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Ukahe
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Rösrath

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Bewertung vom 25.02.2019
Waldemar Kein Nazi - Kein Held - Kein Ruhm
Greschke-Begemann, Gerda

Waldemar Kein Nazi - Kein Held - Kein Ruhm


ausgezeichnet

Ein sehr behutsames Buch, eher beobachtend, objektiv, aber doch zwischen den Zeilen sehr liebevoll geschrieben von seiner jüngsten Tochter. Nein, ein Held war er vielleicht nicht, aber er hatte Rückgrat, dieser Waldemar B. und den Ruhm hat man ihm auch nicht hinterher geworfen. Das hätte wohl auch eher nicht zu ihm gepasst, denn Aufsehen wollte er wohl nicht erregen, war eher keiner, der eine Bühne brauchte oder in der ersten Reihe den Ton angeben musste. Er war vielseitig interessiert und wollte tun, was ihm Freude macht, auch bei der Arbeit. Es hätte ein schönes , ruhiges Leben werden können, zufrieden mit sich und der Welt (und später der geliebten Frau und der Familie), aber da machte ihm erstmal eben diese Welt erst einmal einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Er, der schon die Fliege an der Wand, geschweige denn ein Huhn nicht töten konnte, wurde geschickt, um gegen den Feind anzutreten. Eindrucksvoll die Szene, wie der blutjunge Mann im Kriegsgebiet bewaffnet auf einen ebenso jungen "Feind" trifft und zum Glück ! Der andere ist ein MENSCH wie er und beide reagieren auch so, haben Todesangst und verschonen sich gegenseitig. Man erlebt die Unsinnigkeit des Krieges mit ihm und seiner Geschichte und auch die der Familie, die die furchtbaren Bombardierungen durchmachen muss und selbst, als am Ende schon alles verloren ist, der Wahnsinn noch lange weiter geht. Der Wahnsinn, der ihn von seinen Liebsten trennt , bis endlich, endlich die furchtbare Zeit vorbei ist, die Waldemar dennoch für alle Zeiten zeichnet. Und doch , es gab auch immer wieder gute Menschen auf dem langen Weg nach Hause, auf dem wir ihn begleiten, die helfen und einen nicht verzweifeln lassen. Es ist ein Buch, das an der Geschichte dieses Mannes zeigt, wie unsinnig Krieg und Töten sind, wie verachtend und destruktiv das Denken und fehlende Mitfühlen der Nazis, diese grausame, brutale, herzlose , gnadenlose und kaltblütige Haltung anderen Menschen gegenüber . Waldemar hat das für sich abgelehnt. Kein Nazi ! In der Gegenwart ist jedes Buch, das das Grauen des Krieges aufzeigt und die Menschenverachtung des nationalsozialistischen Systems, ein wertvolles Buch. Wenn es so liebevoll und interessant geschrieben ist, umso mehr. Der zweite Teil rundet unsere Bekanntschaft mit Waldemar ab, er schildert anhand seiner Tagebuchaufzeichnungen , wie sein hundertstes Lebensjahr verläuft, das er nicht ganz vollenden wird. Er hat mehr oder weniger abgeschlossen mit der großen Welt, die eigene kleine Welt ist nur noch wichtig. An der großen kann er nichts mehr ändern. Und vieles daran schmeckt ihm auch weniger als seine Blutwurst und leckere "Pellmänner mit Sülze". Man kann ihn verstehen !!! "Gute Nacht" sind seine letzten Worte in seinem Tagebuch. Gute Nacht, Waldemar, schlafe gut , es war bewegend, an Deinem Leben teilzuhaben, daraus zu lernen und auch die vielen interessanten Bilder anschauen zu dürfen, die die vielen Jahre dokumentieren. Und manchmal auch zu grinsen über die feine Ironie. 5 Sterne für das liebevolle Geschichte-Buch. Lebensgeschichte und deutsche Geschichte.