide steht und nicht weiterkann“. Plötzlich hat er Visionen einer Frau auf der Heide und will dem auf den Grund gehen. Er forscht nach, was in der Vergangenheit in der Südheide passiert ist und findet Antworten.
Das Buch besticht durch eine erfrischend moderne Sprache.
Aktuell beschrieben, trotz Traditionsgeschichte! Hochinteressant, dass der Roman auf verschiedenen Ebenen spielt. Jannes Generation, der traditionellen Berufssituation mit all den Herausforderungen eines Schäfers, die Situation der Eltern, die Großeltern, der neue Nachbar mit völkischer Gesinnung, Jannes eigene mit Gleichaltrigen, die Geschichte der Südheide, die Vision und neben allem die drohende Gefahr eines Wolfes.
Eine schöne Sprache mit detaillierten Beschreibungen, durchgehend eine ungewöhnliche, sehr zum Nachdenken anregende und nachhallende Geschichte. Sie hat mir sehr gut gefallen. Der Roman spielt 2015, ist dennoch sehr aktuell, da gerade die EU beschlossen hat, den Abschuss von Wölfen zu erleichtern.

Bewertung vom 25.09.2024
Earhart
Kuhlmann, Torben

Earhart


ausgezeichnet

Die Phantasie anregend, informativ und hochwertig!

10 Jahre Mäuseabenteuer – Torben Kuhlmann hat wieder ein großartiges Buch kreiert, diesmal geht es um eine kleine Wühlmaus, die sich hoch hinaus auf die Spuren von Amelia Earhart begibt, wie auch der Titel dieses Buches zeigt.
Eine ungewöhnliche Maus, eine Wühlmaus mit Ambitionen, eine Tüftlerin, die von ihrem Freund Humphrey die wundersamsten Teile zum Basteln und Experimentieren bekommt. Die kleine Maus entdeckt eine Briefmarke mit einem Löwenkopf darauf und möchte wissen, was das wohl für eine große Katze sei. So beginnt ihr Abenteuer. Sie begibt sich in Gefahren und muss gewitzt und klug sein, denn sie ist die Kleinste. Sie ist auf der Hut und neugierig und ihre Neugierde treibt sie an. Nach einer Reihe von Widerständen und abenteuerlichen Begegnungen lernt sie eine Pilotenmaus kennen, die ihre Hilfe benötigt. Inzwischen hat sie erfahren, dass es Großkatzen nur in Afrika gibt und sie ist sehnsüchtig, dorthin zu gelangen. Doch das geht nur mit einem Flugzeug.
Hinreißende Zeichnungen aus der Zeit von Amelia Earhart, der Zeit der ersten Flugpioniere aus dem letzten Jhd.
Man wird auch als Erwachsener sehnsüchtig, lässt sich einfangen von dieser bezaubernden Geschichte, die viele unerwartete Wendungen auf dem Weg der kleinen Wühlmaus verspricht, die kleine Maus, die zu guter Letzt beeindruckend ihr Ziel erreicht.
Anschließend zur Wühlmausreise erfährt der Leser oder Vorleser von anderen Flugpionieren und erfolgreichen Flügen um die Welt, allen voran Amelia Earhart, die nach 3/4 ihrer Weltumsegelung als verschollen gilt. Amelia Earhart war sogar auch eine Frauenrechtlerin, sie rebellierte schon als Kind gegen die klassische Rollenverteilung. So ist dieser Band 10 Jahre nach Torben Kuhlmanns erstem Mäuse-Band “Lindbergh“
eine schöne Ergänzung zur damaligen überwiegenden Männerdomäne des Fliegens.
Die Illustrationen und deren Zusammenstellungen stechen ins Auge und sind wunderbar die Phantasie inspirierend und gekonnt. Beeindruckend finde ich auch die Perspektiven des Fliegens und die Stimmungen, die Torben Kuhlmann eingefangen und umgesetzt hat.
Ein hochwertiges Buch für jung und alt, zum selber lesen und vorlesen und auch zum nachspielen, denn es gibt eine bebilderte Pappe, aus der man Figuren ausschneiden und ein eigenes Mäuseabenteuer erfinden und spielen kann.
Eine große Empfehlung, ein Schätzchen unter den illustrierten Büchern für Schulkinder und Erwachsene.

Bewertung vom 13.09.2024
Bis in alle Endlichkeit
Kestrel, James

Bis in alle Endlichkeit


ausgezeichnet

Hervorragende Unterhaltung rasante Story!
Schon der Anfang des Kriminalromans ist vielversprechend. Lee Crowe, Privatdetektiv, holt entscheidende Informationen auf nicht legale Weise von einem Kronzeugen und setzt so eine sensationelle Kehrtwende in einem Prozess um die Mafia in Gang.
Der Protagonist Lee Crowe beschreibt in der Ich-Form, war früher Anwalt, verlor durch das Zusammenschlagen eines Richters die Anwaltslizenz; jetzt werden ihm Aufträge am Rande der Legalität vom Boss seiner ehemaligen Anwaltskanzlei zugeschoben. Lee ist taff und ein Hardboiled Detective ...“Abgesehen davon habe ich immer ein flexibles Verhältnis zu Regeln gehabt“... Immer sich selbst und der eigenen Moral verpflichtend, hat er eine individuelle Sicht auf die Dinge und Begebenheiten entwickelt. Sein Auftrag lässt ihn am Rand der Legalität entlang schliddern und beim Überschreiten droht die Befürchtung von Rache oder Verfolgung. So ist ihm nicht klar, ob Bundesbehörde oder Bandenkriminalität ihm folgt, auch der Leser bleibt im Dunkeln. Eine fortwährende existenzielle Bedrohung, das, was den Thrill auch ausmacht. Er muss jederzeit unauffällig bleiben, sich absichern, niemandem ist zu trauen. Doch die Erkenntnisse und Erfahrungen dieses komplizierten Falles sind Teile eines gewaltigen Puzzles, das sich in rasanten Schritten zusammensetzt. Lees Raffinesse ist beeindruckend und bemerkenswert ist die gute Vernetzung des Detektivs. Informationen werden zügig auf welche Art auch immer eingeholt und die Geschichte schreitet so in rasantem Tempo voran. Es dreht sich um eine Milliardenerbin, die auf einen Rolls Royce gefallen ist und tot von Lee entdeckt wurde. Er nutzt die Gelegenheit, das Exklusivphoto meistbietend zu verkaufen. Claire Gravesend, die Tote ist mit ungewöhnlichen Narben am Rücken bestückt, was allein schon Fragen aufwirft.
Lee bekommt den Auftrag zu ermitteln und die Spuren führen ihn zu ungewöhnlichen.
Szenerien der Reichen Kaliforniens, detaillierte Personen und Szenenbeschreibungen bilden ein abgerundetes Bild.

James Kestrel widmet sich einer Thematik, die nicht alltäglich ist, doch Fuß fassen kann in den Phantasien derer, der High Society, deren Vermögen dies zulässt. - wie steht es um die Endlichkeit des eigenen Lebens?
James Kestrel schreibt klug und angenehm, jederzeit spannend mit interessanten Szenerien und ungewöhnlichen Mitspielern, die tun, was nötig ist. Lee, dem einsamen Wolf, heldenhaft, cool, abgebrüht und sympathisch, folgt man sehr gerne. Der Roman ist ein Pageturner, kaum aus der Hand zu legen, er bringt einfach Spaß und ist neben hervorragender Unterhaltung auch informativ und sehr gut recherchiert.

Tatsächlich ist dieses Buch zwei Jahre vor seinem vielfach prämierten Bestseller „Fünf Winter“ geschrieben mit dem Originaltitel „Blood Relations“, doch jetzt erst in deutscher Übersetzung im Suhrkamp Verlag erhältlich. James Kestrel ist das Pseudonym für den Rechtsanwalt und Schriftsteller Jonathan Moore.

Bewertung vom 15.08.2024
Tode, die wir sterben / Svea Karhuu & Jon Nordh Bd.1
Voosen, Roman;Danielsson, Kerstin Signe

Tode, die wir sterben / Svea Karhuu & Jon Nordh Bd.1


ausgezeichnet

Ein dichter und hochspannender Kriminalroman!
Ja, in diesem Auftakt zu einer neuen Krimireihe geht es auch um Tode, die die beiden Hauptermittler Svea Karhuu und Jon Nordh im Privaten erlebt haben. Jetzt sind sie als Ermittlerduo dazu aufgefordert, den Tod eines 13 Jährigen Jungen aufzuklären.
Svea ist aus Stockholm nach Malmö versetzt und Jon will sich in diesem Fall nach dem Tod seiner Frau beweisen. Die unterschiedlichen Motive treiben sie an. Die beiden Protagonisten bestechen durch ihre Menschlichkeit, werden immer sympathischer im Laufe der Aufklärung. Grundverschieden wie sie sind, sind Anfangsschwierigkeiten im Umgang vorauszusehen und es dauert eine Weile, bis Vertrauen gefasst ist. Der Kriminalroman zeigt die Themen Ehrlichkeit zu Gerissenheit und Vorteilsnahme auf.
Der Ermordung des Jungen folgen weitere Taten – steckt eine terroristische Vereinigung dahinter? Eine spannende Ermittlung folgt und führt die beiden nicht nur in das schwierige Malmöer Viertel Hermodsdal. Anschauliche Beschreibungen und Analysen der in den Fall Verwickelten setzen Puzzleteile frei, die in überraschenden Wendungen an Bedeutung gewinnen und sich zusammenfügen.
Der Schreibstil, der schon von der Krimiserie um die Kommissarinnen Nyström und Forss beeindruckte, setzt sich hier fort: Klug, dicht, politisch, mit sympathischen, lebendigen Mitstreitern und durchgängig spannend. Ich konnte die fast 400 Seiten kaum aus der Hand legen. Absolute Krimiempfehlung!

Bewertung vom 07.08.2024
Juli, August, September
Grjasnowa, Olga

Juli, August, September


ausgezeichnet

Erfrischende Gegenwartsliteratur!
Modern, witzig und klug beobachtet! Betrachtend und entlarvend! Witzige Gedankenschlussfolgerungen auf den Punkt gebracht!
Eine jüdische Familie in London mit russischen Wurzeln, nicht orthodox. Sie, Lou, war promovierte Kunsthistorikerin und Galeristin, Sergej, begnadeter Klavierspieler. Es gibt eine kleine Tochter.
Durch eine Einladung auf die Kanarischen Inseln aufgrund des 90. Geburtstags von Großtante Maya, findet sich Lou mit Tochter und Mutter in einem Resort auf Gran Canaria inmitten der israelischen Verwandtschaft wieder. Um ihrer eigenen Geschichte auf den Grund zu gehen, besucht Lou allein später die Tante in Tel Aviv.

Lou, unzufrieden mit ihrer Situation, die Erwartung ihrer Mutter, „In Wahrheit waren es die Schuldgefühle meiner Mutter.... Ihre Immigration bedeutete, dass sie ihr Leben gegen meine Zukunft eingetauscht hatte. , und ich war ihr die Zukunft schuldig. Alles, was sie zu meinen Gunsten verzichtet hatte, ...waren Opfer...“, die Erwartungen der Schwiegermutter, das Stagnieren des Schreibens an ihrem Buch, Sergejs Erfolgsknick. Sie möchte Antworten – und bekommt sie von Maya in Israel.
Der Roman besticht durch das Beschreiben und Wahrnehmen der Protagonistin Lou, wunderbar unterhaltsam und nachzuempfinden. Lou ist sympathisch. Die Spannung liegt in der witzigen, detailliert beobachteten Gegenwart. Befreit von Vorstellungen findet Lou sich selbst wieder. Das Sein und die Gegenwart bleibt. Der Roman ist klug, modern, regt zum Nachdenken an, da keine einfachen Lösungen geboten werden. Was bedeutet Herkunftsfamilie und die eigene Familie? Für sich selbst und in den Augen der anderen? Er ist ein Zeitabschnitt Juli-August-September -, der für die Protagonistin bedeutsam ist. Dieser Zeitabschnitt beschreibt eine Stagnation, die Vorstellungen der Älteren, die Herkunft, den Aufbruch und die Selbstbestimmung. Eine moderne Heldinnenreise, erfrischende Gegenwartsliteratur! Sehr empfehlenswert!

Bewertung vom 23.07.2024
Mein drittes Leben
Krien, Daniela

Mein drittes Leben


ausgezeichnet

Das Recht auf das eigene Leid!
Die Tochter verunglückt tödlich. Linda fällt in ein tiefes Loch und mietet sich auf einem kleinen Bauernhof ein, um mit sich und ihrer neuen Situation zurechtzukommen.
Wie kann sie diesen Schicksalsschlag bewältigen?
Sie lässt ihr Leben Revue passieren. Sie hatte ein intakte Familie, eine Tochter, einen liebenden Ehemann, ein schönes Zuhause, war erfolgreich.
Das alte Leben wird aufgerollt und beleuchtet, nicht bewertet. Ihr Verhältnis zur Mutter, zur Tochter, zum Ehemann. Wer sind sie und wer waren sie, wie sind sie verzahnt? Auch ihre Tochter Sonja, die Verunglückte, erscheint bei näherer Betrachtung doch diffiziler als Linda dachte.
Das Nichtbewerten und dem Leser eine Meinung bilden lassen, ist die Kunstfertigkeit von Daniela Krien.
Alle ihre menschlichen Verknüpfungen werden deutlich dargestellt. Jetzt hat Linda sich gänzlich zurückgezogen und fällt und fällt – und sie verändert sich. Doch nicht nur sie als Teil eines ehemaligen Gefüges, auch die damaligen Mitstreiter reagieren auf sie und ziehen ihre Konsequenzen. Linda beobachtet und lässt geschehen.
„Eine gläserne Wand steht zwischen ihr und ihrem alten Leben... und ich werde sie nicht zerbrechen“. Linda lässt durch ihre Bedürfnislosigkeit geschehen, weiß um die Konsequenzen, weiß, dass auch die Geduld ihres Ehemannes begrenzt sein wird.
Der Roman überrascht mit unerwarteten Wendungen, fließt, trotz der traurigen Grundstimmung Lindas dennoch lebendig und sensibel, sucht sich neue Herausforderungen und bietet einiges zum Nachdenken an und macht den Roman zu etwas Besonderem. Sätze wie „Menschen ermüden vom Leid anderer Menschen. Sie verlieren die Lust, Rücksicht zu nehmen, wollen wieder selbst klagen dürfen.“ regen zum Nachdenken an.
Die Situation des Ostens wird dem des Westens Deutschlands gegenübergestellt und betrachtet.
Der Roman zeigt unverhoffte Wendungen auf, nicht das Übliche, sondern so wie das Leben an sich ist, und formt sich sehr individuell. Der Roman ist nie langweilig oder depressiv, immer möchte man wissen wie es weitergeht. Mir hat gefallen, dass Protagonisten und Schauplätze, die in den vorigen Romanen von Daniela Krien auftauchten, auch hier Platz hatten, wie z.B. Brida Lichtblau.
Deutlich gezeichnete stimmige Charaktere, sensibler, fließend schöner Schreibstil, ungewöhnliches Thema, kluge Beobachtungen auf die DDR - Zeit. Der Roman hat mich sehr berührt – große Empfehlung! Ich bin ein Fan von Daniela Krien seit Der Brand und Die Liebe im Ernstfall.