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Frankfurt

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Insgesamt 702 Bewertungen
Bewertung vom 20.12.2024
Die Frauen von Maine
Sullivan, J. Courtney

Die Frauen von Maine


sehr gut

"Die Frauen von Maine" von J. Courtney Sullivan ist wieder mal ein klassischer amerikanischer Roman, der die Geschichten mehrerer Generationen von Frauen der Familie Flanagan beleuchtet. Im Mittelpunkt steht Jane Flanagan, deren Leben und Beziehungen die Erzählung prägen. Ich mag solche generationsübergreifenden Geschichten sehr gerne.
Der Roman zeichnet sich durch seine tiefgründige Charakterentwicklung und die Darstellung komplexer Familienbeziehungen aus. Der Autorin gelingt es, die individuellen Herausforderungen und Geheimnisse der Frauen authentisch darzustellen und dabei die zeitlosen Themen Liebe, Verlust und Vergebung zu erforschen.
Die Kulisse des ländlichen Maine verleiht der Geschichte eine besondere Atmosphäre und unterstreicht die emotionale Tiefe der Erzählung. Die Beschreibungen der Landschaft und der örtlichen Gemeinschaft tragen dazu bei, die Leserinnen und Leser in die Welt der Flanagans zu entführen.
Besonders gut ist das generationsübergreifende eingefangen und ein vielschichtiges Porträt der Familie ist gezeichnet. Die Übersetzung von Monika Köpfer und Henriette Zeltner-Shane ist aus meiner Sicht gelungen, da sie den Ton und die Nuancen des Originals bewahren.
Fazit: Für alle Fans von Familiengeschichten und von der rauen und zugleich schönen Küste von Maine. Eine emotionale Reise, die Komplexität familiärer Bindungen beleuchtet.

Bewertung vom 19.12.2024
Das Verhalten ziemlich normaler Menschen
Reilly, K. J.

Das Verhalten ziemlich normaler Menschen


ausgezeichnet

Tod bringt Wut
K.J. Reillys Das Verhalten ziemlich normaler Menschen ist ein Roman, der in seiner Mischung aus Trauer, Wut, Hoffnung und Humor eindrucksvoll berührt. Ein Roman, der genau das richtige ist für Jugendliche und hier super für Jungs ab 14 Jahren, die sich ohnehin einigeln und abkapseln.
Es geht um Asher Hunter und seine Wut, denn seine Mutter wurde durch einen Betrunkenen überfahren. Seine Wut ist unermesslich, denn nicht mal eine Strafe muss der Mann absitzen durch ein Verfahrensfehler! Diese tiefen Wut, die Asher antreibt und ihn wie einen Gefangenen seiner eigenen Gedankenwelt erscheinen lässt, ist sein Feuer. Doch auf dem Weg zur Rache wird aus Ashers Plan ein Roadtrip, der alles verändert. Denn er geht zu einer Trauergruppen, um seinen Schmerz zu verarbeiten, dort trifft er auf eine ungewöhnliche Gruppe von Wegbegleitern. Sloane und Will, zwei Jugendliche, die selbst Verluste erlitten haben, sowie der 80-jährige Henry, witzig und mit Lebenserfahrung ausgestattet. Diese Gruppe nimmt eine besondere Rolle ein, denn sie geben Asher: Gemeinschaft und Verständnis.
Der Roadtrip von New Jersey nach Memphis wird zu einer Reise, die weit über geographische Kilometer hinausgeht. K.J. Reilly erzählt von tiefen Gesprächen, albernen Momenten und den kleinen Dingen, die den Schmerz für einen Augenblick erträglicher machen – wie unzählige Caesar Salads und ein filmreifer Kuss. Die Dynamik zwischen den Charakteren ist herzerwärmend und lebendig. Sie streiten, lachen, unterstützen sich und geben einander das, was jede:r von ihnen braucht, um den eigenen Verlust zu bewältigen.
Was die Geschichte so besonders macht, ist, wie sie die Wut und Trauer, die Asher antreiben, glaubhaft und greifbar darstellt. Seine Gedanken, die oft zwischen Rachegelüsten und dem Wunsch nach Frieden schwanken, sind nachvollziehbar und tief menschlich. Der Roman zeigt, wie Schmerz und Verlust Menschen verändern können, aber auch, wie Beziehungen und Hoffnung sie wieder zurück ins Leben bringen.
Das Alter ab 14 Jahre laut Verlag passt gut und ist wirklich ein tolles Buch für dieses Alter, in dem so viel aus den Fugen gerät, auch wenn es (zum Glück!) oft sehr viel weniger dramatisch ist wie in dieser Geschichte.

Das Verhalten ziemlich normaler Menschen ist eine bewegende Geschichte über Verlust, Wut und die Kraft von Freundschaft. K.J. Reilly schafft es, schwere Themen mit einer feinen Prise Humor und viel Mitgefühl zu erzählen. Der Roadtrip ist eine Metapher für das Leben: chaotisch, unvorhersehbar, aber voller Möglichkeiten, zu wachsen und sich selbst zu finden.
Ein herzerwärmender Roman, der nachdenklich stimmt und zeigt, dass selbst in den dunkelsten Momenten Hoffnung zu finden ist.

Bewertung vom 19.12.2024
Flavorama
Johnson, Arielle

Flavorama


sehr gut

Arielle Johnsons Flavorama ist ein faszinierendes Werk, das die Welt der Aromen auf wissenschaftliche, aber dennoch zugängliche Weise beleuchtet. Die Autorin, die als Expertin für Fermentation und Geschmackswissenschaften gilt, öffnet mit diesem Buch eine Tür in die chemischen, biologischen und kulturellen Aspekte des Geschmacks – ein Thema, das sie mit Begeisterung an uns heranträgt und mit viel Fachwissen bunterfüttert.
Das Buch ist weniger ein klassisches Kochbuch und viel mehr ein Wissenswerk, das sowohl Köche als auch neugierige Genießer anspricht. Johnson gibt detaillierte Einblicke in die Mechanismen, die Geschmack und Geruch bestimmen, und erklärt, wie wir Aromen wahrnehmen und miteinander kombinieren können. Besonders spannend sind ihre Ausführungen zu Fermentation und Molekularbiologie, die neue Perspektiven auf altbekannte Lebensmittel bieten.
Dabei besticht Flavorama durch seine klare Struktur, selbst komplexe wissenschaftliche Zusammenhänge sind verständlich. Trotzdem richtet sich das Buch eher an Leser, die bereit sind, sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Die wenigen enthaltenen Rezeptideen dienen vielmehr als Beispiele für die praktischen Anwendungen der theoretischen Konzepte. Eher ein Buch für diejenigen, die tiefer in die Welt der Aromen eintauchen möchten.
Insgesamt ist Flavorama eine Bereicherung für alle, die sich für die Wissenschaft hinter dem Geschmack interessieren. Es ist ein Buch, das den Horizont erweitert, ohne sich in Fachjargon zu verlieren, und eine wunderbare Ressource für jeden, der das Zusammenspiel von Wissenschaft und Kulinarik besser verstehen möchte.

Bewertung vom 18.12.2024
Ottolenghi Comfort (deutschsprachige Ausgabe)
Ottolenghi, Yotam;Goh, Helen

Ottolenghi Comfort (deutschsprachige Ausgabe)


ausgezeichnet

Eigentlich brauche ich Ottolenghi allen die Kochen nicht vorstellen. Legendär gut und daher auch wert das x-te Kochbuch zur Hand zu nehmen. Was soll ich sagen, mit „Comfort“ hat es mich natürlich gleich gehabt! Was gibt es besseres als Essen das einem ein wohliges Gefühl verschafft?
Ottolenghi ist längst ein Synonym für kreative, geschmacklich außergewöhnliche Küche geworden, und mit seinem neuen Werk Comfort bleibt er diesem Ruf treu. Das Kochbuch präsentiert eine Sammlung von Rezepten, die gleichzeitig raffiniert und dennoch erstaunlich zugänglich sind, wie recht weit vorne das Aubergine Omelett, dass auch fancy Tortang Talong genannt werden darf.
Was Ottolenghi seit jeher von anderen unterscheidet – und was auch den Erfolg seiner bisherigen Bücher wie Simple oder Jerusalem befeuerte – ist die Art und Weise, wie er aus alltäglichen Zutaten kulinarische Highlights zaubert. In Comfort gelingt es ihm erneut, eine Balance zwischen Wohlfühlküche und innovativer Raffinesse zu finden. Alles sehr aromatisch und lecker.
Von herzhaften Eintöpfen bis hin zu Gemüsegerichten, die als Hauptakteure glänzen dürfen, zeigt Ottolenghi, wie man Komfortessen neu denkt. Besonders beeindruckend ist, dass die meisten Rezepte machbar bleiben, auch wenn sie oft wie Kunstwerke wirken. Ottolenghi fordert uns Kochende dazu auf, sich in der Küche inspirieren zu lassen, ohne zu überfordern. Genuß und Spaß am Kochen steht an erster Stelle!
Wer Ottolenghi bisher nicht kennt, kann sehr gut mit diesem Kochbuch in seine Welt einsteigen. Ihr werdet es nicht bereuen. Besonders toll ist, dass dieses Buch nun auch 2 Lesebändchen hat, so was von praktisch! Könnten auch gerne noch mehr werden!
Unsere Highlights sind bisher das Kartoffel-Zupfbrötchen, die Pesto-Pasta mit Röstbohnen und Kartoffeln und (ich kann es selbst kaum fassen) der geröstete Spitzkohl mit Misobutter!
Buon appetito

Bewertung vom 18.12.2024
Lina und der Schnee-Engel
O'Farrell, Maggie

Lina und der Schnee-Engel


ausgezeichnet

Zur Weihnachtszeit braucht es für mich schon stimmungsvolle Geschichten, die leise und voller Wärme sind. Maggie O`Farrell, bisher eher aus der Erwachsenenliteratur bekannt, hat ihr erstes Kinderbuch geschrieben und dieses Buch ist genau so eines, dass sich gerade in der Weihnachtszeit anbietet und darüber hinaus in den kalten Wintermonaten. Denn Weihnachten ist gar kein Thema im Buch!
Der Titel erscheint etwas unkreativ mit „Lina und der Schneeengel“, trifft es aber genau auf den Punkt. Auch wenn ich den Originaltitel „Where snow angels go“ schöner finde.
Denn es geht um Lina, die eines nachts sehr hohes Fieber bekommt und von ihrem Schutzengel gerettet wird. Lange Monate war die kleine Lina krank. Wo kommt dieser Schutzengel her? Er ist ein Schneeengel, denn Lina im vergangenen Winter im Schnee hinterließ. Eigentlich sollte sie den Schneeengel vergessen, aber sie musste immer wieder an ihn denken und der Gedanke ließ sie nicht los. Natürlich versucht sie ihn wieder zu sich zu bewegen. Was sie auch schafft…
Die Geschichte ist grazil von Daniela Jaglenka Terrazzini gebildert. Besonders schön sind die schimmernden Elemente bei Schneeflocken, Wellen und anderen Elementen.
Diese Geschichte ist recht lang zum Vorlesen, daher eher ab 4-5 Jahren geeignet, aber dafür auch noch zu Beginn der Grundschule eine schöne Wahl mit mehreren Generationen zu lesen.
Eines dieser Bücher, die man jedes Jahr wieder hervorholen mag und einfach zum Winterritual erklärt.

Bewertung vom 10.12.2024
Der längste Schlaf
Raabe, Melanie

Der längste Schlaf


sehr gut

Melanie Raabes Der längste Schlaf war bei dem ollen Wetter da draußen genau das Richtige! Aus der Ich-Perspektive geschrieben, zieht die Geschichte einen sofort in ihren Bann – eine Mischung aus psychologischem Thriller und tiefgründiger Auseinandersetzung mit Verlust, Schuld und dem Unbekannten.
Die Handlung dreht sich um eine junge Frau, die nach dem plötzlichen Tod ihrer Schwester in deren alte Hütte im Wald zieht. Dort stößt sie nicht nur auf die Dämonen ihrer eigenen Vergangenheit, sondern auch auf ein düsteres Geheimnis, das ihre Familie seit Generationen verfolgt. Die winterliche Kulisse und die zunehmende Isolation der Protagonistin verstärken die beklemmende Atmosphäre.
Melanie Raabe ist Meisterin darin psychologische Spannung mit literarischem Anspruch zu verbinden. Die Ich-Perspektive lässt einen unmittelbar an den Gefühlen und Gedanken der Protagonistin teilhaben – ihre Trauer, ihre Zweifel und schließlich ihre unaufhaltsame Suche nach der Wahrheit. Dabei entstehen eine intensive Nähe und ein Mitgefühl, die das Lesen noch fesselnder machen.
Besonders passend finde ich das Thema für die kalte, dunkle Jahreszeit. Die mystische Waldkulisse, die langen Nächte und die unheimliche Stille des Winters schaffen eine Atmosphäre, die einem bis unter die Haut geht.
Fazit: Durchdachte Charaktere, ein packendes Thema und eine beklemmende Stimmung, die perfekt in die grauen Wintertage passt. Für alle, die nach einem intensiven Leseerlebnis suchen, das Spannung und Nachdenklichkeit vereint, ist dieses Buch eine klare Empfehlung.

Bewertung vom 10.12.2024
Meine chinesische Großmutter
Christensen, Lars Saabye

Meine chinesische Großmutter


ausgezeichnet

Ich war und bleibe ein Fan von historischem Stoff der sich über die Kontinente zieht. Und dies ist hier der Fall und dann noch eine echte Lebensgeschichte. Toll! Lars Saabye Christensens schmaler Band Meine chinesische Großmutter ist ein literarisches Kleinod, das auf einer wahren Begebenheit basiert: der Geschichte von Christensens eigener Großmutter. In der Ich-Perspektive erzählt, gelingt es dem Autor, einen sehr persönlichen Ton zu finden, der die Leserschaft unmittelbar in die Welt seiner Vorfahrin eintauchen lässt.
Die Großmutter des Autors war eine außergewöhnliche Frau, deren Biografie die Grenzen von Kulturen und Kontinenten sprengte. Sie war das was man wohl ihrer Zeit voraus nannte. Sehr modern und furchtloser als andere.
In einer Zeit, in der Migration und Identität kontroverse Themen sind, wirkt diese Erzählung fast zeitlos. Durch den subjektiven Blick des Erzählers entstehen Nähe und Empathie, die den Leser in die Tiefen von Familie, Verlust und Zugehörigkeit ziehen.
Die Sprache ist poetisch und präzise. Christensen meidet ausufernde Beschreibungen und vertraut darauf, dass kleine Details – ein Geruch, eine Geste, ein Brief – die Geschichte tragen. Dabei wird deutlich, dass der Autor nicht nur ein talentierter Erzähler, sondern auch ein sensibler Beobachter menschlicher Beziehungen ist. Sehr gelungen.
Der schmale Umfang täuscht über die inhaltliche Dichte hinweg. Jedes Kapitel ist wie ein feiner Pinselstrich auf einer großen Leinwand, der sich erst im Zusammenspiel mit den anderen zu einem vollständigen Bild zusammenfügt. Besonders hervorzuheben ist die literarische Umsetzung der historischen Grundlage: Christensen verwebt Erinnerungen, historische Fakten und Fantasie zu einem Werk, das genauso intim wie universell wirkt.
Für Liebhaber schlichter, aber eindringlicher Literatur ist dieses Buch ein absolutes Muss. Es regt zum Nachdenken über Familie, Herkunft und das Leben selbst an – und hinterlässt einen bleibenden Eindruck.

Bewertung vom 10.12.2024
Wir finden Mörder Bd.1
Osman, Richard

Wir finden Mörder Bd.1


sehr gut

Als ich Wir finden Mörder gelesen habe, war ich sofort von der charmanten und humorvollen Art der Erzählung gefesselt. Der Roman handelt von vier ungewöhnlichen Senioren, die sich im "Thursday Murder Club" zusammentun, um ungelöste Verbrechen aufzuklären. Als in ihrer Nachbarschaft ein Mord geschieht, werden sie unerwartet selbst zu Ermittlern.
Besonders hat mir gefallen, wie Richard Osman die Figuren zum Leben erweckt. Jede der Senioren hat ihre eigenen Eigenheiten, und ihre Dynamik ist sowohl witzig als auch herzerwärmend. Die Mischung aus cleverem Plot, trockenem britischen Humor und warmherziger Charakterzeichnung macht das Buch zu einem echten Vergnügen.
Die Spannung bleibt bis zum Ende bestehen, und die überraschenden Wendungen halten einen bei der Stange. Ich kann diesen Krimi jedem empfehlen, der originelle Geschichten mit liebenswerten Figuren mag. Ein unterhaltsames Leseerlebnis von Anfang bis Ende!

Bewertung vom 05.12.2024
Gefährliche Betrachtungen
Eckardt, Tilo

Gefährliche Betrachtungen


ausgezeichnet

Es gibt Bücher, die einen lange nach der letzten Seite beschäftigen – Gefährliche Betrachtungen von Tilo Eckardt ist für mich genau so ein Werk. Der Roman spielt im Sommer 1930 in Nidden, einem kleinen Künstlerdorf auf der Kurischen Nehrung, und erzählt von der Begegnung zwischen Thomas Mann und seinem Übersetzer Zydrunas Miuleris, der im Roman schlicht „Müller“ genannt wird.
Die historische Atmosphäre, die Eckardt in diesem Buch schafft, hat mich sofort in ihren Bann gezogen. Nidden wird als eine Art Rückzugsort beschrieben, ein Ort, an dem Künstler und Intellektuelle Ruhe suchen, während sich in Europa bereits die Schatten des politischen Umbruchs abzeichnen. Die detailreichen Beschreibungen – von den Dünen, die wie endlose Wellen wirken, bis hin zu den einfachen Fischerhütten – lassen die Kulisse lebendig werden.
Im Mittelpunkt stehen jedoch die spannenden Dialoge und Dynamiken zwischen Thomas Mann und Müller. Mann wird hier nicht nur als der große Schriftsteller und Nobelpreisträger dargestellt, sondern auch als ein Mensch voller Ambivalenzen. Sein Bedürfnis nach Kontrolle und seine Selbstinszenierung stehen im Gegensatz zu Müllers stiller, aber tiefgründiger Persönlichkeit. Müller, ein Litauer, der in Deutschland lebt, trägt als Übersetzer die Bürde, nicht nur Manns Worte, sondern auch dessen Geist und Intentionen in eine andere Sprache zu übertragen. Sein innerer Konflikt, zwischen der Loyalität gegenüber Mann und seiner eigenen kulturellen Identität zerrissen zu sein, hat mich sehr berührt.
Besonders spannend fand ich die subtilen Spannungen zwischen den beiden: Mann, der Müller oft herablassend „mein Übersetzer“ nennt, erkennt zwar dessen Bedeutung an, bleibt aber gleichzeitig distanziert und elitär. Müller hingegen bewundert Mann, ringt jedoch mit seinem eigenen Selbstwertgefühl. Dabei spiegeln ihre Gespräche die politischen und gesellschaftlichen Brüche der Zeit wider – ein großartiges Beispiel für Eckardts Fähigkeit, persönliche Konflikte mit größeren historischen Themen zu verbinden.
Die historische Genauigkeit und die kunstvolle Ausarbeitung der Figuren machen diesen Roman zu einem echten Erlebnis. Eckardt gelingt es meisterhaft, nicht nur die äußeren Umstände der Weimarer Republik, sondern auch die inneren Konflikte der Intellektuellen dieser Zeit zu erfassen. Gefährliche Betrachtungen ist ein kluger, atmosphärischer Roman, der tief in die kulturellen und moralischen Fragen der 1930er Jahre eintaucht.
Für mich ist dieses Buch ein Muss für alle, die sich für Literaturgeschichte, Thomas Mann oder die Kunst des Übersetzens interessieren. Ich vergebe voller Begeisterung 5 von 5 Sternen!

Bewertung vom 05.12.2024
Junge aus West-Berlin / Kat Menschiks Lieblingsbücher Bd.18
Leo, Maxim;Menschik, Kat

Junge aus West-Berlin / Kat Menschiks Lieblingsbücher Bd.18


ausgezeichnet

Kennt ihr diese famose Reihe aus dem Galiani Verlag in der die legendäre Kat Menschik ihre Lieblingsbücher illustriert? Ich habe den schmalen Band 18: Junge aus West-Berlin von Maxim Leo gelesen und mich sehr gefreut diese sehr kurze Geschichte so schön illustriert zu sehen. Durch die markanten in grau gehaltenen Bilder kommt genau das richtige Flair zustande!
Keine 100 Seiten, daher ist der Inhalt auch schnell zusammengefasst, aber auch gut lesbar. Es geht um einen jungen Mann aus West-Berlin, wie der Titel schon sagt. Marc geht regelmäßig Ende der 80er Jahre mit einem Tagesvisum über die Grenze um dort als glamouröser Musikverleger jemand zu sein, bringt gewünschte Waren mit und wird von den Damen angehimmelt und er genießt den Sonderstatus, denn er im Westen nicht hat. Marc kommt abwechselnd mit Nele zu Wort, eine Frau, die es ihm in Ost-Berlin besonders angetan hat.
Toll erzählt, mächtig gut illustriert. Einfach lesen, macht Spaß. Lässt sich auch gut verschenken, auch an Nicht-Leser, wie gesagt, keine 100 Seiten und dann noch bebildert!