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Edda246
Wohnort: 
Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 70 Bewertungen
Bewertung vom 11.12.2024
Die blaue Stunde
Hawkins, Paula

Die blaue Stunde


sehr gut

Atmosphärische Landschaftsbeschreibungen!

Auf einer Ausstellung der verstorbenen Künstlerin Vanessa Chapman wurde ein offensichtlich menschlicher Knochen in der Tate Modern in einer ihrer Kunstwerke gefunden.
James Becker, Kurator der Stiftung, die den Nachlass der Werke Vanessas besitzt, geht dem nach. Er besucht die Freundin der Verstorbenen auf dem schottischen Eris Island. Eine Halbinsel, deren Erreichen abhängig von den Gezeiten ist, nur bei Ebbe erreichbar. Dort erhofft Becker sich, absolut begeistert von Vanessas Kunst, mehr über ihre Persönlichkeit zu erfahren und als Kurator, über den Verbleib der fehlenden Stücke der Sammlung mehr zu erfahren.

Der Roman erzählt von Gegenwart und Vergangenheit, dargestellt von Vanessa durch ihre Tagebuchnotizen, die Sicht von James Becker, dem Kurator mit beruflichen und eigenen Interessen und von Grace, der Freundin der Verstorbenen, Erbin des Hauses auf Eris Island.
Es werden Rückblenden zum Verständnis, vor allem dem psychologischen der Hauptpersonen aufgezeigt. Nach und nach kristallisieren sich Beweggründe für spätere Handlungen und Erklärungen heraus.
Man wird schon frühzeitig durch die Dialoge der Mitspieler in deren Wertvorstellungen einbezogen.
Nur als Beispiel: ein „reicher, teuflisch gutaussehender Julian“, „ein Golden Retriever in Menschengestalt“ oder „die böse Hexe von Eris Island“.

Ab und zu wirkt diese Sprache fast trivial ganz im Gegensatz zu den beachtlichen Landschafts- und Wetterbeschreibungen, deren beschreibender dichten Atmosphäre man sich nicht entziehen kann und die zum großen Teil den Roman für mich getragen haben.
Die Protagonisten konnten mich nicht wirklich erwärmen.

Den Roman, es ist kein Kriminalroman im herkömmlichen Sinn, ist interessant aufgebaut, doch die Spannung kommt erst nach der Hälfte des Romans in Fahrt, was sehr schade ist, auch enttäuschend, denn ich hatte mich durch die Vorschusslorbeeren und Äußerungen von Lee Child oder Val Mc Dermid in Erwartungshaltung gebracht. Für mich leider dadurch auch kein „Literarisches Spannungshighlight“.
Für mich fehlte auch der zeitgemäße oder moderne Bezug. Fast, als ob man in
traditionelle britische Kriminalromane à la Agatha Christie oder Rebecca du Maurier abtauchen würde. Ein schon auf andere Art bekanntes Schema, dadurch ein fast vorhersehbares Geschehen. Wären da nicht die fein dargestellte Beschreibung der psychologischen Beweggründe der Mitspieler und die beeindruckenden Landschaftsbeschreibungen! Sie machen für mich den Roman aus.

Bewertung vom 08.12.2024
Wenn wir ins Gras beißen - Das Buch vom Tod für große und kleine Menschen
Wrede, Eric

Wenn wir ins Gras beißen - Das Buch vom Tod für große und kleine Menschen


ausgezeichnet

Dieses Buch hilft, sich, gemeinsam mit den Kindern, mit dem schwierigen Thema „Trauer und Verlust“ auseinanderzusetzen. Es begleitet auf natürliche und ehrliche Art und beantwortet wichtige Fragen.
Eric Wrede, Bestatter und Trauerbegleiter, beschreibt im Vorwort für Erwachsene: „Kinder lernen besser mit Verlusten umzugehen und sich für Situationen im Leben zu wappnen“. und “Kinder brauchen klare Antworten und haben häufig einen anderen Zugang zu den Themen über die Erwachsene ungern sprechen“.
Ich erinnere mich, dass ich als Kind mit diesem Thema allein gelassen war mit einer Vorstellung, des nicht fassen oder erfassen könnens, auch, weil dieses Thema früher nicht angesprochen wurde, ein Tabuthema. Der Tod ist für einen selbst unvorstellbar. Eric Wrede, lehrt auch in Schulen und Kitas, weiß durch seine Erfahrungen, dass Kinder „häufig einen anderen Zugang zu Themen haben über die Erwachsene ungern sprechen“. So ist eine wichtige Aussage hier, dass alles Lebendige endlich ist und zum Leben der Tod gehört. Auf einfühlsame und natürliche Weise vermittelt dieses Buch kleinen Menschen wie großen Vorlesern einen Einblick in diesen schwierigen Themenbereich.
Das Buch hat ein quadratisches fast rechteckiges Format mit einem in fröhlichen Farben einladenden Cover. Ein das Format ausfüllender Kinderkopf, der einen umgekippten Marienkäfer betrachtet, darunter ein Stück Erde mit Regenwurm und Knochen. Der Regenwurm sagt in einer Sprechblase: Trost geben, Angst nehmen und Aufklären.
Im Innenteil wird in angenehmer großer Schrift auf natürliche Weise erklärt, einbezogen das kindliche Erleben und der Wissensdurst.
Die Illustrationen füllen die Seiten zur Hälfte aus, sind erfrischend ebenso präsent wie der Text. Ich finde dies sehr die Fantasie fördernd, den Text, der leicht dargebracht wird, doch einen anspruchsvollen Hintergrund hat, abzufedern, dem Text nachzusinnen und zu verstehen, abgleiten zu können von der anspruchsvollen Thematik in die Bilder und das visuelle Verständnis. Sensibel und passend umgesetzt von Emily Claire Völker.
Denn das Buch ist zum Vorlesen und Ansehen schon ab 5 Jahre.

Jedes Kapitel ist gefüllt mit Informationen und modernen Erkenntnissen, in Tippkästen gibt es Hinweise für Erwachsene.
So erfährt man z.B wie lange eine Eintagsfliege im Gegensatz zu einem Meeresschwamm lebt.
Besonders gut gefallen hat mir der Abschnitt „Warum sterben nicht nur alte Menschen
und „Trauerfeiern weltweit“.
Es gibt zum Nachschlagen ein Glossar am Ende des Buches.
Dieses beeindruckende Kinderbuch ist ungewöhnlich, ehrlich und herausfordernd. Es nimmt die Angst und stärkt die Neugier. Ein richtungsweisendes Buch, wertvoll für die Kleinen und die Großen, denn auch die erfahren einiges noch nicht Gewusste, nicht nur durch das Gespräch mit den Kleinen, auch durch die interessanten Inhalte.

Bewertung vom 05.12.2024
Die Vegetarierin
Kang, Han

Die Vegetarierin


ausgezeichnet

Ungewöhnlich umgesetzt, macht betroffen

Yong-Hue führt ein langweiliges Leben. Doch dann hat sie einen Traum, dem sie nachgeht. „Es ist mein Herz, das schmerzt“ und „es sind Schreie und Gebrülle, und das kommt vom Fleisch“. Sie wird Vegetarierin. Doch das ist erst der Anfang. Yong-Hues Weg sich der sie umgebenden Unterdrückung durch Verwandlung zu entziehen beschreibt Han Kang.

Dieses Hörbuch ist in drei Akte unterteilt. Das Geschehen aus Sicht des Ehemannes, des Schwagers und der Schwester. Alle drei zeigen ihre eigene Einstellung auf die sie umgebende Welt und beleuchten die Protagonistin Yong-Hue auf sehr unterschiedliche Art.

Die Geschichte ist erst einmal irritierend, vielleicht auch für das europäische Verständnis, vielleicht auch durch das Groteske der Schilderung. Doch sie verliert nicht den Realitätsbezug und zeigt eine Situation auf, die den familiären Zusammenhalt der angepasst und gewohnten Art auseinanderbrechen lässt durch eine Person, die die bekannte Realität im Laufe der Geschichte verweigern wird, sozial sowie psychisch.

Die Sprecher der drei Akte, Rike Schmid, Devid Striesow und Thomas Loibl, können die einzelnen Charaktere einfühlsam ins Leben rufen; es ist ein Vergnügen zuzuhören!
Die Sprache Han Kangs ist schön, einfach, verständlich in einem komplex aufgebauten Roman. Ein Roman, der Einblicke in die südkoreanische Kultur gibt und auch übertragbar auf den Westen ist. Der Schamanismus und die Verehrung von Tieren, Bergen und Pflanzen ist in Südkorea nicht unüblich und in der Kultur verwoben.

Er hat mir sehr gut gefallen – absurd, überspitzt und durch den Bezug zur Realität eindringlich. Ich war hin und her gerissen zwischen Abstand und Betroffenheit. Der Roman ist spannend und hallt lange nach.

„Die Vegetarierin“ erschien erstmals 2007 in Südkorea und wurde 2016 ins Deutsche übersetzt, 2016 geehrt mit dem britischen Man Booker International Prize.
Han Kang ist Literaturnobelpreisträgerin 2024 mit der Begründung:“für ihre intensive Prosa, die sich historischen Traumata stellt und die Zerbrechlichkeit des menschlichen Lebens aufzeigt“. Für mich absolut passend zu diesem Roman „die Vegetarierin“.

Bewertung vom 24.11.2024
Flavorama
Johnson, Arielle

Flavorama


ausgezeichnet

Außergewöhnlicher Blick auf die Kochkunst!

Dieses hochwertige Buch gibt einen erstaunlichen Einblick in den umfangreichen Bereich des Geschmacks.
Arielle Johnson führt uns mit ihrem Ratgeber in eine kulinarische Welt, wie man sie so noch nicht kennengelernt hat. Sie definiert und erklärt detailliert den Geschmack neu. Sie stellt die Geschmacksrichtungen vor und darüber hinaus fordert sie zum Wahrnehmen und Experimentieren heraus. Wir reagieren auf Moleküle“ schreibt sie als promovierte Chemikerin. Sie weiß, wie sie sich zusammensetzen und was sie bewirken können.

Sie leitet an, das, was wir mit unseren Sinnen erleben, in Worte zu fassen, welchen Duft oder Geschmack wir genau empfinden. Geruch birgt Erfahrung und Erinnerung! „ Den Geschmack durch den Geruch hochfahren“, formuliert und beschreibt sie.
- Interessante Ergänzung hierzu im Buch: ein Wörterbuch der Weinansprache oder die Bezeichnungen von Parfümgerüchen.-

Arielle Johnson lässt einen eintauchen in die kulinarische Welt des Geschmacks und der fünf bekannten Geschmacksempfindungen. Diese werden umfangreich vorgestellt.
Es werden u.a. vier Geschmacksgesetze vorgestellt: Der Geruch, die vorhersehbaren Muster, wie kann man diese erschaffen, extrahieren verteilen und umwandeln kann. Hochspannend beschrieben mit beeindruckenden und eingängigen Informationen und unterstützenden Illustrationen.
Zahlreiche Rezepte vervollständigen den umfangreichen Ratgeber. Wie setzt sich die bekannte Frankfurter Sauce zusammen, wie das argentinische Chimichurri Gewürz? Und darüber hinaus: Wie ersetzt man den Geschmack einer Bitterorange?
Wer noch nie über die kleinste innere Zusammensetzung von Speisen nachgedacht hat,
wer selber kocht oder gerne sehr gut isst, für den ist dieses umfangreiche Werk genau das richtige. Dr. Arielle Johnson hat das Fermentationslabor im berühmten Kopenhagener Restaurant Noma mitbegründet. ( Das Noma ist fünf mal zum besten Restaurant der Welt gekürt worden) Das Vorwort zu diesem Buch ist geschrieben von René Redzepi, dessen Küchenchef . „Geschmack treibt den Koch an, schmeckt das Essen nicht, haben wir versagt“, beginnt er.

Ich dachte bis jetzt, wenn man sich mit dem Zauber des Geschmackssinns beschäftigt, verliert er seine Magie, doch keineswegs, hier wird ganz genau analysiert und festgestellt und kombiniert auf eine Weise, so, dass man mit Flavorama eine hochinteressante innovative Reise antritt, die voller Überraschungen steckt. Verzaubert bin ich tatsächlich über dieses kulinarische Werk. Es hat mir zu diesem Thema die Augen geöffnet, einen erstaunlich neuen Einblick in den umfangreichen Bereich des Geschmacks verliehen!
Ein kompaktes und hochwertiges Buch, ein Hingucker aus dem Verlag Ullstein. Ein Buch, das bereichert und für jeden, der mehr über die Kunst des Kochens erfahren und „über den Tellerrand“ hinausgucken will.

Bewertung vom 10.11.2024
Der König
Nesbø, Jo

Der König


ausgezeichnet

Sehr vielschichtig, meisterlich aufgebaut!

„Der König“ ist Teil 2 der Geschichte über die Brüder Roy und Carl kann sehr gut auch für sich stehen.
Wie im ersten Band ist auch dieser Roman aus Sicht von Roy, dem älteren der beiden erzählt. Schauplatz ist der kleine Ort Os in Norwegen. Dieser ist umgeben von einer beeindruckenden Landschaft, eine Inspiration, die Roys und Carls Wunsch erwecken, Touristen in diesen abgelegenen Ort zu führen, denn das macht reich. Carl durch ein Wellness Hotel; Roy hat die Absicht, eine Holzachterbahn zu bauen.
Ziele müssen finanziert werden und Hindernisse, wie ein geplanter Tunnel, der die Touristenströme verhindern würde, beseitigt werden. Roy ist gewitzt und weiß Vorteile für sich zu nutzen. Er setzt eigene Regeln ein, seine Ziele zu erreichen, denn er kennt die Bürger dieses Ortes genau, kennt deren Sehnsüchte und Handlungsweisen.
Er jongliert mit seinem Wissen, überschreitet moralische Grenzen und dieses Tempo mit schnellen Wendungen erzeugt im Ort eine eigene, nicht vorhergesehene Dynamik. Dies zu lesen ist rasant wie auf einer Achterbahn und bringt Spaß. Roy will das beste für sich und seinen Bruder. Eine dunkle Vergangenheit schweißt die Brüder zusammen. Doch als Carl erfährt, dass die Grenzüberschreitungen seines Bruders auch ihn betreffen, werden die Brüder zu Gegenspielern. Es wird deutlich, es kann nur einen König geben.

Virtuos aufgebaut und intelligent und mit Humor erzählt. Die Sympathie, die sich für Roy entwickelt, bleibt auf einem distanzierten Level, so dass Staunen und Überraschung durch die unerwarteten Wendungen garantiert sind. Trotz einiger Längen ein aufregender, spannender Kriminalroman mit dem hervorragenden und raffiniert aufgebauten Schreibstil von Jo Nesbo. In dem zweiten Band kann man gut einsteigen, da Vorangegangenes im Laufe der Erzählung noch einmal im Zusammenhang gut erklärt wird, auch hilfreich für Leser, die den Roman „Ihr Königreich“ schon nicht mehr deutlich vor Augen haben.
Ein hervorragender Krimi, Geschichte, Aufbau, vielschichtige Darsteller, gekonnter Schreibstil – herausragend! In der Absurdität, doch nahe der Realität, ein echtes Lesevergnügen!

Bewertung vom 09.11.2024
Black Forest / Georg Dengler Bd.11 (2 MP3-CDs)
Schorlau, Wolfgang

Black Forest / Georg Dengler Bd.11 (2 MP3-CDs)


ausgezeichnet

Politisch brisantes Thema - spannend und unterhaltsam!

Dengler, der Privatermittler, ist aufgewachsen auf einem Bauernhof in Altglashütten, einem Dorf im Schwarzwald. Sein 11. Fall wird ihn zurückführen in diesen, seinen Heimatort.
Denglers Mutter, über 80, lebt noch allein auf dem Hof im Schwarzwald und Dengler zweifelt vorerst an ihrem Verstand, denn sie berichtet von Gestalten, die über den Hof huschen und bemerkt einen kuriosen Diebstahl. Dengler fährt in sein Heimatdorf und erfährt, die Mutter ist verwoben in eine Angelegenheit um Windräder, die auf ihrem Grundstück aufgestellt werden sollen. Dengler, wie immer, intelligent, menschlich, sympathisch, betrachtet und entwirrt die Situation. Mächtige Wirtschaftsinteressen stellen sich gegen Klimaaktivisten. Doch, wie ist die Mutter darin verwoben? Die beherzte alte Dame entpuppt sich keineswegs als senil oder dement und verteidigt ihre Meinung - es soll alles beim Alten belassen werden. Doch auch Dengler weiß: „Stimmt das Verhältnis von Lüge und Wahrheit nicht mehr, gerät alles aus den Fugen“. Und da ist noch der aufgeklärte Enkel mit seiner Freundin, die einiges an Informationen zu berichten haben. Dengler begegnet seiner Jugendliebe und findet in der Scheune Unterlagen seines verstorbenen Vaters und bekommt einen umfassenderen Einblick in seine Herkunft.

Wie immer ein hochspannender Dengler Krimi, der seine sehr gute Recherche dem Leser spannend darbringt.
Ich hatte Anfangsschwierigkeiten, mich in den badischen Dialekt der Mutter einzufühlen, trotz des hervorragenden Lesers, Frank Arnold. Nach einigem Durchhalten und Gewöhnung war der Dialekt integriert, und auch die Geschichte legte an Tempo zu und fesselte. Als dann endlich auch Olga auftauchte, meine Lieblingsmitspielerin in den Dengler Krimis, war ich zufrieden.
Wieder ein gediegener Dengler Krimi, für mich nicht der beste, dennoch sehr empfehlenswert, bestens recherchiert und politisch Brisantes höchst unterhaltsam vermittelt.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.10.2024
Blutrotes Karma
Grangé, Jean-Christophe

Blutrotes Karma


ausgezeichnet

Rasante Aktion, bestechendes Zeitkolorit

Im Mai 1968 wird Paris durch die Studentenaufstände durcheinandergewirbelt, es herrscht das blanke Chaos. Nicht nur ideologische oder politische Gruppierungen und Strömungen fordern Aufmerksamkeit, auch zerstörerische Kräfte nutzen die Lage. Ein Student, Hervé und ein Polizist, Jean-Louis, betrachten, analysieren und agieren inmitten des Geschehens, einer „kriegerischen und gleichzeitig euphorischen Atmosphäre“. Es sind Brüder - so unterschiedlich sie sein könnten, sie sind eng verbunden. Hervé der schöngeistige Geschichts- und Philosophiestudent und Jean-Louis, der Bulle und Kriegsveteran, der nicht zimperlich handelt, wenn er meint es sei nötig. Jean-Christophe Grangés Thriller beginnt turbulent und erfordert größte Konzentration, beschreibt er doch sehr detailliert das unruhige Paris, das Teil von der in die Geschichte eingehende 68ger Bewegung sein wird. Dieser Zeitabschnitt wird deutlich und lebendig. Doch, ein Mörder nutzt diese chaotische Situation – die Polizei ist mehr als überfordert – und tötet auf bestialische Weise zwei junge Studentinnen und hinterlässt sie in Yogaposen. Hervé, der die erste, Suzanne, findet, alarmiert seinen älteren Bruder Jean-Louis. So beginnt das Abenteuer, das die beiden nebst einer Freundin, nach Kalkutta und später nach Rom führen soll. Hier geht es um Tarot, Mystik, religiöse Eiferer... und um die persönliche Geschichte der beiden Brüder, die sich nach und nach entwirren soll.
Besonders gut haben mir die Beschreibungen der damaligen Zeit gefallen, als ob man dabei wäre, im Pariser Chaos wie in Kalkutta zu der Zeit, wo Armut, Angst, das Kastensystem, religiöse Gruppierungen das Land beherrschten. Gerade diese Durcheinander lassen Spielraum für extreme Taten, die vorerst verschwiegen verschleiert, aber durch das beherzte Trio aufgedeckt werden. Ein Thriller nach der Manier Grangés, der besticht durch die rasante Handlung und die detaillierten, hervorragend recherchierten und dicht beschriebenen Szenerien, die Einblicke geben in diesen Zeitabschnitt. So sagt eine Wahrsagerin, die von Jean-Louis konsultiert wird treffend: „Ein Ereignis muss immer aus der Zeit heraus betrachtet werden“.
Der Roman ist keine einfache Lektüre, wenn man sich auf die über 600 Seiten einlässt: ein Highlight!

Bewertung vom 14.10.2024
L wie Lafer
Lafer, Johann

L wie Lafer


ausgezeichnet

Beeindruckendes und hochwertiges Kochbuch!

Gräfe und Unzer haben mit „L wie Lafer“ ein sehr hochwertiges Grundkochbuch herausgebracht. Der österreichische Profikoch, Johann Lafer, stellt detailliert und umfangreich seine 100 Lieblingsrezepte vor.
Das Kochbuch beeindruckt schon durch die hochwertige Gestaltung. Es ehrt den bekannten Koch, der einmal bester Patissier Deutschlands war, Sterne für sein Restaurant auf der Stromburg im Hunsrück bekam und vielen bekannt als Fernsehkoch ist. Dies schwere, hochwertige Kochbuch in den Händen zu halten ehrt den Profikoch und macht neugierig. Man wird nicht enttäuscht - nach einer kurzen Einleitung erwarten
sehr schöne Fotografien des Gerichts und ausführliche fotografierte Anleitungen über die Zubereitung den Leser. Die Rezepte sehen alle lecker aus, ob Suppe, Hauptgericht oder Dessert. International oder heimisch. Die meisten Zutaten sind leicht zu beschaffen, die Rezepte sind einfach und verständlich beschrieben. Tipps vom Chefkoch persönlich runden die Rezepte ab. Im Anhang gibt es ein Rezeptregister zum Auffinden einzelner Zutaten und Rezepte.
Ein Buch, dass man gerne auch so durchlesen kann, um sich zu inspirieren. Wenn ich an das damals in meiner Familie übliche Dr. Oetker Schulkochbuch denke, mit dem ich aufgewachsen bin, dann bin ich hoch erfreut, wie sich die Kochrezeptvielfalt in einem Grundkochbuch verändert und international bereichert hat.
Großen Respekt zolle ich Johann Lafer, dessen Rezepte in diesem Buch von traditionell zu modern, gesund und ausgefallen den Appetit schon beim Lesen anregen und dem Verlag Gräfe und Unzer, die dies so ansprechend umgesetzt haben. Es gibt immer wieder Überraschungen über die Feinheiten der Kochkunst, die hier aufgezeigt werden. Zum Beispiel für Anfänger eine genaue Anleitung zur Pizza Margherita oder wie man ein Rumpsteak zubereitet ( nicht nur in der Pfanne, auch im Ofen) - Johann Lafers 100 Lieblingsgerichte haben es in sich! Ich werde jetzt auf jeden Fall als erstes zum Herbst mit den gebratenen Süßkartoffeln mit Walnüssen anfangen – ich bin gespannt.
Fast zu schade, das Kochbuch einfach so neben den Herd beim Zubereiten zu legen. Ein großartiges Geschenk an Köche und die, die es werden wollen, denn das Buch ist für Anfänger sowie Fortgeschrittene.
Eine außerordentlich umfangreiche Rezeptesammlung und feine Darstellung, ich bin beeindruckt!

Bewertung vom 28.09.2024
Von Norden rollt ein Donner
Thielemann, Markus

Von Norden rollt ein Donner


ausgezeichnet

Vielschichtig und nachhallend!

Der 19-jährige Jannes ist Schäfer, wie sein Vater und sein Großvater vor ihm. Ein Traditionsbetrieb seit Generationen. Der Roman ist aus Sicht von Jannes erzählt. Er lebt mit der Familie und dem Großvater in einem Mehrgenerationenhaus.
Wie komplex ist der Beruf eines Schäfers, welche Herausforderungen gibt es? Markus Thielemann beschreibt dies detailliert. Doch dann tauchen Spuren eines Wolfes auf,
der eine unheimliche Hintergrundsbedrohung darstellt, doch nie zu sichten ist. Vater und Großvater reagieren, treffen Entscheidungen. Ein neuer Nachbar wird aktiv. Jannes trägt schon in seinem Alter eine große Verantwortung für die Heidschnucken, fühlt sich manchmal „wie der angebundene Bock, der am Rande seiner Weide steht und nicht weiterkann“. Plötzlich hat er Visionen einer Frau auf der Heide und will dem auf den Grund gehen. Er forscht nach, was in der Vergangenheit in der Südheide passiert ist und findet Antworten.
Das Buch besticht durch eine erfrischend moderne Sprache.
Aktuell beschrieben, trotz Traditionsgeschichte! Hochinteressant, dass der Roman auf verschiedenen Ebenen spielt. Jannes Generation, der traditionellen Berufssituation mit all den Herausforderungen eines Schäfers, die Situation der Eltern, die Großeltern, der neue Nachbar mit völkischer Gesinnung, Jannes eigene mit Gleichaltrigen, die Geschichte der Südheide, die Vision und neben allem die drohende Gefahr eines Wolfes.
Eine schöne Sprache mit detaillierten Beschreibungen, durchgehend eine ungewöhnliche, sehr zum Nachdenken anregende und nachhallende Geschichte. Sie hat mir sehr gut gefallen. Der Roman spielt 2015, ist dennoch sehr aktuell, da gerade die EU beschlossen hat, den Abschuss von Wölfen zu erleichtern.

Bewertung vom 25.09.2024
Earhart
Kuhlmann, Torben

Earhart


ausgezeichnet

Die Phantasie anregend, informativ und hochwertig!

10 Jahre Mäuseabenteuer – Torben Kuhlmann hat wieder ein großartiges Buch kreiert, diesmal geht es um eine kleine Wühlmaus, die sich hoch hinaus auf die Spuren von Amelia Earhart begibt, wie auch der Titel dieses Buches zeigt.
Eine ungewöhnliche Maus, eine Wühlmaus mit Ambitionen, eine Tüftlerin, die von ihrem Freund Humphrey die wundersamsten Teile zum Basteln und Experimentieren bekommt. Die kleine Maus entdeckt eine Briefmarke mit einem Löwenkopf darauf und möchte wissen, was das wohl für eine große Katze sei. So beginnt ihr Abenteuer. Sie begibt sich in Gefahren und muss gewitzt und klug sein, denn sie ist die Kleinste. Sie ist auf der Hut und neugierig und ihre Neugierde treibt sie an. Nach einer Reihe von Widerständen und abenteuerlichen Begegnungen lernt sie eine Pilotenmaus kennen, die ihre Hilfe benötigt. Inzwischen hat sie erfahren, dass es Großkatzen nur in Afrika gibt und sie ist sehnsüchtig, dorthin zu gelangen. Doch das geht nur mit einem Flugzeug.
Hinreißende Zeichnungen aus der Zeit von Amelia Earhart, der Zeit der ersten Flugpioniere aus dem letzten Jhd.
Man wird auch als Erwachsener sehnsüchtig, lässt sich einfangen von dieser bezaubernden Geschichte, die viele unerwartete Wendungen auf dem Weg der kleinen Wühlmaus verspricht, die kleine Maus, die zu guter Letzt beeindruckend ihr Ziel erreicht.
Anschließend zur Wühlmausreise erfährt der Leser oder Vorleser von anderen Flugpionieren und erfolgreichen Flügen um die Welt, allen voran Amelia Earhart, die nach 3/4 ihrer Weltumsegelung als verschollen gilt. Amelia Earhart war sogar auch eine Frauenrechtlerin, sie rebellierte schon als Kind gegen die klassische Rollenverteilung. So ist dieser Band 10 Jahre nach Torben Kuhlmanns erstem Mäuse-Band “Lindbergh“
eine schöne Ergänzung zur damaligen überwiegenden Männerdomäne des Fliegens.
Die Illustrationen und deren Zusammenstellungen stechen ins Auge und sind wunderbar die Phantasie inspirierend und gekonnt. Beeindruckend finde ich auch die Perspektiven des Fliegens und die Stimmungen, die Torben Kuhlmann eingefangen und umgesetzt hat.
Ein hochwertiges Buch für jung und alt, zum selber lesen und vorlesen und auch zum nachspielen, denn es gibt eine bebilderte Pappe, aus der man Figuren ausschneiden und ein eigenes Mäuseabenteuer erfinden und spielen kann.
Eine große Empfehlung, ein Schätzchen unter den illustrierten Büchern für Schulkinder und Erwachsene.